Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Disagio

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Disagio, Damnum oder Abgeld ist der Betrag, um den der Kurs einer Münze, Banknote oder eines Wertpapiers unter dem Nennwert liegt[1] bzw. im Finanzwesen ein Abschlag vom Nennwert, der bei einer Kreditgewährung oder der Ausgabe eines Wertpapier oder von Sorten vereinbart werden kann.

Das Gegenteil des Disagios ist das Agio oder Aufgeld.

Wertpapiere und Sorten

Bei Anleihen ist es marktüblich, dass Emittenten entweder einen Ausgabeaufschlag (Agio) verlangen oder ein Disagio, also einen Ausgabeabschlag, einbehalten. Beides führt während der Anlagelaufzeit zu einer Verminderung des Ertrages entweder beim Emittenten (Disagio) oder beim Anleger (Agio). Aktien und GmbH-Anteile indes dürfen gemäß §§ 9 AktG und § 5 Abs. 3 Satz 3 GmbHG nicht mit einem Disagio ausgegeben werden.

Bei ausländischem Bargeld (Sorten) kaufen Kreditinstitute unterhalb des offiziellen Wechselkurses (Disagio) oder verkaufen oberhalb des Wechselkurses (Agio). Im Gegensatz zu den Zentralbanken, die Sorten zum amtlichen Wechselkurs an- und verkaufen, erfolgt beim An- und Verkauf über Kreditinstitute ein Auf- oder Abschlag auf den amtlichen Wechselkurs, der in den Beschaffungs-, Verwaltungs- und Versicherungskosten begründet ist. Dieser Abschlag beträgt in der Regel zwischen 2 und 4 Prozent des nominalen Wertes der Sorten. Üblicherweise wird jedoch beim Disagio vom Geldkurs und beim Agio vom Briefkurs gesprochen.

Darlehen

Das Disagio wird entweder in Prozent des Kreditbetrages einschließlich Disagio angegeben, z. B. „9 % Disagio“ oder als Auszahlungsbetrag oder Auszahlungskurs, z. B. „91 % Auszahlungskurs“, d. h. von 100 Euro Kreditbetrag werden in beiden Fällen nur 91 Euro Kreditbetrag ausgezahlt, die dem Kreditnehmer zur Verfügung gestellt werden. Er muss aber insgesamt 100 Euro verzinsen und zurückzahlen.

Grund eines Disagios bei einem Kredit ist die Vereinbarung eines niedrigeren Nominalzinssatzes, weil das Disagio als vorausbezahlter Zins gilt. Hierdurch wird die monatliche Ratenzahlung – während des Zeitraumes, für den das Disagio vorausbezahlt wurde – niedrig gehalten. Wegen des nicht ausgezahlten Disagios ist jedoch bei gegebenem Kreditbedarf ein höherer Kreditbetrag aufzunehmen, zu verzinsen und zurückzuzahlen als bei einem Kredit ohne Disagio.

Die relativ komplizierte Berechnung des wegen des Disagios zu zahlenden „verbilligten“ Nominalzinssatzes ist nur mit einem aufwendigen Iterationsverfahren möglich, welches in der Preisangabenverordnung (PAngV) genau festgelegt ist. Der finanzmathematisch nicht geschulte Kunde kann diese Berechnungen in der Regel nicht überprüfen. Die PAngV zielt mit ihrer Effektivzinsberechnung darauf ab, dass zwei Kreditvarianten miteinander vergleichbar werden, wenn der sich nach einem einheitlichen Berechnungsverfahren ergebende effektive Jahreszinssatz für die gleiche Restschuld am Ende des Vergleichszeitraumes ermittelt worden ist.

Das in der PAngV vorgeschriebene Verfahren geht dabei davon aus, dass der gesamte Kreditbetrag inklusive Disagio komplett zu Beginn der Kreditlaufzeit ausgezahlt wird und der Kredit bereits einen Monat nach Auszahlung begonnen wird zu tilgen. Das ist bei Hypothekendarlehen, die für den Neubau eines Hauses gewährt werden, praktisch nicht der Fall – im Gegensatz zum Kauf von Grundstücken, fertigen Gebäuden oder Umschuldungen.

Rechtsgrundlagen

Im Rahmen der Vertragsfreiheit können die Vertragsparteien eines Kreditvertrages auch die Möglichkeit der Preisgestaltung und -differenzierung nutzen. Ein zur Senkung der Nominalzinsen führendes Disagio gehört zivilrechtlich zu den Zinsen, da es sich in der Bankenpraxis zu einem Rechenfaktor für die Zinsbemessung entwickelt hat.[2] Das vereinbarte Disagio wird von der Rechtsprechung als laufzeitabhängiger Ausgleich für einen niedrigeren Nominalzinssatz angesehen.[3] Die Vertragsauslegung ergibt, dass das Disagio als integraler Bestandteil der Zinskalkulation anzusehen ist.[4]

Maßgeblich ist nicht die im Kreditvertrag gewählte Bezeichnung als „Zins“ oder als „Kosten“, vielmehr die Abgrenzung einerseits zwischen laufzeitabhängigen Zinsen und andererseits allen weiteren laufzeitunabhängigen Kreditkosten.[5] Ob Entgelte als laufzeitabhängige Zinsen oder als laufzeitunabhängige Kosten einzuordnen sind, ist im Einzelfall im Wege der Auslegung zu ermitteln.[6] Von § 492 Abs. 2 BGB werden nicht nur im Vertrag als Zinsen bezeichnete, sondern auch sonstige zinsähnliche Vergütungen erfasst, sofern sie laufzeitabhängigen Charakter haben. Dies hat der BGH bereits ausdrücklich für den Fall eines vereinbarten Disagios entschieden.[7] Das gilt auch für eine Bearbeitungsgebühr, wenn auch diese als laufzeitabhängige Vergütung mit zinsähnlichem Charakter ausgestaltet ist. Auch der BFH stellt beim Disagio steuerrechtlich auf den Zinsbegriff des bürgerlichen Rechts ab.[8]

Disagio bei vorzeitiger Rückzahlung

Ob Kreditinstitute zur Erstattung des anteiligen unverbrauchten Disagios verpflichtet sind, hängt entscheidend davon ab, aus welchem Grund der Kreditvertrag vorzeitig beendet worden ist.

  • Endet der Vertrag, weil der Kreditnehmer von einem Kündigungsrecht etwa nach § 286 Abs. 3 BGB oder nach § 489 BGB Gebrauch macht oder beide Parteien übereinstimmend von einer wirksamen Kündigung durch den Kreditnehmer ausgehen, so ist der Rechtsgrund für das unverbrauchte Disagio weggefallen. Dann steht dem Kreditnehmer ein Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 BGB auf Erstattung des zeitanteiligen Disagios zu. Solche Fälle hatte der BGH bereits mehrfach entschieden.[9] Die betroffenen Banken wurden hier zur Erstattung des anteiligen unverbrauchten Disagios verurteilt.
  • Wird ein Darlehensvertrag mit fester Laufzeit durch fristlose Kündigung der kreditgebenden Bank aus wichtigem Grund vorzeitig aufgelöst, weil der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen schuldhaft nicht nachgekommen ist, so steht der Bank ein Anspruch auf Ersatz des Schadens zu, den sie durch die vorzeitige Beendigung des Vertrages erleidet (§ 249 BGB). Bei der Berechnung des Schadens ist das unverbrauchte Disagio ein unselbständiger Rechnungsposten.[10] Da sich das bei Auszahlung des Darlehens fällige und einbehaltene Disagio ohne die fristlose Kündigung vollständig verbraucht hätte, müsse das anteilige Disagio als Teil der rechtlich geschützten Zinserwartung grundsätzlich der Bank in vollem Umfang verbleiben.[11] Eine Ausnahme komme unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung allerdings in den – nicht sehr häufigen – Fällen in Betracht, in denen die Bank das vorzeitig zurückgezahlte Darlehen wegen des gestiegenen Zinsniveaus zu einem den effektiven Vertragszins übersteigenden Zinssatz wieder anlegen könne.[12]

Steuerfragen

Bilanzierung

Nach § 250 Abs. 3 HGB besteht für bilanzierende Unternehmen beim Disagio ein Aktivierungswahlrecht, wenn eine Differenz zwischen Rückzahlungs- und Ausgabebetrag einer Verbindlichkeit oder Anleihe besteht. Ein Disagio ist steuerrechtlich in Deutschland nach § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG als Geldbeschaffungskosten in der Steuerbilanz grundsätzlich als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten zu behandeln, soweit die Laufzeit des Darlehens über den Bilanzstichtag hinausgeht (Aktivierungspflicht). Das handelsrechtliche Wahlrecht kann unabhängig von der steuerlichen Ansatzpflicht ausgeübt werden.[13] Die Auflösung erfolgt anteilig über die Gesamtlaufzeit des zugrundeliegenden Darlehens, dabei ist die Zinsstaffelmethode bzw. das Verfahren der linearen Abschreibung anzuwenden.

Werbungskosten

Die Vereinbarung von Disagien in Kreditverträgen ist nur sinnvoll, wenn man den Betrag des Disagios im Jahr der Auszahlung und bei Erfüllung der (steuerlichen) Rahmenbedingungen als Werbungskosten steuerlich geltend machen kann; dies ist bei Immobilienkrediten nur bei vermieteten Immobilien der Fall. Ein marktübliches Disagio ist in voller Höhe absetzbar (§ 11 Abs. 2 Satz 4 EStG). Ein Disagio von bis zu höchstens 5 % der Darlehenssumme bei einem Zinsfestschreibungszeitraum von mindestens 5 Jahren wird dabei von der Finanzverwaltung regelmäßig als marktüblich angesehen. Wird ein höherer Disagiobetrag gezahlt, ist nach Auffassung der Finanzverwaltung der übersteigende Teil nicht sofort als Werbungskosten zu berücksichtigen, sondern steuerlich auf den Zinsfestschreibungszeitraum bzw. auf die Laufzeit des Darlehens zu verteilen. Der Bundesfinanzhof hat dagegen mit Urteil vom 8. März 2016 (Az. IX R 38/14[14]) entschieden, dass auch bei Vereinbarung eines höheren Disagios von einer Marktüblichkeit für den gesamten Betrag ausgegangen werden kann, wenn der Darlehensvertrag mit einer Geschäftsbank wie unter fremden Dritten geschlossen wurde.

Numismatik

Das Disagio stellt den Abschlag auf den Nennwert einer Münze dar, wenn dieser, verglichen mit ihrem Feingewicht, zu hoch angegeben ist.[15]

Disagio bei Kreditkarten

Der Begriff Disagio kommt auch im Kreditkartenwesen vor. Die im Vollzugsverhältnis zwischen Kartenherausgeber und Vertragsunternehmen bei der Verwendung von Kreditkarten vereinbarte Servicegebühr (zwischen 2 % und 5 %) wird von dem Kartenumsatz abgezogen, vom Kartenherausgeber einbehalten und wird ebenfalls Disagio genannt.

Siehe auch

Quellen und Einzelnachweise

  1. Helmut Kahnt, Bernd Knorr: Alte Maße, Münzen und Gewichte. Ein Lexikon. Bibliographisches Institut, Leipzig 1986, Lizenzausgabe Mannheim/Wien/Zürich 1987, ISBN 3-411-02148-9, S. 383.
  2. BGH NJW 1990, 2250, 2251
  3. BGH ZIP 1996, 1895
  4. BGHZ 111, 287, 288; BGH WM 1995, 1617
  5. BGH WM 2000, 1243, 1244 f.; BGHZ 111, 287, 291
  6. BGHZ 111, 287, 288 und BGH WM 1995, 1617
  7. BGH WM 2000, 1243, 1244 f.
  8. BFHE 86, 32, BStBl. Teil III 1966, 375
  9. BGHZ 111, 287 ff.; BGH WM 1993, 2003 ff.
  10. BGH WM 1994, 1163, 1164
  11. BGH ZIP 1996, 1895
  12. BGH ZIP 1996, 1895
  13. BMF-Schreiben vom 12. März 2010 (Memento vom 30. Januar 2012 im Internet Archive)
  14. dejure.org
  15. Disagio: muenzen-lexikon.de (Memento vom 13. Mai 2006 im Internet Archive)

Weblinks

Wiktionary: Disagio – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
link=http://de.wikipedia.org/Wikipedia:Hinweis Rechtsthemen Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Disagio aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.