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Dieter Blumenwitz

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Dieter Blumenwitz (geb. 11. Juli 1939 in Regensburg; gest. 2. April 2005 in Würzburg) war ein deutscher Staats- und Völkerrechtler.

Biographie

Er studierte Rechts- und Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Öffentliches Recht, insbesondere Völkerrecht und Internationales Privatrecht. 1965 promovierte er in München, wo er sich 1970 auch habilitierte. Zunächst war er Lehrstuhlvertreter in München, 1972 wurde er auf den Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Völkerrecht und Europarecht an die Universität Augsburg berufen. Ab 1976 war er Inhaber des Lehrstuhls für Völkerrecht, Allgemeine Staatslehre, deutsches und bayerisches Staatsrecht und politische Wissenschaften an der Universität Würzburg und zugleich Lehrbeauftragter für den Lehrbereich Internationale Politik an der Hochschule für Politik München. Im Juli 2003 bekam er von der Ukrainischen Freien Universität München die Ehrendoktorwürde verliehen.

Blumenwitz vertrat während seiner wissenschaftlichen Tätigkeit die Bayerische Staatsregierung und die Bundesregierung (1993) vor dem Bundesverfassungsgericht sowie als Counsel vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Darüber hinaus war er Counsel vor dem Internationalen Gerichtshof für das Fürstentum Liechtenstein. Zudem erstellte er rechtswissenschaftliche Gutachten für die Sudetendeutschen.

Dieter Blumenwitz war verheiratet (1967) und hatte eine Tochter. Er starb am 2. April 2005.

Seine Arbeit für das Völker- und Staatsrecht

Blumenwitz war völkerrechtlicher Vertreter der Sudetendeutschen Landsmannschaft sowie Kuratoriumsmitglied der Stiftung „Zentrum gegen Vertreibungen“.

Bekannt wurde Blumenwitz 1973, als er den Freistaat Bayern und dessen Klage gegen den deutsch-deutschen Grundlagenvertrag als Prozessbevollmächtigter vor dem Bundesverfassungsgericht vertrat. Es gelang ihm ein Urteil zu erstreiten, das diesen Grundvertrag weitgehend aushebelte. 2002 erarbeitete er im Auftrag der Sudetendeutschen Landsmannschaft ein Gutachten für das Europäische Parlament in Straßburg, dessen Inhalt in Wesentlichen behauptete, die Beneš-Dekrete stünden einem tschechischen EU-Beitritt im Wege und seien völkerrechtswidrig. Man verstoße mit dem fortdauernden Straffreiheitsgesetz gegen europäische und weltweit geltende Menschenrechte. Blumenwitz forderte im Namen des Volksgruppenschutzes, die tschechische Rechtsordnung und die nationale Eigentumsordnung dieses Landes den Maßgaben der EU unterzuordnen. Ebenfalls verlangte Blumenwitz von Tschechien die „Nachbefolgung der Beneš-Dekrete“ gegenüber der deutschen Minderheit, die auch durch die gegenwärtige Restitutionsgesetzgebung diskriminiert werde, aufzugeben und sich als EU-Beitrittskandidat bedingungslos der „Gemeinschaftsordnung“, sprich dem „geschriebenen und ungeschriebenen Gemeinschaftsrecht“ zu unterwerfen. Blumenwitz' Gutachten stellte die Antwort auf das Gutachten des Heidelberger Völkerrechtsprofessors Jochen Frowein dar, der eines im Auftrag des Europäischen Parlaments erstellt hatte. Frowein sah kein Rechtshindernis in den Beneš-Dekreten für den Beitritt Tschechiens zur EU.

Blumenwitz arbeitete ebenfalls Jahrzehnte an der wissenschaftlichen Legitimation der deutschen Ansprüche gegenüber den ehemaligen Ostgebieten des Deutschen Reiches. Er vertrat grundsätzlich die Meinung, dass die umgesiedelten Menschen ein Recht auf eine „Rückführung zur alten Heimatstätten und zu ihrem Besitz“ hätten. Wo diese Vorgehensweise der so genannten „Rückführung“ nicht mehr möglich ist, sollten die Eigentumsansprüche auf jeden Fall offengehalten werden. 1997 erstellte er im Auftrag der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen sein Buch „Internationale Schutzmechanismen zur Durchsetzung von Minderheiten und Volksgruppenrechten“. Hauptthese dieses Werkes war, den „Souveränitätsvorbehalt der die Minderheiten und Volksgruppen beherbergenden Staaten“ zu überwinden. 1979 reiste Blumenwitz nach Chile und beriet das Regime von Diktator Augusto Pinochet bei der Ausarbeitung einer neuen Verfassung. Außerdem unterstützte er 1980 gutachterlich die chilenische Colonia Dignidad im Prozess gegen die Menschenrechtsorganisation Amnesty International, die gegen die Sekte Vorwürfe wegen Menschenrechtsverletzungen und Folter erhoben hatte, und besuchte die Siedlung.[1]

Werke

Einführung in das anglo-amerikanische Recht (1971)

Das Buch „Einführung in das anglo-amerikanische Recht“ ist eines seiner bekanntesten, es erschien 2003 bereits in der 7. Auflage. Für Studenten, Doktoranden und auch Praktiker ist es schwierig, einen Einstieg in dieses Thema zu finden, obwohl es im deutschen Rechtskreis eine immer größere Rolle spielt.

Die anglo-amerikanische Rechtsordnung baut in ihrer Entwicklung auf dem konkreten Einzelfall auf, allgemein gültige Grundsätze sind somit schwer zu nennen. Das Buch beschreibt deshalb weniger das Sachrecht als die Methode der Rechtsfindung. Zudem wird ein Einblick in das Arbeiten mit Rechtsquellen, Literatur und den Wechselbeziehungen zwischen inländischem und ausländischem Recht gegeben.

Im Wesentlichen kann man zwischen zwei verschiedenen Gesetzesarten unterscheiden, dem „case law“ (Richterrecht) und dem „statute law“ (Gesetzesrecht). Die von der Legislative erstellten Gesetze werden meist als „Rechtsquelle 2. Ranges“ betrachtet. Sehr häufig ist es so, dass die sie interpretierenden Richtersprüche erst den Inhalt festlegen. Im Gegensatz zu Deutschland, wo beim Bundesgerichtshof auch schon einmal aus Lehrbüchern zitiert wird, verdanken die Engländer und Amerikaner ihr Recht den Richtern und nicht den Rechtsgelehrten.

Ein wichtiger Unterschied zwischen England und den USA ist die Anzahl der Fälle, die das höchste Gericht zu behandeln hat. Während der US-amerikanische Supreme Court es jährlich auf 2.000–3.000 Fälle schafft, beschränkt sich das englische House of Lords auf die 50 wichtigsten. In den USA kann das Gericht Fälle ablehnen, wenn sie politisch zu sehr aufgeladen sind. Dies kann in Vergleich zu Deutschland manchmal von Vorteil sein: In Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht bei Grundsatzfragen meist noch einen politisch richtungsweisenden Charakter.

Die Überwindung der deutschen Teilung und die vier Mächte (1990)

In diesem Buch beschäftigt sich Dieter Blumenwitz mit den seit 1945 veröffentlichten Ideen und Vorschlägen zur Überwindung der Teilung Deutschlands und der Verantwortung der vier Siegermächte gegenüber Deutschland als Ganzem. Es handelt sich jeweils um Forschungsberichte Blumenwitz’, die im Auftrag der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen erstellt worden sind.

Der erste Teil stellt eine zusammenfassende Betrachtung von Vorschlägen zur Überwindung der deutschen Teilung seit 1945 dar, sowohl von Seiten der Vier Mächte als auch aus deutscher Sicht. Er wird von Blumenwitz in vier Phasen untergliedert:

Phase 1 (1945/46) erörtert den Zeitpunkt der deutschen Teilung.

Nach der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht erklärte das Potsdamer Protokoll, Deutschland als ein einheitliches Rechts- und Wirtschaftssubjekt erhalten zu wollen, es wird aber unter territoriale Treuhänderschaft gestellt. Es stellt sich bald heraus, dass sich die Interessen der Siegermächte zu „konträr“ zueinander verhalten und deswegen eine einheitliche Regierung von Seiten des Alliierten Kontrollrates unmöglich ist. Die Teilung Deutschlands vollzieht sich als Folge der unterschiedlichen Interessen der vier alliierten Großmächte.

Phase 2 (1946–1955) beschäftigt sich mit der Herausbildung des Status Quo und mit den in dieser Zeit entstehenden Wiedervereinigungsplänen

Der so genannte Byrnes-Plan wird von Seiten der USA vorgeschlagen. Dieser sieht zwar eine Wiedervereinigung Deutschlands nicht als staatliche Reorganisation vor, wäre aber eine Grundlage für eine effektive Politik für Deutschland als Ganzes. Mit einem eigenen Plan zur Reorganisation Deutschlands lehnte die Sowjetunion die amerikanischen Bestrebungen ab. Dies hat ein Auseinanderfallen der Siegermächte in zwei Parteien zur Folge.

Bemühungen von Seiten der Alliierten, sich auf ein einheitliches deutschlandpolitisches Konzept zu einigen, geraten in Stillstand. Der Konflikt wird auf die deutsche Politikebene verlagert. Eine Chance auf Einigung scheitert hier aber auch Ende 1951 an den unterschiedlichen Vorstellungen, wie „freie Wahlen“ zu definieren sind. Deutschland sollte nach Meinung und Vorbild der DDR volksdemokratisch organisiert sein, für die Bundesrepublik Deutschland kam die deutsche Wiedervereinigung nur in Form eines föderativen demokratischen Rechtsstaats in Frage.

Phase 3 (1955–1969), Versuche zur Überwindung des Status Quo

Blumenwitz betrachtet in dieser Phase unter anderem Wiedervereinigungspläne von Seiten der Westalliierten, beispielsweise schildert er den Stellenwert der Deutschen Frage auf der Genfer Außenministerkonferenz und den Herter-Plan. Auch beschäftigt sich Blumenwitz mit dem Heusinger-Plan, dem Eckhardt-Plan, dem Fechter/Meissner-Plan, mit der „Österreich-Lösung“ für die DDR (die von Konrad Adenauer stammt), dem Globke-Plan, dem „Burgfriedenplan“ und zu guter Letzt mit der Friedensnote. All diese Konzepte stammen von der Bundesrepublik Deutschland. Auch die Sowjetunion beschäftigte sich damit, eine Lösung zum Thema deutsche Teilung zu finden. Es entstehen in dieser Zeit die Zwei-Staaten-Theorie, der Entwurf eines gesamteuropäischen kollektiven Sicherheitspaktes und ein weiterer Friedensvertragsentwurf, der am 10. Januar 1959 veröffentlicht wurde. Die DDR selbst entwickelte ebenso Wiedervereinigungspläne, die sogenannten Konföderationspläne und die Idee der Wiedervereinigung durch Umgestaltung der Bundesrepublik in einen sozialistischen Staat marxistisch-leninistischer Prägung. Wie man erkennen kann mangelte es nicht an Vorschlägen. Allerdings scheiterten alle genannten Pläne zur Überwindung des 1955 errichteten Status Quo an den zu unterschiedlichen Vorstellungen der Siegermächte von einem neu strukturierten Deutschland. Die Sowjetunion wollte ein rechtsstaatlich demokratisches Deutschland nicht akzeptieren, die westlichen Siegermächte lehnten ein kommunistisch geprägtes Deutschland ab.

Phase 4 (1969–1985) handelt von der Status-Quo-Politik und den Bestrebungen zur Überwindung der deutschen Teilung durch Kooperation.

Die Bundesregierung entwarf in dieser Phase eine „neue deutsche Ostpolitik“, die zum Ziel eine neue europäische Friedensordnung auf Basis des Status Quo hatte. Grundlegend für diese neue Form von Ostpolitik waren die Ostverträge.

Zum Schluss, in der letzten genannten Phase, bezieht sich Blumenwitz auf die Überlegungen seit 1985. Er fasst die Positionen kurz zusammen und erstellt auf dieser Basis einen Ausblick, wie sich die Überlegungen zum Thema Überwindung der deutschen Teilung entwickeln könnten. Laut ihm hat die Bundesregierung ihre deutschlandpolitischen Strategien trotz Ruf nach einer „operativen Deutschlandpolitik“ nicht geändert. Der Prozess der staatlichen Einigung Deutschlands wird begleitet von den Zwei-plus-Vier-Gesprächen. Hier wird der immer noch recht große Einfluss der alliierten Mächte deutlich. Die deutschen Regierungen können sich in den Verhandlungen über innere Fragen verständigen, bei bedeutsamen Themen wie Sicherheit und den Grenzen Deutschlands bleiben die Verhandlungsausgänge allerdings weiterhin offen.

Weitere Werke

  • 1966 Die Grundlagen eines Friedensvertrages mit Deutschland
  • 1972 Feindstaatenklauseln
  • 1972 Der Schutz innerstaatlicher Rechtsgemeinschaft bei Abschluss völkerrechtlicher Verträge
  • 1975 Das Staatsangehörigkeitsrecht der Vereinigten Staaten, Band 7 der Sammlung geltender Staatsangehörigkeitsgesetze (Neubearbeitung)
  • 1978 Wehrpflicht und Zivildienst
  • 1980 Die deutsch-polnischen Städtepartnerschaftsabkommen
  • 1980 Die Darstellung der Grenzen Deutschlands in kartographischen Werken
  • 1982 Die Ostverträge im Lichte des internationalen Vertragsrechts
  • 1982 Was ist Deutschland? Staats- und völkerrechtliche Grundsätze zur deutschen Frage (3. Auflage 1989)
  • 1983 Verfassungsentwicklung der dritten Welt
  • 1985 Der Prager Vertrag
  • 1989 Denk ich an Deutschland
  • 1989 What is Germany? Exploring Germany’s status after World War II
  • 1992 Staatennachfolge und Einigung Deutschlands
  • 1992 Das Offenhalten der Vermögensfrage in den deutsch-polnischen Beziehungen
  • 1992 Minderheiten und Volksgruppenrecht. Aktuelle Entwicklung
  • 1994 This is Germany – Germany’s legal status after unification
  • 1995 Volksgruppen und Minderheiten. Politische Vertretung und Kulturautonomie
  • 1996 The legal status of divided nations
  • 1997 Internationale Schutzmechanismen zur Durchsetzung von Minderheiten und Volksgruppenrechten
  • 1998 Interessenausgleich zwischen Deutschland und den östlichen Nachbarn
  • 1999 Wahlrecht für Deutsche in Polen? Zur Möglichkeit einer Beteiligung der deutschen Bevölkerungsgruppe in Polen an den Wahlen zum Deutschen Bundestag
  • 2000 Positionen der katholischen Kirche zum Schutz von Minderheiten und Volksgruppen in der internationalen Friedensordnung
  • 2000 Das Grundrecht des Eigentums: Grundsätze und aktuelle Probleme
  • 2001 Fälle und Lösungen zum Völkerrecht
  • 2001 Vorschlag einer Minderheitenschutzbestimmung in der Charta der Grundrechte der europäischen Union
  • 2005 Okkupation und Revolution in Slowenien (1941–1946): eine völkerrechtliche Untersuchung[2]

Daneben hat Dieter Blumenwitz ca. 250 Zeitungsaufsätze geschrieben und bei 4 Bänden der Pol-educ-Reihe mitgearbeitet. Er erstellte Rechtsgutachten und hat ca. 25 Beiträge (u. a. „Der Bundesrat“) Art. 50–53 GG im Bonner Kommentar zum Grundgesetz geleistet.

Einzelnachweise

Weblinks

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Dieter Blumenwitz aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.