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Deplatforming

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Deplatforming (eng: „die Plattform nehmen“), auch no-platforming bezeichnet eine Strategie zum dauerhaften Ausschluss einzelner Personen oder Gruppen von (zumeist digitalen) Plattformen wie sozialen Netzwerken, Online-Dienstleistern oder Providern.[1] Dies geschieht in der Regel aufgrund von wiederholter Missachtung festgelegter Regeln, kann aber auch ohne Nennung von Gründen oder auf öffentlichen Druck oder Druck von Werbekunden hin geschehen.[2] Konkret geht der Ausschluss einher mit der Löschung oder Sperrung der Konten, Profile oder Kanäle, also aller bzw. möglichst vieler Plattformen, die die Person oder Gruppe braucht, „um berühmt und damit relevant zu bleiben“.[3]

Funktion

Ziel des Deplatforming ist es, der betroffenen Person oder Gruppe öffentliche Reichweite zu nehmen und sie von ihrem Publikum und ihren Finanzierungsquellen abzuschneiden. Netzpolitik.org schreibt:

„Es meint den Ausschluss von Accounts aus sozialen Netzwerken oder aber auch von Zahlungsdienstleistern. Deplatforming verringert in der Regel die öffentliche Sichtbarkeit der betroffenen Organisationen oder Einzelpersonen signifikant und oftmals auch deren finanzielles Einkommen. Es ist ein sehr mächtiges Instrument, das den privaten Plattformen zur Verfügung steht.“[4]

Die Wirksamkeit der Strategie Deplatforming ist umstritten. Kritiker argumentieren, es „funktioniert noch nicht besonders gut“.[5] Zwar führe ein Deplatforming zu einer Reduzierung der Reichweite und teilweise auch der Einnahmen; die betroffenen Akteure würden aber auf Alternativangebote ausweichen. Nachdem die Crowdfunding-Plattform Patreon mehrere Alt-Right-Aktivisten von ihrer Plattform verbannt hatte, gründeten diese ihre eigene Plattform Hatreon.[6] Zudem gäbe es Hinweise darauf, dass sich die Betroffenen weiter radikalisieren würden.[5] Im Handelsblatt heißt es dazu:

„Fakt ist: Deplatforming führt nicht dazu, dass die Hassprediger aufhören, ihre Botschaften zu verbreiten. Sie suchen sich einfach eine neue Bühne. Abseits der großen Plattformen entstehen immer wieder kleinere, radikalere Communities – etwa das mittlerweile eingestellte Forum 8chan, in dem die Attentäter von Christchurch und El Paso ihre Manifeste veröffentlichten, bevor sie Massenmorde begingen.“[1]

Kritiker monieren darüber hinaus, deplatforming käme eine Einschränkung der Meinungsfreiheit gleich. Teilweise hätten einzelne Plattformen, z. B. das Unternehmen Google, eine so marktbeherrschende Stellung, dass sie durch ihre Nutzungsbedingungen sowohl Endnutzern als auch Unternehmen und Organisationen geradezu diktieren könnten, wie sie ihre Plattform zu nutzen haben.[2] Die Schriftstellerin Tina Uebel bezeichnet deplatforming als „nur ein anderes Wort für Diskussionsverweigerung: Man wolle eine homogene Welt, in der alle der gleichen Meinung seien“.[7]

Beispiele

Der neonazistischen Webseite The Daily Stormer wurde 2017 nach den rechtsextremen Demonstrationen in Charlottesville von ihrem Webhoster GoDaddy gekündigt, auch Google lehnte es ab, die Webseite zu hosten.[6]

Nach dem Attentat auf eine Synagoge in Pittsburgh im Jahr 2018 erfolgte ein deplatforming des sozialen Netzwerks Gab, auf dem der Attentäter seine Tat angekündigte hatte. Die Bezahldienste PayPal und Stripe schlossen die Konten von Gab, der Webhoster GoDaddy kündigte auch in diesem Fall die Verträge.[8]

Im Mai 2019 löschte Facebook die Seiten mehrerer bekannter Rechtspopulisten, darunter die des Verschwörungstheoretiker Alex Jones, des Comedian Paul Joseph Watson, der rechten Aktivistin Lauren Southern und des Journalisten Milo Yiannopoulos.[3][9] Die Plattformen Apple, Spotify, Twitter und YouTube hatten die Präsenzen des Onlineportals InfoWars, für das insbesondere Alex Jones und Paul Joseph Watson regelmäßig tätig waren, bereits 2018 gelöscht.[10]

Im August 2019 löschte YouTube den Kanal des rechtsextremen Aktivisten Martin Sellner. Nach Protesten durch Sellners Anwälte wurde der Kanal wiederhergestellt.[11]

Die Plattform Reddit löscht im Juni 2020 den von Fans des Präsidenten Donald Trump betriebenen Subreddit „the_donald“, was von netzpolitik.org als deplatforming gewertet wurde.[4]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Milena Merten: Deplatforming – Wenn soziale Netzwerke das Mikro abdrehen. Handelsblatt, 7. Oktober 2019, abgerufen am 29. Februar 2020.
  2. 2,0 2,1 Werner Bogula: Digitale Plattformen für internationale Kulturbeziehungen: Sichere Kommunikation und Kooperation im Netz. Stuttgart: Institut für Auslandsbeziehungen. 2019. https://doi.org/10.17901/AKBP1.08.2019 S. 46.
  3. 3,0 3,1 Jürgen Schmieder: Schreier ohne Bühne. Tages-Anzeiger, 3. Mai 2019, abgerufen am 29. Februar 2020.
  4. 4,0 4,1 Markus Reuter: Deplatforming: Großes Hass-Domino in sozialen Netzwerken. Netzpolitik.org, 30. Juni 2020, abgerufen am 10. August 2020.
  5. 5,0 5,1 So agiert die rechte Szene im Netz. Deutschlandfunk, 22. Februar 2020, abgerufen am 29. Februar 2020.
  6. 6,0 6,1 Angela Gruber: Neonazis schaffen sich eigene Onlinedienste. Der Spiegel, 15. August 2017, abgerufen am 29. Februar 2020.
  7. Ijoma Mangold: Ich bitte Sie, nicht zu lachen! Die Zeit, 5. Februar 2020, abgerufen am 29. Februar 2020.
  8. Christopher Carbone: After Pittsburgh synagogue shooting, Gab banned by PayPal, GoDaddy, Medium, suspended by two other platforms. Fox News, 28. Oktober 2018, abgerufen am 29. Februar 2020 (eng).
  9. Jürgen Schmieder: Provokateure ohne Plattform. Süddeutsche Zeitung, 3. Mai 2019, abgerufen am 29. Februar 2020.
  10. Die finale Schlacht des "Fake News"-Königs: Wie Alex Jones zum Gegenschlag ausholt. Stern (Zeitschrift), 7. August 2018, abgerufen am 29. Februar 2020.
  11. Michael Hanfeld: Identitären-Chef Sellner ist wieder da. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29. August 2019, abgerufen am 29. Februar 2020.

Siehe auch


Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Deplatforming (10. August 2020) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. Der Wikipedia-Artikel steht unter der Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported (CC BY-NC-SA 3.0). In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar, die vor Übernahme in Jewiki am Text mitgearbeitet haben.