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Dentist

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Dentist ([dɛnˈtist], von lat. dens „Zahn“) war eine in Deutschland bis 1952 neben den Zahnärzten existierende Berufsbezeichnung für Zahnheilkundige ohne akademische Ausbildung. Es handelte sich um Zahntechniker, die nach erfolgreichem Besuch einer Dentistenschule Patienten behandeln durften. In vielen anderen Ländern bzw. Sprachen ist es die Bezeichnung für einen Zahnarzt mit akademischer Ausbildung (dentist). In Deutschland wird die Bezeichnung heutzutage als abfällige Titulierung eines Zahnarztes gebraucht.[1][2]

Geschichte der Dentisten in Deutschland

Ärztlicher und zahnärztlicher Approbationsschein des Norddeutschen Bundes, 1869, der Dentisten verwehrt war
Verordnung über die Kassendentistische Vereinigung Deutschlands vom 13. Dezember 1940

Bald nach Inkrafttreten der Verfassung des Norddeutschen Bundes (1861–1871) am 16. April 1867 wurde gemäß § 29 der Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund 1869 eine erste Approbationsordnung namens „Bekanntmachung, betreffend die Prüfung der Ärzte, Zahnärzte, Thierärzte und Apotheker“ erlassen. 1872 wurde sie auch für das neu gegründete Deutsche Reich rechtswirksam, wonach jedem gestattet war, Kranke ohne den Nachweis einer entsprechenden Ausbildung zu behandeln. Bald sind nichtapprobierte Heilbehandler dazu übergegangen, die Berufsbezeichnung „Zahnkünstler“ in „Dentist“ zu ändern. Für die nichtapprobierten Zahnbehandler schlugen die Zahnärzte ihrerseits die – abwertenden – Berufsbezeichnungen „Zahnarbeiter“ beziehungsweise „Gebißarbeiter“ vor. Sie verwiesen hinsichtlich der Berufsbezeichnung Dentist empört auf den romanischen und angelsächsischen Sprachgebrauch, wonach die Begriffe „dentiste“ beziehungsweise „dentist“ einen approbierten Zahnarzt bezeichneten. Ein vereidigter Sachverständiger für fremde Sprachen kam in einem Gerichtsgutachten 1907 jedoch zu folgendem Ergebnis:[3][4]

„Die Bedeutung des Wortes ‚Dentist’ ist nach dem, woraus es zusammengesetzt ist, in zweierlei zu zerlegen: in dens = Zahn und die Endsilbe ‚ist(e)’. Die selbe Endsilbe wird vielen Worten solcher Personen beigelegt, die irgendeine Beschäftigung, ein Geschäft, eine Kunst usw. ausüben, zum Beispiel ars = Kunst, Artist = Künstler, einer, der die Künste ausübt. Es ist selbstverständlich, dass in solchen Benennungen irgendein Titel nicht vorliegt, vielmehr unter der Bezeichnung ‚Dentist’ eine Person zu verstehen ist, die sich mit der Behandlung von Zähnen, wohl auch mit Verfertigung künstlicher Zähne abgibt, sodass die Benennung ‚Zahnkünstler, Zahntechniker’ dasselbe sagen würde als ‚Dentist’. Es ist also derjenige, der sich Dentist nennt, ein ein freies Gewerbe ausübender Zahntechniker, der eine Titulatur nicht beansprucht, und dem sie auch nicht zukommt. Titelbeanspruchende und -berechtigte, die ein Examen bestanden, sind Zahnärzte oder je nach Universitätsbildung Doktoren der zahnärztlichen Praxis. Weder bei einem Ausländer noch Inländer kann daher eine Verwechslung zwischen Zahnarzt und Dentist vorkommen.“

Der „Verein deutscher Zahnkünstler“ hat sich 1908 in „Verein der Dentisten im Deutschen Reich“ (VDDR) umbenannt. In den nachfolgenden Jahren fand der Begriff „Dentist“ – ungeachtet der zahnärztlichen Proteste – Eingang in die Behördensprache.[3][4]

1910 umfasste die Ausbildung zum Dentisten in Deutschland mindestens sechs Jahre. Davon waren drei Jahre bei einem Dentisten zu absolvieren, ein Jahr Ausbildung in Prothetik, vorwiegend bei einem Zahnarzt. Anschließend erfolgte eine viersemestrige Ausbildung an einem Lehrinstitut für Dentisten mit abschließender Prüfung. Ausbildungsbefugt an den Lehrinstituten für Dentisten waren approbierte Medizinalpersonen.

1920 wurde die dentistische Ausbildung staatlich anerkannt. Nach Abschluss der dentistischen Staatsprüfung waren die Absolventen „Staatlich geprüfte Dentisten“. Sie erhielten keine Approbation.

In der Zeit des Nationalsozialismus war SA-Oberführer Fritz Blumenstein, (1898–1993) Reichsdentistenführer und ab 1940 Leiter der Kassendentistischen Vereinigung Deutschlands.[5] Der "Reichsverband Deutscher Dentisten" zeigte im "Dritten Reich" eine große Bereitschaft, sich dem NS-Regime berufspolitisch anzudienen, um die (von der organisierten Zahnärzteschaft angefochtene) Marktposition der dentistischen Zahnbehandler zu verteidigen.[6]

1949 fand in der sowjetischen Besatzungszone der Dualismus zwischen Dentisten und Zahnärzten ein Ende (Leipziger Abkommen). Rechtsgrundlage war die „Anordnung über die Approbation der Zahnärzte vom 2. März 1949“, welche von der Hauptverwaltung Gesundheitswesen der deutschen Wirtschaftskommission erlassen wurde. Die Anordnung sah vor, dass Dentisten nach einer entsprechenden Ausbildungszeit, die sich nach der Dauer ihrer Praxistätigkeit richtete, in die Zahnärzteschaft übernommen bzw. auf ein verkürztes Universitätsstudium vorbereitet werden.

Beendigung des Dualismus

1952 wurde in der Bundesrepublik Deutschland die Dentistenausbildung beendet und Elemente der dentistischen Ausbildung in die universitäre zahnmedizinische Ausbildung einbezogen. Entscheidend war daran Erich Müller beteiligt. Mit dem Zahnheilkundegesetz (ZHG)[7] vom 31. März 1952 wurde die Kurierfreiheit endgültig abgeschafft und auch der Dualismus mit dem Dentistenstand durch das „Bonner Abkommen“ (auch als „Allensbacher Abkommen“ bezeichnet) beendet. Bis Ende 1953 erbrachten die 15.000 damals tätigen deutschen Dentisten durch einen 60-stündigen Fortbildungskurs den entsprechenden Qualifikationsnachweis und erhielten daraufhin die Bestallung als Zahnarzt. Über Jahrzehnte bemühten sich die akademisch ausgebildeten approbierten Zahnärzte, sich von den Dentisten durch den Erwerb eines Doktortitels (Dr. med. dent.) zu unterscheiden. In der Ära der durch die Kurzausbildung zu Zahnärzten mutierten Dentisten erschufen die Ärzte die Bezeichnung „Schmalspurmediziner“ für diese Berufsgruppe. Ihnen war die Promotion mangels akademischen Studiums verwehrt.

Das ZHG regelte in § 8 die Approbation als Zahnarzt für Dentisten und in § 9 und § 10 für Dentistenassistenten und Anwärter. Der Crashkurs fand in den Fächern Mund- und Kieferkrankheiten einschließlich der zahnärztliche Chirurgie in 40 Stunden und in Arzneimittellehre einschließlich Arzneiverordnungslehre in 20 Stunden an einem Lehrinstitut für Dentisten statt. Dentistenassistenten konnten die Approbation erhalten, wenn sie bis zum 1. April 1954 die Dentistenprüfung ablegten und die obigen Kurse besuchten. Anwärter mussten zusätzlich eine Prüfung ablegen. Die Approbation wurde erst nach Vollendung des 25. Lebensjahres erteilt und Approbationsanträge von den oben genannten konnten nur bis zum 27. Januar 1980 gestellt werden.[8]

Dentisten in Österreich

In Österreich gibt es dreierlei Arten von Zahnärzten:

  • Fachärzte für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, die nach einem vollständigen Allgemeinmedizinstudium eine entsprechende Facharztausbildung absolvieren mussten. Im Rahmen der EU-Angleichung wurde dieser Ausbildungsgang 1998 eingestellt.
  • Zahnärzte, die ab 1998 ein Zahnmedizinstudium – ähnlich wie in Deutschland aufgebaut – absolvieren mussten.
  • Dentisten, die bis 1975 nach einer absolvierten Lehre zum Zahntechniker eine zusätzliche Spezialausbildung absolviert haben, die aus praktischen und theoretischen Inhalten bestand. Die Mitglieder dieses Berufszweigs, die einen Teil der Zahnarzttätigkeit ausüben, haben eine dreijährige nicht universitäre Ausbildung absolviert und können nach Aussagen der österreichischen Regierung nicht mit Ärzten gleichgesetzt werden. Die Ausübung des Berufes des Dentisten ist durch das Dentistengesetz geregelt. Nach § 6 Absatz 1 des Dentistengesetzes war der Dentist berechtigt, seinen Beruf unter der Berufsbezeichnung „Zahnarzt“ zu führen und neben dieser Berufsbezeichnung die Ausbildungsbezeichnung „Dentist“ in Klammer anzufügen.

Österreich wurde vor dem Europäischen Gerichtshofs wegen des Dentistengesetzes verklagt und unterlag mit folgendem Richterspruch:

„Die Republik Österreich hat gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 1 und 19b der Richtlinie 78/686/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise des Zahnarztes und für Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr in der Fassung der Richtlinie 2001/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2001 und aus Artikel 1 der Richtlinie 78/687/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Tätigkeiten des Zahnarztes in der Fassung der Richtlinie 2001/19 verstoßen, indem sie den österreichischen Dentisten in den §§ 4 Absatz 3 und 6 des Dentistengesetzes die Möglichkeit eröffnet,

  • unter der Bezeichnung „Zahnarzt“ bzw. „Zahnarzt (Dentist)“ ihre Tätigkeit auszuüben sowie
  • die Ausnahmeregelung des Artikels 19b der Richtlinie 78/686 in Anspruch zu nehmen,

obwohl sie nicht die Mindestvoraussetzungen des Artikels 1 der Richtlinie 78/687 erfüllen, um unter die Regelungen dieser Richtlinien zu fallen.“[9]

Im Jahre 2011 zählte die Österreichische Zahnärztekammer (ÖZÄK) 4722 Mitglieder, davon 3194 Fachärzte für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, 1480 Zahnärzte und nur noch 48 Dentisten.[10]

Dentisten in anderen Sprachen

Bei Übersetzungen aus anderen Sprachen wie dem Englischen oder dem Französischen ist eine Fehlübersetzung möglich, da das englische Wort dentist [ˈdɛntist] oder das französische Wort dentiste [dɑ̃ˈtist] Zahnarzt bedeutet.

Denturisten und Zahnprothetiker

Manche waren mit der Abschaffung des Dentistenstands nicht einverstanden und wanderten nach Kanada aus. Es bildete sich ein zunächst illegaler Berufsstand der Denturisten aus. Sie beschränkten sich im Wesentlichen auf die Anfertigung von Teil- und Totalprothesen, die sie auch am Patienten eingliederten. Erst 1961 wurde dieser Beruf in Alberta durch den Dental Mechanics Act of Alberta anerkannt. Es folgte die Einführung in zahlreichen anderen Provinzen Kanadas. Sie gründeten The Denturist Association of Canada, die bis heute diesen Berufsstand repräsentiert.[11] Ähnlich verlief die Entwicklung in den USA. British Columbia genehmigte den Denturisten 1958 die Berufsausübung, 1977 gefolgt von Maine, dem sich Arizona und Oregon im Jahr 1978 anschlossen. 1982 verabschiedeten Idaho, 1984 Montana und 1994 Washington entsprechende Gesetze. Im gleichen Jahr wurde als Berufsvertretung The American Academy of Medical Denturitry in Montana gegründet.[12] Ähnliche Entwicklungen gab es weltweit,[13] beispielsweise in Australien, wo die Dental Prosthetists durch The Australian Dental Prosthetists Association vertreten werden,[14] im Vereinigten Königreich oder der Schweiz. In Letzterer werden die Zahnprothetiker im 1962 gegründeten Schweizerischen Zahn-Prothetiker Verband vertreten. Sie müssen eine kantonale Prüfung zum diplomierten Zahnprothetiker mit Erfolg bestehen.[15] Teilweise wurde das Berufsbild um die Anfertigung von Zahnfüllungen, Zahnkronen und das Bleichen von Zähnen ausgeweitet.

In Belgien wird seit 1971 eine dreijährige Ausbildung zum Tandprothesisten angeboten. Sie wird an Samstagen am Institut für Tandprothesisten Antwerpen abgehalten. Zulassungsvoraussetzung ist eine abgeschlossene Ausbildung zum Zahntechniker. Ihr Berufsverband ist die Vereinigung belgischer Denturisten – Union Belge Denturists Diplomé (UBDD).[16] In Holland sind die Bedingungen im Artikel 34 festgelegt. Die Berufsorganisation ist die Organisatie van Nederlandse Tandprothetici (O.N.T.) Organisation der niederländischen Zahnprothetiker, die 1997 von der niederländischen Regierung anerkannt wurde. Sie führt das Register der Zahnprothetiker.[17]

Die Länderorganisationen der Denturisten sind in der International Federation of Denturists (IFD) vertreten, die 1992 gegründet wurde.[18]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Zahnforum der KZV Baden-Württemberg, Zahnlexikon
  2. dentalfresh: Der Beruf des Dentisten in der Zahnheilkunde (PDF; 309 kB)
  3. 3,0 3,1 Dominik Groß, Der Dentist setzt sich durch (Memento vom 3. Januar 2016 im Internet Archive), Zahnärztliche Mitteilungen, 21/2015. Abgerufen am 3. Januar 2016.
  4. 4,0 4,1 Dominik Groß, Vom „Gebißarbeiter“ zum staatlich geprüften Dentisten: Der Berufsbildungsprozess der nichtapprobierten Zahnbehandler (1869-1952), in: Dominik Groß (Hrsg.), Beiträge zur Geschichte und Ethik der Zahnheilkunde, Würzburg 2006, S. 99–125.
  5. Erik Bauer, Fritz Blumenstein 1898–1993: Leben und Wirken des Reichsdentistenführers, Königshausen u. Neumann (Mai 2002), ISBN 3-8260-2367-6.
  6. Enno Schwanke und Dominik Groß, Der Reichsverband Deutscher Dentisten: „Gleichschaltung“ – Ausschaltung – Standeskonsolidierung, in: Matthis Krischel, Mathias Schmidt und Dominik Groß (Hrsg.), Medizinische Fachgesellschaften im Nationalsozialismus. Bestandsaufnahme und Perspektiven (= Medizin und Nationalsozialismus, 4), Berlin 2016, S. 173–196.
  7. Juris Zahnheilkundegesetz (PDF; 98 kB)
  8. Karl Schuchardt Biografie ab S. 132 (PDF; 2,7 MB)
  9. Rechtssache C‑437/03 Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Republik Österreich
  10. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs, ÖZÄK, Mitgliederstand
  11. Denturism in Canada, The Denturist Association of Canada. Abgerufen am 25. Februar 2016.
  12. History (Memento vom 25. Februar 2016 im Internet Archive), The American Academy of Medical Denturitry. Abgerufen am 25. Februar 2016.
  13. Denturist Associations, The Denturist Association of Canada. Abgerufen am 25. Februar 2016.
  14. The Australian Dental Prosthetists Association. Abgerufen am 25. Februar 2016.
  15. Der Schweizerische Zahn-Prothetiker Verband, Schweizerischer Zahn-Prothetiker Verband. Abgerufen am 25. Februar 2016.
  16. Website Union Belge Denturists Diplomé. Abgerufen am 5. Februar 2017.
  17. Website der Organisatie Nederlandse Tandprothetici. Abgerufen am 5. Februar 2017.
  18. International Federation of Denturists (IFD). Abgerufen am 25. Februar 2016.
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