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Defibrillator

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Ein im Rettungsdienst verwendeter Defibrillator mit EKG-Funktion
Nahansicht

Ein Defibrillator, auch Schockgeber, oder im Fachjargon Defi, ist ein medizinisches Gerät zur Defibrillation und unter Umständen zur Kardioversion. Es kann durch gezielte Stromstöße Herzrhythmusstörungen wie Kammerflimmern und Kammerflattern (Fibrillation) oder ventrikuläre Tachykardien, Vorhofflimmern und Vorhofflattern beenden (Kardioversion). Defibrillatoren werden auf Intensivstationen, in Operationssälen, in Notfallaufnahmen, sowie in Fahrzeugen des Rettungsdienstes bereitgehalten. Seit den 1990er-Jahren werden Defibrillatoren in Form automatisierter externer Defibrillatoren auch zunehmend in öffentlich zugänglichen Gebäuden wie Bahnhöfen, Flughäfen und anderen Orten für eine Anwendung durch medizinische Laien bereitgestellt.

Indikation und Therapie

Defibrillation

Hauptartikel: Defibrillation

In 85 Prozent aller plötzlichen Herztode liegt anfangs ein sogenanntes Kammerflimmern vor. Ein Defibrillator kann diese elektrisch kreisende Erregung im Herzen durch gleichzeitige Stimulation von mindestens 70 Prozent aller Herzmuskelzellen unterbrechen. Dabei wird eine große Anzahl von Zellen gleichzeitig depolarisiert, was zur Folge hat, dass diese Zellen eine relativ lange Zeit (etwa 250 ms = Refraktärzeit der Zellen) nicht mehr erregbar sind. Der kreisenden Welle wird quasi der Weg abgeschnitten und das Herz befindet sich wieder in einem Zustand, in dem das natürliche Erregungsleitungssystem die Stimulation des Herzens wieder übernehmen kann. Entscheidend bei der Defibrillation ist der frühestmögliche Einsatz, da die durch das Kammerflimmern hervorgerufene Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff (Gehirnischämie) binnen kurzer Zeit zu massiven neurologischen Defiziten führen kann. Aus diesem Grund werden auch im öffentlichen Raum immer mehr automatisierte externe Defibrillatoren (AED) platziert. Der erfolgreiche Einsatz eines AED steht und fällt mit der richtigen Durchführung der Herz-Lungen-Wiederbelebung. Der AED ist nur eine Ergänzung, kein Ersatz. Jedoch ist zu ergänzen, dass bei einem Kammerflimmern pro Minute die Überlebenschance des Patienten um 10 % sinkt. Daher muss und sollte der Einsatz eines Laiendefibrillators so früh wie möglich stattfinden.

Kardioversion

Hauptartikel: Kardioversion
Biphasischer Defibrillator. Bei einem biphasischen Strom, fließt der Strom zuerst von Elektrode A nach B und dann wieder zurück von B nach A.

Die Kardioversion ist eine EKG-synchrone Defibrillation in Kurznarkose. Hierbei wird der Stromimpuls (üblicherweise mit einer geringeren Energie, 100 Joule) direkt nach Erkennen eines Kammerkomplexes (große Zacke im EKG) durch das Gerät abgegeben. Sie wird bei Vorhofflimmern zur Wiedererlangung des Sinusrhythmus und bei medikamentös nicht beherrschbaren, schnellen bösartigen Herzrhythmusstörungen der Herzkammern (z. B. ventrikuläre Tachykardie) verwendet.

Aufbau

Prinzipiell besteht ein Defibrillator aus einem Akkumulator, einem DC/DC-Wandler, einem Kondensator, einer Ausgangsstufe und einer Steuereinheit. Da die Spannung des Akkumulators für einen Elektroschock zu klein ist, muss mit Hilfe eines DC/DC-Wandlers eine größere Spannung erzeugt werden, mit der der Kondensator auf eine zuvor eingestellte Energie aufgeladen wird. Auf Knopfdruck gibt der Kondensator seine gespeicherte Energie, etwa 200 bis 360 Joule, über die Ausgangsstufe an den Patienten ab. Die Spannung beträgt bis 4000 Volt und liegt zwischen 3 und 40 Millisekunden am Patienten an. Die Stromstärke erreicht bei üblichen Körperwiderständen zwischen 50 und 100 Ohm bis zu etwa 50 Ampere. Der hierzu notwendige Kondensator hat eine Kapazität von 45…500 µF.[1]

Stromgeregelter biphasischer Defibrillatorimpuls

Diese Energie wird über großflächige Elektroden abgegeben, welche entweder mit den Händen auf den Brustkorb des Patienten gedrückt werden (sogenannte Paddles) oder auf den Brustkorb geklebt werden (sogenannte Klebeelektroden oder Fast-Patches). Vor allem bei öffentlich erreichbaren Defibrillatoren (Abk. PAD von engl. public access defibrillator) werden - um die Bedienung zu vereinfachen und die Gefahr eines Stromschlages für den Anwender zu reduzieren - praktisch nur Klebeelektroden verwendet. Für den Einsatz bei geöffnetem Brustkorb (während Operationen) gibt es Ausführungen mit löffelartigen Elektroden, die direkt an den Herzmuskel angelegt werden.

Die Ausgangsstufe erzeugt bestimmte Pulsformen. Die Steuereinheit steuert den Ladevorgang des Kondensators und die Ausgangsstufenschaltung und sorgt auch dafür, dass bei nicht erfolgter Schockabgabe der Kondensator über einen internen Widerstand entladen wird (Schutzschaltung).

Moderne Defibrillatoren arbeiten biphasisch. Das bedeutet, dass von der Ausgangsstufe nicht nur ein Stromstoß abgegeben wird, sondern dass durch Polaritätswechsel an den Elektroden auch Stromstöße in umgekehrter Richtung abgegeben werden. Biphasische Geräte ermöglichen damit, bei gleicher Effektivität mit geringerer Energieabgabe und geringerer Schädigung des Herzmuskels auszukommen.[2] Moderne biphasische Defibrillatoren messen vor der Energieabgabe den Körperwiderstand (Impedanz) des Patienten mittels der aufgeklebten Elektroden und passen Stromstärke und Spannung an diesen Widerstand an. Schlanke, kleine Patienten mit geringer Impedanz erhalten so weniger Strom als z. B. übergewichtige, große Patienten. Es gibt inzwischen auch einen starken Beleg (eine Evidenz) dafür, dass bei mehreren nötigen Behandlungen ansteigende (eskalierende) Energiestufen wirkungsvoller sind als gleich hohe Energieabgaben an den Patienten.

Schematische Darstellung eines einfachen Defibrillator (nicht elektronisch geregelt, siehe auch Kondensator).

Bauarten

Manueller Defibrillator

Defibrillator mit Monitor, Drucker, SpO2, manuellem/automatischen Modus

Konventionelle (manuelle) Defibrillatoren beinhalten auch Funktionen eines EKG und werden zum Beispiel im Rettungsdienst verwendet. Einige dieser Geräte können zusätzlich auch als externe Herzschrittmacher sowie zur Messung der Sauerstoffsättigung, zur Blutdruckmessung oder als Kapnometer eingesetzt werden und haben oftmals auch eine Option zur halbautomatischen Defibrillation für die Anwendung durch das nicht-ärztliche Rettungsdienstpersonal eingebaut.

Automatisierter externer Defibrillator (AED)

Ein Automatisierter Externer Defibrillator (AED)

Automatisierte externe Defibrillatoren (AED, ugs.: „Laiendefibrillatoren“) sind durch ihre Bau- und Funktionsweise besonders für Laienhelfer geeignet. Hierbei erkennen die Geräte meist ohne Zutun der Ersthelfer, ob eine Schockgabe nötig ist. Je nach Bauweise wird entweder automatisch oder auf Knopfdruck ein Schock abgegeben. Die Energie, welche beim Schock abgegeben wird, wird ebenfalls durch den AED bestimmt. So müssen Ersthelfer lediglich auf die meist akustischen Anweisungen achten wie z. B. das Durchführen der Herz-Lungen-Wiederbelebung oder während der Rhythmusanalyse oder der Schockgabe das Einstellen der Herzdruckmassage (und ggf. Abstand zum Patienten nehmen).

Implantierbarer Kardioverter-Defibrillator

Bei Patienten mit hohem Risiko für Kammerflimmern oder andere bösartige Herzrhythmusstörungen können miniaturisierte automatische Defibrillatoren (Implantierbare Kardioverter-Defibrillatoren oder ICD von englisch Internal Cardioverter/Defibrillator), ähnlich einem Herzschrittmacher, implantiert werden. Ihre Elektroden (Hauptelektrode liegt in der Spitze der rechten Herzkammer) haben direkten Kontakt zum Herzmuskel und lösen bei Bedarf selbstständig aus. Durch den direkten Kontakt sind viel geringere Energien möglich, der Patient merkt jedoch durchaus einen schmerzhaften Schlag. Dies kann trotz der lebensrettenden Funktion für den Patienten psychisch belastend sein.

Defibrillatorweste (WCD - Wearable Cardioverter/Defibrillator)

Sollen Patienten vor einem nur vorübergehend bestehenden, erhöhten Risiko für lebensbedrohliche, schnelle Herzrhythmusstörungen geschützt werden, zum Beispiel vor Implantation eines ICD oder CRT-D, so können sie durch eine Defibrillatorweste (Wearable Cardioverter/Defibrillator, WCD) geschützt werden. Diese ist außerdem bei bestehendem Tachyarrhythmierisiko mit unbekanntem Verlauf oder bei andauerndem Risiko zur Überbrückung einer Phase, in der der Patient inoperabel ist, anwendbar.

Der WCD ist ein Therapiegerät, welches im Wesentlichen aus zwei Komponenten besteht. Der direkt auf der Haut des Oberkörpers zu tragende Elektrodengürtel enthält vier EKG-Elektroden und drei Therapieelektroden. Das Verbindungskabel überträgt zwei EKG-Ableitungen zur Herzrhythmusüberwachung an ein Monitorgerät, den eigentlichen Defibrillator.

Bei Erkennen einer bösartigen schnellen Rhythmusstörung startet das Gerät selbsttätig den Behandlungsmodus. Dies wird optisch, akustisch sowie durch einen Vibrationsalarm direkt dem Patienten und dem Umfeld signalisiert. Reagiert der Patient wegen Bewusstseinsverlust nicht, so wird der nötige Behandlungsablauf automatisch von der Defibrillatorweste durchgeführt.

Dabei erhält der bewusstlose Patient über die im Rückenteil und unterhalb der linken Brust sitzenden Therapieelektroden den lebensrettenden Schock. Das ist wegen bestehender Bewusstlosigkeit für den Patienten nicht spürbar und damit schmerzlos.

Sofern der Patient beim Therapiealarm noch bei Bewusstsein ist, unterdrückt er mittels zweier Reaktionstasten eine Schockabgabe. Bei späterem Bewusstseinsverlust kann er die Reaktionstasten nicht mehr drücken und das Gerät setzt dann den Behandlungsmodus bis zum rettenden Elektroschock fort.

Stoppt die schnelle Rhythmusstörung von allein, so beendet der WCD nach erkanntem normalen EKG-Signal den Behandlungsablauf automatisch.

Alle kritischen Rhythmusereignisse werden im Monitor gespeichert und sind vom behandelnden Arzt über eine Internetdatenbank abrufbar.[3][4]

Dokumentation

Verschiedene Typen moderner Defibrillatoren zeichnen die abgeleiteten EKG-Ereignisse, abgegebene Schocks mit deren Energie, die dazugehörigen Uhrzeiten und unter Umständen auch die Umgebungsgeräusche und die Gespräche der Helfer intern oder auf Speicherkarten auf. Die Auswertung dieser Daten kann der, auch EDV-gestützten, Übernahme in die Patientenakte, der Qualitätssicherung, der Forschung oder forensischen Zwecken dienen.[5][6]

Geschichte

Nachdem das Prinzip schon in den 1930er Jahren in Experimenten an der Johns Hopkins University vom Elektroingenieur William B. Kouwenhoven in Zusammenarbeit mit Medizinern erkannt worden war und bei Operationen zuerst 1947 vom Chirurgen Claude Beck (Case Western Reserve University) eingesetzt wurde, setzte die Entwicklung eines Defibrillators für Anwendung bei geschlossenem Brustkorb 1950 an der Johns Hopkins University durch Kouwenhoven ein, wiederum in enger Zusammenarbeit mit Medizinern. Das Gerät wurde 1957 erfolgreich bei einer Operation eingesetzt und 1960 erstmals bei einem Patienten in der Aufnahme. 1965 erfand der britisch-irische Kardiologe Frank Pantridge den ersten tragbaren Defibrillator.[7][8]

Literatur

  • Martin Gruner: Frühdefibrillation. Stumpf + Kossendey Verlag, Edewecht 2006, ISBN 3938179333.
  • Berndt Lüderitz, unter Mitarbeit von Bruno Inhester: Geschichte der Herzrhythmusstörungen. Von der antiken Pulslehre zum implantierbaren Defibrillator. Berlin, Heidelberg usw. 1993.

Weblinks

Wiktionary: Defibrillator – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Defibrillator – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Promotionsschrift Martin Schönegg unter www.iq-biphasic.com.
  2. Defibrillator, in: Pschyrembel Klinisches Wörterbuch. 261. Auflage. De Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-019126-4.
  3. Ärztliche Praxis: Defibrillator-Weste schützt vorm plötzlichen Herztod (deutsch) 2002. Abgerufen am 19. Dezember 2010.
  4. S. Reek, U. Meltendorf, H. U. Klein: Defibrillatorweste zur Überbrückung eines intermittierenden Arrhythmierisikos. In: DMW - Deutsche Medizinische Wochenschrift. 127, 2002, S. 2127–2130, doi:10.1055/s-2002-34646.
  5. Frank Flake, Klaus Runggaldier: Arbeitstechniken A-Z für den Rettungsdienst: Bildatlas Rettungsdienst. Elsevier, Urban & Fischer, München, Jena 2008, ISBN 9783437483202.
  6. Bundesärztekammer: Reanimation- Empfehlungen für die Wiederbelebung. Deutscher Ärzteverlag, 2007, ISBN 9783769105292.
  7. BBC: Defibrillator inventor honoured
  8. Guardian:Orbituary Frank Pantridge
  • GRC-Leitlinien zu Lebensrettenden Basismaßnahmen für Erwachsene und Verwendung von AED. [1] Hier diverse PDF-Dokumente zum Thema
  • BÄK-Empfehlung zur Frühdefibrillation durch medizinische Laien pdf
  • BAGEH-Empfehlung zur Aus- und Fortbildung in Defibrillation durch Ersthelfer pdf
  • DGUV-Information zur Automatisierten Defibrillation im Rahmen der Ersten Hilfe pdf
  • RICHTLINIE 93/42/EWG über Medizinprodukte und ihre Klassifizierung (ANHANG IX): PDF-Datei
  • Informationsplattform „Automatisierte externe Defibrillation in Bayern“ hier online das Projekt wurde im März 2005 eingestellt, Informationen weiterhin teilweise veraltet online.
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