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Das Geiseldrama an der Porte de Vincennes (9. Januar 2015)

Aus Jewiki
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Die Todesopfer des Amedy Coulibaly, 8. Januar 2015:
Yohan Cohen, 22; Yoav Hattab, 21; Philippe Braham, 45; Francois-Michel Saada, 60
Direkt nach dem Anschlag, Gedenken für die von Amedy Coulibaly ermordeten Juden am abgesperrten Ort des Verbrechens
Am Ort des Verbrechens wurden sofort Kränze mit dem Davidstern niedergelegt
Andere Besucher des Supermarkts hatten sich stundenlang in der Kühlkammer verstecken müssen und wurden von franz. Polizeibeamten nun herausgeführt
Nethanjahu, Hollande und Valls bei der Gedenkfeier für die von Amedy Coulibaly ermordeten Juden
Avigdor Lieberman und Naftali Bennett bei der Gedenkfeier für die von Amedy Coulibaly ermordeten Juden
Der jüdische Supermarkt nach der Geiselnahme

Das Das Geiseldrama an der Porte de Vincennes (9. Januar 2015) war ein islamistisch motivierter Terroranschlag, der am 9. Januar 2015 auf einen jüdischen Supermarkt für koschere Waren an der Porte de Vincennes erfolgte. Der Attentäter Amedy Coulibaly ermordete vier Juden und nahm weitere als Geiseln. Der Täter bekannte sich telefonisch zum Islamischen Staat und erklärte, sein Vorgehen stehe in Verbindung mit dem Anschlag auf Charlie Hebdo. Er wurde bei der Erstürmung des Supermarktes durch die Sicherheitskräfte erschossen.

Beschreibung

Am 9. Januar 2015 überfiel Coulibaly gegen 13 Uhr an der Porte de Vincennes im Osten von Paris einen koscheren Supermarkt(Lage48.8470262.415452) und nahm mehrere Geiseln.[1] Coulibaly forderte freien Abzug für die Kouachi-Brüder und drohte bei einem Polizeieinsatz mit der Tötung der Geiseln.[2] Einige davon konnten ihre Angehörigen anrufen; von diesen erhielten die Spezialeinheiten deren Telefonnummern und konnten über Rückrufe Angaben zur Bewaffnung Coulibalys erhalten sowie Verhaltensregeln für den Fall einer Erstürmung durchgeben.[3] In einem Telefonat mit BFM TV sagte Coulibaly, er hätte sich mit den Kouachi-Brüdern „für den Anfang dieser Operationen abgesprochen“; er kämpfe für die Organisation IS (Islamischer Staat). Auch in einem nachträglich aufgefundenen Video bekannte sich Coulibaly zu seinen Taten und der Absprache.[4] Er gab zudem an, „wegen der Juden“ gezielt diesen Supermarkt ausgesucht und vier Personen getötet zu haben.[5][6] Der Sender RTL konnte nach einem Anrufversuch mithören, wie Coulibaly mit einigen Geiseln diskutierte und seine Taten als Vergeltung für die Intervention in Mali und den Kampf gegen den IS im syrischen Bürgerkrieg rechtfertigte: Wenn man die Muslime im Ausland nicht angegriffen hätte, wäre er, ein in Frankreich Geborener, jetzt nicht hier.[7]

Kurz nach Beginn des Schusswechsels in Dammartin-en-Goële wurde der Pariser Supermarkt gestürmt; Coulibaly wurde beim Zugriff durch die BRI und RAID gegen 17 Uhr getötet.[3] Dabei schoss er mit der Kalaschnikow und einer Skorpion-Maschinenpistole um sich. Im Supermarkt fanden sich noch zwei Tokarev-Pistolen und etwa fünfzehn Sprengstoffstangen sowie vier Zündvorrichtungen,[8] die als Sprengfallen vorbereitet waren.[6] Bei der Erstürmung wurden drei Polizisten, aber keine Geiseln verletzt.[3] Kurzzeitig nahm man an, dass Coulibalys Lebensgefährtin Hayat Boumeddiene am Überfall auf den Supermarkt beteiligt war; später wurden Indizien dafür bekannt, dass sie bereits am 2. Januar von Madrid nach Istanbul geflogen war. Dem Signal ihres Handys zufolge überquerte sie am Tag des Anschlags die Grenze zu Syrien in ein Gebiet, das vom IS kontrolliert wird.[9]


Lassana Bathily (geb. 27. Juni 1990 in Kayes) ein Angestellter des Geschäfts – nachträglich für seine Verdienste ausgezeichnet – führte während der Geiselnahme mehrere Juden über eine Wendeltreppe in den Keller, wo sich zwei Kühlräume befanden. Bathily stoppte das Kühlsystem und konnte eine Gruppe von sechs Personen, darunter ein Baby, im Kühlraum unterbringen, wo sie über vier Stunden lang vor dem Zugriff der Geiselnehmer sicher waren. Dies war insbesondere deswegen möglich, weil die jüdischen Verfolgten den Kühlraum von innen verschließen konnten. Andere Geiseln, die versucht hatten sich im zweiten Kühlraum zu verstecken, wurden jedoch vom Geiselnehmer entdeckt. Dies war der Tatsache geschuldet, dass der zweite Kühlraum von innen nicht abzuschließen war. Diese wurden gezwungen nach oben zu gehen wo sie anschließend Opfer des Geiselnehmers wurden.[10][11]

Reaktionen

Präsident François Hollande bezeichnete den Anschlag als einen „schrecklichen Akt des Antisemitismus.“[12] Israels Außenminister Avigdor Lieberman gab eine Erklärung ab und sagte, dass der Anschlag „nicht nur gegen das französische Volk oder gegen die französischen Juden gerichtet ist, sondern gegen die gesamte freie Welt. Dies ist ein weiterer Versuch der dunklen Kräfte des radikalen Islam den Horror und Terror im Westen zu entfesseln. Die gesamte internationale Gemeinschaft muss stark und entschlossen dem Terror gegenübertreten.“[13] Hamas verurteilte offiziell den Angriff auf Charlie Hebdo aber billigte schweigend den Angriff auf das jüdische Kaufhaus Hypercacher.[14] Die Facebookseite von „Al-Rasalah“ lobte den Anschlag. Laut Arutz Sheva sei die Facebookseite der Hamas zuzuordnen.[15] Der französische Premierminister Manuel Valls bemerkte, dass „Rassismus, Antisemitismus und die Billigung von Terrorismus Verbrechen seien“, und fügte hinzu, dass „Meinungsfreiheit nicht Antisemitismus rechtfertigen würde“.[16] CNN berichtete, dass US-Präsident Barack Obama seine tiefe Besorgnis über „eine Reihe von gewalttätigen Teufelsanbetern [erklärte], die Menschen enthaupten oder zufällig ein paar Leute in einem koscheren Laden in Paris erschießen.“[17][18]

Kränze vor dem jüdischen Supermarkt

John Kerry und Laurent Fabius legen Kränze vor dem Jüdischen Supermarkt in Paris ab.

Verschiedene Politiker legten Kränze vor dem jüdischen Supermarkt ab. So am 16. Januar, der US-Außenminister John Kerry, begleitet von Laurent Fabius. Am 20. Januar legte der New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio, begleitet von Anne Hidalgo einen Kranz dort ab.

Märsche der Republik

Auf den Plakaten steht: "Je suis Hyperchacher" (Ich bin Koscher-Supermarkt) und "Je suis Juif" (Ich bin Jude) auf der Demonstration.

Anschließend erfolgten die Märsche der Republik (französisch marches républicaines), eine Demonstration vom 10/11. Januar 2015 in Paris. Mehr als vier Millionen Menschen marschierten in Frankreich an diesen beiden Tagen um gegen die Terroranschläge vom 7, 8 und 9. Januar in Paris zu protestieren. [19]Bei der Demonstration trugen die Menschen Schilder, worauf die Aufschrift "Je suis Hyperchacher" (Ich bin Koscher-Supermarkt) und "Je suis Juif" (Ich bin Jude) zu lesen war.

Zeremonie in der Großen Synagoge in Paris

Nach den Märschen der Republik, erfolgte am Sonntag, dem 11. Januar 2015, zum Gedenken an die ermordeten Juden eine Zeremonie in der Pariser Großen Synagoge. Dabei empfing Roger Cukierman (hebräisch רוג'ר צוקרמן; dt.: Rüdiger Zuckermann) – Präsident der CRIF (hebräisch קריף) und Vizepräsident des WJC – den Präsidenten der französischen Republik François Hollande, den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den französischen Premierminister Manuel Valls, den französischen Innenminister Bernard Cazeneuve, die französische Justizministerin Christiane Taubira, die Präsidenten von Unterhaus bzw. Oberhaus, Claude Bartolone bzw. Gérard Larcher, die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo sowie den ehemaligen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy.

Psalmen wurden vorgetragen, anschließend sprachen der Präsident des CCI, Joël Mergui (hebräisch ז'ואל מרגי), und anschließend der Oberrabbiner von Frankreich Haïm Korsia.[20]

Begräbnis auf dem Har HaMenuchot

Die Beerdigung der 4 Ermordeten auf dem Har HaMenuchot (hebräisch הר המנוחות)
Har HaMenuchot (hebräisch הר המנוחות)


Die Opfer im Supermarkt waren Yohan Cohen (22, Angestellter des Supermarkts),[21] Yoav Hattab (21, Elektriker),[22] Philippe Braham (45, IT-Berater und Lehrer)[23] sowie François-Michel Saada (64, pensionierter Manager.[24] Alle vier waren jüdische Franzosen und wurden bereits vor dem Zugriff der Polizei ermordet.[25] Cohen und Hattab wurden bei dem Versuch erschossen, dem Täter eine seiner Waffen zu entwenden.[26]

Sie wurden am 13. Januar 2015 auf dem Jerusalemer Giv'at Scha'ul (hebräisch גבעת שאול) Friedhof auf dem Har HaMenuchot (hebräisch הר המנוחות) in Israel begraben.[27][28]

Das Begräbnis wurde von Tausenden besucht. Viele trugen Schilder worauf die Aufschrift "Je suis juif" oder "Je suis israélien" und die Bildern der vier ermordeten Juden zu sehen waren.[29]

Bei dem Begräbnis waren viele Politiker anwesend.[28][29] So der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin sowie die französische Ministerin Ségolène Royal.[30]

Rivlin bat laut Renée Ghert-Zand die Welt um Hilfe gegen die „tollwütige antisemitische Hetze“ (« l’incitation antisémite enragée »).[31] Dabei rief Rivlin erneut die Juden Frankreichs dazu auf in ein Land einzuwandern, das sicherer als Frankreich sei. Nethanyahu meinte, dass Juden das Recht hätten in vielen Ländern sicher zu leben. Aber echte Sicherheit könne nur Israel gewährleisten.[32][33]

Ségolène Royal erteilte dabei den Opfer posthum den Orden der Ehrenlegion der französischen Republik .[34] und erklärte: „Der Antisemitismus hat keinen Platz in Frankreich. Ich möchte Ihnen versichern, dass die französische Regierung konsequent und entschlossen gegen jegliche Form des Antisemitismus in Frankreich vorgehen wird.“[34][28][29][35]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Geiselnahme in Paris: Wenig Aufmerksamkeit für die jüdischen Opfer. In: Spiegel Online. 10. Januar 2015, abgerufen am 11. Januar 2015.
  2. Weiteres Geiseldrama bei Paris: Terrorist Coulibaly fordert freien Abzug für Kouachi-Brüder – sonst will er Geiseln töten. In: express.de. 9. Januar 2015, abgerufen am 9. Januar 2015 (english).
  3. 3,0 3,1 3,2 Patricia Tourancheau: Les assauts de Dammartin et porte de Vincennes, une action de police inédite, Libération vom 11. Januar 2015, abgerufen am 14. Januar 2015 (französisch).
  4. Terror in Frankreich: IS-Video von Coulibaly online. In: sueddeutsche.de. 11. Januar 2015, abgerufen am 12. Januar 2015.
  5. Interview mit Amedy Coulibaly in deutscher Übersetzung (Coulibalys Gespräch im Wortlaut: Das sagte der Geiselnehmer von Paris am Telefon. In: Focus Online. 9. Januar 2015, abgerufen am 12. Januar 2015.)
  6. 6,0 6,1 De l’attaque contre «Charlie» aux assauts de vendredi, le récit du procureur de Paris, Libération vom 10. Januar 2015 (französisch).
  7. Jean-Alphonse Richard: DOCUMENT RTL – Quand Coulibaly essaye de se justifier devant ses otages à l’épicerie casher, rtl.fr vom 10. Januar 2015, abgerufen am 10. Januar 2015 (französisch).
  8. Prise d’otage Porte de Vincennes: „bâtons d’explosifs“, „détonateurs“… l’épicerie cacher était „piégée“ auf der Webseite von TF1, abgerufen am 11. Januar 2015 (französisch).
  9. spiegel.de 12. Januar 2015: Mutmaßliche Terrorkomplizin von Paris: Türkischer Außenminister bestätigt Flucht nach Syrien
  10. Carolin Gasteiger: Retter aus der Kühlkammer. In: sueddeutsche.de. 11. Januar 2015, abgerufen am 11. Januar 2015.
  11. Braden Goyette: Lassana Bathily, Muslim Employee At Kosher Market, Saved Several People During Paris Hostage Situation. In: huffingtonpost.com. 10. Januar 2015, abgerufen am 12. Januar 2015 (english).
  12. Alderman, Liz: After Terrorist Attacks, Many French Muslims Wonder: What Now?. , 10. Januar 2015. 
  13. Gunman 'Neutralized' At Kosher Supermarket Siege. In: Newsweek. 9 January 2015. Abgerufen am 9. Januar 2015.
  14. http://www.independent.co.uk/news/world/europe/paris-attacks-hamas-condemns-charlie-hebdo-massacre-after-netanyahu-makes-comparison-to-gaza-rockets-9970096.html. . 
  15. Hamas-Linked Publication Praises 'Heroic' Paris Terrorists. In: Israel National News. 10. Januar 2015.
  16. «Le racisme, l'antisémitisme et l'apologie du terrorisme sont des délits» déclare Manuel Valls, CRIF, 12. Januar 2015
  17. http://www.cnn.com/2015/02/09/politics/obama-vox-interview/
  18. http://www.vox.com/a/barack-obama-interview-vox-conversation/obama-foreign-policy-transcript
  19. Une marche républicaine historique: plus de 3,7 millions de Français ont défilé Le Parisien,‎ 11. Januar 2015.
  20. Le Figaro, 12. Januar 2015.
  21. Alle vier Supermarkt-Opfer waren Juden. In: 20min.ch. 11. Januar 2015, abgerufen am 13. Januar 2015.
  22. Yoav Hattab, un Tunisien mort dans la fusillade terroriste à Porte-de-Vincennes. In: Kapitalis. 9. Januar 2015, abgerufen am 9. Januar 2015.
  23. Terroranschläge in Paris: Das sind die vier toten Supermarkt-Geiseln. In: Focus Online. 11. Januar 2015, abgerufen am 15. Januar 2015.
  24. Par Laurent Joffrin: François-Michel Saada, 64 ans. In: liberation.fr. 12. Januar 2015, abgerufen am 15. Januar 2015 (français).
  25. Identität geklärt: Vier Supermarkt-Opfer von Paris waren Juden. In: Spiegel Online. 11. Januar 2015, abgerufen am 15. Januar 2015.
  26. Christine Longin: Frankreich: Die Helden von Paris. In: rp-online.de. 13. Januar 2015, abgerufen am 15. Januar 2015.
  27. Israel pressured Paris attack victim's family to bury him in Israel. In: Haaretz.com. 14. Januar 2015.
  28. 28,0 28,1 28,2 Jonathan Beck, ‘We wanted you to come here alive,’ laments president as four Paris victims buried, The Times of Israel, 13. Januar 2015
  29. 29,0 29,1 29,2 Thousands attend funeral in Jerusalem for victims of Paris supermarket attack, World Jewish Congress, 13. Januar 2015
  30. Des funérailles officielles en Israël pour les quatre Juifs tués à Paris RF1. 13. Januar 2015.
  31. Renée Ghert-Zand:Les obsèques ont un goût de déjà vu. Time of Israel. 13. Januar 2015:„l’incitation antisémite enragée“.
  32. Alan Cowel/Maïa de la Baume: France Mourns Attack Victims and Intensifies Hunt for Terrorists. The New York Times, 13. Januar 2015.
  33. Jodi Rudoren: 4 killed at Kosher Supermarket in Paris Are Buried in Jerusalem. The New York Times, 13. Januar 2015.
  34. 34,0 34,1 Jérusalem : pour Royal, "l'antisémitisme n'a pas sa place en France", Europe 1, 13. Januar 2015
  35. No place in France for anti-Semistism, French minister Segolene Royal tells mourners, The Economic Times, 13 January 2015

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