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Complutensische Polyglotte

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Die erste Seite der Complutenser Polyglotte
Complutensische Polyglotte

Die Complutensische Polyglotte, Biblia políglota complutense[1] ist der Name der ersten gedruckten Polyglotte der vollständigen Bibel. Sie wurde von Francisco Jiménez de Cisneros OFM (1436–1517), seit 1495 Erzbischof von Toledo, seit 1507 Kardinal, angeregt und finanziert. In ihr findet sich die erste gedruckte Ausgabe des griechischen Neuen Testaments, die vollständige Septuaginta und das Targum Onkelos. Von den ursprünglich 600 gedruckten Exemplaren sind noch 123 erhalten.

Geschichte

Mit dem Aufkommen der Druckpressen in den 1450er Jahren wurde es möglich, Bibeln weit effizienter und preiswerter herzustellen. Unter großem persönlichen Einsatz erwarb Kardinal Cisneros viele Handschriften und lud die bekanntesten Philologen seiner Zeit an dem ambitionierten Werk der Zusammenstellung einer vollständigen Polyglotte "zur Wiederbelebung der Sprachstudien an den Heiligen Schriften" mitzuarbeiten. Die Gelehrten kamen in der Stadt Alcalá de Henares (früher Complutum) an der von Kardinal Cisneros 1499 gegründeten Universität Alcalá zusammen. Die Arbeit begann 1502 unter der Leitung von Diego López de Zúñiga (Jacobus Stunica; † 1531) er besaß Sprachkenntnisse der Aramäischen Sprache und des Arabischen, ihm zu Seite standen Hernán Núñez de Toledo y Guzmán (1475–1553) ein Latinist und Alfonso de Zamora (1476–1544) ein Hebraist. Die Arbeit dauerte von 1502 bis 1517 insgesamt 15 Jahre an.[2]

Das Neue Testament wurde 1514 fertiggestellt und gedruckt. Jedoch wurde die Auslieferung der Publikation während der Arbeit am Alten Testament hinausgezögert, um ein vollständiges Werk veröffentlichen zu können. In der Zwischenzeit erreichte Desiderius Erasmus in Rotterdam der Bericht von dem Complutensischen Projekt, während er selbst eine gedruckte Ausgabe des griechischen Neuen Testaments herstellte. Erasmus erwirkte 1516 ein exklusives vierjähriges Veröffentlichungsprivileg von Kaiser Maximilian I. und Papst Leo X. Der Text des Erasmus wurde als Textus Receptus bekannt.

Das Complutensische Alte Testament wurde 1517 fertiggestellt. Wegen der Exklusivrechte von Erasmus wurde die Veröffentlichung der Polyglotte verschoben, bis Papst Leo X sie 1520 freigeben konnte. Man ist überzeugt, dass sie vor 1522 keine weite Verbreitung fand. Kardinal Cisneros starb im Juli 1517, fünf Monate nach der Fertigstellung der Polyglotte, und bekam seine Publikation nie zu Gesicht. „Nur 600 Exemplare wurden hergestellt und zu 6½ Dukaten verkauft, nachdem der Kardinal mit dem Einkommen eines Königs und den Bedürfnissen eines Mönchs 50.000 Dukaten, fast eine halbe Million Mark, auf das Werk verwendet hatte.“[3][4]

Inhalt

Die Complutensische Polyglotte wurde als ein Set aus 6 Bänden veröffentlicht. Die ersten vier Bände enthalten das Alte Testament. Jede Seite besteht aus drei parallelen Textspalten: Hebräisch auf der Außenseite, der Text der lateinischen Vulgata findet sich in der Mitte und die griechische Septuaginta auf der Innenspalte. Wie die Einleitung erläutert, stehen damit die Synagoge und die Ostkirchen wie die Schächer auf Golgota an den Seiten und die Römische Kirche wie Jesus in der Mitte. Auf jeder Seite des Pentateuch sind der aramäische Text des Targum Onkelos und dessen lateinische Übersetzung am Fuß hinzugefügt. Der fünfte Band, das Neue Testament, besteht aus parallelen Spalten des griechischen Texts und der lateinischen Vulgata. Der sechste Band enthält verschiedene hebräische, aramäische und griechische Wörterbücher und Studienhilfsmittel. Für den griechischen Text wurden wahrscheinlich die Minuskeln 140, 234 und 432 verwendet.

Druck und Nachdrucke

Der Zeichensatz, den Arnaldo Guillén de Brocar für die Complutener Polyglotte verwendete, wurde von Typografen wie Robert Proctor als der Höhepunkt der Entwicklung der griechischen Typographie in den ersten Jahren des Drucks bezeichnet, bevor Aldus Manutius' manuskriptbasierte Zeichensätze den Markt für die folgenden 2 Jahrhunderte übernahm. Proctor stützte seinen Otter Griechisch Zeichensatz von 1903 auf die Polyglotte. Auch der GFS Complutensian Greek der Griechischen Fontgesellschaft basiert auf der Complutenser Polyglotte.

Eine prächtige Faksimileausgabe in voller Größe (folio) wurde 1984–1987 in Valencia veröffentlicht. Die Bände 1 bis 5 mit dem biblischen Text sind Reproduktionen der Ausgabe in der Bibliothek der Jesuiten in Rom, der seltene sechste Band mit den Wörterbüchern ist eine Reproduktion der Ausgabe in der Universitätsbibliothek Madrid.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. „Complutense“ ist das Adjektiv zur Bezeichnung der römischen Siedlung „Complutum“, aus der die Stadt Alcalá de Henares hervorging.
  2. Heinz Schilling: 1517: Weltgeschichte eines Jahres. C. H. Beck, München 2017, ISBN 3-4067-0069-1, S. 232–236
  3. Eberhard Nestle: Vom Textus Receptus des griechischen neuen Testaments: Ein erweiterter Vortrag, Barmen 1903. S. 9
  4. Ein Dukat hat ein Feingewicht von 0,110676 Unzen Gold, bei einem Kurs von 1200 € ergibt sich ein Goldwert von ungefähr 130 € für ein Dukat. Die Ausgabe hätte demnach einen Preis von 845 € gehabt. 50.000 Dukaten entsprechen damit ungefähr 6.640.000 Euro.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Complutensische Polyglotte aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.