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Stollen (Gebäck)

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Angeschnittener Dresdner Christstollen
Detailansicht

Ein Stollen oder eine Stolle (von althochdeutsch stollo ‚Pfosten‘, ‚Stütze‘)[1] ist ein Kuchen aus schwerem Hefefeinteig. Wertgebende Bestandteile sind Fett und Trockenfrüchte (oft Sultaninen) oder andere Füllungen wie etwa Marzipan oder Mohn. Allgemein werden Stollen ganzjährig hergestellt. Wenn man sie (wie traditionell überwiegend) in der Advents- und Weihnachtszeit herstellt oder verzehrt, bezeichnet man sie auch als Christstollen oder Weihnachtsstollen, ohne dass es prinzipiell Unterschiede in der Rezeptur gibt.

Geschichte

Naumburger Innungsprivileg 1329

Als ältestes schriftliches Vorkommen des Wortes Stollen für ein weihnachtliches Gebäck gilt die Erwähnung in einem Innungsprivileg des Naumburger Bischofs Heinrich I. von Grünberg für die Gründung der Bäckerinnung in der Stadt.[2] In der Urkunde, die ursprünglich in lateinischer Sprache verfasst war, jedoch verschollen und nur noch in deutschen Übersetzungen erhalten ist, die vermutlich aus dem 16. Jahrhundert stammen, werden die Naumburger Bäcker neben mehreren in Geld zu zahlenden Abgaben auch zu einer Sachleistung verpflichtet, die folgendermaßen lautet:

haben sie sich vnd yrn Nachkommlingen alle Jar ewiglichen [...] an des heiligen Crist[us] Abende zwey lange weyssene Brothe, die man Stollen nennet, gemacht von eynem halben Scheffel Weysses vns vnd vnsern Nachkommlingen in unsern Hof gelobt haben verbunden zu geben und zu reichen.

Demnach handelte es sich um zwei lange Weißbrote aus einem halben Scheffel Weizen, eine Rezeptur oder nähere Beschreibung ist in der Urkunde jedoch nicht enthalten.[3] Im 14. Jahrhundert war dies eine luxuriöse Weihnachtsverpflegung, nach heutigen Maßstäben wären es zwar reichliche, aber schlichte Backwaren, die geringe Ähnlichkeit mit dem heutigen Stollen haben.

Zeithainer Riesenstollen 1730

Ein früher Beleg für einen Stollen, der von der Grundrezeptur wohl dem heutigen Gebäck schon ähnlicher war, ist der große Kuchen, der auf dem Zeithainer Lustlager, einer prachtvollen Truppenschau Augusts des Starken, mit großem Aufwand produziert und am 26. Juni 1730 an die sächsischen Truppen verteilt wurde. Der etliche Meter lange Kuchen (je nach Quelle 13 Ellen lang oder größer) wurde von zeitgenössischen Berichterstattern als „Butter-Stollen“ oder „Striezel“ bezeichnet.[4] Der Teig soll aus 18 Scheffeln Mehl, 82 Schock (4920) Eiern, 3 Tonnen Milch, 1 Tonne Hefe und 1 Tonne Butter zubereitet worden sein (vergleiche alte sächsische Maße); Zucker, Rosinen, Mandeln und Gewürze werden nicht erwähnt.[5] Nach heutigem Maßstab wäre ein Gebäck mit diesen Zutatenverhältnissen bei weitem nicht gehaltreich genug für einen Stollen, doch darf man so einen Rekordkuchen nicht ohne weiteres als beispielhaft für die allgemeinen Backgewohnheiten der Zeit ansehen.

Definitionen

Je nach Region, Epoche, Glaubensbekenntnis und Tradition gibt es für den Stollen unterschiedliche Definitionen:

  • Der Christstollen oder Weihnachtsstollen ist ein brotähnlicher Kuchen, der – dick mit Puderzucker bedeckt – an das gewickelte Christkind erinnern soll. Der schwere Hefeteig besteht hauptsächlich aus viel Butter, Milch, Mehl, Ei, Gewürzen (Kardamom, Zimt) und Einlagen (Rosinen, Zitronat, Mandeln).[6]
  • Das neue Küchenlexikon setzt den Dresdner Stollen als Synonym mit dem Stollen oder Christstollen gleich.[7]
  • Gemäß dem Brockhaus ist der Stollen ein gehaltvolles, meist längliches und flach geformtes Gebäck aus süßem Hefeteig mit weiteren, je nach Tradition variierenden Zutaten, der meist mit Puderzucker bestreut oder mit einer Zuckerglasur überzogen wird. Teilweise wird er auch mit dem Gebäck Stuten gleichgesetzt oder synonym bezeichnet.

Allgemein wird der Stollen als Gebildbrot bezeichnet, da er per Hand geformt wird. Er versinnbildlicht den in weiße Windeln gewickelten neugeborenen Jesus Christus.[8]

Beschreibung

Stollen werden aus einem schweren, das heißt fettreichen und süßen Hefeteig gebacken, der auf 100 Teile Weizenmehl 30–60 Teile Fett, 10–20 Teile Zucker, 20–40 Teile Flüssigkeit, 6–10 Teile Hefe, 1–1,5 Teile Salz und 0–20 Teile Vollei enthält. Unter einem Stollen ohne weiteren Zusatz (wie etwa „Mohnstollen“) versteht man einen Rosinenstollen, der 60–100 Teile Sultaninen, 10–20 Teile Zitronat und Orangeat und 20–40 Teile Mandeln enthält; auch die Zugabe von bis zu 20 Teilen Marzipanrohmasse ist möglich.[9]

Gemäß Deutschem Lebensmittelbuch enthalten Stollen auf 100 Teile Getreideerzeugnisse und/oder Stärken mindestens 30 Teile Butter oder die entsprechende Menge Milchfetterzeugnisse oder Margarine oder praktisch wasserfreier Fette und 60 Teile Sultaninen oder Korinthen, Citronat und Orangeat.[10]

Im Gegensatz zu leichteren Hefeteigen ist beim Stollen indirekte Teigbereitung die Regel, bei einer relativ kurzen Vorteigführung von 30–60 min. bei 24–28 °C. Nach traditioneller Art wird der Laib geformt, indem der Teig zunächst langgewirkt, dann übergeschlagen und frei geschoben gebacken wird. Es ist jedoch auch möglich, den Längling in Formen, Kästen oder Hauben zu legen und so zu backen. Stollen backen nach knapper Stückgare bei fallender Ofentemperatur von 230–240 °C beim Anbacken bis zu einer Endtemperatur von 190 °C. Sollen sie nach dem Backen einen Überzug aus Zucker erhalten, bestreicht man die Laibe noch warm mit Fett und bestreut sie zunächst mit Kristall-, danach mit Puder- oder Dekorzucker.[9]

Stollen sind monatelang haltbar. Sie sind wenig anfällig für mikrobiellen Verderb, außer wenn sie mit relativ viel Flüssigkeit hergestellt oder kurz gebacken werden, um eine saftigere Krume zu erzielen. Bei langer Lagerung an der Luft besteht jedoch die Gefahr, dass das enthaltene oder aufgebrachte Fett ranzig wird; hiergegen hat sich die Verpackung unter Schutzgas bewährt.[11]

Varianten

Mohnstollen
Mandelstollen

Gemäß dem Deutschen Lebensmittelbuch sind „Stollen“ ohne weiteren Zusatz stets Rosinenstollen. Sie enthalten auf 100 Teile Getreide- und Stärkeerzeugnisse 30 Teile Butter, Margarine oder andere Milchfette sowie 60 Teile Rosinen, Sultaninen oder Korinthen, Zitronat und Orangeat.[12]

Von dieser Grundform des Stollens abgesehen kennen die Leitsätze des Lebensmittelbuches noch sechs weitere Varianten, für die zum Teil weitere Anforderungen gelten. Die Grundanforderung von 30 Teilen Fett gilt für alle bis auf Butterstollen (mindestens 40 Teile Butter) und Quarkstollen (mindestens 20 Teile Butter); Rosinen, Zitronat und Orangeat sind bei Marzipan-/Persipan-, Nuss- und Butterstollen üblich, ansonsten optional. (Für Nussstollen ist dieser Wortlaut des Lebensmittelbuchs lebensfremd, da Nussstollen eigentlich keine Rosinen enthält. Weder der Lebensmittelhandel noch die Fachliteratur folgen dieser Forderung.)

Die Anforderungen des Lebensmittelbuchs zu den einzelnen Sorten lauten wie folgt, stets bezogen auf 100 Teile Getreideerzeugnisse und/oder Stärken.

  • Mandelstollen: mindestens 20 Teile Mandeln
  • Marzipanstollen und Persipanstollen: mindestens 5 Prozent des Teiggewichtes an Marzipan- bzw. Persipanrohmasse
  • Mohnstollen: mindestens 20 Teile Mohnsaat, üblicherweise zu einer Mohnfüllung verarbeitet
  • Nussstollen: mindestens 20 Teile Nusskerne, ganz oder zerkleinert, üblicherweise zu einer Füllung verarbeitet
  • Butterstollen: mindestens 40 Teile Butter oder die entsprechende Menge Butterreinfett und/oder Butterfett sowie mindestens 70 Teile Rosinen, Zitronat und Orangeat; maximal 10 Teile Trockenfrüchte können durch Mandeln und/oder eine entsprechende Menge Marzipanrohmasse ersetzt werden
  • Quarkstollen: mindestens 40 Teile Speisequark, Frischkäse oder die entsprechende Menge Quarktrockenprodukte und mindestens 20 Teile Fett

Dresdner Christstollen

Dresdner Stollen, Christ- und Weihnachtsstollen sind geschützte geografische Angaben gemäß Verordnung (EWG) Nr. 628/2008 der Europäischen Kommission

Dresdner Stollen ist ein besonders gehaltreicher Butter-Rosinen-Stollen. Die Bezeichnungen Dresdner Stollen, Dresdner Christstollen und Dresdner Weihnachtsstollen wurden im Jahre 2010 auf Antrag Deutschlands als geschützte geographische Angabe nach europäischem Recht eingetragen.[13] Diese Bezeichnungen dürfen demgemäß nur Stollen tragen, die im Großraum Dresden hergestellt wurden, und zwar außer in Dresden selbst noch in den Ortschaften Moritzburg, Radebeul, Arnsdorf, Ottendorf-Okrilla, Radeburg, Coswig, Pirna, Wachau, Freital, Radeberg, Weinböhla und Heidenau. Gemäß der Produktspezifikation dürfen Dresdner Stollen nicht in Formen gebacken werden und müssen auf 100 Teile Mehl mindestens 50 Teile Butter, 65 Teile Sultaninen, 20 Teile Orangeat und/oder Zitronat und 15 Teile Mandeln enthalten, dagegen sind Margarine oder künstliche Konservierungsstoffe und Aromen nicht erlaubt. Außerdem werden bestimmte Anforderungen an die Beschriftung und Gestaltung der Verpackung gestellt.[14]

Die drei genannten Bezeichnungen sind zugleich als Kollektivmarken beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen.[15][16][17] Inhaber der Marken und damit Träger der Markensatzung ist der Schutzverband „Dresdner Stollen“ e. V., in dem über 130 Hersteller aus Dresden und Umgebung zusammengeschlossen sind. Der Verband überwacht, dass die Marken nur für Stollen verwendet werden, die in dem betroffenen Gebiet hergestellt wurden und den Anforderungen entsprechen; außerdem veranstaltet er regelmäßig publikumswirksame „Stollenprüfungen“, wählt jedes Jahr ein „Stollenmädchen“ und betreibt anderweitig die Vermarktung von Dresdner Stollen.[18]

Größter Hersteller von Dresdner Christstollen ist die Firma Dr. Quendt mit jährlich 1,7 Millionen Stollen.[19]

Weblinks

 Commons: Stollen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Christstollen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Eckhard Supp: Der Brockhaus Kochkunst. S.519, Brockhaus, Mannheim 2008, ISBN 3-7653-3281-X.
  2. stolle, f. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Leipzig 1854ff (http://woerterbuchnetz.de)
  3. Wurde der Weihnachtsstollen in Naumburg erfunden? Stadtmuseum Naumburg, abgerufen am 30. Dezember 2013.
  4. So die „Kurtze Nachricht von dem in gantz Europa berühmten, d. 25. Junii 1730 zu Moritz bey Risa in Sachsen glücklich gebackenen, 13 Ellen langen Butter-Stollen“, zitiert bei Hans Beschorner: Beschreibungen und bildliche Darstellungen des Zeithainer Lagers von 1730. In: Hubert Ermisch (Hrsg.): Neues Archiv für sächsische Geschichte und Altertumskunde. Bd. 27, Baensch, Dresden 1906, S. 109 (online); sowie ein Kupferstich von Elias Baeck, zit. ebd. S. 139, der von einem „Strietz“ und „Stritzel“ spricht
  5. Karl August Engelhardt: Das große Campement bei Zeithayn und Radewitz in der Mühlberger Gegend 1730. Lager-Buchdruckerei, Mühlberg 1803. Die entsprechende Passage ist wiedergegeben in: Paul Arras: Bilder aus der sächsischen Geschichte. Für Schule und Haus. Leipzig, Veit & Comp. 1889 (online)
  6. Hans-Joachim Rose (Bearb.), Ralf Frenzel (Hrsg.): Küchenbibel. Enzyklopädie der Kulinaristik. Tre Torri Verlag, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-937963-41-9.
  7. Erhard Gorys: Das neue Küchenlexikon. 10. Auflage. dtv, München 2006, ISBN 3-423-36245-6.
  8. Textzitat aus dem Buch "Weihnachten in Düsseldorf", Manfred Schmitt, Sutton Verlag, ISBN 978-3-95400-208-5
  9. 9,0 9,1 Udo Hanneforth: Herstellung von Feinen Backwaren. In: Wilfried Seibel (Hrsg.): Feine Backwaren. 2. Auflage. Behr, Hamburg 2001, ISBN 3-86022-852-8, S. 129–130
  10. Deutsches Lebensmittelbuch, Leitsätze für Feine Backwaren, Abschnitt II 9
  11. Gottfried Spicher: Verpackung und Lagerung. In: Wilfried Seibel (Hrsg.): Feine Backwaren. 2. Auflage. Behr, Hamburg 2001, ISBN 3-86022-852-8, S. 188–190
  12. Deutsches Lebensmittelbuch, Leitsätze für Feine Backwaren, Abschnitt II 9
  13. Verordnung (EU) Nr. 1098/2010 zur Registereintragung der g. g. A. „Dresdner Stollen“ usw.
  14. Veröffentlichung des Antrags zum Schutz der Bezeichnung „Dresdner Stollen“ usw. im Amtsblatt der europäischen Union (PDF, 834,1 kB) mit genauer Produktspezifikation
  15. Vorlage:DPMA
  16. Vorlage:DPMA
  17. Vorlage:DPMA
  18. Website des Schutzverbands „Dresdner Stollen“ e. V.
  19. Michael Rothe: Hartes Brot für Dr. Quendt. In: Sächsische Zeitung. 23. April 2014 (online, abgerufen am 23. April 2014).

Siehe auch

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