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Charlotte Kohn

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Charlotte Kohn, auch Charlotte Kohn-Ley (geb. 1948 in Wien) ist eine österreichische Malerin. Sie wurde als Autorin und Herausgeberin bekannt.

Leben und Wirken

Nach ihrer Ausbildung an der Berufspädagogischen Lehranstalt für Modenentwurf in Wien begann Charlotte Kohn zu malen. Sie beschäftigte sich insbesonders mit der Darstellung des menschlichen Körpers. Als freischaffende Künstlerin stellte sie ab 1975 regelmäßig aus.[1] Mit künstlerischen Mitteln vergegenwärtigt sie den Holocaust. Das Malen bedeute für sie eine existenzielle Notwendigkeit, schrieb sie in einem Text mit dem Titel Kaddisch von 1996: „Vielleicht ist es eine Anmaßung, aber ich bin der Vorstellung erlegen, daß ich so viele Menschen, wie mir nur möglich ist, zu malen habe, um das sinnlose Morden aufzuwiegen. Ich bin süchtig, das Leben zu vervielfältigen. Ich will mit meiner Arbeit ein Gegengewicht setzen gegen das Morden und die vielen Toten in meiner Familie.“[2]

Seit 1984 veröffentlichte sie Aufsätze in Anthologien und arbeitete auch als Herausgeberin.

Von 1994 bis 1996 war sie Leiterin des Jüdischen Instituts für Erwachsenenbildung in Wien. Sie veranstaltete interdisziplinäre Vortragsreihen zu Aspekten und Erscheinungsformen des Antisemitismus, zu denen sie bekannte Wissenschaftler, wie Susanne Heine, Julius H. Schoeps und Schriftsteller wie Andrzej Szczypiorski einlud, und gab die Beiträge in Sammelbänden heraus. Sie gehört mit zu den Ersten im deutschsprachigen Diskurs, die sich mit antisemitischen und antijudaischen Argumentationsmustern in feministischen Publikationen Ende der 1980er Jahre auseinandersetzte, die „Klischees vom Judentum als Inbegriff patriarchaler Religion und Kultur“ aktualisierten.[3] Ihr mit Ilse Korotin herausgegebener Band Der feministische "Sündenfall"?[4] geht auf Vorträge zurück, die 1993 im Jüdischen Institut für Erwachsenenbildung gehalten wurden. Er „ist das erste feministische Buch zur Antijudaismusdebatte in Österreich“.[5] Insbesondere der Beitrag von Charlotte Kohn, in dem sie die Verstrickung von Teilen der westeuropäischen Frauenbewegung in Antisemitismen, projiziert auf den Staat Israel, kritisierte, die es “jüdischen Feministinnen unmöglich mache, sich ohne Selbstverleugnung feministischen Gruppen in Deutschland und Österreich anzuschließen“[6], wird bis heute in den Kontexten feministische Forschung und Antisemitismus nach 1945 rezipiert.[7][8]

In ihrem Buch Luftfrauen ging sie der Frage einer spezifischen Identität von Frauen mit jüdischer Herkunft nach. Sie führte Interviews mit 18 Frauen und untersuchte in der Gegenüberstellung „der vor dem Holocaust geborenen Frauengeneration mit den danach Geborenen“ deren Umgang mit der Shoa.[9][10]

Publikationen

Herausgeberschaften

  • Mit Ilse Korotin: Der feministische "Sündenfall"? Antisemitische Vorurteile in der Frauenbewegung (=Dokumentation eines Symposiums des Jüdischen Instituts für Erwachsenenbildung in Wien), Picus Verlag, Wien 1994
  • Mit Kirstin Breitenfellner: Wie ein Monster entsteht. Zur Konstruktion des anderen in Rassismus und Antisemitismus (=Beiträge der Veranstaltungsreihe "Wissenschaft im Dritten Reich - Der Diskurs über den jüdischen Körper" im Jüdischen Institut für Erwachsenenbildung, Frühjahr 1996), Philo Verlagsgesellschaft, Bodenheim 1998, ISBN 3-8257-0084-4.[11]
  • Mit Michael Ley: Auschwitz. Versuche einer Annäherung (=Österreichische Texte zur Gesellschaftskritik; Band 63), Verlag für Gesellschaftskritik, Wien 1998, ISBN 3-85115-226-3
  • Luftfrauen. Der Mythos einer jüdischen Frauenidentität (=Bd. 2. biografiA : neue Ergebnisse der Frauenbiografieforschung), Praesens Verlag, Wien 2006, ISBN 978-3-7069-0300-4.

Buchbeiträge und Artikel

  • Antisemitische Mütter - Anti-Zionistische Töchter?, in: Samuel Salzborn (Hrsg.): Antisemitismus – Geschichte und Gegenwart, Netzwerk für Politische Bildung, Kultur und Kommunikation e.V., Gießen 2004, ISBN 978-3-00-028584-4, S. 103-127[12] (pdf, erstmals 1994 veröffentlicht in: Der feministische "Sündenfall"?)
  • Mit Ilse Korotin: Lücken und Verzerrungen im öffentlichen Gedächtnis und in der Geschichte. Ein Gespräch mit Claudia Koonz. In: L'Homme. Band 3, Heft 2/Dezember 1992, S. 105–113, DOI: 10.7767/lhomme.1992.3.2.105
  • Ich entschloß mich, mir ein Bild zu machen. In: Die Palette. Zeitschrift für Literatur von Randgruppen. 9. Jahrgang: Heft 18. Themenheft: 50 Jahre danach - Jüdische AutorInnen schreiben. Bamberg 1993

Einzelnachweise

  1. Kohn-Ley, Charlotte. In: Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert. Herausgegeben von der Österreichischen Nationalbibliothek, Wien. K. G. Saur Verlag, München 2002, ISBN 978-3-598-11545-5, S. 714/715
  2. Charlotte Kohn-Ley: Kaddisch, in: dies./Ley (Hrsg.):Auschwitz. Versuche einer Annäherung. (1996), S. 14. Zitiert in: Nicolas Berg: Der Holocaust und die westdeutschen Historiker. Erforschung und Erinnerung, Wallstein Verlag, 2003, ISBN 978-3-89244-610-1, S. 640
  3. Charlotte Kohn-Ley, Ilse Korotin: Vorwort zu: Der feministische "Sündenfall"? (ebd.), S. 9
  4. Rezension von Marie-Theres Wacker, in: L'Homme. Band 6, Heft 2, Seiten 151–155, ISSN (Online) 2194-5071, ISSN (Print) 1016-362X, DOI: 10.7767/lhomme.1995.6.2.151, December 1995
  5. Marie-Theres Wacker, Rezension in: L'Homme, ebd. S. 153
  6. Charlotte Kohn-Ley, in: Der feministische "Sündenfall"?, ebd. S. 229
  7. Ljiljana Radonić: Von der friedfertigen Antisemitin zur queer-theoretischen Post-Zionistin, in: Charlotte Busch et al.: Schiefheilungen. Zeitgenössische Betrachtungen über Antisemitismus, Springer Fachmedien Wiesbaden 2016, ISBN 978-3-658-10409-2, S. 208/9. DOI: 10.1007/978-3-658-10410-8_10
  8. Birge Krondorfer: Wider ein Vergessen der Andreren. Erinnerung als Ort der (feministischen) Differenz. In: Jacob Guggenheimer et al. (Hrsg.): 'When we were gender...' - Geschlechter erinnern und vergessen, Transcript Verlag, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2397-0, S.227/228
  9. Zizek, Boris: Historische Biographieforschung als Umgangsforschung: Sammelrezension. In: Zeitschrift für Qualitative Forschung (ZQF) 8 (2007), 2, S.334f, URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-269994
  10. Rezension in Hagalil
  11. Michael Dreyer, Rezension zu: Kirstin Breitenfellner/Charlotte Kohn-Ley (Hrsg.): Wie ein Monster entsteht. Bodenheim: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, veröffentlicht am 1.Januar 2006
  12. Natalie Wohlleben, Rezension zu: Samuel Salzborn (Hrsg.): Antisemitismus - Geschichte und Gegenwart. Giessen: 2004, in: Portal für Politikwissenschaft, veröffentlicht am 1. Januar 2006.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Charlotte Kohn aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.