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Chaim Nachman Bialik

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Chaim Nachman Bialik, 1923

Chaim Nachman Bialik (jiddisch חיים נחמן ביאַליק, hebräisch חַיִּים נַחְמָן בִּיאָלִיק, vereinzelt auch: Chaim Nachum Bialik; geboren 9. Januar 1873 im Dorf Radin,[1] in der Nähe von Schitomir, Russisches Kaiserreich; gestorben 4. Juli 1934 in Wien) war ein jüdischer Dichter, Autor und Journalist, der auf Hebräisch und Jiddisch schrieb. Er ist einer der einflussreichsten hebräischen Dichter und wird in Israel als Nationaldichter angesehen.

Leben

Bialik wurde in einem Dorf in der Landschaft Wolhynien in der Ukraine geboren. Nachdem er im Alter von sieben Jahren seinen Vater, einen gelehrten Geschäftsmann, verloren hatte, wurde er als Halbwaise von seinem Großvater Jaakov Mosche Bialik, einem strengen Vertreter des orthodoxen Judentums, in Schitomir aufgezogen. Hier erhielt er eine traditionelle jüdische Erziehung, las jedoch auch Werke aus der europäischen Literatur in Deutsch und Russisch. Als 15-Jähriger besuchte er die berühmte Jeschiwa von Waloschyn. Doch unter dem Einfluss der jüdischen Aufklärungsbewegung Haskala distanzierte er sich nach und nach von den Grundsätzen, die in der Jeschiwa verkündet wurden.

Chaim Nachman Bialik und seine Gattin (1925)
Bialik-Haus in Tel Aviv

Nach dem Tode seines Großvaters heiratete er 1893 Mania Awerbuch. Nach einem kurzen Aufenthalt in Sosnowiec, wo er als Hebräischlehrer arbeitete, zog er 1900 nach Odessa, wo er bis 1921 lebte. Hier trat er den Chowewe Zion bei und befreundete sich mit Achad Ha'am,[1] von dessen kulturellem Zionismus er beeinflusst wurde. In dieser Zeit gründete er mit weiteren Autoren einen hebräischen Verlag namens Moriah, in welchem hebräische Klassiker und Schulbücher herausgegeben wurden. Zudem übersetzte er Shakespeares Julius Caesar, Schillers Wilhelm Tell, Don Quichotte von Cervantes, Gedichte von Heine sowie Der Dybbuk des jiddischen Dichters Salomon An-ski ins Hebräische. 1909[1] reiste er erstmals vorübergehend nach Palästina.

Rawnitzki, An-ski, Mendele, Bialik, Frug, vor 1916 (v. l. n. r.)

Unter Mithilfe von Maxim Gorki durfte er 1922 Sowjetrussland verlassen und zog von Odessa über Polen und die Türkei nach Berlin, wo er den hebräischen Verlag Dwir gründete, und kurz darauf auf Anraten seines Arztes nach Bad Homburg vor der Höhe, wo er etwa zwei Jahre wohnte. Am 26. März 1924 wanderte er mit seiner Frau Mania in das damals britische Mandatsgebiet Palästina ein (Alija) und ließ sich in Tel Aviv nieder, wo er neben dem damaligen Rathaus seine Villa im orientalischen Stil bauen ließ. Darin hielt er Gesprächsrunden und lange Mahlzeiten mit Freunden ab. Das Haus bot ihm mit seiner privaten Bibliothek und dem von der Straße abgewandten Arbeitszimmer aber auch Rückzugsmöglichkeiten. Bialik war eine besonders beliebte Person in der Gemeinschaft des Jischuw. 1934 starb er in Wien nach einer gescheiterten Operation an Prostatakrebs und wurde in Tel Aviv auf dem Trumpeldor-Friedhof[1] neben Achad Ha'am begraben, der die Veröffentlichung von Bialiks ersten Gedichten ermöglicht hatte. Sein Haus in Tel Aviv wurde mit der im Originalzustand enthalten Einrichtung in ein Museum umgewandelt.

Werk und Wirkung

Bald nach Bialiks Ankunft in Odessa wurde als erstes sein Gedicht HaZipor, „Der Vogel“, veröffentlicht, in dem die Sehnsucht nach Zion, dem „warmen, schönen Land“ zum Ausdruck kommt. Anlass für Al haSchechitah, „Auf der Schlachtbank“, worin er den Himmel aufruft, entweder sofort Gerechtigkeit zu üben oder die Welt zu zerstören, denn Vergeltung allein sei nicht genug, sowie Be-Ir ha-Haregah, „In der Stadt des Tötens“, waren die Pogrome in Kischinew zwischen 1903 und 1906. Das Hauptthema in Bialiks Poesie ist jedoch die Zerrissenheit zwischen Religion und Aufklärung (z. B. in Lavadi). HaMatmid („Der [ewige] Talmudstudent“), 1898 verfasst, bezeugt seine zwiespältigen Empfindungen gegenüber der talmudisch geprägten Lebensweise: einerseits Bewunderung für die Hingabe der Jeschiwa-Studenten an ihr Studium, andererseits Verachtung gegenüber ihrer begrenzten Weltanschauung. Eines seiner bekanntesten Gedichte ist Hachnisini tachat knafeech – „Nimm mich unter deine Flügel“, ein verzweifeltes Gebet an die Schechina, die vom lyrischen Ich als „Mutter und Schwester“ angesprochen wird.

Das Speisezimmer im Bialik-Haus; Bialik galt als leidenschaftlicher Esser

Bialiks Gedichte wurden in etwa 30 Sprachen übersetzt und gehören auch in ihren Vertonungen zum festen Bestandteil der israelischen Kultur. Auffallend im Vergleich zum heutigen Iwrit mit sephardischer Aussprache, bei der zahlreiche Wörter auf der letzten Silbe betont werden, ist die aschkenasische Aussprache in Bialiks Originalfassung, bei welcher die Betonung oft auf die vorletzte Silbe verschoben wird. Prosa-Übersetzungen ins Englische kann man in der Anthologie von T. Carmi lesen. Das nach ihm benannte Bialik-Haus in Tel Aviv wurde speziell für ihn gebaut. Es ist heute ein Museum und Kulturzentrum, mit einer 30.000bändigen Bibliothek.

Bialik war in der Öffentlichkeit sehr engagiert und bereiste die ganze Welt in hebräischen und zionistischen Angelegenheiten; in seinen späteren Jahren wuchs seine positive Haltung dem Judentum gegenüber, und er wurde der Begründer des populären Oneg Schabbat („Sabbatfreude“), dies waren von Bialik in Palästina eingeführte geistige und künstlerische Feierstunden zur Gestaltung des Sabbattages, ursprünglich verfügte Oneg Schabbat über eigene Baulichkeiten in Tel Aviv.

Seit 1933 vergibt die Stadtverwaltung von Tel Aviv-Jaffa jährlich den nach ihm benannten Bialik-Preis für Autoren auf dem Gebiet der Belletristik und der Wissenschaft des Judentums.

Kirjat Bialik, eine Vorstadt von Haifa, ist ebenfalls nach ihm benannt.

Werke

  • Nach dem Pogrom. Aus dem Hebräischen von Abraham Schwadron, Löwit, Wien 1919.
  • Das hebräische Buch. In: Neue Jüdische Monatshefte, Jg. 4, Heft 2/4, 25. Oktober / 25. November 1919, S. 25, 10. Juli 1917, S. 25–35.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Rebecca Benhamou: Dictionnaire insolite de Tel Aviv. Cosmopole, Paris 2015, ISBN 978-2-84630-093-3, S. 32 f..

Literatur

  • Bialik, Hayyim Nahman. In: Encyclopaedia Judaica, 1972, Sp. 795–803
  • Leo Baeck, Chajjim Nachman Bialik. Eine Einführung in sein Leben und sein Werk, 1935
  • Gernot Wolfram, Birg mich – Interkultureller Dialog und jüdische Identität bei Paul Celan und Chajim N. Bialik, Frankfurt am Main etc. 2006
  • Arianne Bendavid, Haïm Nahman Bialik : la prière égarée : Biographie, Croissy-Beaubourg : Éd. Aden, 2008
  • Matthias Morgenstern: Die Schechina zwischen Halacha und Aggada. Versuch über ein Gedicht Ch. N. Bialiks im Gespräch mit Gershom Scholem. In: Bernd Janowski, Enno Edzard Popkes (Hrsg.): Das Geheimnis der Gegenwart Gottes. Zur Traditionsgeschichte der Schechina-Vorstellung im Judentum und Christentum (= Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament). Tübingen 2014, S. 157–174.
  • Shmuel Avneri, Kama Bialik yesh?, Yediot Sfarim 2021, 568 Seiten (grundlegende Biographie, bisher unübersetzt)
In der Stadt des Schlachtens
  • Jeffrey Kopstein: Kischinjow. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 3: He–Lu. Metzler, Stuttgart/Weimar 2012, ISBN 978-3-476-02503-6, S. 357–362.
An den Vogel
  • Dan Miron: El ha-zippor. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 2: Co–Ha. Metzler, Stuttgart/Weimar 2012, ISBN 978-3-476-02502-9, S. 201–210.

Weblinks

 Commons: Chaim Nachman Bialik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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