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Chaim Weizmann

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Chaim Weizmann
Unterschrift von Chaim Weizmann
Berlin 1902: Gründungsmitglieder des Jüdischen Verlags. V.l.n.r.: (stehend) E. M. Lilien, Chaim Weizmann, Davis Trietsch, (sitzend) Berthold Feiwel und Martin Buber.[1]

Chaim Weizmann (hebräisch חיים ווייצמן; auch Chaijim Weizmann oder Haim Weizmann; geboren am 27. November 1874 in Motal bei Pinsk, heute Weißrussland; gestorben am 9. November 1952 in Rechovot) war Chemiker, Präsident der Zionistischen Weltorganisation, israelischer Politiker und zionistischer Führer sowie von 1948 bis 1952 erster israelischer Staatspräsident.

Leben

Chaim Weizmann wurde als Sohn eines Holzhändlers geboren. Nach Cheder und Gymnasium studierte Weizmann ab 1892 in Darmstadt an der Technischen Hochschule. Zusätzlich unterrichtete er bis 1893 an der jüdischen Schule in Pfungstadt.[2] Ab 1894 studierte er an der Königlichen Technischen Hochschule in Berlin Chemie. 1897 ging Weizmann ins schweizerische Freiburg, wo er 1899 mit der Note summa cum laude promoviert wurde.

Bereits 1901 lehrte er als Dozent für Biochemie an der Universität Genf und ab 1904 als Professor an der Universität Manchester.

1906 heiratete er die Ärztin Vera Weizmann. Das Paar hatte zwei Söhne. Der jüngere Sohn Michael war während des Zweiten Weltkrieges als Pilot in der Royal Air Force im Einsatz und wurde über dem Golf von Biskaya abgeschossen.[3]

1910 wurde Chaim Weizmann britischer Staatsbürger und während des Ersten Weltkriegs war er Direktor der Munitionslabors der Königlich Britischen Admiralität von 1916 bis 1919. Er wurde berühmt, weil er eine neue enzymatische Synthese für Aceton entwickelte, die Aceton-Butanol-Gärung durch das Bakterium Clostridium acetobutylicum. Die Verfügbarkeit von Aceton, das für die Herstellung des rauchlosen Schießpulvers Kordit notwendig ist, war für den Erfolg der Alliierten entscheidend. Für diese Arbeiten hielt er einige wichtige Patente. 1919 verließ er den britischen Staatsdienst.

Neben seinem Studium interessierte sich Weizmann schon früh für die vor allem von Theodor Herzl in seiner Schrift Der Judenstaat entwickelte Idee des Zionismus. Auch wenn er den ersten Zionistenkongress 1897 in Basel noch versäumte, setzte er sich nun zunehmend für die Idee eines eigenen jüdischen Staates ein. In Begleitung von Jehoschua Hankin reiste Weizmann im September 1907 drei Wochen durch Palästina und besichtigte jüdische Siedlungen.[4] Bis 1908 war Weizmann nun vor allem darin engagiert, die beiden Spielarten des Zionismus zu vereinen: Gegen den Ugandaplan und ähnliche Überlegungen, die sich auf Argentinien oder Südafrika bezogen, setzte sich Weizmann für Palästina als jenes Gebiet ein, auf dem der jüdische Staat verwirklicht werden sollte. Dass aber ein Staat und nicht nur eine Kulturgemeinschaft auf diesem Gebiet entstehen solle, war die zweite Forderung Weizmanns. Die Synthese aus dem Politischen Zionismus, der den Staatsgedanken präferierte, und dem Praktischen Zionismus, der die Palästinabesiedelung bevorzugte, einte erstmals die Bewegung und wurde so einer der größten Erfolge Weizmanns, zu dem außenpolitisch der Erfolg der Balfour-Deklaration von 1917 kam. Auch Nachum Sokolows hatte Anteil daran. Daneben unterstützte Weizmann den Bau jüdischer Siedlungen in Palästina.

Am 3. April 1918 suchte Weizmann mit einer Delegation Edmund Allenby in seinem Hauptquartier in Bir Salem auf, um nach drei Tagen des Antichambrierens Palästina als Staat für das jüdische Volk zu fordern.[5] Allenby erwiderte leise, dass seine Aufgabe Kriegführung und Eroberung sei, für Politik und Staatsgeschäfte sei London zuständig.

Faisal I. (rechts) und Chaim Weizmann (in arabischer Kleidung, als Zeichen der Freundschaft), 1918

Bei der Pariser Friedenskonferenz unterzeichnete er als Leiter der Zionistischen Delegation am 3. Januar 1919 gemeinsam mit dem Emir Faisal das Faisal-Weizmann-Abkommen, in dem die Stärkung der jüdischen Einwanderung nach Palästina und die muslimische Kontrolle über die muslimischen heiligen Stätten vereinbart wurde. Aufgrund der weiteren Entwicklung in Palästina trat es jedoch nicht in Kraft.

1921 wurde Weizmann Präsident der Zionistischen Weltorganisation (WZO), was er mit Unterbrechung zwischen 1931 und 1935 bis 1946 blieb. Hilfe bei der Organisation bekam Weizmann durch den Prager Publizisten und engen Kafka-Freund Felix Weltsch, welcher jahrelang die Zeitung der Zionistenkongresse mitgestaltete.

1929 wurde Weizmann zeitweise auch zum Präsidenten der Jewish Agency gewählt. Zwei Jahre später übertrug man ihm auch das Amt der Zionistischen Föderation von Großbritannien. Zwischen 1931 und 1935 widmete er sich wieder nachhaltiger seiner Forschung. Nachdem Weizmann schon 1922 das Churchill-Weißbuch zur geopolitischen Regelung des Nahen Ostens nur widerwillig hingenommen und 1930 wegen des Passfield-Weißbuches zurückgetreten war, bekämpfte er nun ab 1939 das MacDonald-Weißbuch, das die in der Balfour-Deklaration gegebenen Zusagen nahezu vollständig zurücknahm. In den folgenden Jahren fand sich Weizmann so im Dienste der zionistischen Sache vor allem in Großbritannien und den USA diplomatisch tätig. Er traf sich mit US-Präsident Harry S. Truman, um ihn für die Unterstützung des geplanten Staates Israel zu gewinnen. Zwei Tage vor dem deutschen Angriff auf Polen, am 29. August 1939, erging ein weiteres Angebot an das Auswärtige Amt in London. Chaim Weizmann schrieb an Arthur Neville Chamberlain, den damaligen britischen Premierminister:

„Ich wünsche in nachdrücklichster Form die Erklärung abzugeben, daß wir Juden an der Seite Großbritanniens stehen und für die Demokratie kämpfen werden. Aus diesem Grunde stellen wir uns in den kleinsten und größten Dingen unter die zusammenfassende Leitung der britischen Regierung. Die jüdische Vertretung ist bereit, in sofortige Abkommen einzutreten, um alle menschlich-jüdische Kraft, ihre Technik, ihre Hilfsmittel und alle Fähigkeiten nützlich einzusetzen.“

– veröffentlicht in der Londoner Times vom 5. September 1939, drei Tage später auch im Jewish Chronicle 8. September 1939

Während des Zweiten Weltkrieges war Weizmann Berater des britischen Versorgungsministeriums. Er forschte auf den Gebieten künstlichen Gummis und hochverdichteten Benzins, da die alliierten Rohstoffquellen für Gummi während der japanischen Besetzung weitestgehend versiegt waren.

Als 1945 die britische Labour Party an die Macht gelangte und ihre in der Zeit vor dem Wahlsieg verkündete prozionistische Politik nicht umsetzte, wurde auch Weizmanns Dialog mit der britischen Regierung hinterfragt. 1946 wählte ihn der 22. Kongress der WZO nicht wieder.

Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich Weizmann anfangs für die Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat ein, wie es in der Resolution 181 der UN-Generalversammlung vorgesehen war. 1948 verließen die Briten Palästina. Gegen den massiven Widerstand der arabischen Bevölkerung Palästinas und der Nachbarstaaten wurde am 14. Mai die israelische Unabhängigkeitserklärung proklamiert. Am 17. Mai 1948 wurde Weizmann Präsident des Provisorischen Staatsrates. Am 16. Februar 1949 wählte die verfassungsgebende Versammlung Weizmann zum ersten Präsidenten des Staates. Premierminister und Verteidigungsminister wurde David Ben Gurion. 1949 wurde Weizmann in die American Academy of Arts and Sciences gewählt. Im November 1951 wurde der bereits schwer herzkranke Weizmann noch einmal wiedergewählt.

Weizmann, der sich mit dem Physiker Albert Einstein und anderen schon 1918 als Mitbegründer für die Hebräische Universität von Jerusalem zusammen mit Hugo Bergman eingesetzt hatte und deren Präsident er zwischen 1932 und 1952 war, gründete und leitete an seinem Wohnort Rechowot ein Forschungsinstitut, das als Weizmann-Institut bekannt wurde.

Chaim Weizmann starb am 9. November 1952 und wurde im Garten seines Hauses, heute Teil des Weizmann-Institutes, beigesetzt.

Sein Neffe Ezer Weizman (1924–2005) war von 1993 bis 2000 siebter Präsident Israels. Er war zuerst Mitglied des Likud, wechselte jedoch später zur sozialdemokratischen Arbeitspartei.

Autobiographie

  • Trial and Error. The Autobiography of Chaim Weizmann. Zusammen mit Maurice Samuel. Hamilton, London 1949[6]
    • Deutsche Ausgabe: Memoiren. Das Werden des Staates Israel. Aus dem Englischen übersetzt von Thea-Maria Lenz. Toth, Hamburg 1951

Literatur

  • Peter Dürre, Hubert Bahl, Gerhard Gottschalk: Die Aceton-Butanol-Gärung: Grundlage für einen modernen biotechnologischen Prozeß? In: Chemie Ingenieur Technik – CIT. 64, Nr. 6, 1992, ISSN 0009-286X, S. 491–498.
  • Samuel Aaron Miller: Chaim Weizmann. In: Encyclopaedia Judaica. Band 16: Ur – Z. Supplementary entries. Encyclopaedia Judaica u. a., Jerusalem 1971, ISBN 965-07-0258-X, S. 423–438
  • Jehuda Reinharz: Chaim Weizmann. The Making of a Zionist Leader. Oxford University Press, New York NY u. a. 1985, ISBN 0-19-503446-5.
  • Jehuda Reinharz: Chaim Weizmann. The Making of a Statesman. Oxford University Press, New York NY u. a. 1993, ISBN 0-19-507215-4.

Weblinks

 Commons: Chaim Weizmann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Lionel Gossman: Jugendstil in Firestone: The Jewish Illustrator E. M. Lilien (1874–1925)., letzte Seite
  2. Zur Geschichte des Israelitischen Lehr- und Erziehungsinstitutes (1857–1907). (abgerufen am 11. Mai 2011)
  3. Tom Segev : Es war einmal ein Palästina, München, 2006, S. 503
  4. Mordecai Naor: Eretz Israel, Könemann, Köln, 1998, ISBN 3-89508-594-4 S. 36
  5. Barnet Litvinoff (Hrsg.): The Letters and Papers of Chaim Weizmann. Transactions Books, Rutgers University, New Brunswick (New Jersey) 1984, ISBN 0-87855-279-0; Israel Universities Press, Jerusalem 1984; ISBN 965-07-0003-X, Band 2: December 1931–April 1952. S. 266.
  6. Louis Kaplan: On Maurice Samuel's twenty-fifth Yahrzeit - death anniversary of Jewish author, in: Judaism, 1997
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