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Camillo Castiglioni

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Camillo Castiglioni (geb. 22. Oktober 1879 in Triest; gest. 19. Dezember 1957 in Rom) war ein italienisch-österreichischer Industrieller, Börsenspekulant[1] und Pionier der österreichischen Luftfahrt.

Leben

Castiglioni wurde als Sohn eines Rabbiners in Triest geboren und studierte Jura. Sein Bruder Arturo Castiglioni (* 10. April 1874 in Triest; † 21. Januar 1953 in Mailand) emigrierte 1939 in die USA und wurde Professor für Medizingeschichte an der Yale-University in New Haven, Connecticut, USA.

Castiglioni war der Schwiegersohn des bekannten deutschen Ingenieurs Ernst Körting und mit dessen Tochter Anna verheiratet.[2] Für die Österreichisch-amerikanische Gummiwarenfabrik AG ging er als Vertreter nach Konstantinopel, wo er so erfolgreich arbeitete, dass man ihn als Leiter der Exportabteilung nach Wien holte. Hier brachte er es bald zum Direktionsstellvertreter und zum Direktor. 1904 wurde er zum Generaldirektor ernannt.

Zu weiterem gesellschaftlichen Aufstieg brachte er es durch den Aufsichtsratsvorsitz von Austro-Daimler in Wiener Neustadt und die Übernahme der 1871 gegründeten Allgemeinen Depositen-Bank, die 1918 durch Castiglioni erworben wurde. Ferner war er Chef der österreichischen Fiat-Gesellschaft.

1901 war er gemeinsam mit Viktor Silberer und Franz Hinterstoisser ein Mitbegründer des Wiener Aero Clubs, des späteren Österreichischen Aero Clubs.

1909 kaufte der begeisterte Ballonfahrer einen eigenen Ballon und legte am 24. August erfolgreich die Ballonfahrerprüfung ab. Um aus der aufkommenden Flugzeugbegeisterung auch geschäftliche Vorteile zu ziehen, gründete er ebenfalls 1909 die „Motor-Luftfahrzeug-Gesellschaft m. b. H“ (MLG). Über diese Firma – eine reine Handelsfirma – erwarb er die Etrich-Patente und den Vertrieb der Etrich-Tauben in Österreich-Ungarn.

1912 gründete er in Budapest-Albertfalva gemeinsam mit anderen Firmen die Ungarische Flugzeugwerke AG (Ufag). Aufgrund der erworbenen Patente und mit dem Militär ausgehandelter Verträge erhielt diese Firma für zwei bei der Firma Lohner in Wien bestellte Flugzeuge den Auftrag über ein zu fertigendes Flugzeug.

Während des Ersten Weltkrieges gründete Camillo Castiglioni weitere Flugzeugfabriken, die er gegen Kriegsende wieder abstieß, um in das Automobilgeschäft einzusteigen. 1922 kaufte er den Motorenbau und die Marke BMW wieder zurück und gründete durch die Verschmelzung mit den Bayerischen Flugzeugwerken die BMW AG neu, die 1923 den Flugmotorenbau wieder und den Motorradbau neu aufnahm.[3]

Während der Inflationszeit in der ersten Hälfte der 1920er Jahre spekulierte er mit Firmenbeteiligungen (Puch-Werke, Austro-Daimler, Österreichische Alpine-Montan) erfolgreich ein Vermögen zusammen, das er u. a. für eine private Kunstsammlung in seinem Wiener Palais, ehemals Palais Miller-Aichholz, Prinz-Eugen-Straße 28 verwendete. Für Max Reinhardt finanzierte er zwischen 1923 und 1924 den Umbau des Theater in der Josefstadt in Wien und die Salzburger Festspiele.

Fehlspekulationen ließen in der Folge das aufgebaute Vermögensimperium wieder weitgehend schwinden; so ging z. B. die Allgemeine Depositen-Bank 1924 in Konkurs. In der Folge verlegte Camillo Castiglioni seine Aktivitäten zunächst nach Berlin und später nach Italien. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er aber auch für die jugoslawische Regierung tätig.

Flugzeugfirmen

Während des Ersten Weltkrieges gründete Camillo Castiglioni in Österreich-Ungarn, aber auch im Deutschen Kaiserreich zahlreiche Flugzeugfirmen.

  • Die 1912 gegründete Motor-Luftfahrzeug-Gesellschaft m.b.H. war eine reine Handelsfirma. Über sie bezog das Militär seine Flugzeuge von der Firma Lohner.
  • Ungarische Flugzeugwerke A.G. (Ufag) (Budapest-Albertfalva), gegründet 1912
  • Österreichisch-ungarische Albatros-Werke Ges.m.b.H, gegründet 1914
  • Hansa und Brandenburgischen Flugzeugwerke, Berlin und Brandenburg, gegründet 1914
  • Phönix Flugzeugwerke A.G., Wien-Stadlau, gegründet 1917
  • Bayerische Motoren-Werke, München-Oberwiesenfeld, gegründet 1917 als G.m.b.H., seit 1918 A.G. (1922 durch Castiglioni zur heutigen BMW umstrukturiert)

Literatur

  • Reinhard Schlüter: Der Haifisch. Aufstieg und Fall des Camillo Castiglioni. Zsolnay, Wien 2015, ISBN 978-3-552-05741-8.
  • Dieter Stiefel: Camillo Castiglioni oder Die Metaphysik der Haifische. Böhlau, Wien 2012, ISBN 978-3-205-78832-4.
  • Michael Seifert: Berühmte Persönlichkeiten im Ausseerland: Ausgewählte Lebensbilder. V. f. Sammler, Graz 2003, ISBN 3-85365-200-X, S. 17–24.
  • Felix Pinner (alias Frank Fassland): Deutsche Wirtschaftsführer. Verlag d. Weltbühne, Berlin-Charlottenburg 1924, S. 217 ff.
  • Reinhard Keimel: Luftfahrzeugbau in Österreich – Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Aviatic-Verl., Oberhaching 2003, ISBN 3-925505-78-4.
  • Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Band 1: A–Da. Kremayr & Scheriau, Wien 1992, ISBN 3-218-00543-4.

Film

  • Camillo Castiglioni oder die Moral der Haifische, Regie: Peter Patzak, Österreich 1988 (TV) – 88 Min.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wien, Stadt der Juden (Memento vom 19. März 2005 im Internet Archive) Presseinformation über die Ausstellung des jüdischen Museums der Stadt Wien vom 17. Mai 2004
  2. Biographien rund um Junkers (Memento vom 6. Februar 2012 im Internet Archive)
  3. http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2011-3-155
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Camillo Castiglioni aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.