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Bruno Italiener

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Bruno Italiener

Bruno Italiener (geb. 6. Februar 1881 in Burgdorf bei Hannover; gest. 17. Juli 1956 in London) war ein deutscher liberaler Rabbiner.

Leben

Andreanum, Militär, Studium, Feldrabbiner

Nach dem Besuch der jüdischen Samson-Schule in Wolfenbüttel und des Hildesheimer Gymnasiums Andreanum studierte Italiener ab 1899 Philosophie und orientalische Philologie an der Universität und am Jüdisch-theologischen Seminar in Breslau, wo er 1908 das Examen ablegte.

Von 1902 bis April 1903 genügte er seiner Militärpflicht und beendete danach im Sommersemester 1903 seine Universitätsstudien mit der Promotion zum Dr. phil in Erlangen. Seine Dissertation trägt den Titel „Die Gotteslehre des Thomas Campanella“. - Bereits 1907, im Jahr vor seiner Ordination, wurde er als liberaler Rabbiner der Darmstädter jüdischen Gemeinde eingesetzt, die er zunächst bis 1914 betreute.

Ehemalige Reformsynagoge Oberstraße, Hamburg, heute NDR
Mahnmal vor dem so genannten Tempel, wo Italiener als Rabbiner tätig war

Italiener war im Ersten Weltkrieg als Feldrabbiner der 7. Armee an der Westfront in Frankreich im Einsatz. In den Jahren 1914, 1915 und 1916 legte er Kriegsbetrachtungen vor, die 1916 unter dem Titel „Von Heimat und Glauben“ gemeinsam veröffentlicht wurden.

Pessach-Haggada, Patriotismus, Abwehrkampf gegen Judenfeindlichkeit

1918 nahm Italiener seine Tätigkeit als liberaler Rabbiner in Darmstadt wieder auf. Über seine rabbinischen Funktionen hinaus machte er sich auch als Gelehrter einen Namen. Neben zahlreichen Aufsätzen zur Wissenschaft des Judentums publizierte er eine Faksimile-Edition der Darmstädter Pessach-Haggada, die er durch eine Monographie zur Geschichte der illuminierten Haggadot (1927) ergänzte.

Italiener verstand sich als „deutsch-jüdischer Patriot“ und betrachtete den Antisemitismus in der frühen Weimarer Republik mit Sorge.[1] Seine 1920 publizierte und mehrfach aufgelegte Broschüre „Waffen im Abwehrkampf“ unternahm den Versuch, den deutschen Juden Argumentationshilfen gegen antisemitische Anfeindungen an die Hand zu geben.

Liberaler Rabbiner in Hamburg, London und Berlin

Ende 1927 folgte Bruno Italiener einem Ruf des Israelitischen Tempelverbands nach Hamburg. Der Tempelverband baute in Harvestehude eine größere Synagoge mit bis zu 1200 Plätzen, der 1931 eingeweiht wurde. Unter Italiener und dem Kantor Kornitzer, blühte das Gemeindeleben in der Nähe der Alster Anfang der 1930er Jahre noch einmal besonders auf.

1928 formulierte Italiener als Lehrer der Helene-Lange-Oberrealschule, ein Begehren an die Oberschulbehörde, in dem er jüdischen Religionsunterricht forderte. April 1929 wurde für das Schuljahr 1929/1930 jüdischer Religionsunterricht an dieser Schule als Schulfach eingeführt, den Italiener wahrnahm.

1937 wurde das 120-jährige Tempeljubiläum mit einer Rede Italieners groß gefeiert, unter Italieners Leitung sei die Tempelgemeinde zu einer lebendigen jüdischen Gemeinschaft geworden, heißt es in Berichten.[2] 1937 wurde Italiener Oberrabbiner und 1938 verzichtete Joseph Carlebach auf die Bezeichnung Oberrabbiner zu Hamburg, sondern nannte sich nun Oberrabbiner des Synagogenverbandes.[3]

Doch 1938 wurde der Tempel bei den Novemberpogromen geschändet und geschlossen. Italiener war der letzte Rabbiner der Hamburger Tempelbewegung. - 1939 gelang ihm, gemeinsam mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern, die Flucht über Brüssel nach London, wo er zunächst im East End und von 1943 bis 1951 als Assistant Minister an der West London Synagogue of British Jews tätig war. Behelfsmäßiger Nachfolger in Hamburg wurde Joseph Norden bis zu dessen Deportierung.

1951 wurde Italiener pensioniert, blieb aber als Rabbiner und jüdischer Gelehrter aktiv. Er arbeitete an der Herausgabe zweier Festschriften für seinen Freund und Kollegen Leo Baeck mit und half ab 1954 in Berlin als Gastrabbiner aus.

1956 starb Bruno Italiener infolge eines häuslichen Unfalls.

Werke (Auswahl)

  • Die Gotteslehre des Thomas Campanella. Diss. Erlangen, Peine 1904 Vortrag Charbonnier: Campanella Italiener.
  • Von Heimat und Glauben. Kriegsbetrachtungen. Schlapp, Darmstadt 1916
  • Waffen im Abwehrkampf. 1919 (mehrfach wieder aufgelegt.) Vortrag dazu pdf
  • Die Darmstädter Pessach-Haggadah: Mit einer Gesamtbibliogaphie der Haggadah. Codex orientalis 8 der Landesbibliothek zu Darmstadt aus dem 8. Jahrhundert. Hrsg von Bruno Italiener unter Mitwirkung von Aaron Freimann, August Liebmann Mayer und Adolf Schmid, Verlag Hiersemann, Leipzig 1927
  • Einziger Gott - Einziges Volk. Predigt-Cyklus. Gehalten an den Hohen Feiertagen 5697 (1936) im Hamburger Tempel, Hamburg 1936
  • (Hrsg.) Festschrift zum 120jährigen Bestehen des Israelitischen Tempels in Hamburg 1817 - 1837. Hamburg 1937

Literatur (Auswahl)

  • Salomon Wininger: Große Jüdische National-Biographie, Band VII, 102 (Czernowitz 1936)
  • Leo Baeck: Ansprache zur Amtseinführung des Rabbiners Dr. Bruno Italiener.. in: Bruno Italiener (Hrsg.) Festschrift zum 120jährigen Bestehen des Israelitischen Tempels in Hamburg 1817 - 1837. Hamburg 1937
  • Guido Kisch (Hrsg.), Das Breslauer Seminar. Jüdisch-Theologisches Seminar (Fraenckelscher Stiftung) in Breslau 1854-1938. Tübingen 1963, S. 24
  • Joseph Walk: Kurzbiographien zur Geschichte der Juden 1918-1945. München/New York/London/Paris 1988, S. 167 (dort weitere Lit. angegeben)
  • Ursula Wamser/Wilfried Weinke (Hrsg.): Eine verschwundene Welt: Jüdisches Leben am Grindel. Überarbeitete Neuauflage Hamburg 2006. ISBN 3-934920-98-5 S.67
  • Biographisches Handbuch der Rabbiner, hrsg. von Michael Brocke und Julius Carlebach s. A., bearbeitet von Carsten Wilke, Teil 2: Die Rabbiner im Deutschen Reich 1871-1945, Teilband 1, Walter de Gruyter, Berlin 2009, S. 301-302 (ausführliche Bibliographie)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Andreas Brämer: „Italiener, Bruno“. In: Institut für die Geschichte der deutschen Juden (Hrsg.): Das Jüdische Hamburg – ein historisches Nachschlagewerk, Göttingen 2006 S. 127.
  2. Wamser/Weinke 2006 S. 67
  3. Andreas Brämer: Judentum und religiöse Reform. Der Hamburger Israelitische Tempel 1817-1938. Dölling und Galitz Verlag, Hamburg 2000 ISBN 3-933374-78-2, S. 89.
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