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Beweislastumkehr

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Die Beweislastumkehr ist eine Ausnahme von dem rechtlichen Grundsatz, dass grundsätzlich jede Partei die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der ihr günstigen Rechtsnorm trägt. Dabei verbleibt bei jeder Partei allemal die Darlegungspflicht.

Eine Umkehr dieses Grundsatzes zur Beweislast ergibt sich zum Teil ausdrücklich aus dem Gesetz.

Gesetzliche Regelungen

So besagt § 476 BGB, dass bei Schäden, die sich innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang an einer Sache zeigen, vermutet wird, dass die Sache bereits vor Gefahrübergang mangelhaft war, sofern es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelt. Dies bedeutet, dass bei einer Reklamation innerhalb von sechs Monaten ab Kauf der Verkäufer beweisen muss, dass die Sache beim Kauf frei von Mängeln war. Gäbe es diese Norm nicht, müsste der Käufer beweisen, dass der Mangel schon bei Gefahrübergang vorlag, da er sich auf diese Tatsache als Anspruchsvoraussetzung beruft. Zu beachten ist jedoch, dass die Beweislast bezüglich des Mangels weiterhin der Käufer trägt. Er muss beweisen, dass die Sache mangelhaft ist. Die Vermutung in § 476 BGB ist nur eine Vermutung in zeitlicher Hinsicht.

Weitere gesetzliche Beweislastregeln finden sich in § 363 BGB und § 2336 Abs. 3 BGB.

Daneben gibt es auch richterrechtliche Regeln der Beweislastumkehr. Insbesondere in den Fällen der Arzt- und Produzentenhaftung setzt die Rechtsprechung unter bestimmten Voraussetzungen eine Beweislastumkehr an.

Arzthaftung

Hauptartikel: Behandlungsfehler

In vielen Fällen befindet sich der Kläger typischerweise in einer Beweisnot. So kann er bei der Arzthaftung zwar den Behandlungsfehler des Arztes oft beweisen; die Kausalität zwischen Behandlungsfehler und Schaden kann jedoch nur schwierig bewiesen werden, da die Folgen eines Eingriffs in den lebenden Organismus nur sehr selten mit letzter Genauigkeit nachvollzogen werden können. Der Patient muss zuvor den erheblichen Behandlungsfehler darlegen, meist durch Vorlage eines Gutachtens eines Medizinischen Sachverständigen. Ob ein grober Behandlungsfehler vorliegt, entscheidet das Gericht. Aufgrund der in bestimmten Fällen, u. a. bei groben Behandlungsfehlern, richterlich angeordneten Beweislastumkehr obliegt es dann dem Arzt, die fehlende Ursächlichkeit zu beweisen.

Die typischen Bedingungen für eine richterliche Anordnung der Beweislastumkehr sind:

  • unterlassene Aufklärung des Patienten vor Beginn der speziellen Diagnose oder Behandlung und dazu fehlender Nachweis
  • unterlassene Befunderhebung[1]
  • offensichtlich falsche Behandlung, also grobe Behandlungsfehler und auch Medikationsfehler
  • Keimübertragung durch Infektion in einem beherrschbaren Bereich[2][3]
  • Verwendung fehlerhafter Geräte, falsche oder nicht dokumentierte Geräteeinstellungen oder unterlassene Gerätewartung (abgelaufene Prüfzeichenfristen)
  • unvollständige oder verfälschte Dokumentation, einschließlich nachgetragener Änderungen oder angeblich verlorener Dokumente und ungesicherter oder unregistrierter Zugang zu Änderungsmöglichkeiten in Datenbanken der Fallakten

Dabei muss der Geschädigte nach Stand der Vorgehensweise der beruflichen oder betrieblichen Haftpflichtversicherungen regelmäßig davon ausgehen, dass die Beweislastumkehr erst im Gerichtsverfahren angeordnet wird.

Beispielsweise muss der Arzt in Zusammenhängen mit den Impfempfehlungen der STIKO dann beweisen, dass die Krankheit auch eingetreten wäre, wenn diese Impfempfehlungen befolgt worden wären. Hintergrund ist, dass die STIKO nach § 4 Infektionsschutzgesetz (vormals: Bundesinfektionsschutzgesetz) als amtliches Organ eingesetzt ist.

Produkthaftung

Bei der Produkthaftung muss der Geschädigte nur beweisen, dass eines seiner Rechtsgüter verletzt ist und er dadurch einen Schaden erlitten hat, der Hersteller ein fehlerhaftes Produkt in den Umlauf gebracht hat, und dass eine Kausalität zwischen fehlerhaftem Produkt, Rechtsgutsverletzung und Schaden besteht. Hinsichtlich der Frage, ob den Hersteller ein Verschulden an der Fehlerhaftigkeit des Produkts trifft, liegt eine für den Geschädigten unzumutbare Beweisnot vor. Daher wird hier eine Beweislastumkehr angenommen. Der Hersteller muss nunmehr beweisen, dass das Produkt bei Inverkehrbringung frei von Konstruktions-, Fabrikations- und Instruktionsfehlern war.

Eine ähnliche Wirkung wie die Beweislastumkehr entfalten die Fälle der gesetzlichen Vermutung (z. B. in § 1006 BGB). Deren Auswirkungen auf die Beweislast sind in § 292 ZPO geregelt. Danach kann derjenige, gegen den die Vermutung spricht, noch das Gegenteil beweisen. Er trägt somit die Beweislast für die Widerlegung der Vermutung. Gesetzliche Vermutungen bewirken daher in der Regel eine Beweislastumkehr.

Etwas anderes als die Beweislastumkehr sind allerdings die Fälle des Anscheinsbeweises.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. BGH, Urteil vom 28. Juni 1988, Az. VI R 217/87, Leitsatz
  2. BGH, Urteil vom 8. Januar 1991, Az. VI ZR 102/90, Volltext = VersR 1991, 467 ff.
  3. BGH, Urteil vom 20. März 2007, Az. VI ZR 158/06, Volltext = NJW 2007,1682 ff.
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