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Betrug (Deutschland)

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Betrug bezeichnet im Strafrecht Deutschlands ein Vermögensdelikt, bei dem der Täter in der Absicht rechtswidriger Bereicherung das Opfer durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen gezielt so täuscht, dass es sich selbst oder einen Dritten am Vermögen schädigt und damit materiellen Schaden zufügt.

Das Vergehen des Betruges ist ein Straftatbestand der Vermögensdelikte. Das geschützte Rechtsgut ist nicht die Verfügungsfreiheit des Vermögensinhabers, sondern das Individualvermögen (auch das Vermögen des Staates) als Ganzes.

Der deutsche Bundesgesetzgeber hat dies in vielen Sanktionsnormen geregelt. An erster Stelle steht § 263 Strafgesetzbuch (StGB). Spezielle Strafvorschriften für Sonderfälle des Betruges oder besonders gefährliche Taten schon im Vorfeld sind unter anderem der Versicherungsmissbrauch nach § 265 StGB (der schon im Vorfeld jeglicher Täuschung - also schon vor dem eigentlichen Versicherungsbetrug - allein das Beiseiteschaffen einer versicherten Sache unter Strafe stellt), der Kapitalanlagebetrug nach § 264a StGB und der Subventionsbetrug nach § 264 StGB, der nach EU-Richtlinien gestaltet wurde. Besondere Betrugsform ist der Computerbetrug nach § 263a StGB, bei der kein Mensch, sondern eine Maschine „getäuscht“ wird. Während die Täuschung zum Erhalt von Sozialleistungen unter den allgemeinen Betrugstatbestand fällt, ist die Täuschung gegenüber dem Finanzamt nach § 369 ff. Abgabenordnung (AO) insbesondere als Steuerhinterziehung gesondert geregelt.

Gesetzliche Normierung

Der Betrugstatbestand des Strafgesetzbuchs (§ 263 StGB) lautet in seinem Absatz 1:

Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Die Absätze 2-7 regeln die Strafbarkeit des Versuchs, besonders schwere Fälle, Bandenbetrug, die Anordnung von Führungsaufsicht sowie entsprechend anwendbare Normen.

Systematik der Tatbestandsmerkmale

Den Tatbestand des Betrugs verwirklicht, wer alle objektiven und subjektiven Tatbestandmerkmale erfüllt.

Objektiver Tatbestand

  • Die Tathandlung ist die Vorspiegelung falscher oder die Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. (Aufgrund der schlechten Abgrenzbarkeit spricht man von der einheitlichen Tatmodalität der Täuschung über Tatsachen.)

Täuschung ist hierbei die intellektuelle Einwirkung auf das Vorstellungsbild eines anderen, durch die eine unrichtige Vorstellung über Tatsachen erzeugt oder aufrechterhalten werden soll. Die Täuschung kann ausdrücklich (schriftlich, mündlich, durch Gesten), schlüssig (das Gesamtverhalten des Täters ist nach der Verkehrsanschauung als Erklärung über eine Tatsache zu verstehen) oder durch Unterlassen (Nichtverhindern / Beseitigen eines Irrtums trotz Aufklärungspflicht) erfolgen.

Tatsachen sind alle konkreten Geschehnisse und Zustände der Vergangenheit oder Gegenwart, die die Außenwelt oder psychische Vorgänge betreffen und dem Beweis zugänglich sind.[1] Keine Tatsache ist der Preis einer Ware. Die bloße Behauptung, eine Sache sei einen bestimmten Betrag wert, stellte somit keine Täuschung über Tatsachen dar. Tatsachen sind aber Eigenschaften der Ware, an die der Preis anknüpft.

  • Die Täuschungshandlung muss einen Irrtum (d. h. das Auseinanderfallen von Vorstellung und Realität) bei einem Dritten erregen (Hervorrufen) oder unterhalten (Erschwerung der Aufklärung oder Bestärkung der Fehlvorstellung). Daran fehlt es, wenn der Betreffende sich überhaupt keine Gedanken macht (sog. ignorantia facti) oder bereits vorhandene Fehlvorstellungen lediglich ausgenutzt werden (anders wiederum, wenn beispielsweise aus Geschäftsbeziehungen eine Aufklärungspflicht besteht).
  • Aufgrund des Irrtums muss der Getäuschte eine Vermögensverfügung vornehmen. Vermögensverfügung ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das unmittelbar zu einer Vermögensminderung führt. Der Begriff des Vermögens ist hierbei stark umstritten. Nach dem vermittelnden juristisch-ökonomischen Vermögensbegriff fallen hierunter zumindest die Positionen, die einen eigenen wirtschaftlichen Wert haben und unter dem Schutz der Rechtsordnung stehen.
  • Aus der Vermögensverfügung muss ein Vermögensschaden resultieren. Der Vermögensschaden wird berechnet anhand einer Gesamtsaldierung der Vermögenslagen vor und nach der Vermögensverfügung unter Berücksichtigung einer etwaigen Schadenskompensation. Dabei ist es unerheblich, ob der Getäuschte und der Geschädigte identisch sind (wenn nicht, dann sog. Dreiecksbetrug).

Vermögensschaden ist jedes Minus (negative Wertdifferenz) gegenüber dem vorher bestehenden Vermögen, welches nicht durch ein vermögenswertes Äquivalent ausgeglichen wurde. Eine Gleichwertigkeit ist hierbei nicht erforderlich, da hierdurch ein marktwirtschaftliches Handeln unmöglich wäre. Ein Betrug ist jedoch zumindest bei einem krassen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gegeben, soweit die anderen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. In manchen Fällen kann, unter bestimmten Voraussetzungen, auch die bloße Gefahr einer Vermögensminderung als Schaden, der zur Strafbarkeit wegen vollendeten Betrugs führt, genügen (sog. Gefährdungsschaden).

  • Die Vermögensverfügung stellt den ursächlichen Zusammenhang zwischen Irrtum und Vermögensschaden her. Die vom Gesetz erforderte Unmittelbarkeit ist insoweit eine doppelte: Sie muss zwischen der Täuschungshandlung und der Vermögensverfügung vorliegen, genauso wie zwischen der Vermögensverfügung und dem eingetretenen Vermögensschaden (Unmittelbarkeitsprinzip). Unmittelbarkeit versteht sich als "Verkettung" der Merkmale ohne weitere Zwischenakte.

Subjektiver Tatbestand

  • Bereicherungsabsicht. Dies wird bejaht, wenn Absicht bezüglich der Erzielung eines Vermögensvorteils vorliegt; dieser muss stoffgleich zum Vermögensschaden des Opfers sein; will heißen, dass der Täter den Vorteil unmittelbar aus dem Vermögen des Geschädigten anstrebt, der Vorteil bei ihm mithin die Kehrseite des Schadens beim Geschädigten ist. Schließlich muss der angestrebte Vermögensvorteil rechtswidrig sein, er darf also keinem fälligen und einredefreien Anspruch gegen das Opfer entsprechen.

Versuch des Betruges

Die Versuchsstrafbarkeit des Betruges folgt aus § 263 Abs. 2 StGB. Der Versuch des Betruges ist nach der allgemeinen Lehre dann gegeben, wenn bereits zur Vornahme von Täuschungshandlungen unmittelbar angesetzt wurde. Ist der angestrebte Vermögensvorteil jedoch rechtmäßig, liegt weder ein versuchter noch ein vollendeter Betrug vor.

Abgrenzungsprobleme/Besonderheiten

Probleme bereitet die Abgrenzung zwischen Diebstahl (§ 242 StGB) und Betrug (§ 263 StGB), da sich diese gegenseitig in ihrer Strafbarkeit ausschließen, abgestellt auf die Willensrichtung des Opferhorizontes. Es stellt sich die Frage, ob ein gegen den Willen des Gewahrsamsinhabers gerichtetes "Nehmen der Sache " im Vordergrund steht oder aber "eine durch Täuschung erschlichene Weggabe" durch selbigen. Ist das Opfer mit einem Gewahrsamswechsel aufgrund seines frei gefassten Willensentschlusses einverstanden (gleichwohl täuschungsbedingt), liegt Betrug vor. Lässt er den Gewahrsamswechsel geschehen, ohne sich darüber bewusst zu sein, dass eine Gewahrsamsverschiebung zu seinen Lasten stattfindet, liegt Diebstahl vor.

Dreiecksbetrug

Hauptartikel: Dreiecksbetrug

Da Getäuschter und Geschädigter nicht identisch zu sein brauchen, kann Betrug auch vorliegen, wenn der Getäuschte über fremdes Vermögen verfügt. Beim Dreiecksbetrug ist zwischen dem Betrug und dem Diebstahl in mittelbarer Täterschaft zu unterscheiden. Wer einen anderen davon überzeugt, er möge doch einen Ball aus dem Garten des Nachbarn holen, weil es angeblich sein Ball sei, obwohl er tatsächlich im Eigentum des Nachbarn steht, macht sich des Diebstahls (in mittelbarer Täterschaft) schuldig, wenn der Ballholer (der Verfügende) mit dem Nachbarn kein besonderes Näheverhältnis aufweist. Wäre es die Großmutter des Nachbarkindes, die zu Besuch wäre, so würde es sich um einen Betrug handeln. Im Zusammenhang mit der Abgrenzung zwischen Dreiecksbetrug und dem Diebstahl in mittelbarer Täterschaft hilft die sogenannte Lagertheorie insoweit weiter, als überprüft wird, inwieweit ein Näheverhältnis (Lager) zwischen dem "Getäuschten" und dem Geschädigten besteht. Liegt dieses Näheverhältnis (oft eine Obhutsbeziehung) vor, kommt - wie oben dargestellt - Betrug in Betracht. Fehlt diese Nähe (Zufälligkeit der Mittlung zwischen "Getäuschtem" und Geschädigtem), kommt Diebstahl in mittelbarer Täterschaft in Betracht.

Benzinerschleichungsproblematik

Ferner problematisch ist auch die Abgrenzung des Betruges vom Diebstahl bzw. der Unterschlagung bei den "Tanken ohne zu bezahlen"-Fällen. Dabei wird auf das subjektive Element abgestellt. Wer mit dem Vorsatz, ohnehin nicht bezahlen zu wollen, tankt, der betrügt. Unabhängig von der Frage eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses des Tankstellenpächters (Wegnahmehandlung beim Diebstahl?) und der zivilrechtlichen Fragen um den gesetzlichen Eigentumsübergang kraft Vermischung des Treibstoffs im Tank einerseits sowie vorliegenden Eigentumsvorbehaltes andererseits, wird Betrug angenommen. Entsteht hingegen der Wille erst beim Tankvorgang, so handelt es sich um Diebstahl/Unterschlagung. Für den Täter ist dies einerlei. Die Strafe bzw. das Strafmaß des Betruges ist dasselbe wie das des Diebstahls/der Unterschlagung. Mangels Täuschung (Betrug) und mangels Wegnahme (Diebstahl) wird regelmäßig sogar Unterschlagung bejaht. Unterschiede bestehen jedoch dann, wenn der Täter eine Waffe bei sich trägt. Der Diebstahl kann dadurch weiter qualifiziert werden (zum Beispiel § 244 StGB); bei einem Betrug fehlt diese Strafschärfung.

Trickdiebstahl

Ebenfalls problematisch kann die Abgrenzung zwischen Trickdiebstahl und Sachbetrug sein. Beim Trickdiebstahl liegt regelmäßig deshalb kein Betrug vor, weil auf den Geberhorizont des Opfers abgestellt wird. Die tatsächlich vorliegende Wegnahme wird durch eine Täuschung verschleiert, d. h. die Wegnahme ist für den Betroffenen als solche nicht erkennbar. Beispiel: Der Täter lässt sich von seinem Gegenüber einen Stift geben, um ihn sich anzusehen. Danach flieht er mit dem Stift. Eine Vermögensverfügung wird vor dem Horizont zu verneinen sein, da der andere sich lediglich eine Gewahrsamslockerung mit jederzeitiger Rückholmöglichkeit vorgestellt hat. Stattdessen liegt ein vollendeter Trickdiebstahl vor.

Beschlagnahmefall

Der Täter täuscht in diesem Fall Amtsträgereigenschaft vor (Polizist, Gerichtsvollzieher, und dgl.) und übt eine (vorgetäuschte) Beschlagnahme aus. Der Eigentümer oder rechtmäßige Besitzer (strafrechtlich: Gewahrsamsinhaber) duldet dies, da er in die Amtseigenschaft vertraut. Regelmäßig liegt eine Wegnahmehandlung im Sinne des § 242 StGB (Diebstahl) vor, da das Opfer sich unter dem Eindruck einer Zwangslage lediglich beugt. Gibt das Opfer ausnahmsweise die "beschlagnahmte" Sache freiwillig heraus, liegt eine Vermögensverfügung vor und damit Betrug.

Besondere Betrugsarten im juristischen Sinne

Die Kriminologie beschreibt mehrere Abarten des Betrugs und hat kriminologische Begriffe gebildet, d. h. einige Betrugsformen sind nicht eigens normiert (lex specialis), sondern fallen unter § 263 StGB (lex generalis). Eine Auswahl geläufiger kriminologischer Bezeichnungen findet sich in der Liste besonderer Betrugsarten.

Geringwertigkeit

Bezieht sich der Betrug lediglich auf einen geringwertigen Vermögensschaden (die Grenze wird – wie beim Diebstahl – in der Regel bei 50 angesetzt), so ist nach § 263 Abs. 4 StGB zur Verfolgung der Tat unter Umständen ein Strafantrag erforderlich.

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary: Betrug – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Betrug – Zitate

Quellen

Einzelnachweise

  1. Lackner in Lackner/Kühl, StGB, § 263 Rdnr. 4
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