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Besitzkonstitut

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Besitzkonstitut bezeichnet im deutschen Sachenrecht nach § 930 BGB die Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses über eine bewegliche Sache als Ersatz für die Übergabe bei der Übereignung der Sache. Hierbei einigen sich Veräußerer und Erwerber darüber, dass der Veräußerer die Sache fortan als Besitzmittler für den Erwerber besitzen soll. Der Veräußerer bleibt dabei unmittelbarer Besitzer, der Erwerber wird (etwa durch Leihe, Verwahrung oder Miete) mittelbarer Besitzer (vgl. § 868 BGB). Ein in der Praxis häufiges Besitzkonstitut ist die Miete, bei der der Mieter Besitzmittler, der Vermieter mittelbarer Besitzer ist.

Allgemeines

Die Rechtskonstruktion des Besitzkonstituts kommt insbesondere im Bankwesen bei Kreditsicherheiten vor, weil die sicherungsnehmenden Kreditinstitute den sicherungsgebenden Kreditnehmern die Nutzung der als Kreditsicherheit dienenden Sachen weiter überlassen wollen. Da die Sicherungsgeber weiterhin unmittelbare Besitzer bleiben, ist das das Sachenrecht beherrschende Publizitätsprinzip durchbrochen.

Arten

Gesetzliche und vertragliche Besitzkonstitute

Man unterscheidet zunächst zwischen vertraglichen und gesetzlichen Besitzmittlungsverhältnissen (z. B. ist die Ehe im Sinne des BGB ein gesetzliches Besitzmittlungsverhältnis, wenn unter Ehegatten eine Sache übereignet werden soll[1]). Für Wieling[2] ist die Existenz der Ehe keine Voraussetzung für den mittelbaren Besitz; sie reiche allein nicht aus, um mittelbaren Besitz zu schaffen.

Bei der gesetzlichen Form des Besitzkonstituts ist diese Konstruktion durch das Gesetz vorgesehen. Vertragliche Besitzmittlungsverhältnisse kommen indes erst durch freiwillige vertragliche Vereinbarung zustande. In beiden Fällen handelt es sich um ein so genanntes Übergabesurrogat, weil die körperliche Übergabe der Sache durch die Vereinbarung des Besitzmittlungsverhältnisses gem. § 929 Satz 1, § 930 BGB ersetzt wird. Hierdurch wird der Verfügende zum unmittelbaren Fremdbesitzer, der (neue) Eigentümer zum mittelbaren Eigenbesitzer.

Eingesetzt wird die Konstruktion des Besitzkonstituts insbesondere, um bei der Sicherungsübereignung zu erreichen, dass der Sicherungsnehmer (die kreditgewährende Bank) den für die Übereignung erforderlichen (mittelbaren) Besitz erhält, der Sicherungsgeber (der Schuldner) aber die sicherungsübereignete Sache (etwa leihweise) weiterhin unmittelbar nutzen darf. Beispiel: A kauft ein Auto. Dieses übereignet er mittels Besitzkonstitut an seine Kredit gebende Bank, die ihm als – treuhänderische Eigentümerin – das Fahrzeug leihweise überlässt. A kann also das Auto nutzen. Sollte sein Kredit jedoch notleidend werden, so darf die Bank, da sie ja Eigentümerin ist, das Auto herausverlangen und verwerten.

Einfache und antizipierte Besitzkonstitute

Das bisher beschriebene einfache Besitzkonstitut setzt zum Übereignungszeitpunkt mindestens den unmittelbaren Besitz des Sicherungsgebers voraus. Beim antizipierten (vorweggenommenen) Besitzkonstitut lässt die Rechtsprechung ein Besitzkonstitut zu einem Zeitpunkt zu, an dem der Sicherungsgeber noch gar nicht Besitzer (geschweige denn Eigentümer) geworden ist, sondern erst später werden soll. Es umfasst daher die frühzeitige (antizipierte) Einigung zur Sicherungsübereignung, so dass es einer erneuten Einigung beim späteren Besitzerwerb nicht mehr bedarf. Dadurch wird ermöglicht, die Einigungserklärung über den Eigentumsübergang und die Vereinbarung über das Besitzmittlungsverhältnis so zu gestalten, dass auch später eingehende Waren vom Sicherungseigentum erfasst werden. Auf diese Weise können sogar Gegenstände sicherungsübereignet werden, die vom Sicherungsgeber nicht voll bezahlt wurden und daher noch unter Eigentumsvorbehalt geliefert werden. Dem Eigentumsvorbehalt des Lieferanten steht das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers als Anspruch auf Übertragung des Eigentums bei vollständiger Bezahlung gegenüber. Es wird rechtlich wie Eigentum behandelt, das der Vorbehaltskäufer durch Zahlung des Kaufpreises in vollwertiges Eigentum umwandeln kann. Im Rahmen einer Sicherungsübereignung kann dieses Anwartschaftsrecht sicherungshalber auf eine Bank übertragen werden, sofern es nicht mit gesetzlichen Pfandrechten (z.B. Zubehörhaftung oder Vermieterpfandrecht) belastet ist.

Lehre und Rechtsprechung haben diese Art des Besitzkonstituts entwickelt, so dass es heute ein anerkanntes Konstrukt für die Sicherungsübereignung von Warenlagern mit wechselnden Beständen geworden ist.[3] Auch noch später herzustellende oder entstehende Sachen können im Wege des antizipierten Besitzkonstituts übereignet werden.[4]

Einzelnachweise

  1. BGH NJW 1979, 976
  2. Hans Josef Wieling: Sachenrecht: Sachen, Besitz und Rechte an Beweglichen Sachen, 2006, ISBN 354029869X, S. 312
  3. RGZ 144, 223, 231 vom 4. April 1933 und später BGH NJW 1958, 945
  4. BGH WM 1962, 504
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