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Bernhard Rust

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Bernhard Rust, 1934

Bernhard Rust (* 30. September 1883 in Hannover; † 8. Mai 1945 in der Gemeinde Berend/Nübel, Kreis Schleswig) war ein deutscher Politiker (NSDAP), MdL und MdR. 1933/34 leitete er das preußische Kultusministerium und von 1934 bis 1945 das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. Rust war ein Hauptvertreter der nationalsozialistischen Erziehung.

Leben und Wirken

Rust wurde als einziges Kind katholischer Eltern geboren. Franz Rust, sein Vater, von Haus aus Zimmermann kam durch Spekulationen mit Mietshäusern in Hannover zu einigem Wohlstand.[1] Nach dem Besuch des Lyzeums II in Hannover[2] studierte Rust von 1904 bis 1908 Germanistik, Klassische Philologie, Kunstgeschichte, Philosophie und Musik[1] und arbeitete von 1911 bis 1930 als Studienrat am Ratsgymnasium in Hannover.[3] Rust war zweimal verheiratet. Seine erste Frau, mit der Rust von 1910 bis 1919 verheiratet war, verstarb 1919. 1920 heiratete Rust Anna-Sofie Dietlein. Rust hatte einen Sohn aus erster Ehe und drei Töchter in der zweiten Ehe.[3]

Während des Ersten Weltkrieges erlitt er als Infanterieleutnant eine schwere Kopfverletzung und wurde zweimal verschüttet. Im Dezember 1918 verließ Rust im Rang eines Oberstleutnants der Reserve und hoch dekoriert das Militär. Ob die Verwundungen dauerhafte Beeinträchtigungen hinterließen, ist unklar. Im Schuldienst fiel er immer wieder krankheitsbedingt aus; 1933 wurde eine Trigeminusneuralgie diagnostiziert. Rust trank daraufhin regelmäßig Alkohol und wurde von Außenstehenden als alkoholsüchtig eingestuft.[4]

Weimarer Republik

Nach dem Krieg wandte sich Rust der völkischen Bewegung zu. Politisch prägend waren vor allem Paul de Lagarde, Arthur Moeller van den Bruck, Houston Stewart Chamberlain und Oswald Spengler.[4] Rust trat dem rechtsradikalen Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund bei.[5] Nach dem Verbot der NSDAP in Preußen gründete Rust 1922 zusammen mit seinem Schwiegervater und weiteren Gleichgesinnten in Hannover eine Ortsgruppe der Deutschvölkischen Freiheitspartei. Zudem war Rust Mitglied im Bund ehemaliger Frontkämpfer und im Stahlhelm. 1924 wurde Rust für die Deutschvölkische Freiheitspartei in das hannoversche Stadtparlament gewählt. Im Mai 1925 trat Rust der NSDAP und der SA bei.[4]

Vom 22. März 1925 bis 30. September 1928 war er Gauleiter von Lüneburg-Stade (später Ost-Hannover/Hannover-Ost). Nach der Neugliederung der Gaugrenzen wurde er am 1. Oktober 1928 zum Gauleiter des neu gegründeten Gau Südhannover-Braunschweig ernannt. Ebenso wurde er Gauleiter der völkisch gesinnten, antisemitischen Nationalsozialistischen Gesellschaft für Deutsche Kultur.[6] 1929 wurde Rust in den preußischen Provinziallandtag gewählt, 1930, am 14. September gewann Rust im Wahlkreis Hannover-Süd ein Reichstagsmandat für die NSDAP.[7]

Preußischer Kultusminister und Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung

Am 2. Februar 1933 wurde er kommissarischer preußischer Kultusminister und 1934 mit Bildung des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung in Personalunion Reichsminister. Qua Amt war er Mitglied im Preußischen Staatsrat. Auf Grund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums verloren unter Rusts Leitung etwa tausend Hochschullehrer, vor allem Juden, Sozialdemokraten und Liberale, Stellung und Beruf. Dieses hatte für die deutsche bislang sehr starke Stellung im Bereich Naturwissenschaften gravierende Folgen. Ungezählte hochrangige Wissenschaftler emigrierten aus Deutschland meist nach Amerika, unter ihnen etwa ein Dutzend Nobelpreisträger. Rust selber äußerte sich zu diesem Prozess: „Wir brauchen eine neue arische Rasse an den Universitäten, oder wir werden die Zukunft verlieren … die Hauptaufgabe der Erziehung ist es, Nationalsozialisten zu bilden.“

Zu seinen frühen Aktionen gehört auch die Entlassung des Berliner Reformpädagogen Fritz Karsen am 21. Februar 1933 und die beginnende Gleichschaltung der von Karsen geleiteten Karl-Marx-Schule (Berlin-Neukölln).

Die neue Verfassung für die deutschen Universitäten und Hochschulen vom April 1935 zielte auf die Zentralisierung und v. a. Beschränkung der akademischen Selbstverwaltung. Die Rektoren waren fortan „Führer der Hochschule“ und direkt Rust unterstellt. Auf die Frage, warum die Ausbildung der Lehrer nur an eigens geschaffenen Lehrerbildungsanstalten (z. B. Bernhard-Rust-Hochschule in Braunschweig) und nicht an Universitäten stattfinden solle, antwortete Rust, er könne nicht dulden, „daß die künftigen Erzieher des Volkes ihre Ausbildung an diesen liberalistischen Irrgärten erhielten“.[8]

Rust setzte die Ideologisierung des Fachunterrichts (z. B. im Erlass Vererbungslehre und Rassenkunde im Unterricht vom 15. Januar 1935) durch und erwirkte unter Bruch des Reichskonkordats das Verbot der katholischen Schulen mit dem Schuljahr 1939/1940. In allen Schulen wurden Elternbeiräte und Schülermitverwaltung abgeschafft.

Daneben war Rust am 1. Juli 1935 Gründer des rassenideologischen Reichsinstituts für Geschichte des Neuen Deutschlands, das am 19. Oktober 1935 eröffnet wurde.[6] Seit 1940 war er SA-Gruppenführer.[6]

Rust hatte im Ämterchaos des nationalsozialistischen Deutschen Reiches geringen Einfluss und musste immer mehr Zuständigkeiten an konkurrierende Organisationen abtreten, etwa an die SS, die Hitlerjugend oder die Deutsche Arbeitsfront. Sein Vorhaben, das deutsche Schulsystem im nationalsozialistischen Geiste grundlegend umzugestalten, scheiterte nicht zuletzt an den kriegsbedingten Unterrichtsbeeinträchtigungen wie Kinderlandverschickung, Lehrkräfte- und Raummangel.[9] Auch die angestrebte Monopolisierung der Zuständigkeit für Hochschulpolitik in seinem Ministerium gelang nicht.[10]

Tod zum Kriegsende

Bernhard Rust setzte sich Ende April nach Flensburg-Mürwik ab, wo sich die letzte Reichsregierung im Sonderbereich Mürwik niederließ. Auf Grund der von ihm offenbar als hoffnungslos eingeschätzten Lage, versuchte er sich mit Schlaftabletten zu vergiften, doch er wurde gerettet und in Folge in die Psychiatrie in Schleswig eingeliefert. Von dort gelang ihm die Flucht.[11] In der Nacht vom 7. zum 8. Mai 1945, dem Tag der bedingungslosen Kapitulation, erschoss sich Rust in der Nähe des Dorfes Nübel in Schleswig-Holstein selbst.[12] Er wurde auf dem Friedhof in Neuberend bestattet.[13]

Rechtschreibreform

Rust bereitete eine Reform der deutschen Rechtschreibung vor. Eine recht weitgehende Version, die in manchem den Vorstellungen der Rechtschreibreformer der 1970er entsprach (gemäßigte Kleinschreibung, Weglassung der Dehnungszeichen) scheiterte bereits intern am Widerstand des Reichsinnenministeriums. Ein weiterer Versuch 1944 scheiterte ebenfalls. Die Regeln der Reform der deutschen Rechtschreibung lagen bereits in einer Million Exemplaren für den Schulgebrauch gedruckt vor, in verschiedenen Zeitungen erschienen Einführungsartikel. Die Reform wurde jedoch nicht offiziell eingeführt, weil sie nicht kriegswichtig sei. Einige der von Rust geplanten Schreibungen fanden allerdings Eingang in den Duden. Die Schreibung Kautsch für Couch beispielsweise stand dort bis in die 1980er Jahre verzeichnet. Ein guter Teil der geplanten Änderungen wurde in der Reform der deutschen Rechtschreibung von 1996 wieder aufgegriffen.

Literatur

Weblinks

 Commons: Bernhard Rust – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Anne C. Nagel, 2012, S. 41.
  2. Guido Janthor: Kurzbiographie Rust, Bernhard, für das Webprojekt Mahnmale-aus-Stein.de vom 24. Dezember 2003, als PDF
  3. 3,0 3,1 Anne C. Nagel, 2012, S. 42.
  4. 4,0 4,1 4,2 Anne C. Nagel, 2012, S. 43.
  5. Uwe Lohalm: Völkischer Radikalismus. Die Geschichte des Deutschvölkischen Schutz- und Trutz-Bundes. 1919–1923. Leibniz-Verlag, Hamburg 1970, ISBN 3-87473-000-X, S. 325.
  6. 6,0 6,1 6,2 Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 516.
  7. Anne C. Nagel, 2012, S. 40, S. 46.
  8. Uwe Sandfuchs: Universitäre Lehrerausbildung in der Weimarer Republik und im Dritten Reich, Bad Heilbrunn 1978, S. 360.
  9. Harald Scholtz: Erziehung und Unterricht unterm Hakenkreuz. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1985, S. 61–69, 131 ff. u. ö.
  10. Michael Grüttner: Wissenschaft. In: Wolfgang Benz, Hermann Graml und Hermann Weiß (Hrsg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus. Klett-Cotta, Stuttgart 1997, S. 143 f. Michael Parak: Hochschulverwaltung in Diktaturen. In: Günther Heydemann und Heinrich Oberreuter(Hrsg.): Diktaturen in Deutschland - Vergleichsaspekte (= Schriftenreihe. Band 398). Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2003 S. 346 ff.
  11. Flensburger Tageblatt: Die letzte Ruhestätte: Auf dem „Friedenshügel“ liegen Täter und Opfer, vom: 19. Mai 2015; abgerufen am: 29. Juni 2017
  12. Anne C. Nagel, 2012, S. 363.
  13. Flensburger Tageblatt: Die letzte Ruhestätte: Auf dem „Friedenshügel“ liegen Täter und Opfer, vom 19. Mai 2015; abgerufen am: 29. Juni 2017
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