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Beatrix Potter

Aus Jewiki
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Beatrix Potter mit ihrem Lieblingshund Keb

Helen Beatrix Potter (* 28. Juli 1866 in London; † 22. Dezember 1943 in Sawrey, Lancashire, England) war eine englische Kinderbuchautorin und -illustratorin. Sie begann ab 1890 als Illustratorin zu arbeiten und ihre Kinderbücher waren für diese Zeit außergewöhnlich erfolgreich. Ihre Erzählungen wie beispielsweise Die Geschichte von Peter Hase werden bis heute aufgelegt.

Beatrix Potter sah sich lange Zeit gezwungen, das konventionelle Leben einer Frau der oberen englischen Mittelschicht zu führen. Sie wurde ausschließlich von Gouvernanten und Privatlehrern erzogen, lebte bis in ihr drittes Lebensjahrzehnt im Haus ihrer wohlhabenden Eltern, verfügte nur dank ihrer zeichnerischen Arbeiten über eigene finanzielle Mittel und unternahm erst im Alter von 28 Jahren eine längere Reise, bei der sie nicht von einem Elternteil oder einer Gouvernante begleitet wurde. Erst im Alter von 39 Jahren verlobte sie sich gegen den entschiedenen Widerstand ihrer Eltern mit dem Verleger Norman Warne. Dieser starb jedoch kurz nach der Verlobung an perniziöser Anämie.

Dank des mit ihrer Arbeit erzielten Einkommens konnte sie schließlich ihren Wunsch umsetzen, im Lake District umfangreichen Landbesitz zu erwerben, wo sie sich dort als erfolgreiche Schafzüchterin etablierte. Sie legte dabei Wert darauf, die traditionelle Lebensweise der Menschen dieser Region zu erhalten. Ihren Landbesitz vererbte sie testamentarisch dem National Trust.

Leben

Familienhintergrund

Außenansicht des Crystal Palace, dem zentralen Ausstellungsgebäude während der Großen Londoner Industrieausstellung 1851

Beatrix Potter wurde zwar in London geboren, legte aber in der zweiten Hälfte des Lebens viel Wert darauf, dass ihre Wurzeln im ländlichen Norden Englands lägen. „Mein Bruder & Ich wurden nur in London geboren, weil mein Vater dort Anwalt war“, schrieb sie später einmal.[1] Tatsächlich stammte sowohl ihre mütterliche wie ihre väterliche Familie ursprünglich in der Region von Manchester. Ihr Großvater väterlicherseits, Edmund Potter, hatte dort gemeinsam mit seinem Cousin Charles Potter erfolgreich ein Unternehmen aufgebaut, das bedruckte Baumwollstoffe herstellte. Die Firma ging in Konkurs, als sich der Konsumentengeschmack änderte und eine Steuer bedruckte Baumwollstoffe verteuerte.[2] Edward Potter gelang es durch eine verbesserte Technologie ein zweites Unternehmen aufzubauen, das ebenfalls bedruckte Baumwollstoffe herstellte. Seine Innovationen galten als so bemerkenswert, dass sie während der Großen Londoner Industrieausstellung von 1851 gezeigt und Edmund Potter 1856 zum Mitglied der Royal Society gewählt wurde. 1862 war Edmund Potter & Company die weltweit größte Firma, die Baumwollstoffe bedruckte. Im selben Jahr wurde Edmund Potter als Liberaler in das britische Parlament gewählt, die Leitung der Firma wurde von seinem ältesten Sohn übernommen.[3]

Beatrix Potters Großvater auf mütterlicher Seite, John Leech, war ökonomisch nicht weniger erfolgreich und besaß im Umland von Manchester Tuchfabriken. Er starb bereits 1861 und vermachte jeder seiner Töchter die ungewöhnlich hohe Mitgift von 50.000 Britischen Pfund. Beide Familie einte, dass sie dem Unitarismus anhingen, einer Glaubensrichtung, die sich aus dem Antitrinitarismus der radikalen Reformation entwickelt hatte. Die Familien waren eng miteinander verflochten. Zwei Söhne von Edmund Potter heirateten Töchter von John Leech.

Der 1832 geborene Rupert Potter, Beatrix Potters Vater, war der zweitälteste überlebende Sohn von Edmund Potter. Wie zunehmend für wohlhabende Familien der englischen Oberschicht üblich, studierte er Rechtswissenschaften und wurde 1857 als Anwalt zugelassen.[4] Es gibt sehr wenige Dokumente, die seine Tätigkeit als Anwalt belegen. Vieles deutet jedoch darauf hin, dass er sich auf Eigentumsübertragungen spezialisierte. Die wenigen erhaltenen Belege für seine Anwaltstätigkeit werden gelegentlich so interpretiert, dass er als Anwalt wenig aktiv war. Beatrix Potters Biografin Linda Lear argumentiert dagegen, dass diese Form der Anwaltstätigkeit grundsätzlich wenig Belege hinterlässt und da Rupert Potter sein Erbe erst 1884 ausgezahlt bekam, kann man sicher davon ausgehen, dass er über längere Zeit in London als Anwalt aktiv war. Unstrittig ist jedoch, dass Rupert Potter ab Beginn der 1890er Jahre ein ausgesprochen wohlhabender Mann war, der den größten Teil seines Einkommens aus Kapitalanlagen bezog.[5]

Am 8. August 1863 heiratete Rupert Potter Helen Leech. Über ihre Kindheit und ihre Erziehung ist sehr wenig bekannt.[6] Wenn auch nicht belegbar, ist es angesichts ihres sozialen Hintergrunds am wahrscheinlichsten, dass sie von Gouvernanten erzogen wurde und damit vermutlich nur eine sehr oberflächliche Erziehung genossen hat. Es gibt eine Reihe von Indizien, dass sowohl Rupert als auch Helen Potter an sozialer Akzeptanz lag. Rupert Potter wurde kurz nach seiner Anwaltszulassung Mitglied des angesehenen Reform Clubs, wobei er vermutlich davon profitierte, dass sein Vater ein bekannter liberaler Parlamentarier war. Bereits 1860 wurde er außerdem als Mitglied für den renommierten Athenaeum Clubs vorgeschlagen und 1874 letztlich auch aufgenommen.[7] Als Anhänger des Unitarismus und auf Grund ihres Dialektes unverkennbar Nordengländer war ihr Aufstieg in der Londoner Gesellschaft jedoch zwangsläufig begrenzt. Entsprechend den Gepflogenheiten ihrer Schicht gaben Rupert und Helen Potter in ihrem Londoner Haus jedoch zahlreiche Empfänge und hielten sich außerhalb der Saison auf dem Lande auf.[8]

Kindheit und Jugend

Kindheit

Beatrix Potter vermutlich im Jahre 1874
Beatrix Potter und ihre Mutter Helen Leech, ca. 1876

Beatrix Potter wurde im Haus Nr. 2, Bolton Gardens in Kensington in London geboren. Ihre Eltern waren in diesen noch ländlich geprägten Stadtteil Londons gezogen als Helen Potter schwanger war. Bolton Gardens war eine relativ neue Siedlung, die Einwohnerschaft bestand ähnlich wie die Potters fast ausschließlich aus Familien der gehobenen Mittelschicht. Die vierstöckigen Häuser wiesen vorne einen kleinen und hinter dem Haus einen großen Garten aus. Zum Haus gehörten auch Stallungen für die Kutschpferde und Wohnraum für den Kutscher.[9] Zum Personal gehörte eine Köchin und eine Haushälterin, Butler, Kutscher und Stallbursche.[10] Als Kindermädchen für Beatrix Potter wurde die schottische Calvinistin Ann Mackenzie eingestellt.[10]

Linda Lear weist darauf hin, dass Beatrix Potters Kindheit häufig als beklemmend, isoliert und eintönig bezeichnet wird. Zutreffend ist, dass gemessen an der Zahl der Freundschaften, die Beatrix Potter während ihrer Kindheit schließen konnte oder auch nur den Möglichkeiten, gleichaltrige Kinder kennenzulernen, ihre Kindheit einsam und eingeschränkt war. Wie für Mädchen ihres Zeitalters und ihrer sozialen Schicht typisch, wurde Beatrix Potter ausschließlich zu Hause erzogen. Ihre enge Bindung an ihren Bruder Walter „Bertie“ Bertram, der im März 1872 zur Welt kam, ist sicherlich eine Reaktion auf ihre seltenen Begegnungen mit anderen Kindern.[11] Gleichzeitig war Beatrix Potters Kindheit eine sehr privilegierte. Auf Grund der Interessen ihrer Familie hatte sie in ungewöhnlichem hohem Maße Zugang zu Kunst und Literatur, Wissenschaft und war für ihre Zeit weit gereist.[10] Viel Zeit ihrer Kindheit verbrachte sie auf Camfield Place, dem großzügigen Landsitz ihrer väterlichen Großeltern. Die Potters verbrachten außerdem von 1871 bis 1881 lange Sommermonate im vom Vater angemieteten Dalguise House in Perthshire, Schottland, wo auch zahlreiche Freunde der Eltern zu Gast waren. Zu diesen zählte William Gaskell, der Vater der Schriftstellerin Elizabeth Gaskell und der bekannte Maler John Everett Millais und seine Frau Effie Gray.

Im Alter von etwa sechs Jahren wurde die Erziehung von Beatrix Potter der Gouvernante Florrie Hammond anvertraut, zu der Potter eine enge Bindung entwickelte. Hammond blieb im Haushalt der Potters bis 1883, als Beatrix fast 17 Jahre alt war und Bertram auf ein Internat geschickt wurde. Neben Lesen, Schreiben, Rechnen erhielt Beatrix Potter auch Unterricht in Latein und wurde von zusätzlich engagierten Lehrern in Französisch unterrichtet. Beatrix Potters Begeisterung und ihre Begabung fürs Zeichnen war früh erkennbar und wurde von beiden Elternteilen ermutigt. Ihr frühestes Skizzenbuch, das Dalguise 1875 betitelt ist, zeigt sorgfältige Aquarellstudien von Schmetterlingsraupen. Jede Seite ist in zwei Spalten unterteilt. Die eine beschreibt das Erscheinungsbild, in der zweiten waren Beobachtungen ihrer Gewohnheiten aufgeschrieben.[12] Daneben wurde Beatrix Potter und ihrem Bruder erlaubt, eine ungewöhnlich große Menagerie an Haustieren zu halten. Sie hatten unter anderem Hunde, hielten Mäuse, Frösche, Eidechsen und Molche sowie Kaninchen. Bertram pflegte auch Fledermäuse, einen Turmfalken sowie einen Häher.[13] Die meisten dieser Tiere wurden von Beatrix Potter auch gezeichnet. Wegen ihres offensichtlichen Talentes empfahl ihre Gouvernante den Eltern 1878 einen zusätzlichen Zeichenlehrer zu engagieren und Beatrix erhielt über die nächsten fünf Jahre Zeichen- und Malunterricht bei einer Miss Cameron. Gelegentlich begleitete Beatrix ihren Vater auch bei den Besuchen im Studio seines Freundes Millais. Millais ermutigte sie in ihren Zeichenversuchen. Wie sie in ihrem Tagebuch 1884 festhielt, kommentierte er ihre Arbeiten mit den Worten „Viele Menschen können zeichnen, aber du und mein Sohn John beobachtet.“[14] Ihr Vater, der selber ein begeisterter Fotograf war, brachte ihr darüber hinaus das Fotografieren bei.

Gegen Ende ihrer Zeit mit ihrer Zeichenlehrerin Cameron suchte Rupert Potter Rat im Freundeskreis, wie er das Talent seiner begabten Tochter weiter fördern könnte. Rat gab unter anderem Lady Elizabeth Eastlake, eine bekannte Kunstkritikerin und Witwe des Direkters der National Gallery. Beatrix Potter erhielt darauf hin im Jahr 1883 Unterricht in Ölmalerei bei einer bislang nicht identifizierten Künstlerin. Der Unterricht war teuer und bereits nach ihrer dritten Unterrichtsstunde hielt sie in ihrem Tagebuch fest, dass sie den Unterricht nicht schätzte. Sie hatte vor allem die Sorge, dass die Arbeit mit Ölfarben ihre sehr weit entwickelte Aquarelltechnik schaden konnte.[15] Ihre Eltern nahmen sie zu Besuchen in Galerien und Kunstausstellungen mit. William Turner zählte zu den Malern, die sie nachhaltig beeindruckte. Auch eine Kunstausstellung mit alten Meistern, darunter Joshua Reynolds, Thomas Gainsborough und Anthonis van Dyck beeindruckte sie nachhaltig.[16]

Als Florrie Hammond im Frühjahr 1883 ihre Stelle als Gouvernante aufgab, wäre es nach den Konventionen jener Zeit akzeptabel gewesen, keine weitere Gouvernante für Potter einzustellen. Es war sicherlich die Hoffnung von Potter gewesen, die in ihrem Tagebuch festhielt, dass sie sich längst nichts anderes wünschte, als sich ausschließlich auf ihre Malerei zu konzentrieren.[17] Ohne Rücksprache mit ihrer Tochter hatte Hellen Leech jedoch entschieden, Annie Carter als Gouvernante und Begleitperson für Potter zu engagieren. Die Entscheidung führte zu erheblichen Spannungen mit ihrer Tochter. Tatsächlich entwickelte sich zwischen Potter und Annie Carter jedoch bald ein gutes Verhältnis. Carter war lediglich drei Jahre älter als Potter, hatte aber ein deutlich weniger behütetes Leben als diese geführt und unter anderem in Deutschland gelebt. Sie unterrichtete Potter in Deutsch und Latein, wobei Potter vor allem für letztere Sprache eine Vorliebe entwickelte.[16]

Sommeraufenthalte im Lake Distrikt

Beatrix Potter im Alter von ca. 15 Jahren

Rupert Potter entschied im Frühjahr 1882 die Sommeraufenthalte in Dalguise nicht länger fortzusetzen. Er mietete statt dessen für die Sommermonate Wray Castle an der nördlichsten Spitze von Lancashire. Dort lernte die Potters den zu diesem Zeitpunkt 26 Jahre alten örtlichen Pfarrvikar Hardwicke Drummond Rawnsley kennen. Rawnsley, der zunächst als Armenpfarrer in Bristol gearbeitet hatte, war hierher versetzt worden nachdem die Pfarrstelle vakant geworden war und war von der Landschaft des Lake Distrikts tief beeindruckt. Rawnsley war sehr belesen und am Balliol College Student des einflussreichen Kunstkritikers John Ruskin gewesen.[18] Nach seinem Studium hatte er mit der Sozialreformerin Octavia Hill in den Slums Londons gearbeitet. Diese Arbeitserfahrung hatte bei ihm zur festen Überzeugung geführt, dass offene, weite Landschaften, Parks und saubere Luft zu den Grundrechten auch der ärmsten urbanen Bevölkerung gehörte.[19] Er entwickelte eine besondere Bindung an die Landschaft des Lake Distrikt. 1895 sollte er den National Trust mitgründen, um so mitzuhelfen, diese Landschaft zu schützen.

Rupert Potter zeigte sich von dem jungen Pfarrer angetan, der wie er leidenschaftlich fotografierte. Rawnley, der gerade erst von einem Sabbatical in Ägypten, dem Sinai und Palästina zurückgekehrt war, hatte bereits zwei Bücher veröffentlicht, arbeitete gerade an einem Inventar der Ausgrabungen einer römischen Villa und hatte die erste seiner Schriften über die Kultur des Lake Distrikts geschrieben.[19] Auch zwischen Beatrix Potter und dem Pfarrer entwickelte sich ein besonderes Verhältnis. Er gehörte zu den Personen, die ihr besonderes künstlerisches Talent schnell erkannte und nahm sich die Zeit, sich mit ihr über die Naturgeschichte, die Geologie und Archäologie des Lake Distrikts regelmäßig zu unterhalten. Die tiefe Zuneigung zu diesem Landschaftsteils Großbritanniens und ihren Einwohnern, die Beatrix Potters erwachsenes Leben prägte, ist weitgehend von der Begegnung mit Hardwicke Rawnsley geprägt.[19]

Frühes Erwachsenenleben

Im Viktorianischen Zeitalter galt die Ausbildung von jungen Frauen als abgeschlossen, wenn sie ein Alter von 17 oder 18 Jahren erreichten. Angehörige der wohlhabenderen Bevölkerungsschichten wurden dann entweder am Hofe vorgestellt oder in anderer Form in die Gesellschaft eingeführt. Dem folgte ein Lebensphase, die in vermögenden Familie von viel Müßiggang, der Wahrnehmung repräsentiver Pflichten und ausgedehnten Verwandtenbesuchen gekennzeichnet war, bis sie selbst heirateten.[20] Beatrix Potters Leben als junge Frau weist alle diese Merkmale auf. Ihr Eintritt in das erwachsene Leben markierte eine große Feier anlässlich ihres 19. Geburtstags. Es war die erste Geburtstagsfeier seit zehn Jahren und Potter hielt in ihrem Tagebuch fest, dass sie hoffe, dass diese für die nächsten zehn Jahre reiche. Es waren mehr als 100 Gäste eingeladen gewesen und selbst nach Potters Einschätzung war die Feier ein Erfolg: „Ich hatte Spaß und anders als ich und meine Eltern es erwartet haben, habe ich mich auch noch gut benommen.“[21] Wenig später beendete Annie Carter ihre Aufgabe als Gouvernante von Beatrix Potter. Sie verließ das Haus der Potters, um wenig später einen Ingenieur zu heiraten. Beatrix blieb mit ihr in Kontakt auch als diese ihre ersten Kinder zur Welt brachte. Anlässlich der Beendigung ihrer Aufgabe notierte Potter in ihr Tagebuch:

Henry Enfield Roscoe, Onkel von Beatrix Potter

„Ich habe meine letzte Gouvernante im Großen und Ganzen von allen am meisten gemocht – Miss Carter hatte ihre Fehler und war eine der jüngsten Personen, die ich je gesehen habe, aber sie war gutmütig und intelligent. … Die Regeln der Geographie und der Grammatik sind lästig, aber es gibt kein Wort, mit dem ich die Gefühle ausdrücken könnte, die ich immer für Arithmetik gehegt habe.“[22]

Beatrix Potters frühes Erwachsenenleben war von dem Verlust der ständigen Gegenwart ihres Bruders geprägt, der zunächst auf ein Internat geschickt wurde, dann Kontinentaleuropa bereiste und schließlich studierte. Tagebucheinträge wie die zu Ende des Jahres 1895 deuten darauf hin, dass dies für Beatrix Potter mit fast unerträglicher Langeweile einherging.[23] Parallel dazu wurde die soziale Position ihrer Familie durch die Erfolge anderer Familienmitglieder des weitläufigen Potter-Clans marginalisiert. Ihr Onkel Henry Enfield Roscoe wurde nicht nur geadelt, sondern gewann als Mitglied der Liberalen einen Parlamentssitz. Rupert Potters jüngere Schwester Lucy wurde von der Photographic Society of London ausgezeichnet und eine ihrer Fotografien erschien sogar in einer US-amerikanischen Publikation. Sie war damit deutlich erfolgreich als ihr Bruder, der gleichfalls sehr ambitioniert fotografierte.[24] Gleichzeitig kränkelte Beatrix Potter. Sie litt an einer ständigen Erschöpfung, die häufig von erhöhter Körpertemperatur begleitet war. Obwohl die Krankheit letztlich nie diagnostiziert wurde, hält Potters Biografin Lear es für wahrscheinlich, dass sie an einem rheumatischen Fieber litt.[25] Die Konvention der damaligen Zeit gab Beatrix Potter wenige Möglichkeiten, ihr Leben selber zu gestalten. Finanziell war sie vollständig von den Eltern abhängig, erst 1894 im Alter von 28 Jahren unternahm Potter erstmals einen längere Reise ohne Begleitung eines Elternteils. Auch diese Reise wäre beinahe am Verbot der Mutter gescheitert, die davon überzeugt war, dass ihre Tochter physisch nicht in der Lage sei, eine Bahnfahrt allein zu unternehmen.[26]

Beengtes Leben und begrenzter Heiratsmarkt

Das sehr beengte Leben das Beatrix Potter führte war zwar nicht völlig untypisch für junge, unverheiratete Frauen ihrer Schicht. Erschwerend kam jedoch hinzu, dass es immer wieder zu Konflikten mit ihrer Mutter kam, die in nicht vorhersehbarer Weise auch kleinere Freiheiten ihrer Tochter beschränkte, in der sie ihr beispielsweise die Nutzung der Kutsche nicht gestattete oder den längeren Besuch von Cousinen mit dem Vorwand unterband, die Gästeschlafzimmer wären in keinem guten Zustand. In ihren Tagebüchern des Jahres 1894 bezeichnete Potter ihre Mutter als „the enemy“ – der Feind. Potters Schlaflosigkeit und ihre immer wieder auftretenden Anfälle von Depressionen sind nach Lears Ansicht auch eine Folge dieser steten Konflikte.[27]

Beatrix Potter war gegenüber unbekannten Personen oder in Gesellschaften schüchtern und zurückhaltend, die Versuche ihres Vaters, ihr in Frage kommende Heiratskandidaten vorzustellen stießen bei ihr auf wenig Wertschätzung. Es war außerdem schwierig, geeignete Heiratskandidaten auszumachen: Der soziale Kreis, in dem sich die Potters in London bewegten, begrenzte sich überwiegend auf die kleine Anzahl von Familien, die wie die Potter-Familie zu den Unitaristen gehörte. Beatrix' Mutter Helen hatte außerdem besonders hohe Ansprüche an einen geeigneten Heiratskandidaten für ihre Tochter, die eine ansehnliche Mitgift zu erwarten hatte: Es sollte jemand mit einem angesehenem Familiennamen sein, der entweder Landbesitz bereits ererbt hatte oder Aussicht hatte, diesen zu erwerben. Potters Biografin geht davon aus, dass sie sich bewusst war, wie begrenzt ihre Chancen auf eine von den Eltern gebilligte Heirat war und dass dies ein wesentlicher Antrieb war, auf künstlerischen Gebiet nach Erfolg zu suchen.[28]

Erste Erfolge als Zeichnerin von Grußkarten

Beatrix Potter im Jahre 1894 mit ihrem Vater Rupert und ihrem Bruder Bertie

Henry Enfield Roscoe, der seit seiner Wahl ins britische Parlament häufiger im Hause der Potters verkehrte, war derjenige, der den Anstoß gab, einen Verkauf von Beatrix Potters Karten zu versuchen. Ostern 1890 hatte Beatrix Potter ein Set von sechs Grußkarten gezeichnet, die sie an fünf Verleger versendeten, erhielten diese jedoch umgehend wieder zurückgesendet. Bertie Potter, der zu dem Zeitpunkt wieder bei seinen Eltern lebte, um sich auf das Aufnahmeexamen für Oxford vorzubereiten, brachte die sechs Karten daraufhin persönlich zum Grußkartenverlag Hildesheimer & Faulkner. Bereits am folgenden Tag erhielt Beatrix Potter von dieser Firma einen Scheck über 6 Pfund und die Bitte an den „Gentleman Artist“, weitere Skizzen vorzulegen.[29] Die Zeichnungen erschienen Weihnachten 1890 als Grußkarten und als Illustrationen eines Gedichtbandes A Happy Pair von Frederic E. Weatherly.

Roscoe begleitete seine Nichte auch zu ihrem ersten Geschäftstreffen mit ihrem Verleger: Nach Potters Tagebucheinträgen überließ ihr Onkel ihr weitgehend die Verhandlung. Potter wollte in diesem Treffen vor allem herauszufinden, an welchen Motiven ihr Verleger interessiert war. Sie hielt später kritisch fest, dass er mehr Interesse an humoristischen Zeichnungen als an der Kunstfertigkeit der Ausführung gezeigt habe. Faulkner war es gleichzeitig aber auch, der ihr gegenüber erstmals die Idee äußerte, zeichnerisch eine Geschichte für Kinder zu erzählen und diese als Buch zu vermarkten. Die Geschäftsbeziehungen zu Hildesheimer & Faulkner hinderten Potter jedoch nicht daran, auch zu anderen Verlegern Kontakt aufzunehmen.

Naturkundliche Arbeiten

Interesse an naturkundlichen Themen waren im Viktorianischen Zeitalter weit verbreitet. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts waren Aquarien populär geworden. Zahlreiche Frauen der Schichten, die soziale Konventionen zu Müßiggang verpflichteten, widmeten sich dem Studium von Insekten, Muscheln, Farnen, Fossilien und Pilzen. Nach Einschätzung ihrer Biografin Lear war auch bei Beatrix Potter zunächst die Flucht aus der Langeweile ihres Lebens das Motiv, sich damit auseinandersetzen. Die Kombination aus ihrer Beobachtungsgabe und ihrem künstlerischen Talent ermöglichte es ihr, auf diesem Gebiet erfolgreicher zu sein als die meisten ihrer Zeitgenossen, die das gleiche Hobby verfolgten. Bei ihren Eltern fand sie durchaus Unterstützung, ihr Bruder hatte ihr sein Mikroskop überlassen.[30] Die ältesten Aquarelle, die ein Beleg für dieses Hobby sind, entstanden gegen Ende der 1880er Jahre und zeigen Pilze – Herbst-Lorchel, Semmel-Stoppelpilz, Echter Pfifferling, Violetter Rötelritterling und Gemeiner Waldfreund-Rübling. Ihr Wissen war so detailliert, dass sie 1893 während eines Schottlandaufenthalts auch in der Lage war, den in Schottland äußerste seltenen Gemeinen Strubbelkopfröhrling zu identifizieren und in drei Zeichnungen festzuhalten. Das Vorkommen dieser Pilzart war erst 1889 überhaupt für Schottland belegt worden.[31] Mit ähnlichem Enthusiasmus zeichnete Potter Fossilien oder auffällige geologische Formationen. Sie fand für ihre Arbeit auch professionelle Würdigung: Gegen Ende des Jahres 1895 wurde sie von der Leiterin des „Morley Memorial College for Working Men and Women“ gebeten, zwölf entomologische Lithografien anzufertigen, die für eine Vorlesungsreihe genutzt werden sollten.[32]

Mit Hilfe ihres Onkels Roscoe gelang es ihr, eine Studienkarte für das Herbarium des Royal Botanic Gardens in Kew. Dies gab ihr die Möglichkeit, sich mit George Edward Masse auszutauschen, einem Botaniker, der sich auf Pilze spezialisiert hatte. Unter dem Einfluss von Masse – der ihren Versuchen allerdings skeptisch gegenüberstand – verfasste sie eine Arbeit über Keimung von Sporen. Diese wurde 1897 von ihrem Onkel Sir Henry Enfield Roscoe der Linnean Society of London präsentiert, da Frauen zu den Versammlungen nicht zugelassen waren. 1997 veröffentlichte die Gesellschaft diesbezüglich eine Entschuldigung. Darüber hinaus erkannte sie als eine der Ersten, dass Flechten ein symbiotisches System zwischen Algen und Pilzen sind. Da Zeichnungen damals die einzige Möglichkeit waren, mikroskopische Beobachtungen festzuhalten, fertigte sie zahlreiche Zeichnungen von Algen und Pilzen an und war weit herum als Pilzexpertin anerkannt. Potters ca. 270 detailgetreue Abbildungen in Wasserfarbe wurden 1901 fertiggestellt und befinden sich in der Armitt Library in Ambleside. Sie gelten als so detailgetreu, dass sie noch heute für die Identifikation von Pilzen herangezogen werden.[33]

Kinderbuchautorin

Anfänge

Während der 1890er Jahre konzentrierte sich Potter auf naturkundliche Illustrationen, ihre ersten Kinderbücher wurden erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts publiziert. Die Anfänge dieser Arbeiten gehen jedoch auf die frühen 1890er Jahre zurück. Potter schrieb Bilderbriefe an Kinder ihres weiteren Familienkreises sowie an die Kinder ihrer ehemaligen Gouvernante. Sie übte unbewusst damit, eine Verbindung zwischen Text und bildlicher Umsetzung zu erlernen, die Kinder faszinieren kann. Meist griff sie dabei kurze Momente auf, die sie beobachtet hatte: Eine Katze, die zwei Fische zu erhaschen suchte; ein Esel, dessen Augen mit einer Schürze verbunden werden, damit man ihn auf eine Fähre führen kann, die tanzenden Hunde eines Zirkus. Ein Brief an ein Mumps erkrankten Kind, in dem sie erläutert, dass sie ihn wegen der Ansteckungsgefahr nicht besuchen kann, ist von der Zeichnung einer davonlaufenden Frau begleitet, die von einer kleinen Gruppe von „Mumpsen“, grotesken Figuren mit kurzen Beinen und geschwollenen Köpfen, verfolgt wird.[33] Am 4. September 1893 taucht in einem Brief, den die 27-jährige Beatrix Potter an den fünfjährigen Noel Moore – Sohn ihrer ehemaligen Gouvernante – schrieb, erstmals die Figur des Peter Hase (im engl. „Peter Rabbit“) auf: „Ich weiß nicht, was ich schreiben soll, und so werde ich dir die Geschichte von vier kleinen Kaninchen erzählen.“[34] Held der Geschichte war Potters eigenes Kaninchen Peter. Bereits am nächsten Tag folgte ein weiterer Brief Potters an Noel Moore, in dem sie ihm die Geschichte des Frosches Jeremias Quaddel erzählte. Sowohl das Peter Hase als auch der Frosch Jeremias Quaddel (im engl. „Jeremy Fisher“) sind Figuren, die in den späteren Kinderbüchern Potters eine große Rolle spielen.

Die Geschichte von Peter Hase

Ihre frühere Gouvernante Annie Moore regte zu Beginn des Jahres 1900 an, die Bilderbriefe, die die Moore-Kinder über die Jahre von Potter erhalten hatte, in ein Kinderbuch zu verarbeiten. Alle ihre Briefe waren aufbewahrt worden und wurden an Beatrix Potter ausgeliehen, so dass sie sich von ihnen zu einer geeigneten Geschichte inspirieren lassen konnte. Sie entschied sich für die Geschichte von Peter Hase. Die im Brief von 1892 erzählte Geschichte war allerdings zu kurz, so dass sie die Handlung erweitern und um weitere Zeichnungen ergänzen musste. Die sechs Verlage, denen sie Ansichtsexemplare zusendete, lehnten alle ab. Einige wollten mehr farbige Illustrationen, andere wünschten sich einen Text in Gedichtform. Potter hatte außerdem präzise Vorstellungen, welche Form „ihr“ Kinderbuch haben sollte und wie hoch der Preis sein sollte, zu dem es in den Verkauf kommen sollte. Sie entschied sich, Die Geschichte von Peter Hase zunächst auf eigene Rechnung drucken zu lassen. Am 16. Dezember 1901 erschien das Buch erstmals in einer Auflage von 250 Exemplaren, von denen die Autorin die meisten verschenkte.[35]

Der Verlag Frederick Warne & Company gehörte zu denen, die zunächst ablehnend auf Potters Ansichtsexemplare reagiert hatte, entschied sich dann aber doch noch um. Im Verlagsprogramm fehlte es an Werken, die auf dem kommerziell zunehmend interessant werdenden Kinderbuchmarkt konkurrieren konnten.[35] Die Verhandlungen mit Beatrix Potter waren zäh – ihr lag daran, dass das Buch möglichst preisgünstig auf den Markt kam und nahm es hin, dass sie für die zunächst angedachten 5000 Exemplare nur ein Honorar von 20 Britischen Pfund erhalten würde. Wichtiger war ihr das Copyright an späteren Auflagen – sollte Frederick Warne & Company das Buch nicht noch einmal auflegen, wollte sie in der Lage sein, die Rechte an einen anderen Verlag verkaufen zu können. Die Verhandlungen wurden dadurch erschwert, dass Potter im Jahre 1902 als unverheiratete Frau trotz ihrer 35 Jahre nur eingeschränkt geschäftsfähig war. Ohne Zustimmung ihres Vaters konnte sie keinen Vertrag unterzeichnen.[36] Es ist nicht sicher belegt, dass Rupert Potter seine Tochter in das Büro des Verlages begleitete, um die finale Vertragsversion zu überprüfen. Es ist aber ein Brief von Beatrix Potter an ihren Verlag erhalten, in denen sie sich im Vorfeld dafür entschuldigt, dass ihr Vater gelegentlich schwierig sei.[37]

Am 2. Oktober 1902 erschien dann endlich Die Geschichte von Peter Hase. Der Verlag hatte die Zahl der ersten Auflage von 5000 auf 8000 Exemplare erhöht, die aber bereits verkauft waren, noch bevor das Buch im Handel erhältlich war. Zum Ende des Jahres waren bereits mehr als 28.000 Exemplare gedruckt worden und ein Jahr nach Erstveröffentlichung betrug die Zahl der verkauften Peter Hase-Bücher 56.470 Exemplare. Frederick Warne & Company hatte den Fehler begangen, sich nicht das Copyright in den Vereinigten Staaten zu sichern. Raubdrucke erschienen dort schon im Jahr 1903, dem gleichen Jahr, in dem der Verlag die Zusammenarbeit mit Beatrix Potter fortsetzte und Die Geschichte von Eichhörnchen Nusper (engl. Originaltitel: The Tale of Squirrel Nutkin) herausbrachte.[37]

Ihre kleinformatigen Bücher (ca. 10 mal 14 cm) verkauften sich gut. 23 Bücher wurden veröffentlicht, alle im gleichen kleinen Format, damit auch Kinderhände sie halten konnten. Beatrix Potter schrieb bis ca. 1920, als ihre Augen schwächer wurden. Potters letztes Buch, The Tale of Little Pig Robinson, erschien 1930.

Norman Warne

Der Verlag Frederick Warne & Company war ein Familienbetrieb, der nach dem Tod des ursprünglichen Gründers Frederick von seinen drei Söhnen geführt wurde. Bei den Besprechungen ihrer Bücher arbeitete sie gewöhnlich mit Norman Warne, dem jüngsten der drei Brüder zusammen, der noch unverheiratet war. Beide wurden zunehmend vertrauter miteinander, was sich insbesondere an den Geschäftsbriefen registrieren lässt, in denen der Ton zunehmend weniger formell und persönlich wurde. Die sich allmählich entwickelte Bekanntschaft litt unter den häufigen Abwesenheiten von Beatrix Potter, die ihre Eltern auf ihre verschiedenen Reisen begleiteten und den regelmäßigen Dienstreisen, die Norman Warne für den Verlag unternehmen mussten. 1904 schrieben die beiden sich fast täglich, was auf eine zunehmende Opposition seitens Beatrix Potters Mutter traf.[38] Eine Familie, die ihr Einkommen durch unmittelbare Geschäftstätigkeit (im engl. „being in the trade“) verdiente, entsprach in der gesellschaftlichen Rangordnung nicht der Position, die die Familie Potter einnahm. Helen Potter verhinderte unter anderem, dass Beatrix einer Einladung zum Lunch folgte, bei der sie das Haus betreten hätte, in dem Norman mit seiner Mutter und seiner Schwester lebte.[38]

1905, kurz bevor die inzwischen 39-jährige Beatrix Potter erneut ihre Eltern für einen längeren Sommeraufenthalt begleiten sollte, bat Norman Warne sie schriftlich um ihre Hand.[39] Als sie ihre Eltern mitteilte, dass sie den Antrag annehmen wolle, stieß dies auf heftige Opposition ihrer Eltern. Es kam zu einem weitgehenden Bruch zwischen ihr und ihren Eltern. Sie erlaubten ihr eine Verlobung, sofern diese nicht öffentlich bekannt gemacht.[40] Norman Warne starb jedoch bald nach der Verlobung an perniziöser Anämie.

Hill Top Farm
Tarn Hows

Lake District

Nach dem Tod von Norman Warne war Potter dank ihres Einkommens in der Lage, im Lake District die Hill Top Farm im Dorf Sawrey zu kaufen. Da sie in London noch ihre Eltern betreuen musste, konnte sie ihren Wohnsitz nicht nach Sawrey verlegen. Sie besuchte die Farm jedoch so oft sie konnte und diskutierte gerne mit dem Farmverwalter John Cannon. Sie kaufte eine Herde Herdwick-Schafe und züchtete die seltene und bedrohte Rasse aus dem Lake District. Sie regte die Wiedereinführung der Schafe auf ihren Farmen an und gewann mit ihren Tieren wichtige Preise auf örtlichen Ausstellungen. 1930 wurde Beatrix als erste Frau zur Präsidentin der Herdwick Sheepbreeders’ Association gewählt, ein Zeichen für das hohe Ansehen, das sie bei den ansässigen Bauern genoss.

Viele von Beatrix’ späteren Büchern spielen in Hill Top, und einige Tiere fanden Eingang in ihre Bücher. Die zahlreichen Ratten waren die Vorlage für The Tale Of Samuel Whiskers (Die Geschichte von Bernhard Schnauzbart).

Mit dem Geld, das sie mit ihren Büchern verdiente, konnte sie weitere Grundstücke im Lake District erwerben. Ihre Geschäfte tätigte sie über den Anwalt William Heelis, der sie bei Grundstückskäufen beriet. 1912 bat William Heelis Beatrix, ihn zu heiraten, und sie willigte ein. Auch diesmal missfiel Beatrix’ Eltern die Verbindung, sie gaben aber schließlich nach. William und Beatrix heirateten am 14. Oktober 1913 in der Abtei von St. Mary in Kensington; Beatrix war 47. Sie lebten fortan in Castle Cottage in Sawrey und beschäftigten sich fast ausschließlich mit Landwirtschaft.

Nach ihrer Heirat schrieb Beatrix Potter kaum noch, sie brauchte ihre ganze Energie für den landwirtschaftlichen Betrieb. Die Bücher jener Zeit basierten auf Fragmenten von früheren Werken. Beatrix Potter gab an, am glücklichsten zu sein, wenn sie bei den Tieren auf der Farm war, und arbeitete aktiv in der Landwirtschaft mit.

Als Beatrix Potter an den Folgen einer Bronchitis 1943 starb, hinterließ sie dem National Trust mehr als 16 km² Land, fünfzehn Farmen und mehrere Cottages wie das mittlerweile bekannte Tarn Hows. Die Rechte ihrer Bücher erhielt der Neffe ihres einstigen Verlobten, Frederick Warne Stephens. Die Hilltop Farm ist restauriert worden und für das Publikum geöffnet.

Einflüsse

Randolph Caldecott, Blatt aus The Three Jovial Huntsmen. Rupert Potter erwarb während der Kindheit von Beatrix Potter drei Aquarelle aus diesem Zyklus
Illustration zu einer der Uncle Remus Stories von Joel Chandler Harris.

Bücher- und geschichtenreiche Kindheit

Beatrix Potter wuchs nach heutigen Maßstäben sehr isoliert von anderen Kindern auf. Auf Grund des Wohlstands der Familie war ihre Kindheit jedoch auch eine sehr privilegierte, die ihr literarisch und künstlerisch die Möglichkeit gab, sich zu entwickeln. Ihr calvinistisches Kindermädchen Ann Mackenzie machte Beatrix Potter von Beginn an mit schottischen Märchen und Fabeln vertraut. Wie Potter selber später zugab, habe ihr Kindermädchen ihr „einen festen Glauben an Hexen, Feen und das Credo des furchtbaren Johannes Calvin vermacht (sein Credo hat sich abgenutzt, aber die Feen sind geblieben)“.[41] Mackenzie las Potter neben Geschichten aus dem Alten Testament auch John Bunyans Pilgerreise zur seligen Ewigkeit, Harriet Beecher Stowes Onkel Toms Hütte, die Fabeln des Äsop, die Märchen der Gebrüder Grimm und Hans Christian Andersen sowie Walter Scotts Waverley vor. Zu ihren Kinderbüchern zählte aber auch Charles Kingsleys fantastische Geschichte von den Wasserkindern.[42]

Die Potters erwarben auch die Kinderbücher, die zu dieser Zeit modern wurden. Beatrix Potter war von klein auf mit den Arbeiten von Walter Crane, Kate Greenaway und Randolph Caldecott vertraut. Alle drei Illustratoren zogen es vor, ihre Figuren in Kleidung des frühen 19. Jahrhunderts zu zeichnen. Diese Konvention hat Beatrix Potter in ihren späteren Arbeiten ebenfalls aufgegriffen.[43] Ihr Vater schätzte Caldecott in besonderem Maße und erwarb drei Zeichnungen aus dem Zyklus The Three Jovial Huntsmen (Die drei drolligen Jäger) aus dem Jahre 1880 von ihm. Das Erwerbsdatum ist nicht bekannt, aber Beatrix zeichnete wiederholt Kopien dieser Arbeiten und übernahm dabei unbewusst auch Teile seiner Arbeitsweise: die helle Farbpalette, die sparsam eingesetzten Linien und die Nutzung weiß bleibenden Papiers.[16]

Weitere Autoren mit Einfluss auf Beatrix Potters Werk

1880 erschienen erstmals die Uncle Remus Stories des US-amerikanischen Autors Joel Chandler Harris. Die Geschichten wurden in der Potterfamilie weit gelesen und zwischen 1893 und 1896 zeichnete Beatrix Potter acht Illustrationen zu Geschichten von Harris.[16]

Harris Erzählungen, in denen sprechende Tiere eine große Rolle spielten, hatten sowohl in Großbritannien wie in Nordamerika einen großen Einfluss auf zeitgenössische Autoren. Der Humor war subversiv, die Dialoge virtuos, die Geschichten spannend und der Protagonist der Geschichten, „Brer Rabbit“ war gleichzeitig ausgesprochen gerissen, listig und charmant. Der Charme der Geschichten lag aber auch darin, dass diese scheinbar naiven Fabeln in ganz alltäglichen Situationen angesiedelt waren. Wie Potter wurden auch Autoren wie Rudyard Kipling (Das Dschungelbuch), Kenneth Grahame (Der Wind in den Weiden) und A. A. Milne (Pu der Bär) von diesen Geschichten wesentlich beeinflusst.[44]

Zu Ende des 19. Jahrhunderts begannen eine Reihe britischer Verlage, Bilderbücher für Kinder zu verlegen und hatten damit kommerziellen Erfolg. Große Erfolge hatten unter anderem die Golliwog-Bücher, die erstmals 1895 herauskamen. Noch erfolgreich war The Story of Little Black Samba, ein kleinformatiges Bilderbuch von Helen Bannermann, einer in Indien lebenden Schottin, das im Jahr 1899 erschien. Little Black Samba, das wegen des Verkaufserfolges in vier Monaten vier Mal neu aufgelegt werden musste, inspirierte Beatrix Potter auch zu dem Format, das ihre Bilderbücher haben sollten. Der Erfolg, den diesen Büchern hatten, überzeugte schließlich auch andere Verlage, in dieses Marktsegment einzusteigen.[45]

Film

Im Jahr 2006 verfilmte der australische Regisseur Chris Noonan das Leben der Schriftstellerin unter dem Titel Miss Potter. Beatrix Potter wird gespielt von Renée Zellweger, die für ihre Rolle für den Golden Globe Award nominiert wurde. Ihren Verlobten Norman Warne spielt Ewan McGregor.

Veröffentlichungen (Auswahl)

Werke (deutsche Titel)

  • Die Geschichte von Peter Hase
  • Die Geschichte von Herrn Schnappeschlau
  • Die Geschichte von Ribby und Herzogine
  • Die Geschichte von den beiden frechen Mäusen
  • Die Geschichte von Frau Tiggy-Wiggel
  • Die Geschichte vom armen Schneider
  • Die Geschichte von Schweinchen Softie
  • Die Geschichte von Mieze Mozzi
  • Die Geschichte von Jeremias Quaddel
  • Die Geschichte von Timmy Triptrap
  • Die Geschichte von den Flopsi-Häschen
  • Die Geschichte vom bösen, wilden Hasen
  • Die Geschichte von Jemima Pratschel-Watschel
  • Die Geschichte von Curry und Kappes
  • Die Geschichte vom kleinen Schweinchen Robinson
  • Die Geschichte von Thomasina Tittelmaus
  • Die Geschichte von Schweinchen Schwapp
  • Die Geschichte von Stoffel Kätzchen
  • Die Geschichte von Eichhörnchen Nusper
  • Die Geschichte von Feuchtel Fischer
  • Die Geschichte von Bernhard Schnauzbart
  • Die Geschichte von Benjamin Kaninchen
  • Die Geschichte von Hans Hausmaus
  • Die Geschichte von Fritz Zehenspitz
  • Die Geschichte von Frau Tupfelmaus
  • Die Geschichte von Hasenfamilie Plumps
  • Die Geschichte von Frau Igelischen
  • Die Geschichte von Emma Ententropf

Werke (englische Titel)

  • The Tale of Peter Rabbit (1900, Frederick Warne & Co.)
  • The Tale of Squirrel Nutkin (1903, Frederick Warne & Co.)
  • The Tailor of Gloucester (1903, Frederick Warne & Co.)
  • The Tale of Benjamin Bunny (1904, Frederick Warne & Co.)
  • The Tale of Two Bad Mice (1904, Frederick Warne & Co.)
  • The Tale of Mrs. Tiggy-Winkle (1905)
  • The Pie and The Patty-Pan (1905)
  • The Tale of Mr. Jeremy Fisher (1906)
  • The Story of a Fierce Bad Rabbit (1906)
  • The Story of Miss Moppet (1906)
  • The Tale of Tom Kitten (1907)
  • The Tale of Jemima Puddle-Duck (1908)
  • The Tale of Samuel Whiskers or, The Roly-Poly Pudding (1908)
  • The Tale of The Flopsy Bunnies (1909)
  • The Tale of Ginger and Pickles (1909)
  • The Tale of Mrs. Tittlemouse (1910)
  • Peter Rabbit’s Painting Book (1911)
  • The Tale of Tommy Tiptoes (1911)
  • The Tale of Mr. Tod (1912)
  • The Tale of Pigling Bland (1913)
  • Tom Kitten’s Painting Book (1917)
  • Appley Dapply’s Nursery Rhymes (1917)
  • The Tale of Johnny Town-Mouse (1918)
  • Cecily Parsley’s Nursery Rhymes (1922)
  • Jemima Puddle-Duck’s Painting Book (1925)
  • Peter Rabbit’s Almanac for 1929 (1928)
  • The Fairy Caravan (1929)
  • The Tale of Little Pig Robinson (1930)
  • Sister Anne (1932)
  • Wag-by-Wall (1944)
  • The Tale of The Faithful Dove (1955)
  • The Sly Old Cat (1971)
  • The Tale of Tuppenny (1973)

Belege

Literatur

  • Alexander Grenstein: The remarkable Beatrix Potter. International Universities Press, Madison CT 1995, ISBN 0-8236-5789-2.
  • Anne Stevenson Hobbs: Beatrix Potter’s art. Paintings and drawings. Frederick Warne, London 1989, ISBN 0-7232-3598-8.
  • Judy Taylor u. a.: Beatrix Potter. 1866–1943. The artist and her world. Frederick Warne u. a., London u. a. 1987, ISBN 0-7232-3521-X.
  • Margaret Lane: The magic years of Beatrix Potter. Frederick Warne, London u. a. 1978, ISBN 0-7232-2108-1.
  • Linda Lear: Beatrix Potter – The extraordinary life of a Victorian genius. Penguin Books, London 2007, ISBN 978-0-141-00310-8.
  • Leslie Linder: A history of the writings of Beatrix Potter. Including unpublished work. Frederick Warne, London 1971.
  • Margaret Lane: The tale of Beatrix Potter. Frederick Warne, London 1946.

Weblinks

 Commons: Beatrix Potter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelbelege

  1. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 9.
  2. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 12.
  3. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 13.
  4. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 18.
  5. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 19.
  6. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 20.
  7. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 19, 20.
  8. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 22.
  9. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 23.
  10. 10,0 10,1 10,2 Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 24.
  11. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 37.
  12. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 31.
  13. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 3.
  14. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 45. Im Original lautet das Zitat: Plenty of people can draw, but you and my son John have observeration.
  15. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 33.
  16. 16,0 16,1 16,2 16,3 Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 47.
  17. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 55. Im Original lautet das Zitat: I can't zettle to any thing but my painting, I lost my Patience over everything else.
  18. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 52.
  19. 19,0 19,1 19,2 Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 53.
  20. Kathryn Hughes: The Victorian Governess. The Hambledon Press, London 1993, ISBN 1-85285-002-7, S. 62.
  21. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 67.
  22. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 67. Im Original lautet das Zitat: I have liked my last governess best on the whole – Miss Carter had her faults, and was one of the youngest people I have ever seen, but she was very good-tempered and intelligent. … The rules of Geograph and grammar are tiresome, there is no general word to express the feelings I have always entertained towards arithmetic.
  23. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 70 und S. 72.
  24. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 69.
  25. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 70.
  26. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 89.
  27. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 94.
  28. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 138.
  29. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 73.
  30. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 76, 77.
  31. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 85.
  32. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 98.
  33. 33,0 33,1 Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 127.
  34. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 86. Im Original lautet das Zitat: I don't know what to write to you, so I shall tell you a story about four little rabbits whose names were – Flopsy, Mopsy, Cottontail, and Peter:
  35. 35,0 35,1 Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 143.
  36. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 148.
  37. 37,0 37,1 Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 149.
  38. 38,0 38,1 Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 176.
  39. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 198.
  40. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 199.
  41. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 30. Im Original lautet das Zitat: … a firm belief in witches, faires and the creed of the terrible John Calvin (the creed rubbed off, but the fairies remained).
  42. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 30.
  43. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 33.
  44. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 131.
  45. Lear: Beatrix Potter. 2007, S. 144, 145.
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