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Balliste

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Karrenballiste in Italien
Nachbau eines römischen Skorpions nach dem Fund von Ampurias (aus dem späten 2. Jh./frühen 1. Jh. v. Chr.)
„Balliste-Nest“ auf der Trajanssäule (Einweihung am 12. Mai 113 n. Chr.)
Mobile Torsions-Balliste, auch Karrenballiste genannt (Trajansäule)

Balliste (auch Ballista, von griech. βάλλειν bἀllein ‚werfen‘) oder Skorpion war eine griechische bzw. römische Wurfmaschine, unter der man sich, je nach Epoche, zwei sehr verschiedene Geschütze bzw. Katapulte vorstellen muss.

Geschichte

Palintona

Ab etwa 400 v. Chr. begannen die Griechen, in größerem Maßstab Torsionsgeschütze zu verwenden. Die von den Griechen wegen ihrer Torsionsspannung Palintona genannte Art der Katapulte wurde von den Römern unter dem Namen Balliste übernommen. Eine der ältesten und authentischsten Beschreibungen über ihre Verwendung findet sich bei Plutarch über die Belagerung von Syrakus durch die Römer. (214–212 v. Chr.)[1]

Die Balliste dieser Epoche war ein zweiarmiges Geschütz, dessen Schleuderkraft auf der starken Verdrehung zweier Sehnenbündel beruhte, und mit welchem vorzugsweise Steine, große Bleikugeln, die auch mit griechischem Feuer gefüllt werden konnten (vgl. Brandbombe), und kräftig dimensionierte Bolzen und Pfeile in einem Winkel von 10 bis 45° geschleudert wurden. Die Torsionsfedern waren in "engen" Spannrahmen befestigt, das heißt sie lagen unmittelbar am Korpus der Waffe an. Der hölzerne Spannrahmen war mit Bronzeblech beschlagen und besaß nur eine kleine Öffnung als Durchlass des Geschosses.

In den Jahren 100 bis 300 hörte die Verwendung dieser Waffen allmählich auf.

Skorpion

Als Scorpio (Skorpion) wurde im römischen Militär der späten Republik und frühen Kaiserzeit eine Waffe gleicher Konstruktion wie die Palintona bezeichnet, welche statt Kugeln Bolzen verschoss und nicht gegen Gebäude und Befestigungen sondern gegnerisches Personal eingesetzt wurde. Als großer Nachteil dieser Punktzielwaffe erwies sich der enge Spannrahmen, der dem Richtschützen die Sicht auf das Ziel erschwerte. Die technische Beschreibung dieser Waffe ist im zehnten Buch von Vitruvs De architectura libri decem erhalten,[2] die englischsprachige Fachliteratur spricht daher auch vom Skorpion als vitruvian arrow firer. Der beinahe vollständige Spannrahmen eines Skorpions wurde in Ampurias entdeckt. Ammianus Marcellinus verwendet kurioserweise den Begriff Skorpion als Bezeichnung für den Onager.

Polybolos

Bereits im 3. Jh. v. Chr. durch Dionysius von Alexandria entwickelt, wurde der Polybolos durch Philon von Byzanz verbessert. Es handelte sich im Prinzip um ein gewöhnliches zweiarmiges Torsionskatapult, das jedoch durch ein Schwerkraftmagazin und einen selbsttätigen Lademechanismus zu einem halbautomatischen Schnellfeuergeschütz aufgewertet wurde. Polyboloi waren sehr schwer und kamen daher normalerweise nur als Festungsgeschütze zum Einsatz. Die Kadenz war etwa viermal so hoch wie bei einzeln zu ladenden Ballisten, die Treffgenauigkeit war jedoch geringer. Es ist nicht sicher, ob Polyboloi nach dem 2. Jh. n. Chr. noch verwendet wurden.

Cheiroballistra (Manuballista)

Wegen der Nachteile des Skorpions war bereits zur Zeit Trajans ein verbessertes Modell in die römische Armee eingeführt worden, welches auf den Reliefs der Trajanssäule mehrfach auftaucht. Das Trajanssäulengeschütz besitzt einen "weiten" Spannrahmen, der die Torsionsfedern ein Stück weit vom Korpus der Waffe abrückt, wodurch eine großzügige Öffnung entsteht, welche dem Richtschützen freie Sicht auf das Ziel gewährt. Die in der älteren Literatur gelegentlich vertretene Meinung, beim Trajanssäulengeschütz handle es sich lediglich um die dekorative Front eines Skorpions, wurde inzwischen durch Funde von Bauteilen solcher Waffen in Orşova (Rumänien), Sala (Marokko) und Lyon (Frankreich) widerlegt.[3] Zudem ist die technische Beschreibung einer Waffe, die dem Trajanssäulengeschütz entspricht, erhalten.[4] Der byzantinische Text schreibt die Entwicklung dieser Waffe Heron von Alexandria zu und belegt sie mit dem Namen Cheiroballistra (latinisiert Manuballista „Handballiste“). Statt eines gezimmerten hölzernen Spannrahmens wurde ein zweiteiliger eiserner Spannrahmen verwendet. Die Torsionsfedern wurden auf der unteren Leiterstrebe befestigt, anschließend wurden sie mit der oberen Bogenstrebe versteift. Die charakteristische Bogenform sollte das Sichtfeld des Richtschützen wohl zusätzlich erweitern und diente möglicherweise auch als Zielhilfe. Durch den mehrteiligen Spannrahmen konnte die Waffe für Transport, Lagerung und Reparatur leicht zerlegt werden.

Spätrömische Ballista

Ein weiter Spannrahmen, jedoch aus Holz mit Bronzeblechbeschlag und für wesentlich größere Torsionsfedern ausgelegt als der zerlegbare eiserne Spannrahmen der Cheiroballistra, wurde in Hatra ausgegraben.[5] Bei der in den Ruinen der Stadtmauer verschütteten Waffe aus dem mittleren 3. Jahrhundert n. Chr. dürfte es sich um ein fest installiertes Festungsgeschütz gehandelt haben. Die durch mittelalterliche Kopisten leider stark korrumpierten Abbildungen in der Handschrift De Rebus Bellicis eines anonymen Autors deuten an, dass für den mobilen Einsatz auch in der Spätantike noch Geschütze vom Trajanssäulentyp verwendet wurden.[6]

Dass im 4. Jahrhundert bei den Römern die Ballista ein eisernes Bogengeschütz, das einer heutigen Armbrust ähnelt, dessen Kraft auf der Rückstellkraft der beiden stählernen Bügel beruhte, gewesen sei beruht auf einer unzutreffenden Interpretation der Beschreibung von Ballisten in De rebus bellicis: Ältere Bearbeiter vermuteten vor dem Fund der Geschützteile von Osova hinter dem knapp erwähnten eisernen Bogen eine Blattfeder, jedoch legen die Abbildungen nahe, dass es sich um eine Bogenstrebe gehandelt hat wie sie in Herons Cheiroballistra beschrieben und in Orşova ausgegraben wurde.

Bogenstrebe und Federrahmen aus Orşova, 4. Jh. n. Chr.

Die Beschreibungen der eigentlichen Waffen fallen in De rebus bellicis überhaupt so knapp aus, dass man annehmen muss der Verfasser habe gewöhnliche Torsionsgeschütze gemeint wie sie seinen Lesern gut bekannt waren. Sein Hauptaugenmerk liegt vielmehr in der Lafettierung seiner ballista quadrirotis vollständig drehbar auf einem Wagen, möglicherweise mit einem schützenden Aufbau, jedenfalls mit gepanzerten Zugtieren beziehungsweise der Spannweise seiner ballista fulminalis mittels Flaschenzügen und Tretmühlen, was auf deren ungewöhnliche Größe abzielt. Dies deutet an, dass der Anonymus mit der ballista quadrirotis Panzerartillerie und mit der ballista fulminalis ein überschweres Festungsgeschütz vorgeschlagen hat. Es ist nicht sicher ob diese oder irgendwelche andere Erfindungen des Anonymus jemals eingesetzt wurden.

Ein ansonsten nicht nachweisbares Detail der in De rebus bellicis erwähnten Ballisten ist die Höhenrichtung mittels einer Richtschraube. Alle sonstigen Quellen, besonders Vitruvs detaillierte Beschreibung des Skorpions und die Heron zugeschriebene Abhandlung über die Cheiroballistra, zeigen, dass die Waffen mittels eines Universalgelenks unterhalb ihres Schwerpunktes auf einem Stativ gelagert waren und vom Richtschützen mittels einer Schulterstütze ähnlich einem Gewehr oder, bei größeren Exemplaren, durch einen am Stativ drehbar angebrachten Sporn mit verstellbarer Waffenauflage gerichtet wurden. Der Anonymus erwähnt neben Höhenrichtschrauben auch Drehzapfen, er scheint eine komplexe Lafette entworfen zu haben die aus einer Unterlafette mit Drehzapfen für die Seitenrichtung und einer Oberlafette mit Richtschraube für die Höhenrichtung bestand. Dies ist verständlich, geht man davon aus dass seine Ballisten wesentlich größer dimensioniert waren als jene vom Trajanssäulentyp.

Bei größeren Ballisten mussten zahlreiche Männer die Sehnen spannen, teilweise unter Zuhilfenahme von Maschinen. Von der Reichweite der ballista fulminalis behauptet der Anonymus in De rebus bellicis, dass sie über die Donau schießen könne – jedoch ist nicht überliefert, an welcher Stelle. Heute schätzt man, dass die größten Ballisten eine Maximalreichweite von bis zu etwa 1000 m erreichten, die effektive Reichweite lag um die Hälfte davon. Die effektive Reichweite einer Balliste hängt jedoch nicht in erster Linie von ihrer Spannkraft, sondern von den Möglichkeiten der Schussbeobachtung ab. Da es sich, wie erwähnt, um Punktzielwaffen handelte, die mit Bolzen Personen bekämpften, konnte nur auf Distanzen wirkungsvoll geschossen werden die es erlaubten den Einschlag des Geschosses ohne, in der Antike unbekannte, Fernrohre oder Ferngläser zu beobachten um gegebenenfalls bei Folgeschüssen Höhen- oder Seitenrichtung korrigieren zu können. Alan Wilkins (JRMES 6, 1995, S. 54) geht daher von einer maximalen Kampfentfernung um 200 Meter aus.

Marquardt[7] hat auch diese Art der Ballisten als ein Torsionsgeschütz auffassen wollen, dem widersprachen jedoch die zeitgenössischen Editionen der Antiken Literatur.[8] Der Umstand, dass sich in einigen Gegenden Bayerns bis heute der Name Ballester für Armbrust erhalten hat, kann kaum dazu dienen, die Identifikation spätantiker Geschütze als Torsionswaffen zu bestreiten. Diese Bezeichnung rührt vielmehr von der Arcuballista her, der in der Kaiserzeit bereits technisch voll entwickelten Armbrust, wie sie in Reliefs aus Südfrankreich überliefert ist.[9]

Mittelalter

Alternative Namen für Ballisten waren im Mittelalter Mange[10] oder Tarrant; die Südtiroler Burg Tarantsberg leitet ihren Namen von einer stationären Balliste ab, mit der sich das Tal beherrschen ließ. Weitere mittelalterliche Bezeichnungen lauten Notstal, Springolf oder Selbschoß. Eine bewegliche, auf einem einachsigen Wagen montierte Balliste nannte man auch eine Karrenballiste. Derartige Ballisten wurden üblicherweise von Mauleseln gezogen.[11]

Siehe auch

Literatur

  • Otto Seeck: Ballistarii. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band II,2, Stuttgart 1896, Sp. 2831–2832.
  • Vitruvius: Vitruvii De architectura libri decem = Zehn Bücher über die Architektur. Übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Curt Fensterbusch. 5. Auflage. Primus-Verlag, Darmstadt 1996, ISBN 3-89678-005-0.
  • Alan Wilkins: Roman Artillery. (= Shire Archaeology. Vol. 86). Shire, Princes Risborough 2003, ISBN 0-7478-0575-X.
  • Alan Wilkins: Scorpio and Cheiroballistra. In: Journal of roman military equipment studies. 11, 2000, S. 77–101.
  • Dietwulf Baatz: Katapulte und mechanische Handwaffen des spätrömischen Heeres. In: Journal of roman military equipment studies. 10, 1999, S. 5–19.
  • Alan Wilkins: Reconstructing the Cheiroballistra. In: Journal of roman military equipment studies. 6, 1995, S. 5–60.
  • Bernhard Rathgen: Das Geschütz im Mittelalter., Berlin 1928, S. 578-593.

Weblinks

 Commons: Balliste – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ralph Payne-Gallwey: The Book of the Crossbow. Dover Publications, New York 1995, ISBN 0-486-28720-3, S. 259 ff.
  2. Alan Wilkins: Scorpio and Cheiroballistra. In: Journal of roman military equipment studies. 11, 2000, S. 77–101.
  3. Dietwulf Baatz: Katapulte und mechanische Handwaffen des spätrömischen Heeres. In: Journal of roman military equipment studies. 10, 1999, S. 5–19.
  4. Alan Wilkins: Reconstructing the Cheiroballistra. In: Journal of roman military equipment studies. 6, 1995, S. 5–60.
  5. Dietwulf Baatz: Die Bauten und Katapulte des römischen Heeres. Steiner, Stuttgart 1994. (Roman Army Researches 11)
  6. Robert Ireland (Hrsg.): De rebus bellicis : the text. In: BAR. International series ; 63,2, 1979.
  7. Joachim Marquardt, Theodor Mommsen: Handbuch der römischen Altertümer. Band 5: Römische Staatsverwaltung. 2. 2. Auflage. Hirzel, Leipzig 1884.
  8. Hermann Köchly, Wilhelm Rüstow (Hrsg.): Griechische Kriegsschriftsteller. Griechisch und deutsch, mit kritischen und erklärenden Anmerkungen. Band 1: Aeneias: Von Vertheidigung der Städte. Engelmann, Leipzig 1853, S. 408ff. (Neudruck. Biblio-Verlag, Osnabrück 1969).
  9. Dietwulf Baatz: Die römische Jagdarmbrust. In: Archäologisches Korrespondenzblatt. 21, 1991, S. 283–290.
  10. Alfred Geibig: Die Macht des Feuers - ernstes Feuerwerk des 15. - 17. Jahrhunderts im Spiegel seiner sächlichen Überlieferung. Kunstsammlungen der Veste Coburg, Coburg 2012, ISBN 978-3-87472-089-2, S. 227-266.
  11. Karrenballiste. In: Brockhaus Konversations-Lexikon 1894–1896, 10. Band, S. 190.
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