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Béla Bartók

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Béla Bartók
Bronzestandbild in der Innenstadt von Brüssel

Béla Bartók [ˈbeːlɒ ˈbɒrtoːk] (geb. 25. März 1881 in Nagyszentmiklós, deutsch: Groß St. Nikolaus, heute: Sânnicolau Mare (Rumänien); gest. 26. September 1945 in New York) war ein ungarischer Komponist, Pianist und Musikethnologe und gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der Moderne.

Kurzbiographie

Sein Vater war Direktor einer landwirtschaftlichen Schule, seine Mutter Lehrerin. Er hatte eine jüngere Schwester Elza (* 1885). Nach dem frühen Tod des Vaters 1888 übernahm die Mutter allein die Erziehung. Zunächst gab ihm seine Mutter Klavierunterricht. Ab 1893 erhielt er Musik- und Kompositionsunterricht in Preßburg/Bratislava/Pozsony. Ab 1899 studierte Bartók Klavier und Komposition in Budapest. Von 1908 an (bis 1934) war er Professor für Klavier an der Franz-Liszt-Musikakademie Budapest. 1909 heiratete er Márita Ziegler, mit ihr hatte er den 1910 geborenen Sohn Béla. Die Ehe wurde 1923 geschieden, im selben Jahr heiratete er die Klavierstudentin Ditta Pástory. Auch aus dieser Ehe ging 1924 ein Sohn, Péter, hervor. 1940 emigrierte er vor dem Faschismus in die USA, wo er 1945 in New York nach längerer Krankheit an Leukämie starb. 1988 wurde er im Rahmen eines Staatsbegräbnisses auf dem Farkasréti-Friedhof in Budapest beigesetzt.

Neben dem Komponieren befasste Bartók sich wesentlich mit dem systematischen Sammeln von Volksliedern. Er unternahm dafür weitläufige Reisen durch Ungarn, Rumänien, die Slowakei, Siebenbürgen und den Vorderen Orient und sammelte dabei über 10.000 Lieder, die er fonografierte oder direkt schriftlich fixierte. Ferner sprach und schrieb er mehrere Fremdsprachen, darunter Deutsch, Englisch, Französisch und Russisch.

Kindheit und frühe Jahre

Seine Kindheit verbrachte Bartók im Königreich Ungarn des österreichisch-ungarischen Reiches, das durch den Vertrag von Trianon nach dem Ersten Weltkrieg aufgeteilt wurde. Schon sehr früh fiel Bartóks außergewöhnliche musikalische Begabung auf, vor allem sein absolutes Gehör. Beide Elternteile waren musikalisch, der Vater ein lokaler Musiker. Vor allem die Mutter förderte ihn in musikalischer Hinsicht von frühester Kindheit an. Schon in dieser Zeit begann er, wie auch Mozart oder andere „Wunderkinder“, mit kleinen Kompositionen. Früh fiel auch seine Neigung zu allerlei Krankheiten auf – was ihn ein Leben lang, bis zum verfrühten Tod, begleiten sollte. Nach dem Tode seines Vaters im Jahre 1888 lebte Bartók zusammen mit seiner Mutter und seiner Familie in Nagyszőllős (heute Wynohradiw, Ukraine) und Bistritz, bevor er für die höhere Schule nach Pozsony (Pressburg, heute Bratislava, Slowakei) wechselte.

Frühes Schaffen

Später begann er unter dem Liszt-Schüler István Thomán Klavier und unter János Koessler Komposition zu studieren. Koesslers Unterricht stieß ihm jedoch schon bald als zu konservativ und „verschult“ auf. An der Königlichen Musikakademie von Budapest lernte er um 1905 Zoltán Kodály kennen.

Kodály brachte Bartók auf das systematische Studium der Volksmusik. Fortan arbeitete er mit Kodály zusammen. Diese Tätigkeit hatte nachhaltigen Einfluss auf Bartóks künstlerischen Stil. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er die ungarische Volksmusik vor allem mit der von „Zigeunern“ in den Städten vorgetragenen Musik in Verbindung gebracht, so wie sie etwa von Franz Liszt in den „Ungarischen Rhapsodien“ oder auch von Johannes Brahms in den „Ungarischen Tänzen“ verarbeitet wurde und so diesen Werken internationale Popularität verschafft hatte.

Bald stellte sich jedoch heraus, dass es sich hierbei eher um romantisch nachempfundene, neu komponierte Kunstlieder handelte. Bartók dagegen suchte nach der originären Musik der ländlichen Bevölkerung, die er selbst als „Bauernmusik“ bezeichnete.[1] Schon im Jahre 1903 hatte Bartók ein ausführliches Orchesterwerk mit dem Namen Kossuth geschrieben. Dieses Werk fällt in die Phase eines gesteigerten Nationalbewusstseins Bartóks und ist Lajos Kossuth gewidmet, dem Helden der ungarischen Revolution im Jahre 1848. Hier ist noch auffällig der populäre, romantische „ungarische Stil“ verarbeitet, der auch von Bartók damals noch für „original ungarisch“ gehalten wurde. Dazu muss man wissen, dass der Komponist sich in seinem frühen Schaffen stark verpflichtet fühlte, national geprägte, „ungarische“ Musik zu schreiben.

Dieses gesteigerte Nationalbewusstsein Bartóks muss jedoch im Kontext gesellschaftlicher Strömungen der Zeit gesehen werden. Große Teile der ungarischen Bevölkerung empfanden selbst die nach dem Österreichisch-Ungarischen Ausgleich weitgehend selbständige Position Ungarns (die nur in Fragen der Außenpolitik und der Streitkräfte mit Österreich koordiniert war) als „österreichische Fremdherrschaft“. Als widerlich empfand man auch die „Deutsch-Mode“ in wohlhabenden Familien, wo es chic war, deutsch zu sprechen (auch Bartók beklagte das in einem Brief) und die übermäßige Orientierung des Kulturbetriebes (u. a. in Budapest) auf Österreich und Deutschland.

Bartók, wie auch viele andere Künstler in ganz Europa, war hinsichtlich der Musik auf der Suche nach einem nationalen Stil. Dieser sollte aus dem Alten, was es noch zu entdecken galt, schöpfen und gleichermaßen etwas Neues schaffen. Während der junge Bartók noch um 1900 „Nieder mit den Habsburgern!“ auf seine Briefe schrieb, demonstrativ ungarisch gekleidet in der deutschfreundlichen Budapester Musikakademie erschien und mit seinem Schaffen zeitlebens „der ungarischen Nation, der ungarischen Heimat dienen“ wollte (so in einem Brief von 1903)[2], war ihm später an bloßer „Ungar-Tümelei“ nicht mehr gelegen. Vor allem durch seine intensiv betriebenen musik-ethnologischen Forschungen, v.a. in Osteuropa, aber auch in der Türkei und nordafrikanischen Ländern, erkannte er, wie wenig doch regionale Kulturen auf Nationalität zu beschränken sind und in welcher gegenseitigen Einflussnahme sie schon immer standen. In einem Brief an seinen rumänischen Freund Octavian Beu aus dem Jahr 1931 heißt es dann: „Meine eigentliche Idee […] ist die Verbrüderung der Völker […] Dieser Idee versuche ich […] in meiner Musik zu dienen“[3]

Einflüsse auf Bartóks Musik

Die Musik von Richard Strauss, den er im Jahre 1902 bei der Erstaufführung von Also sprach Zarathustra in Budapest traf, hatte zunächst großen Einfluss auf sein Schaffen hinsichtlich Orchestermusik. Der romantische Überschwang erschien ihm jedoch schon bald als nicht mehr zeitgemäß. Einen bleibenderen Eindruck hinterließ zunächst die Musik von Franz Liszt.
Besonderen Einfluss übte jedoch die Volksmusik bzw. das Volkslied aus. Gerade ihre Schlichtheit und bisweilen raue Direktheit faszinierten Bartók. Daneben sah er in der Verwendung diatonischer Tonformeln jenseits des Dur/ Mollsystems (z.B. aus dorischen, mixolydischen Tonleitern) oder der Pentatonik, wie sie die originäre Volksmusik fast überall aufweist, einen kreativen Anschub in Richtung einer neuen, eigenen harmonischen Sprache. Nie jedoch hat die Inspiration durch die Volksmusik oder archaische Tonalitäten bei Bartók zu einem schlichten Folklorismus geführt. Wie viele andere Komponisten des 20. Jahrhunderts war Bartók auf der Suche nach einer Tonsprache, die zwar einen Neubeginn gegenüber der Musik der Romantik markieren sollte, dabei aber nicht Traditionen negieren wollte. Von der sogenannten Zwölftonmusik hielt Bartók jedoch wenig. Neben der bereits erwähnten Pentatonik und Diatonik wendete er auch die sogenannte Bitonalität an und legte großen Wert auf rhythmische Vielfalt (wie z.B. auch Igor Stravinsky). So hatten Orchester seiner Zeit teils noch große Schwierigkeiten mit von Bartók komponierten, wiederum der Volksmusik entlehnten, ungeraden Rhythmen.

Für seine Klaviermusik war neben der frühen Abkehr von der romantischen Klang- und Ausdruckswelt wichtig, dass das Klavier nicht mehr ein Melodie- sondern ein Rhythmusinstrument mit neuartigen Klangfarben und -mischungen darstellte[4].

Auch die Musik der jüngeren Franzosen, wie etwa von Claude Debussy und Maurice Ravel, hatte starken Einfluss auf Bartók. Impressionistische Klangfarben kann man z.B. in Bartóks „Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta“ deutlich hören. Volksmusik findet sich explizit zum Beispiel in der „Tanzsuite“ oder auch im 1. Streichquartett verarbeitet.

Bartóks berufliche Entwicklung

Bartók war ein ausgezeichneter Pianist und strebte zunächst auch eine Karriere als solcher an, doch schon 1907 bekam er von der Königlichen Akademie eine Anstellung als Professor. Dies machte es ihm möglich, in Ungarn zu bleiben, anstatt als Pianist Tourneen durch Europa unternehmen zu müssen.
In die Jahre 1907/08 fällt mit dem 1. Violinkonzert die Komposition eines der wohl persönlichsten Werke Bartóks. Damals hatte ihn eine unglücklich verlaufende Liebe zu der knapp 20-jährigen Violinistin Stefi Geyer erfasst. Er widmete ihr sein erstes Violinkonzert und schenkte ihr die Partitur. Stefi Geyer spielte das Konzert nie öffentlich und hielt das Manuskript beinahe ein halbes Jahrhundert unter Verschluss. Während dieser Zeit bekam niemand die Partitur zu Gesicht, sie galt sogar zeitweise als verschollen. Wenige Jahre vor ihrem Tod beschloss Stefi Geyer, dass das Werk nach ihrem Tod aufgeführt werden solle, und vertraute ihr Geheimnis Paul Sacher an. Stefi Geyer starb 1956. Die Partitur wurde Paul Sacher, dem Leiter des Baseler Kammerorchesters und späteren Kunstmäzen, mit dem Bartók seit den dreißiger Jahren engen Kontakt hielt, überreicht. Das wiederum brachte ein merkwürdiges Zusammentreffen ans Licht: Das „Stefi-Motiv“ Bartóks aus drei Terzen [D – Fis – A – Cis] war identisch mit einem zentralen Motiv in Willy Burkhards 1943 vollendetem, Stefi Geyer und Paul Sacher zugeeigneten, Violinkonzert.[5] Erst 1958 wurde schließlich Bartóks Violinkonzert uraufgeführt.

Für den Dienst in der k.u.k. Wehrmacht war Bartók untauglich. Jedoch war er von 1915 bis 1918 gemeinsam mit dem Dirigenten und Komponisten Bernhard Paumgartner in der Musikabteilung des Kriegspressequartiers des k.u.k. Kriegsministeriums unter anderem für das Sammeln von Soldatenliedern zuständig. Bartók arbeitete in Budapest und war für den transleithanischen Teil der Doppelmonarchie der Habsburger zuständig, während Paumgartner in Wien arbeitete und für den cisleithanischen Teil zuständig war. Gemeinsam gaben sie für die k.u.k. Wehrmacht ein Liederbuch für Soldaten heraus, das mehrere Auflagen erlebte. Bartóks Mitarbeiter in der Musikabteilung in Budapest war sein Freund und Komponist Zoltán Kodály.

1909 hatte Bartók seine erste Frau Márta Ziegler geheiratet. Ihr Sohn Béla junior wurde 1910 geboren. 1911 schrieb Bartók seine einzige Oper „Herzog Blaubarts Burg“, die er seiner Frau Márta widmete. Dieses Werk war sein Beitrag zu einem Wettbewerb, der von der ungarischen königlichen Kommission für Schöne Künste ausgeschrieben war. Doch diese wies das Werk mit der fadenscheinigen Begründung, es sei unspielbar, zurück. Hinter dieser Begründung steckte der Konservatismus des Erzhauses Habsburg und damit wohl auch eine Angst vor Neuem. Neu war wohl vor allem die ungewohnte Dramaturgie: Der vergleichsweise kurze Einakter (Spielzeit etwa 60 Minuten) ist im Grunde ein fortwährender Dialog nur zweier Figuren (Blaubart und Judith). Auch fällt die, für Verhältnisse der Oper, schlichte Art zu singen auf: Diese ist bisweilen liedhaft und stark geprägt von den Eigenheiten der ungarischen Prosodie. Bis 1918 war die Oper kein einziges Mal aufgeführt worden, als die königliche Regierung Bartók unter Druck setzte, den Namen des Librettisten Béla Balázs aus politischen Beweggründen aus dem Programm zu entfernen. Bartók weigerte sich und ließ die Uraufführung ins Wasser fallen. Am 24. Mai 1918 wurde das Werk schließlich unter großem Beifall aufgeführt. Den Rest seines Lebens stand Bartók der ungarischen Regierung kritisch gegenüber. 1919 trat Bartók dem Musikdirektorium der Ungarischen Räterepublik bei, dem auch Zoltán Kodály angehörte.

Aus seiner Enttäuschung über die Kommission für Schöne Künste komponierte er in den nächsten zwei, drei Jahren weniger und konzentrierte sich verstärkt darauf, eine große Sammlung ungarischer Volkslieder aufzubauen. Als hauptsächliches Resultat ging daraus 1922/ 23 „Das ungarische Volkslied“ (Originaltitel: „A magyar népdal“, auch auf Deutsch und Englisch erschienen) hervor. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um einen bloßen Sammelband ungarischer Volksmelodien und -texte, sondern um einen wissenschaftlich orientierten Versuch einer Systematisierung von Melodien nach Typen, ungefährem Alter und regionalem Auftreten. Dazu griff Bartók auf einen gewaltigen Schatz von ca. 3000 Melodien und Texten zurück, die überwiegend von ihm selbst, aber auch durch andere Forscher, direkt der ländlichen Bevölkerung abgehört wurden. Während dieser Feldforschungen wurden die Melodien entweder phonographiert und später transkribiert oder direkt vor Ort in Notenschrift gebracht.

Bartók phonographiert Volkslieder (1907)

Abgesehen vom Gebiet des damaligen Ungarn, einschließlich großer Gebiete, die heute zu Rumänien, der Slowakei, der Ukraine oder auch Serbien gehören, führten ihn seine Forschungsreisen auch weiter auf den Balkan, nach Russland sowie in die Türkei und Nordafrika. Auf seiner Reise in der Türkei zwang ihn jedoch der Ausbruch des Ersten Weltkrieges diese sowie vorerst auch weitere Expeditionen auf der Suche nach Volksliedern einzustellen. Bartók widmete sich wieder vermehrt dem Komponieren. Aus dieser Phase seines künstlerischen Schaffens gingen das Ballett „Der holzgeschnitzte Prinz“ (1914–1916) und sein 2. Streichquartett (1915–1917) hervor. Durch seinen „hölzernen Prinzen“ kam Bartók zu Weltruhm.

Anschließend arbeitete Bartók an einem weiteren Ballett, „Der wunderbare Mandarin“, das in seiner expressiven Tonsprache Parallelen zu Igor Strawinski aufweist. Obwohl Bartók die Arbeit am „Wunderbaren Mandarin“ schon im Jahre 1918 begann und 1924 abschloss, wurde das Ballett bis 1926, wohl v.a. aufgrund seines „anstößigen“ Sujets – Prostitution, Räuberei und Totschlag – nicht aufgeführt. Nach der Uraufführung im November 1926 in Köln ließ der damalige Kölner Bürgermeister Konrad Adenauer aufgrund sittlicher Bedenken weitere Aufführungen verbieten.

Bartók ließ sich 1923 von Márta scheiden und heiratete eine Klavierstudentin namens Ditta Pásztory. Bartóks zweiter Sohn Péter wurde 1924 geboren. Für Péters Musikunterricht komponierte Bartók eine sechsbändige, nach Schwierigkeitsgraden abgestufte Sammlung von Klavierwerken, die unter dem Namen „Mikrokosmos“ noch heute von Klavierschülern benutzt wird.

Emigration und spätere berufliche Laufbahn

Aufgrund des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges und der sich sukzessive verschlechternden politischen Lage in Europa war Bartók geneigt, Ungarn zu verlassen. Bartók verurteilte den Nationalsozialismus aufs Schärfste. Nachdem die Nationalsozialisten in Deutschland die Macht übernommen hatten, weigerte er sich, weiterhin in Deutschland aufzutreten und wandte sich von seinem in Deutschland ansässigen Verleger ab. Außerdem untersagte er deutschen und italienischen Rundfunksendern 1937, seine Werke weiterhin zu senden. Seine liberalen Ansichten brachten ihn in große Schwierigkeiten mit rechtsradikalen Ungarn. Die Angst, dass sein Heimatland eine deutsche Kolonie werden könnte, trieb Bartók „weg aus der Nachbarschaft dieses verpesteten Landes“ und veranlassten ihn 1940 zu einem „Sprung ins Ungewisse aus dem gewussten Unerträglichen“ [6]. Nachdem er bereits seine Manuskripte in die USA geschickt hatte, emigrierte er zusammen mit seiner Frau nach Amerika. Péter folgte ihnen zwei Jahre später. Béla Bartók jr. hingegen blieb in Ungarn.

Bartók fühlte sich in den USA nicht wohl und empfand es als schwierig, weiterhin zu schreiben. Auch kannte man ihn in den USA kaum, und es bestand nur geringes Interesse an seinen Werken, auch wenn sich sein ungarischer Landsmann, der ebenfalls in die USA emigrierte Pianist Andor Földes in seinen Konzerten immer wieder für das Werk Bartóks einsetzte. Bartók und seine Frau gaben Klavierunterricht, auch Konzerte, und waren zeitweilig mit einer Forschungsarbeit über serbische Volkslieder beschäftigt. An der Harvard University hielt Bartók einige Vorlesungen (die „Harvard Lectures“); u.a. über das Komponieren im 20. Jahrhundert. Diese sind an der Harvard University als Tonaufnahmen dokumentiert und in verschiedenen fachlichen Publikationen in Ausschnitten als Abschriften zitiert. Dennoch war die finanzielle Lage der Familie ebenso wie Bartóks Gesundheit in einem bedenklichen Zustand.
Ab dem Jahr 1943 gab es nochmals eine letzte Aufhellung in Bartóks von Krankheit und Geldnot geprägtem Leben in den USA. Die amerikanische Vereinigung der Komponisten, Autoren und Verleger (ASCAP) ermöglichte ihm eine Heilbehandlung und Kur. Sergei Kussewizki beauftragte ihn mit einem Orchesterwerk, Yehudi Menuhin wünschte eine Violinsonate, William Primrose ein Bratschenkonzert und sein Verleger, Ralph Hawkes, ein 7. Streichquartett.[7]

Die Auftragsarbeit für Sergei Kussewizki, das „Konzert für Orchester“, wurde das vielleicht bekannteste Werk Bartóks. Bartók fand so noch einmal einige Kraft zum Komponieren und begann darauf mit seinem kühlen und fast neo-klassizistischen 3. Klavierkonzert, dem Bratschenkonzert und seinem 7. Streichquartett. Die Arbeiten gerieten aber doch zu einem Wettlauf mit dem Tod. Das Bratschenkonzert blieb unvollendet und wurde später von seinem Schüler Tibor Serly vervollständigt. Die Arbeit am 7. Streichquartett brach jedoch bereits nach einigen Takten ab.[8]

Am 26. September 1945 starb Béla Bartók in New York City an Leukämie. Er wurde auf dem Ferncliff-Friedhof in Hartsdale (New York) beerdigt. Erst 1988, angesichts des politischen „Tauwetters“ in Ungarn, konnten die sterblichen Überreste nach Budapest überführt und dort am 7. Juli 1988 im Rahmen eines Staatsbegräbnisses auf dem Friedhof Farkasrét beigesetzt werden.

Musikalische Bedeutung

Bartók gilt als einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts, ohne dass er der musikalischen Avantgarde zugerechnet wird, zu der Komponisten wie Charles Ives, Edgar Varèse, Alexander Wassiljewitsch Mossolow und Olivier Messiaen zählen.

Besonders im Bereich der Kammermusik zählen die Kompositionen Bartóks zu den besten in der Musik des 20. Jahrhunderts. So etwa die Streichquartette, die Violinsonaten oder die Sonate für Violine solo.
Bemerkenswert ist ferner, dass es Bartók gelungen ist, didaktische Werke zu komponieren, die sich nicht nur für den Instrumentalunterricht, sondern auch für den Konzertsaal oder Tonaufnahmen eignen. Das gilt insbesondere für die Duos für zwei Violinen und Stücke aus dem „Mikrokosmos“ für Klavier. So wurden die Duos für zwei Violinen von Weltklasse-Geigern wie Itzhak Perlman und Pinchas Zukerman im Konzertsaal dargeboten sowie auch im Tonstudio eingespielt. Hier stehen Stücke, die spieltechnisch zu den einfachsten der Violin-Literatur gehören, musikalisch auf annähernd gleicher Höhe wie die spieltechnisch schweren Werke der Konzert-Literatur für Violine.

Bartóks Klavierstück „Allegro barbaro“ wurde in der Adaption der Musikgruppe Emerson, Lake and Palmer auf deren Debütalbum weiteren Hörerkreisen bekannt.
Einige Jahre nach Bartóks Tod begann die Filmindustrie, sich für seine Werke zu interessieren, und so wurden ab den 1950er Jahren bis in die heutige Zeit einige seiner Stücke für Kino- und TV-Produktionen als Filmmusik verwendet, beispielsweise der 3. Teil der „Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta“ in Stanley KubricksShining“ (1980)[9].

Werke

Bühnenwerke

Orchesterwerke

  • 1903: Kossuth. Symphonische Dichtung für Orchester
  • 1905: Zwei Suiten für Orchester (op. 3, 1905; op. 4, 1905-07)
  • 1907/ 08: Zwei Porträts für Orchester (Két Kep)
  • 1923: Tanz-Suite
  • 1936: Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta
  • 1939: Divertimento für Streichorchester
  • 1943: Konzert für Orchester

Konzerte

  • 1905: Rhapsodie für Klavier und Orchester
  • 1907–1908: 1. Violinkonzert, Uraufführung 1958
  • 1926: 1. Klavierkonzert
  • 1928: 2 Rhapsodien für Violine und Orchester
  • 1930–1931: 2. Klavierkonzert, Uraufführung 1933
  • 1937–1938: 2. Violinkonzert, Uraufführung 1939 in Amsterdam
  • 1940: Konzert für zwei Klaviere, Schlagzeug und Orchester, Uraufführung 1943
  • 1945: 3. Klavierkonzert, Uraufführung 1946 (posthum)
  • 1945: Bratschenkonzert

Kammermusik

  • 1908: 1. Streichquartett
  • 1915–1917: 2. Streichquartett
  • 1921: 1. Sonate für Violine und Klavier
  • 1922: 2. Sonate für Violine und Klavier
  • 1927: 3. Streichquartett
  • 1928: 4. Streichquartett
  • 1931: 44 Duos für zwei Violinen
  • 1934: 5. Streichquartett
  • 1937: Sonate für 2 Klaviere und Schlagzeug
  • 1938: Kontraste für Violine, Klarinette und Klavier
  • 1939: 6. Streichquartett
  • 1944: Sonate für Violine solo

Siehe auch: Kammermusik von Béla Bartók

Klavierwerke

  • 1900: 4 Klavierstücke
  • 1908: 14 Bagatellen
  • 1908: Für Kinder. 85 Stücke nach ungarischen und slowakischen Volksliedern
  • 1911: Allegro barbaro
  • 1913: 18 leichte Stücke
  • 1915: 6 rumänische Volkstänze
  • 1914-1918: 15 ungarische Bauerntänze
  • 1926: 9 kleine Klavierstücke
  • 1926: Im Freien (Szabadban)
  • 1926: Klaviersonate
  • 1926–1937: Mikrokosmos. 153 Stücke
  • ca. 1900: Dorfszenen

Vokalwerke

  • 1898 ff.: Lieder mit Klavier
  • 1912: 4 alte ungarische Volkslieder für gemischten Chor
  • 1924: „Dorfszenen“ – Sammlung von fünf Werken für Singstimme und Klavier
  • 1930: Cantata profana - Die Zauberhirsche für Tenor, Bariton, Doppelchor und Orchester
  • 1935: Aus alten Zeiten für dreistimmigen gemischten Chor

Schriften

  • 1924: Das Ungarische Volkslied
  • 1923: Die Volksmusik der Rumänen von Maramuresch
  • 1935: Die Melodien der rumänischen Colinde
  • 1936: Warum und wie wir Volksmusik sammeln?
  • 1937: Volksliedforschung und Nationalismus

Einzelnachweise

  1. Bartók, Béla: Das Ungarische Volkslied (Ethnomusikologische Schriften-Faksimile Nachdrucke). Dille, D. (Hrsg.), Mainz, 1965. S. 17
  2. Szabolcsi, Bence: Béla Bartók. Leipzig, 1981. S. 26
  3. Szabolsci, Bence: Béla Bartók. Weg und Werk – Schriften und Briefe. Budapest, 1957. S. 265
  4. Peter Hollfelder, Das grosse Handbuch der Klaviermusik
  5. Maria Stader: Nehmt meinen Dank. Erinnerungen. Nacherzählt von Robert D. Abraham. München, 1979. S. 120–121.
  6. Hans-Werner Boresch: Ein Sprung ins Ungewisse aus dem gewußten Unerträglichen – Musiker im Exil. In: Programmheft zur Aufführung des Deutschen Miserere [von Paul Dessau] in Wuppertal und Solingen am 21. und 23. November 1993 (Redaktion: Mechthild von Schoenebeck). S. 8–16.
  7. Szabolcsi, Bence: Béla Bartók. Leipzig, 1981. S. 107
  8. Szabolcsi, Bence: Béla Bartók. Leipzig, 1981. S. 109
  9. Filmmusik Shining in der Internet Movie Database

Literatur

  • Elliott Antokoletz: Béla Bartók. Garland, New York 1997
  • Péter Bartók: My Father. Bartók Records, Homosassa/Fla 2002
  • Pierre Citron: Bartók. Seuil, Paris 1994
  • Everett Helm: Béla Bartók. Rowohlt, Hamburg 1981
  • Lajos Lesznai: Béla Bartók. Sein Leben - seine Werke. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig, 1961
  • Tadeus A. Zieliński: Bartók. Leben Werk Klangwelt. München Mainz 1989

Siehe auch: Szőllősy-Verzeichnis

Weblinks

 Commons: Béla Bartók – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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