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Aygül Özkan

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Aygül Özkan (2013)

Aygül Özkan (* 27. August 1971 in Hamburg) ist eine deutsche Politikerin (CDU) türkischer Abstammung. Sie war vom 27. April 2010 bis 19. Februar 2013 Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration in Niedersachsen. Bei der Hamburger Bürgerschaftswahl 2020 ist Özkan als Spitzenkandidatin der CDU vorgesehen.[1]

Leben

Aygül Özkan ist die Tochter eines im Dezember 1963 aus Ankara nach Hamburg zugewanderten Gastarbeiters, der sich nach fünf Jahren Arbeit bei der Deutschen Bundespost mit einer Änderungsschneiderei selbständig machte und seine Ehefrau aus der Türkei nachholte.[2] Sie besuchte das Gymnasium Allee und erlangte dort 1990 ihr Abitur. Mit 18 Jahren, noch während ihrer Schulzeit, hatte sie sich für die deutsche Staatsangehörigkeit entschieden.[3] Sie nahm ein Studium der Rechtswissenschaft mit dem Schwerpunkt Europa- und Wirtschaftsrecht an der Universität Hamburg auf. Nach dem 1. Staatsexamen folgte von 1995 bis 1997 das Referendariat in Niedersachsen, mit Stationen unter anderem an der Handelskammer Hamburg und im Europäischen Parlament in Brüssel. Sie legte das Zweite Staatsexamen ab und ist seit 1998 zugelassene Rechtsanwältin am Landgericht Hamburg.[4] Özkan absolvierte von 1998 bis 1999 ein Trainee-Programm für Nachwuchsführungskräfte bei der Deutschen Telekom, der sie in den nächsten Jahren beruflich verbunden blieb. 2004 übernahm sie die Leitung des Geschäftskundenvertriebs Nord bei T-Mobile, wechselte dann als Niederlassungsleiterin zum Logistikunternehmen TNT Post Deutschland und baute dessen Hamburger Filiale – mit rund 400 Angestellten – auf.[5][6] 2010 wurde bekannt, dass sie als Managerin des Postdienstleisters Löhne gezahlt habe, die unter dem Branchenmindestlohn lagen. Der Arbeitsrechtler Otto Ernst Kempen warf ihr daraufhin vor, die „Grenze zur Sittenwidrigkeit überschritten zu haben“.[7]

Aygül Özkan ist Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft türkischer Unternehmer und Existenzgründer e.V. (ATU)[8] sowie der Arbeitsgemeinschaft selbständiger Migranten e. V. (ASM).[9] Des Weiteren ist sie Mitglied der Wirtschaftsdeputation sowie des Integrationsbeirates der Hansestadt und gehört der Deutsch-Türkischen Juristenvereinigung an.

Aygül Özkan ist mit einem türkischstämmigen Gynäkologen verheiratet und Mutter eines Sohnes.[10] Sie erzieht ihren Sohn zweisprachig und „bikulturell“ mit dem „Besten aus beiden Welten“.[11]

Im Dezember 2011 erhielt Aygül Özkan eine E-Mail mit fremdenfeindlichem und bedrohendem Inhalt, die auf ein Video im Internet hinwies. Das Video, in dem Abschiebungen befürwortet werden und der Hitlergruß gezeigt wird, stammte von der rechtsextremistischen Gruppierung Besseres Hannover.[12] Die Staatsschutzabteilung der Polizeidirektion Hannover ermittelte den Versender, gegen den wegen des Zeigens des Hitlergrußes im Video ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen geführt wird.[13] Es handelte sich um den Kopf der Gruppe, einen ehemaligen Vorsitzenden der NPD in Hannover.

Politik

Aygül Özkan trat 2004 der CDU bei. Bei der Hamburger Bürgerschaftswahl 2008 wurde sie vom damaligen Hamburger CDU-Chef Dirk Fischer auf dem sicheren 15. Platz der Landesliste platziert und zog in die Bürgerschaft ein. Im März 2008 wurde sie Fachsprecherin für Wirtschaft und Industrie ihrer Fraktion und saß im Sozial- und Gleichstellungsausschuss sowie im Wirtschaftsausschuss.[14]

Am 28. Juni 2008 wurde sie zur stellvertretenden Vorsitzenden des CDU-Landesverbandes Hamburg gewählt.[15] Sie engagierte sich für die Integration ausländischer Jugendlicher.

Am 27. April 2010 wurde Özkan als Nachfolgerin von Mechthild Ross-Luttmann zur Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration in Niedersachsen berufen. Damit wurde erstmals eine Frau mit Migrationshintergrund und muslimischem Glauben Landesministerin in Deutschland.[16][17] Das Ministerium wurde gegenüber dem bisherigen Zuschnitt um den Bereich Integration erweitert, der bisher zum Ressort des Innenministers Uwe Schünemann gehörte.[18] Ministerpräsident Christian Wulff erklärte, Frau Özkan solle „die schwerwiegenden Fehler, die jahrelang in der Integrationspolitik gemacht wurden, ausgleichen“.[19] Özkan ernannte am 27. April 2010 Heiner Pott zum Staatssekretär in ihrem Ministerium.[20]

Özkans Berufung fand in der Türkei ein großes und positives Echo. Der türkische Außenpolitiker Yaşar Yakış erklärte, sie zeige den in Deutschland lebenden Türken, dass sie es bis in höchste Positionen schaffen könnten.[21]

Frau Özkan schied aufgrund der von der CDU verlorenen Landtagswahl am 19. Februar 2013 aus dem Ministeramt aus. Obwohl sie zur Landtagswahl in Niedersachsen 2013 als Direktkandidatin der CDU im Landtagswahlkreis Hannover-Mitte kandidierte und Platz 3 der Landesliste der CDU bei dieser Wahl einnahm, errang Aygül Özkan überraschend[22] keinen Sitz im Niedersächsischen Landtag, da Michael Höntsch (SPD) das Direktmandat in ihrem Wahlkreis gewann und die CDU Niedersachsen wegen ihres schlechten Zweitstimmenergebnisses keine Mandate über die Landesliste erringen konnte.[23] Sie rückte jedoch am 26. März 2014 für den ausgeschiedenen Abgeordneten David McAllister in den Landtag nach.

Am 11. Juli 2014 gab Özkan bekannt, dass sie ihr Landtagsmandat zum 22. Juli aufgibt, um ab dem 1. August die Geschäftsführung der DB Kredit Service GmbH in Berlin, einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bank, zu übernehmen.[24] Für sie rückt Heidemarie Mundlos in den Landtag nach.

Am 19. August 2018 teilte der Vorstand der CDU Hamburg mit, Özkan als Spitzenkandidatin für die Bürgerschaftswahl 2020 nominieren zu wollen. Wegen einer Erkrankung Özkans war jedoch zunächst ungewiss, ob sie hierfür zur Verfügung steht.[25]

Migrationspolitik

Aygül Özkan (2012)

Als niedersächsische Ministerin setzte sich Özkan für die frühkindliche Bildung von Migrantenkindern ein und warb bei deren Eltern dafür, dass sie ihre Kinder frühzeitig in die Kindertagesstätte (Kita) schicken.[26] Ebenso setzte sie sich dafür ein, dass junge Migranten eine Lehrstelle finden und Unternehmer mit demselben Hintergrund junge Leute ausbilden. „Integration funktioniert am besten über den Arbeitsmarkt“.[19] Özkan forderte in einem Interview mehr Richter mit Migrationshintergrund, „damit die Betroffenen auch sehen, hier entscheidet nicht eine fremde Autorität, sondern wir gehören da auch zu.“[27] In Anlehnung an das Kruzifix-Urteil 1995 des Bundesverfassungsgerichtes forderte sie, dass Unterrichtsräume an staatlichen Pflichtschulen frei von religiösen Symbolen zu sein hätten: „Die Schule sollte ein neutraler Ort sein. (…) Christliche Symbole gehören nicht an staatliche Schulen.“ Ein Kind müsse selbst entscheiden können, wie es sich religiös orientiere. Darum hätten auch Kopftücher „im Klassenzimmer nichts zu suchen“.[28]

Kritik

Der damalige niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff distanzierte sich von der Position Özkans und erklärte: „In Niedersachsen werden christliche Symbole, insbesondere Kreuze in den Schulen, seitens der Landesregierung im Sinne einer toleranten Erziehung auf Grundlage christlicher Werte begrüßt“. Aus Gründen der Religionsfreiheit würden auch Kopftücher bei Schülerinnen toleriert – nicht aber bei Lehrkräften, was Özkan auch gemeint habe: „Frau Özkan hat ihre persönliche Meinung zur weltanschaulichen Neutralität geäußert, aber sie stellt die niedersächsische Praxis nicht in Frage.“[29] Wulff kritisierte auch Überreaktionen nach Özkans Kruzifix-Äußerungen und wies Rücktrittsforderungen an die Ministerin mit den Worten zurück: „Vielleicht fürchten manche Männer mit der Ernennung der ersten Muslimin zur Ministerin in Deutschland den Untergang des christlichen Abendlandes“.[30]

Özkan selbst stellte vor der CDU-Fraktion sowie in einer Erklärung vor dem niedersächsischen Landtag klar, dass sie das umstrittene Interview voreilig und „in Unkenntnis der in Niedersachsen gelebten Praxis“ gegeben habe.[31][32][33]

Im Juli 2010 wurden Pläne Özkans für eine „Mediencharta für Niedersachsen“ bekannt. In dieser sollten sich Journalisten verpflichten zu einer „kultursensiblen“ Sprache, der „nachhaltigen Unterstützung“ des Integrationsprozesses in Niedersachsen sowie der Initiierung und Begleitung von Projekten zur Förderung der Integration. Der per E-Mail an niedersächsische Journalisten versandte Entwurf wurde vom Deutschen Journalistenverband und der niedersächsischen SPD-Fraktion als Zensur und versuchte Einflussnahme kritisiert und zurückgewiesen. Özkan erwiderte, es habe sich nur um eine „erste mögliche Diskussionsgrundlage“ gehandelt, mit welcher die Unabhängigkeit der Medien[34] nicht berührt werden solle.[35] Özkan rückte schließlich von ihrem Vorhaben wieder ab, nachdem Ministerpräsident David McAllister klarstellte, dass für Medienpolitik in der niedersächsischen Landesregierung die Niedersächsische Staatskanzlei und nicht das Sozialministerium zuständig sei; er sagte: „Wir haben alle daraus gelernt und werden alles tun, dass sich ein solcher Fehler nicht wiederholt.“ Für ihn habe die Pressefreiheit besonders hohe Bedeutung.[36]

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Aygül Özkan – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. CDU will Aygül Özkan als Spitzenkandidatin, NDR Hamburg
  2. Hamburger Abendblatt 21. April 2010: Aygül Özkan....der Vater der Ministerin arbeitet seit 42 Jahren als Schneider in Altona
  3. NDR 20. April 2010: Ministerin mit Migrationshintergrund (Memento vom 30. April 2010 im Internet Archive)
  4. Aygül Özkan / Homepage / Persönliche Vita (Memento vom 22. April 2010 im Internet Archive)
  5. TNT Post Deutschland - Pressemitteilung 12. Januar 2006: TNT Post schafft 400 neue Arbeitsplätze in Hamburg
  6. Hamburger Abendblatt 26. November 2005: Zur Person: Aygül Özkan
  7. Özkan soll Arbeitsverträge am Rande der Legalität abgeschlossen haben Spiegel Online vom 1. Juni 2010.
  8. ATU-Homepage
  9. ? nicht lt. Archivlink (Memento vom 25. März 2012 im Internet Archive)
  10. Welt-Online 19. April 2010: Aygül Özkan. Deutschlands erste türkischstämmige Ministerin
  11. Christian Tenbrock: Kollege Immigrant. Welt in Bewegung. In: Die Zeit, 29. September 2006.
  12. Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 20. Dezember 2011
  13. Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 19. Dezember 2011
  14. Aygül Özkan / Homepage / Politische Vita (Memento vom 22. April 2010 im Internet Archive)
  15. Hamburger Abendblatt 21. April 2010: Aygül Özkan: Die Frau, die moderne Politik lebt
  16. Niedersächsische Staatskanzlei / Presseinformationen vom 19. April 2010: Niedersachsen stellt Weichen für 2020. Änderung in vier Ministerien.
  17. Spiegel Online: Turbokarriere einer Deutsch-Türkin. Gestatten, Ministerin Özkan
  18. Robert von Lucius: Kabinettsumbildung in Niedersachsen. Muslimin wird Ministerin. In: faz.net 19. April 2010.
  19. 19,0 19,1 Hannoversche Allgemeine Zeitung 19. April 2010: Die erste türkischstämmige Ministerin. Aygül Özkan wird neue Sozial- und Integrationsministerin (Memento vom 4. Juli 2010 im Internet Archive)
  20. Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration in Niedersachsen – Staatssekretär Heiner Pott
  21. Türkei freut sich über Ministerin Özkan, Spiegel Online vom 20. April 2010.
  22. CDU rettet Spitzenleute auf sichere Plätze (Memento vom 12. April 2013 im Webarchiv archive.is). NDR 1 Niedersachsen, 3. November 2012.
  23. Einzug in Landtag verpasst – Kein Plan B für Aygül Özkan. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung. 21. Januar 2013.
  24. Aygül Özkan legt Mandat nieder. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung. 11. Juli 2014.
  25. Jana Werner: Bürgerschaftswahl 2020: Aygül Özkan soll CDU-Spitzenkandidatin werden. In: DIE WELT. 2018-08-19 (https://www.welt.de/regionales/hamburg/article181231916/Buergerschaftswahl-2020-Ayguel-Oezkan-soll-CDU-Spitzenkandidatin-werden.html).
  26. Künftige Sozialministerin Özkan fordert "Programme für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund" auf: ndr.de. 21. April 2010.
  27. Neue Ministerin in Hannover. In: Welt Online. 23. April 2010.
  28. Hubert Gude & Ansgar Siemens: Deutschland: „Beide Seiten sind gefordert“. In: Focus. Nr. 17, 26. April 2010.
  29. Kruzifix-Streit. Wulff distanziert sich von Neu-Ministerin Özkan. In: Welt-Online. 25. April 2010.
  30. Wulff beklagt Überreaktion im Kruzifix-Streit. (Memento vom 28. April 2010 im Internet Archive) auf: tagesschau.de, 27. April 2010, abgerufen 18. März 2011.
  31. CDU-Niedersachsen: Aktuelle Informationen zur Kruzifixdebatte. Hier: Erklärung von Aygül Ozkan im Niedersächsischen Landtag am 29. März 2010/pdf (Link nicht mehr abrufbar)
  32. Spiegel-Online 26. April 2010: Türkischstämmige CDU-Ministerin. Demontage einer Vorzeige-Migrantin
  33. Hilfe, diese Muslima ist gar keine Christin! In: Welt-Online. 26. April 2010.
  34. zeit.de zitiert die Ministerin so: "Insofern verstehe ich die Irritation und möchte klarstellen: Nichts liegt mir ferner, als die Unabhängigkeit der Medien in irgendeiner Form zu berühren." und veröffentlicht die "Mediencharta" von Aygül Özkan im Wortlaut
  35. Ministerin Özkan will Medien auf Kurs bringen, Spiegel Online, 23. Juli 2010.
  36. Eine Vorzeigefrau stürzt ab. In: Spiegel Online. 2. August 2010.

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