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Aramäische Sprachen

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Aramäisch (ארמית / Arāmît, ܐܪܡܝܐ / Ārāmāyâ)

Gesprochen in

Irak, Iran, Israel, Libanon, Syrien, Türkei, außerdem in der aramäischen Diaspora in Europa, Amerika und Australien
Sprecher ca. 550.000
Linguistische
Klassifikation
Sprachcodes
ISO 639-1:

-

ISO 639-2:

arc

ISO 639-3:

arc

Die aramäischen Sprachen bilden eine genetische Untereinheit der semitischen Sprachen, die wiederum einen Zweig des Afroasiatischen darstellen. Aramäisch und Kanaanäisch (dazu gehören z. B. Hebräisch und Phönizisch) sind die Hauptzweige des Nordwestsemitischen. Die Trennung des Aramäischen vom Kanaanäischen hat im Laufe der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. stattgefunden. Alle aramäischen Sprachen gehen auf das Altaramäische zurück, das seit Beginn des ersten vorchristlichen Jahrtausends belegt ist.

Aus den klassischen aramäischen Sprachen haben sich im Laufe der Jahrhunderte die heutigen neuaramäischen Sprachen entwickelt. Die etwa 15 neuaramäischen Sprachen werden von rund 550.000 Menschen meist christlichen Glaubens gesprochen. Die ursprünglichen Verbreitungsgebiete sind der Irak, Iran, Israel, Libanon, Syrien und die Türkei. Durch Migrationsprozesse (Flucht, Umsiedlung, Auswanderung) gelangten Sprecher aramäischer Sprachen zunächst nach Russland, in jüngerer Zeit vor allem nach West- und Mitteleuropa, Nord- und Südamerika sowie Australien.

Die wissenschaftliche Untersuchung dieser Sprachgruppe wird von der Aramaistik betrieben.

Historische Klassifikation der aramäischen Sprachen

Aramäischer Text über der Pforte des Klosters Mor Gabriel im Tur Abdin

Zur Position des Aramäischen innerhalb des Semitischen siehe den Artikel Semitische Sprachen.

  • Altaramäisch
    • Frühes Altaramäisch (bis um 700 v. Chr.; Sfire-Stelen u. a.)
    • Spätes Altaramäisch (um das 7. und 6. Jahrhundert v. Chr.; Hermopolis-Papyri)
  • Reichsaramäisch
    • Achämenidisches Reichsaramäisch (5. bis 3. Jahrhundert v. Chr.; Elephantine-Papyri u. a.)
  • Neuaramäisch
    • West
    • Ost
      • Nordwest
      • Nordost
        • Christliche Gruppe
          • Assyrisch-Neuaramäisch (Nestorianisch-Neuaramäisch) (219.000)
          • Chaldäisch-Neuaramäisch (Kaldoyo ) (200.000)
          • Hertevin (1.000)
          • Bohtan (1.000)
          • Koi-Sanjaq Surat (1.000)
          • Senaya (Sanadaj) (500)
        • Jüdische Gruppe
          • Urmiyah (Lishan Didan) (4.000)
          • Sanadaj-Kerend (Hulaula) (10.000)
          • Zachu-Armadiyah (Lishana Deni) (8.000)
          • Arbil-Koi-Sanjaq (Lishanid Noshan) (2.000)
          • Bijil (Lishanid Janan, Barzani) (fast †)
      • Südost
        • Neu-Mandäisch (5.500)

Historische Entwicklung der aramäischen Sprachen

Palmyrenische Inschrift

Altaramäisch

Die ältesten bisher bekannten Dialekte des Aramäischen stammen aus dem 10. oder 9. Jahrhundert v. Chr.. Es sind dies das Sam’alische von Zincirli, der Dialekt der Inschrift von Tell Fekheriye, die Dialekte des zentralsyrischen Raumes und der Dialekt von Tel Deir ‘Alla. Dabei ist das Sam’alische als früharamäischer Dialekt zu bewerten, während die anderen Genannten, obwohl mit einzelnen Unterschieden, als Altaramäisch zusammengefasst werden können. Bereits in assyrischer Zeit kam dann dem Aramäischen als internationaler Handels- und Diplomatensprache große Bedeutung zu. Neuassyrische Reliefs zeigen nebeneinander Schreiber, die mit einem Griffel auf Tontafeln schreiben, sich also vermutlich der akkadischen Sprache bedienten, und Schreiber mit Schriftrollen, die aramäische Texte verfassen. Aramäische Inschriften des 7. Jahrhundert v. Chr. sind zum Beispiel aus Zincirli und Nerab in Nordsyrien/Südostanatolien bekannt. Eine aramäische Inschrift aus Tappeh Qalayci bei Bukan im Westiran zeigt, wie weit nördlich die Sprache bereits im 8. oder 7. Jahrhundert verbreitet war. Weiter im Osten tragen noch einige Luristan-Bronzen aramäische Inschriften[1]. Sie stammen vielleicht aus dem 8. Jahrhundert[2], die Datierung ist jedoch ohne stratifizierbare Funde schwierig.

Reichs- und Mittelaramäisch

Im mehrsprachigen Perserreich wurde Aramäisch unter den Achämeniden zu einer der offiziellen Reichssprachen („Reichsaramäisch“); es war von Kleinasien und Ägypten bis zum Indus verbreitet. Die immer größer werdende Bedeutung spiegelt sich auch im Alten Testament wider, wo einige Textpassagen in aramäischer Sprache verfasst sind. Da das Hebräische in der 2. Hälfte des 1. Jt. v. Chr. die Schriftzeichen des Aramäischen übernommen hat („Quadratschrift“), werden innerhalb des Judentums heute beide Sprachen in derselben Schrift mit 22 Konsonantenzeichen geschrieben. Andere Dialekte wie das Palmyrenische, Nabatäische, Syrische etc. entwickelten eigene Schriftformen.

Aus Tayma in Arabien sind aramäische Inschriften bekannt, die um 500 v. Chr. datieren. Auch im Gebiet der Nabatäer wurden zahlreiche aramäische Inschriften gefunden, wie auch auf dem Sinai. Aus parthischer Zeit stammen zahlreiche Ostraka in aramäischer Sprache aus Nisa in Turkmenistan. Dabei handelt es sich vor allem um Wirtschaftstexte, Bestellungen der Palastküche.

In Palästina verdrängte das Aramäische das Hebräische zunehmend. Zur Zeit Jesu wurde dort überwiegend Aramäisch gesprochen, und aramäische Wendungen innerhalb des Griechischen Neuen Testaments, zum Beispiel Abba (eine Anrede Gottes im Gebet (Aramäisch: „Lieber Vater“/„Vati“), Pascha, Hosanna, zeigen, dass Aramäisch auch die Sprache Jesu war. Auch zahlreiche Texte, die in Qumran gefunden wurden, sind aramäisch verfasst. Da in der rabbinischen Literatur das Wort „aramäisch“ aber mit heidnisch gleichgesetzt war, bezeichnete man die Sprache lieber als „syrisch“. Um die Zeitenwende war Aramäisch neben der griechischen Koine die allgemein gebrauchte Verkehrssprache des Nahen Ostens.

Klassisches Aramäisch

Die palästinischen Targume (Bibelübersetzungen) und der palästinische bzw. Jerusalemer Talmud dokumentieren das Jüdisch-Palästinische, welches wie das Christlich-Palästinische und das Samaritanische zum Westaramäischen Sprachzweig gehört. Daneben gab es das Ostaramäische. Es wird vertreten durch die Sprache, in der der babylonische Talmud verfasst wurde. Nahe verwandt ist das Mandäische. Ein wichtiger Vertreter des Zentralaramäischen ist das Syrische, das zum Beispiel in der Peschitta (aramäische Bibelübersetzung) und in Schriften der Kirchenväter dokumentiert ist.

Neuaramäisch

Mit der Ausbreitung des Islams wurde das Aramäische zunehmend vom Arabischen und anderen Sprachen (Persisch, Kurdisch, Türkisch, Aserbaidschanisch) verdrängt. Die heutigen neuaramäischen Sprachen - Nachfolgesprachen der mittel- und klassisch-aramäischen Sprachen - werden von etwa 500.000 Menschen meist christlichen Glaubens in Syrien, in der Türkei (im Tur Abdin), im Irak und im Iran gesprochen. Die jüdischen Sprecher des Aramäischen sind fast alle nach Israel geflohen oder ausgewandert. Vor allem im Süden Israels gibt es Dörfer, in denen Aramäisch als Umgangssprache von aus arabischen Ländern (vor allem aus Iran und dem Irak) vertriebenen oder ausgewanderten sephardischen Juden (genauer: Mizrachim) gesprochen wird.

Neuaramäische Sprachen werden heute auch von zahlreichen Menschen gesprochen, die nach Australien, in die USA, nach Kanada, Brasilien, Argentinien, Mexiko und Europa (zum Beispiel in Deutschland oder Österreich) geflohen und ausgewandert sind.

Seit Jahrzehnten werden aramäisch-sprachige Christen in der Türkei verfolgt und vertrieben (siehe Völkermord an den Aramäern). Heute leben nur noch einige Tausend Aramäer in der Türkei, um 1915 waren es weit über 100.000 in Ostanatolien. Seit dem 6. Oktober 1997 besteht in der Türkei ein offizielles Unterrichtsverbot für Aramäisch.[3] Selbst Klöstern, die mehr als 1500 Jahre nachweislich im christlichen Besitz sind, droht die Enteignung durch den Staat (siehe Kloster Mor Gabriel). Seit dem Irakkrieg sind wegen ständiger systematischer Verfolgung durch Muslime etwa 100.000 aramäisch-sprachige Christen aus dem Irak nach Jordanien, West- und Mitteleuropa sowie nach Amerika geflohen.

Schrift

Hauptartikel: Aramäische Schrift

Literatur

Sprachübergreifend

  • Klaus Beyer: Einleitung, in: Klaus Beyer: Die aramäischen Texte vom Toten Meer. Göttingen 1984, S. 20–153. ISBN 3-525-53571-6 (Abriss der Sprachgeschichte von der Antike bis zur Moderne, geschrieben von einem der führenden Semitisten der Gegenwart)
  • Stuart Creason: Aramaic. In: Roger D. Woodard (Hg.): The Cambridge Encyclopedia of the World's Ancient Languages Cambridge University Press, Cambridge 2004, S. 391-426. ISBN 0-521-56256-2
  • Joseph A. Fitzmyer; Stephen A. Kaufman (Hg.): An Aramaic Bibliography. Vol. 1: Old, Official and Biblical Aramaic. Baltimore u.a. 1992.
  • Holger Gzella; Margaretha L. Folmer (Hg.): Aramaic in its Historical and Linguistic Setting. Wiesbaden 2008. ISBN 978-3-447-05787-5
  • Otto Jastrow: The Neo-Aramaic Languages. In: Robert Hetzron (Hrsg.): The Semitic Languages. Routledge, London 1997.
  • Stephen A. Kaufmann: Aramaic. In: Robert Hetzron (Hrsg.): The Semitic Languages. Routledge, London 1997.
  • Franz Rosenthal (Hg.): An Aramaic Handbook. 2 Bände zu 2 Teilen. Wiesbaden 1967.

Einzelne Perioden und Sprachen

Weblinks

 Wikipedia auf Aramäisch

Einzelnachweise

  1. Michael Sokoloff, The Old Aramaic Inscription from Bukân: A revised Interpretation. Israel Exploration Journal 49, 1999, 106
  2. J. C. L. Gibson, A textbook of Syriac inscriptions (Oxford 1975), 57
  3. Kath.net: Türkei: Zehn Jahre Lehrverbot für Aramäisch 6. Oktober 2007


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