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Anschlag im Thalys-Zug 9364

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Thalys-Zug 9364 von Amsterdam nach Paris in Bruxelles-Midi (Juni 2014)

Im Thalys-Zug 9364 von Amsterdam nach Paris ereignete sich am Abend des 21. August 2015 im belgisch-französischen Grenzgebiet ein Anschlag, als der in Brüssel zugestiegene Attentäter Ayoub El Khazzani das Feuer auf andere Fahrgäste eröffnete. Er wurde dabei von mehreren Passagieren überwältigt.[1][2][3]

Mehrere Menschen wurden verletzt, darunter der Angreifer.[4]

Ablauf

Karte der Thalys-Verbindungen zum Zeitpunkt des Attentats

In Brüssel stieg der Attentäter Ayoub El Kahzani in den Zug ein. Während der Fahrt von Belgien nach Frankreich, suchte er die Bordtoilette in Wagen 12 auf[5] und lud dort zwei Waffen: Eine Selbstladepistole vom Typ Luger sowie ein Sturmgewehr des Fabrikats Kalaschnikow. Als er die Zugtoilette um etwa 18 Uhr verließ, gab er mindestens einen Schuss ab. Damien A., ein 28-jähriger Franzose, der anonym bleiben möchte, und der 51-jährige Sorbonne-Professor Mark Moogalian waren die Ersten, die sich dem Angriff widersetzten.[6] Sie hatten den Attentäter vor der Schussabgabe als solchen wahrgenommen und versucht, ihn zu überwältigen.[7] Moogalian wurde dabei im Hals getroffen.[8] Drei miteinander befreundete Passagiere, darunter der US-Luftwaffensoldat Spencer Stone und Aleksander Skarlatos, Angehöriger der Nationalgarde von Oregon,[9] stürzten sich dann auf den Attentäter und überwältigten ihn.[10][11] Dabei verletzte der Attentäter den US-Soldaten Stone mit einem Teppichmesser.[12] Die drei nahmen dem Angreifer die Pistole und das Sturmgewehr ab[4] und schlugen ihn bewusstlos.[13] Zusammen mit Chris Norman, einem britischen Geschäftsmann, fesselten sie ihn mithilfe der Krawatte eines Zugbegleiters.[9][3][5] Norman wurde beim Überwältigen des Angreifers leicht verletzt.[4]

Daraufhin kümmerte sich der durch das Messer verletzte Stone um Moogalian, der durch das Projektil am Hals verletzt war und viel Blut verlor. Ein kurz nach der Überwältigung aufgenommenes Video zeigt unter anderem den gefesselten Attentäter mit nacktem Oberkörper am Boden des Abteils liegend.[14][15] Aleksander Skarlatos inspizierte den Rest des Zuges, um zu sehen, ob noch ein weiterer Attentäter anwesend war.[16] Dabei nahm er die Kalaschnikow des Angreifers mit, um einen möglichen zweiten Angreifer „ausschalten“ zu können. Als er wieder im Wagen 12 ankam, bemerkte er, dass die Waffe zu dem Zeitpunkt nicht funktionsfähig war, da der Verschluss klemmte. Auch die Pistole war nicht schussbereit, da das Magazin entweder nicht richtig oder gar nicht eingesetzt war.[5]

Der Zug wurde danach ins französische Arras umgeleitet, wo die Verletzten ins Krankenhaus gebracht wurden und die Polizei den mutmaßlichen Attentäter festnahm.[17] Später am Abend wurden die Passagiere nach Paris gebracht.[1]

Reaktionen und Ermittlungen

Erste Ermittlungen ergaben, dass Ayoub El Kahzani 26 Jahre alt und marokkanischer Abstammung sowie geheimdienstbekannt ist. Er habe eine Zeit in Spanien gewohnt und sei kürzlich gereist. Er soll vom spanischen Geheimdienst beobachtet worden sein. Diese Information lag auch den französischen Sicherheitsbehörden vor.[9]

US-Präsident Barack Obama lobte, die Passagiere hätten mit ihren „heldenhaften Taten“ eine weitaus schlimmere Tragödie verhindert. NATO-Oberbefehlshaber Philip M. Breedlove zeigte sich „extrem stolz“ auf die beteiligten Militärs.[18] Frankreichs Staatschef François Hollande lud sie für die kommenden Tage in den Élyséepalast ein, während französische Medien ihnen bereits den Ehrentitel „Helden des Thalys“ verliehen. Der französische Innenminister Bernard Cazeneuve bezeichnete den Vorfall als Terrorakt.[3] Auch der belgische Premierminister Charles Michel verurteilte die Tat als „Terrorangriff“.[19] Am Abend des 21. August 2015, während sich Stone noch im Krankenhaus befand, wurden den anderen drei Rettern, Skarlatos, Sadler und Norman, in Arras vom Bürgermeister Frédéric Leturque Medaillen der Stadt überreicht.[20] Am nächsten Tag wurde Stone aus der Klinik in Lesquin entlassen. Er musste am Daumen operiert werden, der durch die Messerattacke schwer verletzt worden war.[21]

Ayoub El Kahzani ließ am 23. August über seine Anwältin mitteilen, dass er die Mitreisenden lediglich berauben wollte und jeden Terrorverdacht zurückweise. Das Sturmgewehr und die neun Magazine habe er in einem Koffer in dem Brüsseler Park gefunden, in dem er für gewöhnlich übernachtete.[22]

Am 24. August 2015 erhielten die Hauptakteure bei der Überwältigung des Attentäters – die drei Amerikaner Skarlatos, Sadler und Stone sowie der Brite Norman – den Orden der Legion d’Honneur aus den Händen von Präsident François Hollande.[23]

Etwas mehr als eine Woche später beschlossen eine Reihe von EU-Innen- und -verkehrsministern in Paris die Verschärfung der Überwachungsmaßnahmen im grenzüberschreitenden europäischen Zugverkehr.[24]

Terrorlage in Frankreich

Frankreich war in den Monaten zuvor wiederholt Ziel von Terroranschlägen oder -plänen mit islamistischem Hintergrund. Im Januar hatten drei Islamisten bei Anschlägen auf die Satirezeitung Charlie Hebdo und einen jüdischen Supermarkt in Paris 17 Menschen getötet. In der Region Paris galt seitdem die höchste Terrorwarnstufe (Plan Vigipirate). Im Juni enthauptete ein 35-Jähriger bei einem mutmaßlich islamistischen Anschlag nahe Lyon seinen Vorgesetzten und brachte in einer Industrieanlage Gasflaschen zur Explosion. Auch in diesem Fall soll es Verbindungen zur Miliz des IS in Syrien gegeben haben.

Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris vermuten Behördenkreise, dass der islamistische Terrorist Abdelhamid Abaaoud auch hinter dem Anschlag im Thalys-Zug 9364 stand.[25] Abaaoud kam am 18. November 2015 bei einer Polizeirazzia in Saint-Denis ums Leben.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Statement regarding the incident of 21/08. In: Internetseite von Thalys. , abgerufen am 22. August 2015 (englisch).
  2. US student tells of his attack on French train gunman (engl.)
  3. 3,0 3,1 3,2 Frankreichs Innenminister bezeichnet Angreifer als Terroristen. In: Zeit Online. 22. August 2015, abgerufen am 22. August 2015.
  4. 4,0 4,1 4,2 France train shooting: Hollande thanks‚ heroes‘ who foiled gunman, bbc.co.uk, abgerufen am 22. August 2015
  5. 5,0 5,1 5,2 Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 23. August 2015, Titelseite
  6. Stephanie Dube Dwilson: Mark Moogalian & Damien A., Mystery Belgium Train Heroes: 5 Fast Facts You Need to Know. 23. August 2015.
  7. Train heroes: The men who helped avert a massacre in Europe (engl.)
  8. Attaque du Thalys : sans eux „nous serions tous morts“ (frz.)
  9. 9,0 9,1 9,2 Attacke in Thalys-Schnellzug: „Das hätte ein Blutbad geben können“. In: Spiegel Online. 22. August 2015, abgerufen am 22. August 2015.
  10. Revealed: The mystery man who tackled AK-47 assault rifle from train gunman.
  11. Hero off-duty soldiers and British IT worker describe beating French train terrorist unconscious – LIVE. In: Telegraph.co.uk. 22. August 2015.
  12. Blick: Amerikaner verhindern Blutbad im Zug nach Paris: So stoppten wir den Terroristen! - Blick.
  13. «Das Zugpersonal hat sich eingeschlossen».
  14. Exclusive cell phone video from inside train (engl.)
  15. "Schnapp ihn!": Zivilcourage verhindert Blutbad in französischem Zug.
  16. 'Wrong Place, Right People': U.S. Servicemen, Passengers Speak Out after Foiling Possible Terror Attack on European Train.
  17. US-Bürger verhindern Blutbad im Zug. In: Tagesschau.de. 22. August 2015, abgerufen am 22. August 2015.
  18. Nach Attentat in Thalys-Zug: Belgiens Premier fordert Überarbeitung des Schengen-Abkommens.
  19. Neuer Terrorschock in Frankreich. In: RP Online. 21. August 2015, abgerufen am 22. August 2015.
  20. Le courage des héros américains et britanniques du Thalys salué après l'attaque (frz.)
  21. Kölner Stadt-Anzeiger: Verletzter US-Soldat verlässt Klinik: Mutmaßlicher Thalys-Attentäter identifiziert.
  22. France train attack: investigators focus on extremist motive, TheGuardian vom 23. August 2015
  23. Hugh Schofield: France train shooting: 'Instinct' led US passengers to react. BBC News, 24. August 2015, abgerufen am 24. August 2015.
  24. vet/AFP/dpa: Europäische Minister planen mehr Zugkontrollen. Sicherheit an Bahnhöfen. SPIEGEL ONLINE, 29. August 2015, archiviert vom Original am 29. August 2015; abgerufen am 29. August 2015: „Bahnkontrollen sind europaweit eine Seltenheit – noch. In Zukunft sollen bei grenzüberschreitenden Fahrten Passagiere und Gepäck kontrolliert werden und auf Zugtickets der Name der Passagiere stehen. Das haben die europäischen Innenminister beschlossen.“
  25. LeMonde 16. November 2015 (französisch)

Weblinks

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