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Analgesie

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Unter Analgesie (griech. ἄλγος, álgos, „Schmerz“ mit α privativum, Verneinung → „kein Schmerz“) versteht man in der Medizin das Ausschalten von Schmerzen als Schmerztherapie. Dieses kann entweder durch Verringerung oder Unterbrechung der Erregungsleitung oder durch Gabe von Medikamenten (Analgetika und Sedativa, zusammen in der Analgosedierung) geschehen. Der Begriff wird teilweise synonym zur Anästhesie verwendet. Während bei dieser jedoch sämtliche Empfindungen ausgeschaltet werden, bleibt beispielsweise die Berührungsempfindlichkeit unter Analgesie erhalten. Bei einer Verletzung mit Durchtrennung von sensiblem Nervengewebe ist mit der Analgesie im Regelfall auch eine Anästhesie verbunden. Normalerweise kommt es daher auch bei örtlicher Schmerzausschaltung (lokaler Analgesie) durch den prinzipiellen Wirkmechanismus der eingesetzten Medikamente zur Lokalanästhesie.

Medikamentöse Analgesie

Hauptartikel: Analgetikum

Nichtsteroidale Antirheumatika werden auch als NSAID (engl. non-steroidal anti-inflammatory drugs) bezeichnet. Sie haben neben der antientzündlichen eine analgetische Wirkung und sind die am häufigsten angewandten Medikamente. Zu ihnen gehören unter anderem Wirkstoffe wie Acetylsalicylsäure, Ibuprofen und Metamizol. Diesen ähnlich ist das Paracetamol, das nur analgetisch, nicht aber gegen Entzündungen wirkt. Ihre Einsatzgebiete liegen im Bereich der Bekämpfung leichter und mittlerer Schmerzen, der Behandlung von Entzündungen sowie der Fieberbekämpfung. Mefenaminsäure besitzt ebenfalls anagletische Potenz, und grenzt sich, wie Paracetamol auch von den NSAID ab.

Analgetika vom Morphintyp (Opioide, z. B. Codein, Tramadol, Methadon, , Buprenorphin, Oxycodon, Heroin, Fentanyl und Sufentanil) basieren auf potenten Wirkstoffen und werden zur Unterdrückung starker Schmerzen eingesetzt. Ihr Hauptnachteil liegt in ihrem potentiell suchtauslösenden Wirkmechanismus, weshalb sie meist unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Daneben wirken sie mehr oder weniger stark atemdepressiv.

Ziconotid, ein synthetischer Abkömmling des Gifts der Kegelschnecke ist analgetisch etwa 1000 mal wirksamer als das Referenzopoioid Morphin, ohne jedoch der Opioid-Gruppe selbst anzugehören und nicht mittels Opioid-Rezeptoren seine Wirkung entfaltet. Es kommt daher auch nicht zur unerwünschten Opioid-Abhängigkeit. Überdosierungen können dennoch ebenso tödlich enden.

Migränetherapeutika (etwa Ergotamin und Sumatriptan); ihr Wirkmechanismus beruht unter anderem auf einer Verengung zentraler Blutgefäße (Vasokonstriktion).

Adjuvante Analgetika sind Substanzen, die neben einem direkten schmerzstillenden Effekt über die Hemmung von Ionenkanälen, unter Umständen auch mittels Wirkung auf Begleitfaktoren die Schmerzwahrnehmung beeinflussen. Beispiele finden sich unter den trizyklischen Antidepressiva (vor allem Amitriptylin) oder den Antiepileptika (etwa Carbamazepin). Diese Arzneistoffe eignen sich besonders gut zur Bekämpfung von neuropathischen Schmerzen.

Cannabis (aktiver Wirkstoff THC) besitzt ebenso analgetische Eigenschaften.

Analgetisch (als auch hypnotisch) Wirksam ist auch das in der operativen Anästhesie als inhalatives Narkotikum eingesetzte Lachgas (Distickstoffmonoxid).

Wie auch Ketamin, das etwa in der Notfallmedizin (meist mit einem Benzodiazepin wie etwa Midazolam, um psychotrope Nebenwirkungen abzuschwächen) Verwendung findet, oder auch in der Intensivmedizin bei bestimmten Indikationen (dissoziative Anästhesie) eingesetzt wird, welches sowohl analgetische, als auch hypnotische Aspekte zeigt. Aufgrund seiner psychotropen Nebenwirkungen wird es aber eher selten chronisch als Analgetikum verwendet. In der Tiermedizin dient es zur Betäubung größerer Tiere, beispielsweise Pferde. Ebenso könnte Phencyclidin (PCP), obwohl stärker nebenwirkungsbehaftet, ähnlich verwendet werden, da es auf demselben Wirkmechanismus wie Ketamin beruht. In der Praxis würde man jedoch wegen der stark ausgeprägt psychotropen Wirkung von PCP (Slangausdruck für PCP in der Drogenszene ist "Angel Dust"), als Dissoziativum Ketamin bevorzugen.

Auch Anticholinergika, sowohl der muskarinischen (wirksame Substanzen z.B. Atropin, Scopolamin [Stechapfel, Engelstrompte, Alraune, Tollkirsche]), als auch der nikotinischen (z.B. Nikotin) Acetylcholinrezeptoren, besitzen schmerzstillende Aspekte, wenngleich mit stärkeren Nebenwirkungen und starken toxischen Wirkungen, und aufgrund meist deutlich besserer Alternativen, nicht auf dies Stoffe zurückgegriffen wird.

Andere Formen der Analgesie

Außerdem besteht die Möglichkeit der physikalischen Schmerztherapie. Ihre einfachste Form ist generelle Ruhe oder Ruhigstellung des betroffenen Körperteils. Hierdurch wird die Reizung von Schmerzrezeptoren verringert.

Krankengymnastik und Bewegungstherapie: Heilungsprozesse werden gefördert und die Schmerzen gehen schneller zurück. Ein ähnliches Ziel verfolgt die Massage.

Mittels elektrischer Stimulation anderer Reizrezeptoren wird die Weiterleitung des Schmerzreizes an die Sinneszentren gehemmt und der Schmerz weniger deutlich wahrgenommen. Es wird spekuliert, dass ein Wirkmechanismus der Akupunktur auf diesem Prinzip basiert.

Psychologische Einwirkung kann in einigen Fällen zu einer deutlichen Verringerung der Symptome führen (psychosomatische Schmerzen). Auch durch Hypnose, Suggestion, autogenes Training kann eine Analgesie herbeigeführt werden (z.B. während einer Zahn-OP oder geburtsbegleitend).

Im Extremfall kann eine neurochirurgische Behandlung die Nerven durchtrennen und so die Schmerzen beenden.

Neben der medizinisch herbeigeführten Analgesie gibt es auch krankhafte Formen der Schmerzunempfindlichkeit. Sie können sowohl durch Verletzungen (Nervenverletzungen, Querschnittlähmung) als auch von einem angeborenen Defekt verursacht werden.

Formen der Analgesie mit Krankheitswert

Kongenitale Analgesie

Mutationen am SCN9A-Gen, das einen Natriumkanal codiert, können zu angeborener völliger Schmerzunempfindlichkeit mit Krankheitswert führen. Etwa 30 betroffene Personen wurden bisher bekannt. Bei dieser angeborenen Schmerzunempfindlichkeit fügen sich die Betroffenen von Geburt an häufig selbst schwere Schäden zu, da die warnende Wirkung des Schmerzes entfällt.[1][2]

Auch eine Mutation am SCN11A-Gen fürt zu einer angeborenen völligen Schmerzfreiheit, da diese Mutation zu einer Überfunktion eines Natriumkanals in der Hülle von im Rückenmark und damit an der Schaltstelle für die Weiterleitung von Schmerzsignalen an das Gehirn befindlichen Nervenzellen führt. Entgegen den Erwartungen der Wissenschaftler führt hierbei die Überfunktion des Kanals nicht zu einer erhöhten Schmerzwahrnehmung, sondern zu einer Überlastung der betroffenen Zellen, die sich aus diesem Grunde nicht mehr regenerieren können und folglich in ihrer Funktion gelähmt werden.[3]

CIPA-Syndrom

Eine weitere Ursache für eine Analgesie mit Krankheitswert kann auch das CIPA-Syndrom sein, das nicht nur eine Störung des Schmerz-, sondern auch des Temperatursinns ist, sowie eine fehlende Schweißsekretion Anhidrose.[4]

Einzelnachweise

  1. J. P. Drenth, S. G. Waxman: Mutations in sodium-channel gene SCN9A cause a spectrum of human genetic pain disorders. In: J. Clin. Invest.. Bd. 117, Nr. 12, Dezember 2007, S. 3603–9. doi:10.1172/JCI33297. PMID 18060017. Volltext bei PMC: 2096434.
  2. Vivienne Baillie Gerritsen: Silent pain. In: Protein Spotlight. Februar 2009, Nr. 102, ISSN 1424-4721.
  3. Enrico Leipold, Lutz Liebmann, Ingo Kurth et al.: A ‚de novo’ gain-of-function mutation in SCN11A causes loss of pain perception. In: Nature Genetics. published online 15 September 2013, doi:10.1038/ng.2767
  4. J. J. Cox, F. Reimann, A. K. Nicholas et al.: An SCN9A channelopathy causes congenital inability to experience pain. In: Nature. Bd. 444, Nr. 7121, Dezember 2006, S. 894–8. doi:10.1038/nature05413. PMID 17167479.
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