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Amine

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Amin ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel. Für Personen dieses Namens siehe Amin.

Als Amine werden organische Abkömmlinge (Derivate) des Ammoniaks (NH3) bezeichnet, bei denen ein oder mehrere Wasserstoffatome durch Alkyl- oder Arylgruppen ersetzt sind.

Systematik der Amine

Die Amine werden entsprechend der Anzahl der Wasserstoff-Atome des Ammoniaks, die gegen organische Molekülgruppen ausgetauscht wurden, in folgende Gruppen eingeteilt:

Amine
Typen Funktionelle Gruppe Beispiel
primäre Amine R–NH2 primäre Aminogruppe –NH2 Methylamin CH3-NH2.svg
sekundäre Amine RNH–R sekundäre Aminogruppe –NHR Dimethylamin (CH3)2-NH.png
tertiäre Amine NR3 tertiäre Aminogruppe –NR2 Trimethylamin (CH3)3-N.png
quartäre Ammoniumverbindungen NR4+ (X) quartäre Ammoniumgruppe –NR3+ Betain Betain.svg
Weitere Beispiele siehe Kategorie:Amin und Kategorie:Quartäre Ammoniumverbindung

Die Alkylgruppen der Amine können zu einem Ring geschlossen sein, sowohl innerhalb einer Gruppe, als auch gruppenübergreifend. Dann liegen cyclische primäre (etwa Anilin), bzw. cyclische sekundäre oder tertiäre Amine vor, wie z. B. Piperidin mit gruppenübergreifendem Ring.

Eigenschaften

Chemische Eigenschaften

Wie auch Ammoniak reagieren Amine basisch, indem ein Proton an das freie Elektronenpaar des Stickstoffs angelagert wird (die einfachste Methode zur Trennung von Aminen ist die Extraktion mit wässriger Salzsäure):

Protonierung eines primären Amins durch eine Säure HX

Der Substitutionsgrad von Aminen beeinflusst deren Basizität. Alkylgruppen konzentrieren die Elektronendichte auf dem Stickstoffatom, so dass das freie Elektronenpaar leichter mit einer Säure geteilt werden kann. Bei reinen (wasserfreien) Aminen nimmt daher die Basizität mit zunehmendem Substitutionsgrad zu:

Amines basicity German.svg

In Gegenwart von Wasser wird das Amin hydratisiert, wobei Wärme freigesetzt wird. Diese Hydratationswärme ist bei primären Aminen am größten und bei tertiären am geringsten. Mit zunehmendem Substitutionsgrad findet jedoch auch eine zunehmende sterische Hinderung bei der Hydratation statt. Beides zusammen führt zu einer veränderten Reihenfolge der Basizität in wässrigen Lösungen:

Amines basicity aqueous German.svg

Die Basizität aliphatischer Amine ist wegen des +I-Effekts größer als die von Ammoniak, die aromatischer Amine ist deutlich geringer, da hier der –I-Effekt der aromatischen Ringe zum Tragen kommt. In wässriger Lösung zeigen Alkylamine folgende Reihenfolge der Basizität: tertiär < primär < sekundär

Der Abfall der Basizität tertiärer Amine liegt an der schlechteren Solvatation der Ammoniumionen durch das Wasser; in der Gasphase sind sie stärker basisch als sekundäre Amine.

Elektronenanziehende Gruppen am organischen Rest oder am Stickstoffatom verringern die Basizität weiter.

Gasförmige aliphatische Amine reizen die Schleimhäute der Augen und der Atemwege. Bei der Benetzung der Haut mit flüssigen Alkylaminen kommt es zu starken Verätzungen. Vergiftungen durch Einatmen höherer Konzentrationen können Blutdrucksteigerung und kurzdauernde Krämpfe bewirken. Über die Giftigkeit aromatischer Amine siehe: Anilin.

Physikalische Eigenschaften

Monomethylamin, Dimethylamin und Trimethylamin sowie Ethylamin sind bei Raumtemperatur gasförmig, die folgenden Glieder sind flüssig, noch höhere Homologe fest.

Infolge ihrer Polarität und Basizität sind Amine viel besser in Wasser löslich als vergleichbare Kohlenwasserstoffe; mit steigender Länge der Alkylketten nimmt die Wasserlöslichkeit ab. Primäre und sekundäre Amine sind über Wasserstoffbrückenbindungen assoziiert; dies führt – ähnlich wie bei Alkoholen – zu höheren Siedepunkten im Vergleich zu analogen Kohlenwasserstoffen.

Viele Amine besitzen charakteristische, von Menschen oft als unangenehm empfundene Gerüche, etwa nach Fäkalien (Indol, Skatol), verwesendem Fleisch (Cadaverin, Putrescin), Urin oder altem Fisch (Ammoniak, Methyl-, Ethyl- und Trimethylamin). Diese Verbindungen entstehen als Zwischen- oder Endprodukte beim Abbau von biologischem Material, insbesondere von Proteinen und Aminosäuren. Für den charakteristischen Geruch von Sperma ist Spermin, ein Polyamin, verantwortlich.

Herstellung

Bei biologischen Vorgängen entstehen Amine unter anderem durch Decarboxylierung von Aminosäuren oder durch Transaminierung von Aldehyden.

Präparativ sind Amine durch Alkylierung von Ammoniak zugänglich, z. B. mit Alkylhalogeniden, wobei hierbei Gemische aller Alkylierungsstufen entstehen, da die zunächst gebildeten primären Amine ebenfalls alkyliert werden, ebenso die sekundären usw.

Zur Darstellung primärer Amine wird häufig die Gabriel-Synthese benutzt. Bei dieser wird zunächst Phthalimid mit dem entsprechenden Alkylhalogenid umgesetzt und anschließend mit Natronlauge basisch aufgearbeitet (als schonende Alternative hat sich die Aufarbeitung mit Hydrazin durchgesetzt), um das primäre Amin freizusetzen. Eine Alternative zur Gabriel-Synthese stellt die Umsetzung des Alkylhalogenides mit Natriumazid und anschließender Reduktion mittels Lithiumaluminiumhydrid dar.

Primäre Amine lassen sich auch durch den Carbonsäureamid-Abbau nach Hofmann herstellen, wobei die Kohlenstoffkette um ein Kohlenstoffatom verkürzt wird. Eine weitere Möglichkeit der Synthese für primäre Amine unter Kettenverkürzung ist die Curtius-Reaktion,[1] bei der über den Abbau eines Acylhydrazids das Amin hergestellt wird. Unter Kettenverlängerung erfolgt dagegen die Umsetzung eines Alkylhalogenids mit Natriumcyanid zum Nitril mit anschließender Reduktion.

Die sekundären Amine lassen sich auf mehreren Wegen herstellen. Zunächst ist es möglich, Anilin zweimal zu alkylieren und anschließend den aromatischen Ring an der para-Position zu nitrieren. Eine basische Aufarbeitung führt zum gewünschten Amin. Alternativ lassen sich sekundäre Amine aus Iminen (R-CH=N-R') durch Hydrierung der Doppelbindung synthetisieren. Besonders für tertiäre Amine eignet sich die Leuckart-Wallach-Reaktion.

Technische Verfahren zur Herstellung von Aminen sind die Umsetzung von Ammoniak mit Alkoholen (z. B. Alkylamine wie Methyl- und Ethylamine) oder Aldehyden bzw. Ketonen (z. B. Isopropylamine), die Reduktion von Nitrilen (z. B. Fettamine) sowie die Umsetzung mit Chloralkanen (insbesondere Feinchemikalien und quartäre Ammoniumsalze). Im großtechnischen Maßstab wird auch die Umsetzung von Epoxiden mit Aminen bzw. Ammoniak durchgeführt (Ethanolamine, Isopropanolamine etc.). Aromatische Amine werden durch Nitrierung und anschließende Reduktion hergestellt (z. B. Anilin, Toluidin). Die Nitrierung von Alkanen und anschließende Reduktion zum Alkylamin sowie die Hydroaminierung von Olefinen hat technisch nur eine geringe Bedeutung. Sie werden jedoch beide ebenfalls im technischen Maßstab betrieben.

Vorkommen

Die in Pflanzen, Tieren und dem Menschen natürlich vorkommenden, biogenen Amine besitzen große Bedeutung als Gewebshormone, Transmethylierungspartner oder Transmitter-Substanzen. Außerdem findet man Amin-Derivate als Basen in der DNA. Auch Aminosäuren, die Bausteine von Peptiden, sind Amine. Die im Eiweiß (z. B. von Fischen) peptidisch gebundenen Aminosäuren werden nach dem Tod der Tiere biochemisch zu Aminen und Kohlendioxid abgebaut. Die entstandenen Amine sind verantwortlich für den charakteristischen Geruch des Fisches, der bisweilen als unangenehm empfunden wird. Deshalb wird Fisch oft mit einem Stückchen Zitrone serviert. Citronensäure protoniert (wie alle anderen Säuren auch) Amine unter Bildung von Citraten (Salze der Citronensäure) und vermindert so den intensiven Amingeruch.

Chemische Reaktionen

Amine reagieren mit Salpetriger Säure in Abhängigkeit vom eingesetzten Amin zu unterschiedlichen Produkten. Primäre Amine reagieren zu Diazoniumverbindungen. Alkyldiazonium-Ionen sind auch bei Temperaturen von 0 °C relativ instabil. Sie spalten Stickstoff ab und reagieren zu einem Carbokation. Anschließend reagieren sie zu einem Alken weiter. Sekundäre Amine reagieren zu Nitrosaminen und tertiäre Amine können langsam unter Abspaltung einer Alkylgruppe ebenfalls zu Nitrosaminen reagieren;[2] bei aromatischen tertiären Aminen findet eine Reaktion am aromatischen Ring statt und es entsteht eine aromatische Nitrosoverbindung. Besonders wichtig ist die Reaktion primärer aromatischer Amine.

Amine dienen als Reaktanten bei zahlreichen nukleophilen Substitutionen zur Bildung von beispielsweise Carbonsäureamiden/imiden oder Lactonen und Iminen, weswegen Amine als Schutzgruppen von Carbonylen eingesetzt werden können oder als chirale Auxiliare. Bei Eliminierungen werden voluminöse sekundäre oder tertiäre Amine als Protonenakzeptoren genutzt, die zwar basisch, aber nicht nucleophil sind. Weiterhin finden Amine, meist Diamine oder Triamine, Anwendung als Liganden in der Komplexchemie.

Verwendung

Amine werden zur Herstellung von Azoverbindungen verwendet, z. B. bei der Herstellung von Farbstoffen. Darüber hinaus sind Amine Bausteine für Agro- und Pharmachemikalien sowie für Tenside, Beschichtungen und Schmierstoffe. Im Bereich der Gießereitechnik finden Amine als Katalysator Anwendung, um den Aushärtvorgang der Bindemittel im Formsand bei der Kernherstellung nach dem Cold-Box-Verfahren zu beschleunigen. Als Katalysatoren dienen Amine auch zur Herstellung von Polyurethanen. Ihre puffernde Wirkung wird genutzt, wenn sie in wässrigen Systemen als Korrosionsinhibitoren eingesetzt werden. Ein weiteres wichtiges Anwendungsfeld ist die Gaswäsche in Raffinerien und Kraftwerken.

Nachweis von Aminen

Amine sind oft schon durch ihren charakteristischen stechenden Geruch erkennbar (ammoniakartig bis fischig). Das reicht aber für einen Nachweis nicht aus.

Zum Nachweis des Stickstoffs kann ein Natrium-Aufschluss der zu untersuchenden Substanz durchgeführt werden. In der neutralisierten Aufschluss-Lösung kann Stickstoff als Cyanid mit der Lassaigne-Probe als Berliner Blau nachgewiesen werden, oder, falls die Substanz gleichzeitig Schwefel enthielt, als Thiocyanat mit Eisen(III)-chlorid. Diese Nachweise sind allerdings nicht spezifisch für Amine, sondern zeigen nur an, dass die Analysensubstanz Stickstoff enthielt.

Dann kann der Substitutionsgrad des Amins nachgewiesen werden, also ob ein primäres/sekundäres/tertiäres Amin vorliegt. Dazu wird die Hinsberg-Trennung durchgeführt. Hierbei wird das Amin zu p-Toluolsulfonsäureamid umgesetzt:

  • Tertiäre Amine und quartäre Ammoniumsalze bilden keine Sulfonamide,
  • Sekundäre Amine bilden Sulfonamide, die nicht in Alkali löslich sind,
  • Primäre Amine bilden Sulfonamide, die in Alkali löslich sind

Die eindeutige Identifizierung eines unbekannten Amins erfolgt entweder massenspektrometrisch oder über ein geeignetes Derivat:

  • Primäre und sekundäre Amine: Als Derivat eignet sich das aus der Hinsberg-Trennung bereits gewonnene Sulfonamid (siehe oben).
  • Tertiäre Amine: Hier ist die Fällung des Pikrates zu empfehlen.

Primäre, sekundäre und tertiäre Amine können mittels HPLC chromatographisch ohne Derivatisierung getrennt werden. Die Detektion und Quantifizierung erfolgt mit einem massenselektiven Detektor (HPLC/MS). Zur eindeutigen Bestimmung von Aminen gleicher molarer Masse (z. B. Diethylamin und Butylamin) empfiehlt sich der Einsatz von Standardsubstanzen zur Kalibrierung.

Siehe auch

Literatur

  • Hans Beyer, Wolfgang Walter: Lehrbuch der Organischen Chemie. 22. Auflage. 1991, ISBN 3-7776-0485-2.
  • Autorengemeinschaft: Organikum. 22. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim, 2004, ISBN 3-527-31148-3.
  • Karl Schwister: Taschenbuch der Chemie. Hanser Fachbuchverlag, 2004.

Weblinks

 Commons: Amine – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Louis Frederick Fieser, Mary Fieser: Lehrbuch der organischen Chemie. 3. Auflage, Verlag Chemie, 1957, S. 254.
  2. Nitrosamine. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 13. Juni 2014.
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