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Alte Synagoge (Bückeburg)

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Heutiges Erscheinungsbild des Gebäudes

Die Alte Synagoge in der niedersächsischen Stadt Bückeburg befindet sich in der Bahnhofstraße. Das Gebäude dient heute den Zeugen Jehovas als Versammlungsort.

Geschichte

Als Vorgänger dieses Gebäudes diente der jüdischen Gemeinde Bückeburg bereits seit dem 17. Jahrhundert ein Haus in der Langen Straße. Erworben wurde dieses jedoch erst 1832. Die langwierigen Verzögerungen und Schwierigkeiten bei Herrichtung und Erwerb einer Gebetsstätte spiegeln den schwierigen Stand des Judentums in der Bückeburger Bürgerschaft wider. Nach Zunahme der Mitgliederzahl der Gemeinde im Laufe des 19. Jahrhunderts - wohl hauptsächlich durch Vergrößerung des Gemeindegebietes - wurde der Plan gefasst, ein eigenes Synagogengebäude zu bauen. Seit 1854 wurde das für den Neubau erforderliche Kapital angespart. Die Baukosten wurden auf 10.000 Reichstaler geschätzt, beliefen sich wohl auf 9000 Reichstaler, und wurden über ein Darlehen von 7000 Reichstaler teilfinanziert.

Das Gebäude an der Bahnhofstraße wurde am 29. August 1866 eingeweiht. Bei der Einweihungsfeier waren auch Vertreter der schaumburg-lippischen Regierung zugegen.[1]

1911 wurde die Gemeinde eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Ein Gemeindeaustritt bedeutete von nun an auch einen Religionsaustritt.

Zeit des Nationalsozialismus und Novemberpogrom

Seit Ende der 1920er Jahre war das Gemeindeleben fast zum Erliegen gekommen.[2] Endgültiger Schlusspunkt des jüdischen Kultus in Bückeburg war dann die Pogromnacht am 9. November 1938, in der ein Brandanschlag auf das Gebäude verübt worden ist. Der Brand wurde von der bereitstehenden Bückeburger Feuerwehr schnell gelöscht und der Anschlag wie im gesamten Reichsgebiet als "spontane Kundgebungen gegen das Judentum" von der heimischen Presse heruntergespielt. Die Pogrome sollten ja bekanntlich nicht als konzertierte Aktion der Nationalsozialisten erkennbar werden. Ab 1939 wurde das Gebäude als "Judenquartier" zweckentfremdet. Es diente neben anderen ehemals in jüdischem Besitz stehenden Wohnhäusern als erste Zwischenstation der enteigneten Juden auf dem Weg der Deportation in die Konzentrationslager.

Die organisationale Entmachtung der Gemeinde begann jedoch schon früher: Am 26. März 1933 verlor sie den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts und wurde am 27. Mai 1941 in die "Reichsvereinigung der Juden in Deutschland" eingegliedert.

Umnutzung des Gebäudes

Die Pläne der Toilettenanlage der geplanten Heeresmusikschule. Sie wurden nie umgesetzt.

Noch während der Deportation der Bückeburger Juden plante der seit 1935 amtierende nationalsozialistische Bürgermeister Albert Friehe die Umnutzung des Gebäudes als Heeresmusikschule. Die Pläne einer geplanten Toilettenanlage, die hinter den Gebäude errichtet werden sollte, sind erhalten, wurden jedoch nie umgesetzt. Die bürokratischen Hürden des NS-Staates verhinderten die Umnutzung: Nach Eingliederung der Kultusgemeinde in den Reichsverband der Juden in Deutschland war das Synagogengebäude in dessen Besitz. Bis das Gebäude geschätzt, ein Kaufpreis festgesetzt und die erforderlichen Genehmigungen zur Enteignung und Übertragung auf die Stadt Bückeburg eingeholt worden waren, befand sich die Reichsvereinigung in ersten Quartal 1943 kurz vor ihrer Auflösung. Der genaue Sachverhalt, warum die Übertragung auf die Stadt nicht zustande kam, ist den Quellen nicht zu entnehmen. Jedoch ist im Grundbuch 1950 notiert, dass dem Grundbuchamt zum Übergang des Gebäudes auf die Stadt "kein Vorgang zugegangen" sei.[3]

Durch Beschluss des Allgemeinen Organisationsausschusses in Celle vom 20. Mai 1952 wurde das Gebäude auf die Jewish Trust Corporation übertragen. Von dieser kaufte es im Februar 1954 der Bückeburger Bürger Wortmann, der den Zeugen Jehovas angehörte, für 16.500 DM.[3] Im Juli 1955 ging die alte Synagoge dann auf den Verein "Königreichssaal" über. Bis 1957 waren die Veränderungen an der Gebäudefassade abgeschlossen. Die Minarette, die bis dahin aus rein stilistischen Gründen die Fassade schmückten und keinen religiösen Zweck hatten, wurden entfernt und die Fassade insgesamt schlichter gestaltet.

1997 konnte nach langen Bemühungen einer Bückeburger Schülergruppe eine Gedenktafel vorne am Gebäude angebracht werden. Darauf ist zu lesen: „Dieses Gebäude diente von seiner Erbauung 1866 bis zum 9.11.1938 als Synagoge.“ Die Anbringung der Tafel sollte schon 1988 erfolgen, die Zeugen Jehovas lehnten dies jedoch „aus Gründen der politischen Neutralität“ ab. Auch der Text ist mit der Religionsgemeinschaft abgestimmt worden und dementsprechend nüchtern formuliert. Mit Mitteilung vom 17. September 2013 erkennen die Zeugen Jehovas dem Gebäude nun auch intern „Gedenkstättencharakter“ zu.[4]

Architektur

Die Synagoge vor der Umnutzung.

Der Architekt des Gebäudes ist unbekannt. Die alte Synagoge wurde im „neo-islamischem Stil“ errichtet, ihre Fassade jedoch mit der Umnutzung des Gebäudes durch die Zeugen Jehovas erheblich verändert. Das freistehende Gebäude lässt sich in einen straßenseitigen, querliegenden Baukörper, der Wohn- und Schulzwecken diente, und einem schmaleren, langgestreckten Baukörper, den eigentlichen Betsaal, gliedern. Es reiht sich heute in die Flucht gleichgroßer Häuser ein. Der vordere Baukörper zeichnete sich an den Ecken durch Minarette, die über die Traufe hinausragten, aus. Die Straßenfassade war durch zwei weitere Minarette in drei Teile gegliedert. In der Mitte befand sich ein Portal als Hauptzugang zum Gebäude. Ein minimales Gesims trennt Erd- und Obergeschoss voneinander, während die Fassade nach oben durch ein aufgesetztes Halbgeschoss abgeschlossen wurde.

Der hintere, niedrigere Teil des Gebäudes war Außen sparsam gegliedert. Es sind noch heute einfache Rundbogenfenster im Erdgeschoss und Lisenen und Spitzbogenfenster im Obergeschoss erkennbar. Das Innere, als Emporenbasilika mit nach Osten geschobener Bima gestaltet, lässt sich dem „Alhambra-Stil“ zuordnen. Es waren Bögen und Bogenhälften in das Holzskelett eingesetzt, die wohl auch orientalisch bemalt waren. Insgesamt kann die Alte Synagoge in ihrer Architektur als typisch für die damalige Zeit gelten. Der neoislamische Stil wurde gewählt als sichtbarer Ausdruck der jüdischen Emanzipation. Die Juden waren in der Gesellschaft angekommen und stellten dies auch selbstbewusst dar.[5]

Einzelnachweise

  1. Carolin Weichselgartner: Die Synagoge in Bückeburg. In: Schaumburg-Lippische Heimatblätter 4/1986
  2. Herbert Obenaus et al. (Hrsg.): Historisches Handbuch der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen. Göttingen 2005, Wallenstein
  3. 3,0 3,1 Amtsgericht Bückeburg, Grundbuch der Stadt Bückeburg, Band 47, Nr. 922
  4. Mindener Tageblatt vom 17. September 2013, S. 21
  5. Elmar Mittler (Hrsg.): Jüdischer Glaube, jüdisches Leben, Juden und Judentum in Stadt und Universität. Göttingen 1996

Weblinks

 Commons: Alte Synagoge (Bückeburg) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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