Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Haarausfall

Aus Jewiki
(Weitergeleitet von Alopecia)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Dem Menschen fallen durchschnittlich zwischen 70 und 100 Kopfhaare pro Tag aus, aber da die Haarwurzeln normalerweise in der Kopfhaut verbleiben und wieder nachwachsen, werden die ausgefallenen Haare ständig ersetzt und der Haarausfall ist nicht sichtbar. Mit Haarausfall ist somit der permanente Haarausfall gemeint, bei dem die ausgefallenen Haare nicht wieder nachwachsen. Die Grenzen vom nicht-haarvermindernden Ausfall bis zum stark haarvermindernden Ausfall sind nicht starr gesetzt. Es hängt davon ab, wie leicht und in welchen Bereichen wie viele Haare ausfallen.

Bei Haarausfall unterscheidet man grundsätzlich zwischen:

  1. Effluvium (aus dem lat. Ausfall): Dies bezeichnet den Vorgang des über die Norm gesteigerten Haarausfalls. Gesteigerter Haarausfall führt nicht notwendigerweise zu einer Alopezie.
  2. Alopezie/Alopecia: Dies bezeichnet ganz allgemein eine sichtbare Lichtung des Kopfhaars, d. h. einen Zustand mit abnorm „schütterem“ Haupthaar (Hypotrichose) oder mit haarlosen Hautbezirken (Alopezie im engeren Sinne).

Arten des Haarausfalls und deren Ursachen

Androgenetischer Haarausfall (AGA)

Ursache für den häufig als erblich bedingt bezeichneten Haarausfall (alopecia androgenetica oder androgenetische Alopezie, durch Androgene hervorgerufener Haarausfall) ist eine Überempfindlichkeit der Haarfollikel gegen das Steroidhormon Dihydrotestosteron (DHT). Hierdurch hervorgerufener Haarausfall ist genetisch bedingt.[1]

Da DHT auch in der Kopfhaut vorhanden ist und eine ererbte Überempfindlichkeit dafür besteht, wird die Wachstumsphase (Anagenphase) des Haars verkürzt. Ein glatzköpfiger Mann hat dementsprechend nicht weniger Haarfollikel als ein Mann mit vollem Haarwuchs, lediglich die Wachstumsphase des Haars ist derart verkürzt, dass es – vergleichbar z. B. mit den Härchen auf der Stirn – kaum noch sichtbar hervortritt. Die Haarfollikel verkümmern also nach und nach, was auf die Überempfindlichkeit auf das DHT zurückzuführen ist. Unempfindlich gegen DHT ist das Kopfhaar im Hinterkopf- und Nackenbereich; es fällt deshalb auch nach einer Transplantation auf den Oberkopf nicht aus.

DHT entsteht aus der Umwandlung des Hormons Testosteron mittels des Enzyms 5α-Reduktase. DHT ist sehr wichtig für die Entwicklung des männlichen Embryos/Fötus und später in der Pubertät für die Entwicklung vom Jungen zum Mann. Welche Funktionen und Wichtigkeit das DHT nach der abgeschlossenen Pubertät hat, ist noch nicht völlig geklärt. Es scheint bei erblicher Veranlagung jedoch ein Zusammenhang zwischen DHT und Herz-/Kreislauf- und Prostataerkrankungen zu bestehen.[1]

Anfang 2012 konnte das Hormon Prostaglandin D2 (oder kurz: PGD2) als eigentlicher Inhibitor (= Hemmstoff) des Haarwachstums bei der androgenetischen Alopezie identifiziert werden.[2] Von den Forschern wird vermutet, dass Prostaglandin F2α ein möglicher Antagonist sei und die Haarmatrix wieder zum Sprießen anregen könnte. [3][4]

Man spricht im Zusammenhang mit androgenetischem Haarausfall bei männlichen Jugendlichen, bei denen dieser familiär gehäuft auftritt und meistens am Vorderkopf und an den Schläfen beginnt („Geheimratsecken“, „Stirnglatze“), auch von Alopecia praematura oder simplex. Daher setzen viele Medikamente (z. B. Propecia, Pantostin, Ell-Cranell alpha) darauf, die Wirkung des DHT zu vermindern oder dessen Entstehung aus Testosteron zu hemmen.

Durch die Behandlung hormonabhängiger Tumoren wie Brustkrebs mit Aromatasehemmern können auch Frauen mit entsprechender genetischer Disposition androgenetischen Haarausfall entwickeln.

Alopecia areata

Alopecia areata

Unter Alopecia areata (auch: Alopecia circumscripta / Pelade / Areata celsis / kreisrunder Haarausfall) versteht man einen runden, lokal begrenzten krankhaften Haarausfall (bei über 80 % der betroffenen Personen ausgehend vom Kopf; bei Männern auch im Bartbereich oder in Ausnahmefällen im Bereich der Körperbehaarung), der erstmals von Hippokrates erwähnt wurde und damals in Anlehnung an eine Fuchskrankheit so genannt wurde (altgriech. ἀλώπηξ alopex „Fuchs“), weil man beobachten konnte, dass manchen Füchsen die Haare fleckenförmig ausfielen.

Alopecia areata ist die häufigste entzündliche Haarausfallerkrankung (ca. 1,4 Mio. Menschen in Deutschland) und tritt in jedem Lebensalter auf, bevorzugt im zweiten und dritten Lebensjahrzehnt. Typischerweise liegen am behaarten Kopf eine oder mehrere kreisrunde kahle Stellen vor. Daher spricht man auch von kreisrundem Haarausfall. Im Randbereich findet man häufig sogenannte „Ausrufezeichen-Haare“. Dies sind kurz abgebrochene Haare, die an ihrem Ende immer dünner werden. Die Kahlstellen sind glatt, eingesunken, nichtschuppend, und die Haarfollikel bleiben erhalten. Häufig bestehen zusätzlich Veränderungen der Fingernägel mit Grübchen, Rillen oder sandpapierartigen Aufrauhungen.

Man nimmt an, dass Immunzellen, die sich eigentlich um die Abwehr von Viren, Bakterien und Pilzen kümmern sollen, ihre Aktivität gegen die Zellen in den Haarwurzeln des eigenen Körpers richten (Störung des Immunsystems/Autoimmunreaktion). Die Haare werden somit vom Immunsystem als „fremd“ erkannt und deshalb abgestoßen. Dies geschieht, indem zunächst eine Entzündungsreaktion entsteht, die das Haarwachstum stört und schließlich zum Ausfallen des Haars führt. Bei vielen Menschen wachsen diese kahlen Stellen auch ohne Behandlung wieder zu und sind daher lediglich zeitlich begrenzt. Jedoch kann der Haarausfall auch weiter fortschreiten und zum Verlust aller Kopfhaare (Alopecia totalis) oder auch zum Verlust aller Körperhaare (Alopecia universalis) führen.

Alopecia areata unter dem Kinn

Eine psychische Auslösung hat sich in Studien bisher nicht nachweisen lassen, obwohl man davon ausgeht, dass ein Schockerlebnis oder zu viel Stress der Auslöser von Alopecia areata sein können. Dies wird jedoch weiterhin sehr kontrovers diskutiert. Eine gewisse Vererbungskomponente liegt sicherlich vor, da über eine familiäre Häufung in 10–25 % der Fälle berichtet wird.

Folgende Methoden werden meistens angewendet, um den Stand der Alopecia areata festzustellen:

  • Kopfhautbiopsie: ein wenig Kopfhaut wird entnommen und untersucht
  • Trichogramm: mind. 50 Haare werden ausgerissen und dann untersucht

Eine Sonderform der Alopecia areata ist die Alopecia areata atrophicans, welche auch Pseudopelade Brocq genannt wird. Sie tritt besonders bei Frauen zwischen 30 und 55 Jahren auf und beginnt schleichend mit kleinen haarlosen Flecken und geröteter, glänzender Haut. Der Haarverlust ist hierbei – im Gegensatz zur häufigen Wiederbehaarung bei der normalen Alopecia areata – langsam und fortschreitend und nicht reversibel, da es hierbei zu einer herdförmigen Zerstörung der Haaranlagen kommt.

Behandlungserfolge bei kreisrundem Haarausfall:

Die wirkungsvollste Behandlung ist die topische Immuntherapie, die einen sehr hohen Prozentsatz an Heilung verspricht. Viele Unikliniken in Deutschland bieten diese an, obwohl sie nach wie vor nicht zugelassen ist. Dabei wird DCP (Diphenylcyclopropenon) oder auch bei Nichterfolg SADBE (Quadratsäuredibutylester) auf die Kopfhaut aufgetragen und eine Abwehrreaktion hervorgerufen. Die körpereigenen Abwehrstoffe, die für den Verlust der Haare verantwortlich sind, werden so auf dieses Präparat gelenkt und schaffen eine Ablenkreaktion. Die eigenen Haare können in Ruhe wieder wachsen. Die Nebenwirkungen sind u.a. Rötung, Juckreiz und Schuppung der Kopfhaut.

Erfahrungsgemäß wird von Ärzten in erster Linie eine lokale Behandlung mit stark wirksamen Glucocorticoid-Lösungen (Mometason, Clobetasol) angeraten, da diese Substanzen ebenfalls eine immunsuppressive Wirkung besitzen. Die Therapie ist meist längerfristig über Monate ausgelegt, aber nicht unbedingt aussichtsreicher. Zeitgleich, besonders bei sichtbaren Hautstellen wie im Gesicht, empfehlen Dermatologen spezielle Hautpflegemittel (z.B. Episoft A) einzusetzen, um die Nebenwirkungen (u.a. Verdünnung des Hautepithels) gering zu halten.

Eine weitere Behandlungsmöglichkeit ist die sogenannte PUVA-Therapie mit ultravioletten Strahlen bestimmter Wellenlänge in Kombination mit Psoralen, einem Medikament, das die Haut lichtempfindlicher macht. Die Expertenmeinungen zu dieser Methode gehen auseinander, zumal ihre langfristige Anwendung das Risiko erhöht, an Hautkrebs zu erkranken. PUVA wird daher nur noch selten angewendet.

Derzeit forschen Wissenschaftler an spezifisch wirkenden Immunsuppressiva, also Substanzen, die Allergien und Autoimmunerkrankungen gezielt unterdrücken. Es ist denkbar, dass man eines Tages auch einen Wirkstoff findet, der bei kreisrundem Haarausfall hilft und kaum Nebenwirkungen hat.

Ein weiterer Ansatzpunkt für Mediziner sind spezielle Östrogenrezeptorblocker. Diese Substanzen werden derzeit erforscht.

Diffuser Haarausfall

Vom diffusen Haarausfall (diffuse Alopezie, telogenes Effluvium) spricht man, wenn die Haare vom gesamten Kopf abfallen. Dieser Haarausfall tritt mehr bei Frauen als bei Männern auf. Ursachen können Hormonschwankungen, Schilddrüsenerkrankungen, Eisenmangel, Infektionen, Kopfhauterkrankungen, Lupus, Stress oder eine Fettunterversorgung sein. Einige Medikamente (so z. B. der Wirkstoff Methylphenidat, der in der Behandlung von ADHS und Narkolepsie eingesetzt wird) können ebenfalls zu Haarausfall führen. Auch Infektionen (A. symptomatica) können zu einem zeitlich begrenzten Haarverlust führen. Dazu gehören unter anderem: Impetigo contagiosa, Karbunkel, Wundrose und Gürtelrose. Eine einheitliche Diagnosemethode gibt es hier nicht, weil viele Faktoren mit hineinspielen.

Weitere Formen

Neben diesen typischen Alopecie-Formen gibt es noch folgende:

  1. A. actinica: strahlenbedingte A.
  2. A. mechanis (Alopecia traumatica): Haarausfall aufgrund von Druck, Zug oder Reibung; z. B.: durch Haarausreißen, Tragen von schweren Lasten auf dem Kopf oder langes Aufliegen des Kopfes bei Bettlägerigen oder Säuglingen. Hier gibt es auch mehrere Unterformen wie die A. liminaris, A. marginalis frontalis traumatica, Kissen-A., Säuglingsglatze (= A. neonatorum),
  3. A. seborrhoica: Haarausfall mit begleitender Überproduktion von Talg (siehe Seborrhö),
  4. A. muciosa: Haarausfall infolge Muzinose,
  5. A. parvimaculata: Haarausfall infolge einer Infektion,
  6. A. senilis: normaler Haarausfall im Alter,
  7. A. specifica / A. syphilitica: Haarausfall im Zuge des 2. Syphilis-Stadiums (siehe Syphilis),
  8. A. triangularis congenita Sabouraud: angeborene Haarlosigkeit in einem dreieckigen Bereich an den Schläfen, dessen Ursache ein Mangel an Haarfollikeln in diesem Hautbezirk ist,
  9. A. congenita: angeborene Haarlosigkeit am gesamten Körper.

Zytostatikatherapie/Radiotherapien

Durch die Gabe bestimmter Chemotherapeutika wird die Produktion eines Haares in der Haarwurzel kurzfristig gestört. Im Anschluss wächst das Haar normal weiter aus der Haarwurzel heraus. Kommt nun aber die fehlerhafte Stelle an die Hautoberfläche, was je nach Wachstumsgeschwindigkeit etwa 2–3 Wochen dauert, bricht es ab. Es „fallen“ büschelweise die Haare „aus“, wobei es eigentlich nur zu einem massiven Abbrechen kommt. Die Haare wachsen fast immer nach, da es eigentlich nie zu einer massiven Schädigung aller Haarwurzeln kommt.

Durch lokale gezielte Kälteeinwirkung (Hypothermie) wird die Durchblutung im Haarwurzelbereich nahezu unterbunden. Das Chemotherapeutikum kann dann seine schädigende Wirkung an den Haarwurzeln nicht entfalten. Dem Verlust der Haare wird so entgegenzuwirken versucht. Die Hypothermie ist aber nur unter bestimmten Bedingungen (Intensität/Dauer der Behandlung) und bei bestimmten Zytostatika wirkungsvoll.

Die Radiotherapie (Bestrahlung) kann lokal (nur im bestrahlten Feld) zu einem Haarverlust führen. Bei intensiver Bestrahlung kann es zu einer Zerstörung der Haarwurzeln kommen, so dass der Haarverlust irreversibel ist.

Weitere Ursachen

Neben den bereits erwähnten Ursachen für Haarausfall kann dieser im Zuge von Hungerkuren, bei Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes Mellitus, Morbus Crohn (einer Entzündung der Darmwand), bei Bulimie (einem krankhaften übermäßigen Essbedürfnis mit anschließendem selbstherbeigeführten Erbrechen bzw. Abführmittelmissbrauch), bei Anorexie (Magersucht), bei Hypothyreose (einer Unterfunktion der Schilddrüse), selten auch bei einer Schilddrüsen-Überfunktion, bei Anämie (einer Verminderung bzw. Missbildung roter Blutkörperchen bzw. deren erniedrigtem Hämoglobingehalt) hervorgerufen werden. Auch bei Grippe, dem Erysipel (der Wundrose, einer meistens durch Streptokokken hervorgerufenen Hautinfektion), bei Infektionskrankheiten wie Typhus und Scharlach, bei Lupus und bei Depressionen kann Haarausfall vorkommen. Auch Geschlechtskrankheiten wie Syphilis (im zweiten und dritten Stadium) und Pilzerkrankungen können zu Haarausfall führen. Als Ursachen werden Allergien, Gefäßspasmen, Herdgeschehen, Unterfunktion der Hirnanhangdrüse (Hypophyse), Fehlfunktion des Sympathikusnervs sowie psychische Traumata ins Auge gefasst. Das giftige Metall Thallium erzeugt bereits in Mengen unter einem Gramm Haarausfall.

Ein erheblicher Mangel an den Vitaminen K, H, A und B sowie an den Spurenelementen Zink oder Selen, der durch einseitige, über längere Zeit durchgeführte Diäten entsteht, kann ebenfalls Haarausfall auslösen. Auch eine massive Überdosierung an Folsäure, Vitamin A und C kann zum selben Effekt führen, besonders dann, wenn eine Nierenfunktionsstörung vorliegt. Auch eine vorgeschädigte Leber kann haartoxische Substanzen manchmal nicht schnell genug aus dem Stoffwechsel ziehen und abbauen.

Auch bestimmte Medikamente wie Antikoagulantien (blutgerinnungshemmende Medikamente in hoher Dosierung), Beta-Blocker, Retinoide (Vitamin-A-Derivate, die bei Hautkrankheiten eingesetzt werden), Thyreostatika (Schilddrüsen-Medikamente), Gestagene (Kontrazeptiva), Statine (Cholesterinsenker), Pestizide sowie ionisierende Strahlung können zu Haarausfall führen.

Weiterhin liegen Hinweise darauf vor, dass ein Zusammenhang zwischen Nikotinkonsum und Haarausfall bei Männern bestehen könnte[5].

Im Unterschied zu androgenetischem (erblichem) Haarausfall fällt das Haar durch diese Ursachen jedoch in der Regel diffus/ganzkörperlich und nicht in den typischen männlichen Stadien des Hamilton-Norwood-Schemas bzw. fraulichen Stadien mit diffusem Haarausfall mit Haarkranz am Kopf aus.

Aufgrund der hormonellen Schwankungen leiden Frauen oftmals in der Schwangerschaft und Stillzeit unter Haarausfall.

Feststellung der Ursachen des Haarausfalls

Um die mögliche Ursache des Haarausfalls herauszufinden, wird die Durchführung folgender Bluttests empfohlen: Blutbild, Blutsenkung, Schilddrüsen- und Nierenfunktionsparameter, Eisen im Serum, Eisenbindungskapazität, Zink und Selen aus dem Vollblut, Calcium aus dem Serum und dem Vollblut, Transaminasen und Immunglobulin E (IgE)-Spiegel. Wichtig sind auch die Hormone Testosteron, Östrogen und Progesteron sowie die antinukleären und Schilddrüsen-Antikörper.

Haarausfall und „Kopfhautschmerzen“, „Haarschmerz“

Rund ein Drittel der weiblichen und etwa 10 % der männlichen Haarausfall-Patienten leiden Studien zufolge zeitgleich unter „Haarschmerz“, „Haarkatarrh“, „Kopfhautschmerzen“ (Trichodynie).[6][7] Dieses Jucken, Spannen, Brennen oder Schmerzen auf der Kopfhaut bereitet den Betroffenen zusätzlich zum Haarausfall große Probleme.

Behandlung

Dem Haarausfall kann man unterschiedlich begegnen: Zum einen kann versucht werden, ihn medikamentös zu behandeln oder ihn mit kosmetischen Hilfsmitteln kaschieren. Bei starkem Haarausfall ist der Besuch eines Hautarztes empfehlenswert. Der normale Haarausfall wird mit etwa 60–120 Haaren pro Tag angegeben, bei Frauen gibt es allerdings hormonbedingte Schwankungen, die Einfluss auf das Haarwachstum haben können.

Medikamentöse Behandlung

Bei der Behandlung von Haarausfall gibt es verschiedene Behandlungsansätze. Die Medikamente werden entweder oral eingenommen oder topisch auf die betroffen Hautstellen aufgetragen. Hierbei ist zu beachten, dass sich die Medikation von Männern und Frauen zumeist unterscheidet.

  1. Beeinflussung des Hormonstatus: Oft ist die Ursache für den Haarausfall ein zu hoher Spiegel von Dihydrotestosteron, welches dem aktivierten Testosteron entspricht. Bei Männern kann versucht werden, die Umwandlung von Testosteron in Dihydrotestosteron zu hemmen. Beispiele für Wirkstoffe, die diesen Mechanismus anwenden, sind zum einen Finasterid (siehe auch Post-finasteride syndrome) oder Dutasterid, wobei Dutasterid jedoch für diese Anwendung nicht zugelassen ist (nur Off-Label-Use möglich). Hierbei muss beachtet werden, dass gerade schwangere Frauen diese Substanzgruppe keinesfalls einnehmen dürfen, da dies ihr Kind gefährden kann. Anders als bei Männern kann bei Frauen versucht werden, Antiandrogene wie Cyproteron einzusetzen. Die meisten dieser Stoffe sind verschreibungspflichtig.
  2. Minoxidil ist eine flüssige Substanz, die man auf die betroffenen Stellen aufträgt.
  3. Alfatradiol ist ein Stereoisomer des weiblichen Sexualhormons 17β-Estradiol. Es ist in Deutschland als Medikament gegen androgenetischen Haarausfall bei Männern und Frauen zugelassen und insgesamt gut verträglich. Aufgrund des Anteils an 2-Propanol kann bei der Anwendung ein kurzfristiges Brennen auf der Kopfhaut entstehen.
  4. Hauptsächlich gegen die Alopecia areata bzw. entzündliche Veränderungen der Kopfhaut angewendet werden cortisonhaltige Medikamente. Bei dieser Erkrankung gibt es außerdem eine Reiztherapie.
  5. Gegen diffusen Haarausfall gibt es unterschiedliche rezeptfreie Produkte, die oft unter anderem Cystin und B-Vitamine enthalten, die den Haarausfall stoppen und das Haarwachstum wieder normalisieren sollen. Cystin ist der Hauptbestandteil des Haarkeratins, die Vitamine B1 und B5 spielen bei der Zellteilung, also auch der Bildung von neuen Haarzellen, eine wichtige Rolle. Ferner gibt es rezeptfreie Aufbaustoffe, deren Wirksamkeit aber nur teilweise wissenschaftlich belegt ist. Man kann z. B. Biotin-Präparate (auch Vitamin H oder Vitamin B7 genannt) verwenden. Biotin ist essentiell für die Bildung der Hornsubstanz Keratin und trägt somit wesentlich zum gesunden Wachstum von Haut, Haaren und Fingernägeln bei. Hochdosiert kann es das Haarwachstum fördern und die Haarqualität und Widerstandsfähigkeit (z. B. bei dünnem oder brüchigem Haar) verbessern. Es ist allerdings in größeren Studien noch nicht gezeigt worden, dass Biotin gegen Haarausfall hilft.

Für fast alle Produkte gilt: Setzt man die Substanz ab, so fällt das neugewonnene Haar wieder aus. Das heißt, man muss die Substanzen ein Leben lang einnehmen bzw. auftragen, um einen dauerhaften Erfolg zu erreichen. Alle Präparate benötigen mindestens zwei Monate, bevor überhaupt eine Besserung möglich ist, da ein neuwachsendes Haar diese Zeit benötigt, um durch die Haut zu wachsen. Finasterid-basierte Produkte müssen etwa sechs Monate angewandt werden, bevor erste Erfolge sichtbar werden können.

Behandlungserfolge

Die Stiftung Warentest untersuchte 2003 in einer umfassenden Studie[8] 21 häufig verkaufte bzw. verschriebene Mittel gegen androgenetischen Haarausfall. Darunter befanden sich Arzneimittel, Kosmetika, Haarelixiere, Shampoos und Haarkuren. In einer Bewertungsskala von 1 (geeignet) bis 4 (wenig geeignet) wurden 19 der Mittel mit der Note 4 (wenig geeignet) bewertet. Die abschließende Bewertung zu den gesamten frei verkäuflichen Mitteln gegen Haarausfall lautete: „Eine spezifische Wirkung bei Haarausfall ist wissenschaftlich nicht ausreichend belegt, deshalb zur Behandlung von Haarausfall wenig geeignet“. Auch bei den Arzneimitteln schnitten fast alle untersuchten Mittel mit der Note 4 (wenig geeignet) ab. Lediglich zwei Arzneimittel erreichten die Bewertungsstufe 3 (Finasterid, Minoxidil). Beide Behandlungsansätze wirken sich in einer nachgelagerten Phase der Verursachungskette ein wenig auf die Durchblutung der Kopfhaut beziehungsweise auf die Anlagerung von DHT aus.

Haartransplantation

Der letzte Ausweg ist die Haartransplantation, welche jedoch nicht bei an einer Autoimmunkrankheit oder an entzündlichem Haarausfall leidenden Personen angewendet werden kann.

Kaschieren

Kaschieren bzw. Kosmetik ist eine häufig angewendete Methode, um die Zeit zu überbrücken, bis die anderen Mittel angeschlagen haben. Denkbar sind hierbei diverse Methoden der Haarverdichtung (sofern wenig Resthaar vorhanden) oder Haarteile (bei fehlendem Resthaar oder großen kahle Stellen). Eine weitere Möglichkeit ist es den Kopf ganz zu rasieren.

Sonstiges

Darüber hinaus gibt es noch zwei Ansätze bei der Behandlung von Alopecia areata. Die erste Variante ist, das Immunsystem so weit zu schwächen, dass es die Haare nicht mehr angreifen kann. Die zweite Variante ist, dem Immunsystem beizubringen, die Haare nicht mehr anzugreifen und abzustoßen.

Haarausfall – Einfluss auf Psyche und Berufswahl

Selbstbild/Fremdbild – Psyche

Nach Ansicht des Psychologen Ronald Henss (Universität Saarbrücken)[9], sind die Auswirkungen des (männlichen) Haarausfalls primär psychischer Natur und lassen sich aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten, u.a.:

  • Wirkung auf Andere (Fremdbild)
  • Psychologische Konsequenzen (Selbstbild, psychische Probleme)
  • Soziale Konsequenzen (z. B. Partnerschaft, Beruf)

Ausführliche Darstellungen zur Wirkung auf Andere bieten z. B. die hair-language Studien von Reinhold Bergler.[10] Dabei wurden die Probanden u.a. gebeten, Eigenschaften von Personen zu bewerten, die über volles Haar verfügten oder unter Haarausfall in den unterschiedlichen Verlaufsformen (Hamilton-Norwood-Schema, Ludwig-Schema) litten.

Zu bewertende Eigenschaften waren u.a.

  • Optimismus, Flexibilität, Jugendlichkeit
  • Soziale Aufgeschlossenheit, Lebenszufriedenheit, Spontaneität, Durchsetzungsvermögen
  • Sportliche Aktivität, Gesundheitsbewusstsein, Intelligenz
  • Physische Attraktivität und (eingeschätztes) Selbstwertgefühl
  • Berufliche Orientierung und Leistungsmotivation
  • Soziale Attraktivität und Modebewusstsein
  • Ordnungswille

An diesen Kriterien orientiert werden Männer mit wenigen oder keinen Haaren im Vergleich zu Männern mit vielen Haaren z. B. als älter und intelligenter [11], aber auch als weniger dominant, weniger dynamisch und weniger maskulin wahrgenommen [12].

In der Eigenwahrnehmung der Betroffenen geht der Verlust der Haare z. B. mit dem Verlust des Selbstwertgefühls, Introversion, Depressionen, Neurotizismus und Gefühlen der Unattraktivität im Selbstbild einher [13]. Dieses negative Selbstbild kann sich im sozialen Umfeld, in der beruflichen Entwicklung und selbstverständlich auch im Bereich der Partnerwahl auswirken.

Einfluss von Haarausfall auf Personalentscheidungen

Neben den oben beschriebenen Einflüssen von Haarausfall auf Fremd- und Selbstbild – und somit auch auf die Partnerwahl – stellt eine EMNID-Studie aus dem Jahr 1999 die Auswirkungen der Fremdwirkung von Haarausfall für Personalentscheidungen dar.[14] Danach werden Bewerber, die auf dem Foto ihrer Bewerbungsunterlagen volles Haar hatten, von Personalleitern deutlich häufiger zum Bewerbungsgespräch eingeladen als bei Bewerbern bzw. Bewerbungen mit schütterem Haar – bei sonst gleichen Voraussetzungen.

Umstrittene Studie: Eine Glatze verschafft Macht und Erfolg

Laut einer umstrittenen Studie[15] aus dem Jahr 2012 von Albert Mannes von der Wharton Business School wird die Glatze gesellschaftlich mittlerweile anders beurteilt. Er fand heraus, dass die Glatze für Größe, Achtung und Macht steht. Unbehaarte wirken dominanter und kräftiger. Sie wurden im Experiment um durchschnittlich 2,5 cm größer eingeschätzt. Weitere Eigenschaften, die mit Glatze in Verbindung stehen sind Aggressivität, Männlichkeit, Wettbewerbsstärke und Erfolg. Dagegen wirken Toupets und überkämmte Haarlücken als lächerlich. Nach anderer Auffassung sind solche Studien hingegen falsch.[16]

Alopezie bei Tieren

Haarausfall kommt auch bei Lebewesen vor, die meist am ganzen Körper Haare tragen. Im April 2012 wurden in Alaska neun Eisbären mit Alopezie, also dem Verlust von Fell, sowie anderen Hautveränderungen gefunden. Ihre Schnauzen, Gesichter, Augen, Ohren und Hals waren am häufigsten betroffen. Die Ursache und die Bedeutung dieser Veränderungen sind bis jetzt unbekannt. Laufende Untersuchungen versuchen zu klären, ob ein Zusammenhang mit der zwischen den Symptomen von Eisbären und einer Krankheit, die im Jahr 2011 arktische Robben aus derselben Region getötet hat, besteht. Trotz umfangreicher Tests für eine Vielzahl von bekannten Krankheitserregern ist die Ursache dieser Krankheit ebenfalls unbekannt. Ursachen können sowohl vom Menschen geschaffene als auch natürliche Einflüsse sein: Biotoxine, Strahlung, Schadstoffe, Autoimmun-Erkrankungen, Ernährungs-, Hormon- und Umweltfaktoren.[17]

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Alopecia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Haarausfall – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Androgenetic alopecia
  2. Luis A. Garza et al.: Prostaglandin D2 Inhibits Hair Growth and Is Elevated in Bald Scalp of Men with Androgenetic Alopecia. In: Sci Transl Med. 4, Nr. 126, 2012, S. 126ra34. doi:10.1126/scitranslmed.3003122.
  3. Ärzteblatt.de Androgenetische Alopezie: Prostaglandin erklärt Haarausfall
  4. sciencenews.org The yin and yang of male pattern baldness
  5. Smoking accelerates men’s hair loss
  6. Rebora A, Semino MT, Guarrera M.: Trichodyniea Dermatology 1996, 192(3): 292–293
  7. Kivanc-Altunay I. et al.: The presence of trichodynia in patients with telogen effluvium and androgenetic alopecia". Int J Dermatol. 2003 Sep;42(9):691–3
  8. Test Mittel gegen Haarausfall Stiftung Warentest 10/2003
  9. Ronald Henss: Social perceptions of male pattern baldness. A Review. In: Dermatology + Psychosomatics, 2, 2001, S. 63-71
  10. Bergler, R., Hoff, T.: Psychologie des ersten Eindrucks, Die Sprache der Haare, Dt. Inst.-Verl., 2001
  11. vgl. Wogalter, M.S. et al. (1991). Effects of cranial and facial hair on perceptions of age and person. Journal of Social Psychology, S. 589–591
  12. Butler J. et al. (1998): impression formation as a function of male baldness. Perceptual and Motor Skills, 86, S. 347–350
  13. Wells et al. (1995): Does fortune favour the bald? Psychological correlates of hair loss in males, British Journal of Psychology, 86, S. 337–344
  14. Tischer, B.: Einfluss von Haarausfall auf Personalentscheidungen. EMNID-Institut, Healthcare, Pullach 1999
  15. Zeit Online: Eine Glatze verschafft Macht und Erfolg 11. Oktober 2012, abgerufen am 23. Februar 2013
  16. faz.net:Haarausfall ist kein Schicksal mehr
  17. NABU Pressemeldung 15. April 2012
Gesundheitshinweis Bitte den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Haarausfall aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.