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Aktion Bernhard

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Aktion Bernhard (auch Unternehmen oder Operation Bernhard) wurde eine Geldfälschungsaktion des Sicherheitsdienstes (SD) im Reichssicherheitshauptamt (RSHA) im nationalsozialistischen Deutschen Reich genannt. Sie ist die bislang größte bekannte Geldfälscheraktion der Geschichte.

Ablauf

Walter Schellenberg, der Chef des SD, benannte die Aktion nach ihrem Leiter, dem Sturmbannführer Bernhard Krüger. Zuständig für die Operation Bernhard im RSHA war vermutlich das „Amt VI (SD Ausland) F (Technische Hilfsmittel)“. Ursprünglich hieß sie Aktion Andreas, nach dem Andreaskreuz im Union Jack.

Die Geldfälschungsaktion wurde von Adolf Hitler persönlich abgesegnet, dieser empfahl, sich vorerst auf das Pfund als Währung zu beschränken, wenngleich auch Dokumente wie Pässe, Urkunden und Briefmarken gefälscht wurden, die u. a. zur Verwirrung im Ausland und für die Spionage dienten.

Für die Aktion war ein erheblicher Aufwand notwendig, so musste der Algorithmus der Seriennummern und die Ausgabezeit mit realen Banknoten übereinstimmen, die Qualität sollte mit der von echten Banknoten vollkommen übereinstimmen. Die richtige Zusammensetzung des Papiers stellte dabei ein großes Problem dar, erst nach hunderten von Versuchsreihen wurde die Zusammensetzung ermittelt und imitiert. Das Papier für die Geldfälschungsaktion stammte aus der Papierfabrik Spechthausen im Landkreis Oberbarnim in der Provinz Brandenburg. Die Papierfabrik stellte von 1874 bis 1945 das Papier für die Reichskassenscheine und fast alle Banknoten sowie Wert- und Kreditbriefe, Aktien, Schecks und andere Wertpapiere für das Deutsche Reich her. Drucktechnisch wurde dieser Staatsauftrag im KZ Sachsenhausen nördlich von Berlin realisiert.[1][2]

Im KZ Sachsenhausen, in den KZ-Baracken 18 und 19, fälschten 144 jüdische Häftlinge mit Hilfe professioneller Geldfälscher ausländische Währungen, vor allem englische Pfundnoten mit Nennwert in Höhe von 132 Millionen Pfund, um die Volkswirtschaften der Alliierten zu destabilisieren. Das entspricht 15 Prozent des britischen Bargeldumlauf. Einen Höhepunkt erreichte die Produktion im Sommer 1943 mit monatlich etwa 650.000 Banknoten.

Von 1942 bis 1945 wurden Banknoten zu 5, 10, 20 und 50  £ hergestellt. Später wurde der Plan aufgegeben, die falschen Pfundnoten in größerem Umfang in Umlauf zu bringen. Stattdessen wurden damit Devisen gekauft und verschiedene Aktionen der SS mit den gefälschten Pfundnoten unterstützt. So wurde z. B. der Spion Cicero (Elyesa Bazna) mit gefälschten Pfundnoten bezahlt.

Gegen Ende des Krieges wurden Druckplatten und verbliebenes Falschgeld im österreichischen Toplitzsee versenkt. Dort wurden sie zum Teil 1959 von Tauchern wieder geborgen.

Die Fälschungen waren so perfekt, dass sie fast nicht vom Originalgeld unterschieden werden konnten. Einer der ehemaligen Häftlinge konnte jedoch zur Überraschung seiner britischen Befrager mit erstaunlicher Schnelligkeit gefälschte Noten erkennen. Als Erklärung gab er an, dass die druckfrischen Noten noch nachbearbeitet wurden, um diesen das Aussehen gebrauchter Scheine zu verleihen. Dazu gehörte auch das Zusammenheften von Scheinen mittels Sicherheitsnadeln, ein damals übliches Vorgehen, das kleine Einstichlöcher im Papier hinterließ. Im Bestreben, die Pläne ihrer Auftraggeber zu hintertreiben, stachen die Häftlinge dabei durch das Wappen, was kein patriotischer Brite tun würde.

Die Blüten wurden nach A-, B- C- und D-Noten sortiert. Dabei waren Blüten der A-Klasse Geldscheine, „die auch Banken akzeptiert haben.“[3] Mit den B-Noten wurden die Spione im Ausland bezahlt. C-Noten wurden für den Afrikafeldzug vorgesehen, während die D-Noten für einen Abwurf über Großbritannien vorgesehen waren.[4]

Die Bank of England rief nach dem Krieg alle 50-Pfund-Noten zurück und ersetzte diese durch eine neue Serie. Sie vernichtete sogar versehentlich echte Banknoten, weil diese kaum von den falschen zu unterscheiden waren.

Am 5. Mai 1945 wurde das Sonderkommando in Ebensee an das Rote Kreuz übergeben. Krüger konnte verhaftet werden. Von den ehemals 144 jüdischen Häftlingen sind heute noch drei am Leben. Einer ist Adolf Burger, der in Auschwitz-Birkenau als Nr. 64.401 gekennzeichnet wurde. Er hat über seine Erlebnisse während dieser Zeit ein Buch verfasst und hält bis heute vor Schülern Vorträge zu diesem Thema (siehe auch zum Film Die Fälscher). Ein anderer ist Abraham Sonnenfeld, dessen Vater in Transsilvanien ein Druckhaus besaß.[3]

Briefmarkenfälschung

Datei:Silverjubilee1935.jpg
Oben Original, unten Fälschung.

Auf Weisung von Heinrich Himmler wurde auch die Fälschung britischer Briefmarken in Auftrag gegeben. Die ersten Propagandafälschung war eine Verfälschung des Motives der Gedenkmarke zu 1/2 d anlässlich des königlichen Silberjubiläums 1935. Der Kopf des britischen Königs wurde durch den Kopf Josef Stalins ersetzt. Es wurde weitere Motive gefälscht, so die Marke anlässlich der Königskrönung von 1937 und der britischen Dauermarkenserie von 1937 mit dem Porträt von König Georg VI.

Mit der Ausführung dieser Fälschungen hatte Bernhard Krüger den Maler und Grafiker Leo Haas beauftragt.[5][6]

Bewertung

Es gab zwei Ziele: Einerseits die britische Wirtschaft mit Falschgeld zu überschwemmen. Die Aktion hätte bei konsequenter Umsetzung dieselben negativen Auswirkungen gehabt wie eine extrem expansive Geldpolitik der Bank of England – durch die Überschwemmung der Volkswirtschaft mit Geld wäre es im Erfolgsfall zu einer enormen Inflation gekommen. Es war weiterhin davon auszugehen, dass die Aktion bei Bekanntwerden in der britischen Öffentlichkeit zu einem Verlust der Glaubwürdigkeit des Pfund Sterling geführt hätte. Dadurch hätte es in großem Umfang zu einem Verlust der Zahlungsmittelfunktion des britischen Geldes kommen können (d. h. britische Konsumenten und Läden hätten die eigene Währung nicht mehr akzeptiert), wodurch der Wirtschaftskreislauf der Volkswirtschaft erheblich gestört worden wäre.

Das andere Ziel war die Bereicherung und Beseitigung der akuten Devisennot des NS-Regimes. Die Operation erbrachte erhebliche Einnahmen aus Geldschöpfungsgewinnen, da sie die gefälschten Banknoten auf dem internationalen Finanzmarkt absetzen konnte. Weiterhin konnten sich hohe Angehörige des Regimes durch Umtausch der Blüten in andere Währungen und Gold auch persönlich bereichern.

Literatur

  • Adolf Burger: Des Teufels Werkstatt. Die Geldfälscherwerkstatt im KZ Sachsenhausen. Hentrich & Hentrich, Teetz 2004, ISBN 3-933471-80-X. und Elisabeth Sandmann Verlag, Muenchen 2007, ISBN 3-938045-23-X
  • Peter Edel: Wenn es ans Leben geht, Autobiografie, 1. Aufl., Teil 2, S. 54 ff., Verlag der Nation, Berlin 1979, ISBN 3-87682-714-0
  • Shraga Elam: Hitlers Fälscher – Wie jüdische, amerikanische und Schweizer Agenten der SS beim Falschgeldwaschen halfen. Überreuter Verlag, Wien 2000, ISBN 3-8000-3757-2
  • Werner Kopacka: Enthülltes Geheimnis Toplitzsee. Steirische Verlagsgesellschaft, Graz 2001, ISBN 3-85489-041-9.
  • Julius Mader: Der Banditenschatz. Ein Dokumentarbericht über den geheimen Goldschatz Hitlerdeutschlands, Kapitel III: Die Waffe aus Papier, S. 56-86, Verlag der Nation, überarbeitete und ergänzte Ausgabe, Berlin 1973
  • Lawrence Malkin: Hitlers Geldfälscher – Wie die Nazis planten, das internationale Währungssystem auszuhebeln Gustav Lübbe Verlag 2006 ISBN 978-3-7857-2249-7
  • Florian Osuch: "Blüten" aus dem KZ: Die Falschgeldaktion "Operation Bernhard" im Konzentrationslager Sachsenhausen, VSA Verlag, Hamburg 2009, ISBN 978-3-89965-389-2.
  • Gerald Steinacher: Nazis auf der Flucht. Wie Kriegsverbrecher über Italien nach Übersee entkamen, S. 180 ff. Studienverlag, Innsbruck 2008, ISBN 978-3-7065-4026-1
  • Franz Wegener: Der Alchemist Franz Tausend. Alchemie und Nationalsozialismus, Kapitel 5.3: Vom Gold- zum Geldmachen: Himmlers Fälscherwerkstatt, KFVR, Gladbeck 2006, ISBN 3-931300-18-8.
  • Wolf H. Wagner: Der Hölle entronnen. Stationen eines Lebens. Eine Biografie des Malers und Graphikers Leo Haas, Henschel Verlag, Berlin, 1987, ISBN 3-362-00147-5

Filme

Adolf Burger (Avant-Première: Die Fälscher)

Weblinks

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. Landeshauptarchiv Brandenburg: Brandenburgische Archive (PDF; 1,2 MB)
  2. British Association of Paper Historians: The Exeter Papers, Studies in British Paper History
  3. 3,0 3,1 Thorsten Schmitz: Das richtige Leben des Fälschers. Süddeutsche Zeitung vom 3. März 2008, Nr. 53, Seite 3
  4. Aussagen von Adolf Burger im ORF-Bericht vom 18. Dezember 2008
  5. Peter Edel: Wenn es ans Leben geht, Autobiografie, 1. Aufl., Teil 2, S. 54 ff., Verlag der Nation, Berlin 1979, ISBN 3-87682-714-0
  6. Wolf H. Wagner: Der Hölle entronnen. Stationen eines Lebens. Eine Biografie des Malers und Graphikers Leo Haas, Henschel Verlag, Berlin, 1987, ISBN 3-362-00147-5
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