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Anaerobie

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Anaerobie (altgriechisch ἀήρ aerLuft“ mit Alpha privativum) bezeichnet Leben ohne Sauerstoff (Disauerstoff O2). Lebewesen, die für ihren Stoffwechsel keinen Sauerstoff verwenden oder sogar durch ihn gehemmt oder abgetötet werden, werden als Anaerobier bzw. anaerob bezeichnet.

Eigenschaften

Organismen, die nur in einem sauerstofffreien Lebensraum (unter anoxischen Bedingungen) wachsen können, werden als obligat anaerob bezeichnet. Organismen, die sowohl unter anoxischen Bedingungen als auch unter oxischen Bedingungen (in Gegenwart von Sauerstoff) wachsen können, werden als fakultativ anaerob bezeichnet. Anaerobe Organismen, die nur einen anaeroben Stoffwechsel besitzen, also O2 nicht nutzen können, jedoch auch in Gegenwart von Sauerstoff leben können, werden als aerotolerant bezeichnet.

Lebensräume in denen kein Sauerstoff enthalten ist, werden als anoxisch bezeichnet, in früherem Sprachgebrauch auch als anaerob (Gegensatz: oxisch, Sauerstoff enthaltend, früher aerob).

Anaerobe Atmung

Im oxidativen Energiestoffwechsel werden anstelle von O2 alternative Oxidationsmittel (Elektronenakzeptoren) verwendet. Häufig verwendete alternative Elektronenakzeptoren sind: Nitrat, dreiwertige Eisen-Ionen (Fe3+), vierwertige Mangan-Ionen (Mn4+), Sulfat, Schwefel, Fumarat und Kohlenstoffdioxid (CO2). Diese Redox-Reaktionen werden als anaerobe Atmung bezeichnet.

In der Tabelle sind Typen der anaeroben Atmung aufgeführt, die in der Umwelt weit verbreitet sind (zum Vergleich ist die aerobe Atmung mit dabei). Die Reihung der Atmungsprozesse erfolgte nach Möglichkeit nach dem Standard-Redoxpotential des Elektronenakzeptorpaars in Volt bei einem pH-Wert von 7. Die tatsächlichen pH-Werte können abweichen (z. B. bei Acetogenese).

Atmungstypen nach Redoxpotential
Atemtyp Organismen Elektronenakzeptor Reaktionsprodukt(e) Eo' [V][1] Beispielorganismus
aerobe Atmung obligate und fakultative Aerobier Sauerstoff O2 H2O + CO2 + 0,82 Eukaryoten
Nitratatmung (Denitrifikation) fakultative Aerobier: Denitrifizierer Nitrat NO3 Nitrit NO2 + 0,75 Paracoccus denitrificans, E. coli
Manganreduktion fakultative oder obligate Anaerobier Mangan Mn(IV) Mn(II) + 0,41 Desulfuromonadales, Desulfovibrio
Eisenatmung fakultative Aerobier, obligate Anaerobier Eisen Fe(III) Fe(II) + 0,15 Geobacter, Geothermobacter, Geopsychrobacter, Pelobacter carbinolicus, P. acetylenicus, P. venetianus, Desulfuromonadales, Desulfovibrio
Cobaltreduktion fakultative oder obligate Anaerobier Kobalt Co(III) Co(II) Geobacter sulfurreducens
Technetiumreduktion fakultative oder obligate Anaerobier Technetium Tc(VII) Geobacter sulfurreducens, Geobacter metallireducens
Uranreduktion fakultative oder obligate Anaerobier Uran U(VI) U(IV) Geobacter metallireducens, Shewanella putrefaciens, (Desulfovibrio)
Fumaratatmung fakultative Aerobier Fumarat Succinat + 0,03 Escherichia coli
Sulfatatmung (Desulfurikation) obligate Anaerobier: Sulfatreduzierer Sulfat SO42− Sulfid HS - 0,22 Desulfobacter latus, Desulfovibrio
Methanogenese (Carbonatatmung) methanogene und obligate Anaerobier: Methanbildner Kohlenstoffdioxid CO2 Methan CH4 - 0,25 Methanothrix thermophila
Schwefelatmung (Schwefelreduktion) fakultative Aerobier und obligate Anaerobier Schwefel S0 Sulfid HS - 0,27 Desulfuromonadales
Acetogenese (Carbonatatmung) homoacetogene und obligate Anaerobier Kohlenstoffdioxid CO2 Acetat - 0,30 Acetobacterium woodii
TCA-Reduktion fakultative oder obligate Anaerobier TCA Trichloressigsäure Dichloressigsäure Trichlorobacter (Geobacteraceae)

Gärung

Hauptartikel: Gärung

Nicht als anaerobe Atmung, sondern als Gärung werden Vorgänge bezeichnet, bei denen kein externer Stoff als terminaler Elektronenakzeptor verwendet wird. Gärungsorganismen sind vor allem:

Symbiosen

Manche Turbellarien, Ringelwürmer und Enteroparasiten wie Bandwürmer[2][3] beherbergen anaerobe Bakterien und können durch diese Symbiose auch unter anoxischen Bedingungen leben.

Identifikation

Aerobe und anaerobe Bakterien können in flüssiger Nährlösung identifiziert werden: (1)Obligat aerobe Bakterien sammeln sich am oberen Ende, wo sie genügend Sauerstoff bekommen. (2) Obligat anaerobe Bakterien sammeln sich am unteren Ende, wo kein Sauerstoff vorhanden ist. (3) Fakultativ anaerobe Bakterien finden sich hauptsächlich oben, weil Sauerstoffatmung am effektivsten ist; da ein O2-Mangel sie andererseits nicht hindert, wachsen sie aber auch in den tieferen Teilen des Reagenzglases. (4) Mikroaerophile sammeln sich am oberen Ende, aber nicht ganz oben, da für sie Sauerstoff nur in geringer Konzentration optimal ist. (5) Aerotolerante Bakterien werden nicht durch Sauerstoff beeinflusst und verteilen sich daher gleichmäßig im Reagenzglas.

Das Verhalten von Mikroorganismen gegenüber Sauerstoff, ihre Identifikation als Aerobier, Anaerobier, Aerotoleranter oder fakultativer Anaerobier, kann durch Kultur in einem Sauerstoffkonzentrationsgradienten ermittelt werden. Dabei kultiviert man sie in einem Gelnährmedium, das sich in einem einseitig geschlossenen Glasrohr (Reagenzglas, Kulturröhrchen) befindet und in das Sauerstoff nur vom oberen, offenen Ende durch Diffusion eindringen kann. Auf diese Weise bildet sich ein Sauerstoffkonzentrationsgradient aus mit hoher Sauerstoffkonzentration oben und niedriger Sauerstoffkonzentration unten. Die Mikroorganismen werden in sehr geringer Menge gleichmäßig im Gelnährmedium verteilt, in dem sie ortsgebunden sind und sich nicht fortbewegen können. Dort, wo sich die Mikroorganismen hinsichtlich der Sauerstoffkonzentration unter geeigneten Bedingungen befinden, vermehren sie sich und man kann nach einer gewissen Zeit einen Bewuchs mit bloßem Auge erkennen. Die Zone, in der sich Bewuchs zeigt, ist ein Indikator für das Verhalten der Mikroorganismen gegenüber Sauerstoff, wie aus dem Bild deutlich wird.

Kultur von anaeroben Mikroorganismen

Anaerobie ist unter anderem bei der Kultivierung von Mikroorganismen von Bedeutung. Sollen gegenüber O2 empfindliche Mikroorganismen kultiviert werden oder sollen fakultativ anaerobe Mikroorganismen unter anoxischen Bedingungen kultiviert werden, so ist es erforderlich, bei der Kultur O2 auszuschließen. Hierbei werden sogenannte Anaerobentechniken verwendet. Ein Beispiel ist die Kultur in einer Anaerobenkammer: Darin erreicht man mit einer Gasatmosphäre aus 10 Vol.-% H2 + 10 Vol.-% CO2 + 80 Vol.-% N2 anoxische Bedingungen, die es ermöglichen, anaerobe Mikroorganismen zu kultivieren.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Johannes Ottow: Mikrobiologie von Böden. Biodiversität, Ökophysiologie und Metagenomik. Springer Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-642-00823-8, S. 56.
  2. J. Zenka, Jan Prokopic: Contribution to the knowledge of aerobic processes in Taenia crassiceps larvae. In: Folia Parasitologica, , Jg 33 (1986), Heft 4, S 331–336, PMID 3804084.
  3. J. Zenka, Jan Prokopic: Malic enzyme, malate dehydrogenase, fumarate reductase and succinate dehydrogenase in the larvae of Taenia crassiceps (Zeder, 1800). In: Folia Parasitologica, Jg. 34 (1987), Heft 2, S. 131–136, PMID 3596392.

Weblinks

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Anaerobie aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.