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Abstrakter Expressionismus

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Der abstrakte Expressionismus ist eine nordamerikanische Kunstrichtung der modernen Malerei, die vornehmlich durch die New York School in den späten 1940er bis frühen 1960er Jahren bekannt wurde.

Charakteristik

Allen Ausprägungen des abstrakten Expressionismus war gemeinsam, dass das Gefühl, die Emotion und die Spontanität wichtiger waren als Perfektion, Vernunft und Reglementierung. Die Darstellungsweise war abstrakt, teilweise auch abstrakt-figurativ. Die Maltechniken wurden variiert und der Farbauftrag auf den Malgrund wurde mit Pinseln, durchlöcherten Behältern und Eimern vollzogen.

Varianten und Strömungen

Entwicklung in den USA

Zweiter Weltkrieg, Judenverfolgung und die Verdammung der modernen Kunst durch die Nationalsozialisten als Entartete Kunst führten zu einer Immigrationswelle europäischer Künstler in die USA, vor allem nach New York. Hans Hofmann eröffnete 1933 in New York die Hofmann School of Fine Arts, Josef Albers lehrte ab 1933 am Black Mountain College. Sie übten dadurch starken Einfluss auf zeitgenössische amerikanische Künstler aus.

Dabei handelt es sich weniger um eine Stilrichtung als ein Konzept, Kunst in spontaner Weise und ohne die Beschränkung durch herkömmliche Formen auszuführen. Zu den führenden Kräften der Bewegung zählten Jackson Pollock, Willem de Kooning und Mark Rothko. Die surrealistische Haltung zur freien Schaffung hatte einen bedeutenden Einfluss auf die Anfänge des abstrakten Expressionismus. Peggy Guggenheims Museum und Galerie Art of This Century in New York, die von 1942 bis 1947 moderne Kunst ausstellte, war ein Treffpunkt europäischer surrealistischer und junger amerikanischer Künstler und bot den wichtigsten Ausstellungsraum in der Entwicklungszeit des abstrakten Expressionismus.[1]

Als abstrakt expressionistisch wurden in den USA zuerst Werke des russischen Malers Wassily Kandinsky bezeichnet und zwar von Alfred H. Barr, dem ersten Direktor des New Yorker Museum of Modern Art. Maler der europäischen Avantgarde, die während des Zweiten Weltkriegs nach New York emigriert waren, darunter Max Ernst, Marcel Duchamp, Marc Chagall, Yves Tanguy, Piet Mondrian sowie 1947 in einem mehrmonatigen Aufenthalt Joan Miró, belebten bei amerikanischen Künstlern das Interesse für abstrakte Malerei neu und bereiteten den Boden für den Triumph der abstrakten Malerei in den 1940er und 1950er Jahren vor.

Diese Generation der Künstler ist von einer tiefen Fortschrittskritik geprägt, vor allem durch die Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs und dem Abwurf der Atombombe auf Hiroshima. Bei Vertretern des abstrakten Expressionismus wie Barnett Newman und Mark Rothko wird dies besonders deutlich.

US-amerikanische Künstler

Zitate

Der jüdisch-deutsche Emigrant Hans Sahl war nach eigenen Angaben dabei, als der Begriff „Abstrakter Expressionismus“ erfunden wurde: „Ich hatte ihre Anfänge in der Cedar Bar und im White Horse Inn kennengelernt, als mein Freund, der Bildhauer Peter Grippe, mich mit einigen jungen Leuten bekannt machte, die behaupteten, man müsse etwas Neues erfinden, etwas, das weder abstrakt noch expressionistisch wäre und doch beides zugleich. ‚Warum nicht abstrakter Expressionismus?‘ sagte ein stämmiger, etwas bedrohlich aussehender Mann, der Jackson Pollock hieß. Man prostete einander mit Bierflaschen zu. Das war kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Dann griffen die Kunsthändler die Idee auf, und der abstrakte Expressionismus eroberte die Welt“. (Hans Sahl: Das Exil im Exil, Sammlung Luchterhand, 1994, S. 161)

Der abstrakte Expressionismus im Kalten Krieg

Der abstrakte Expressionismus wurde im Kalten Krieg als „Aushängeschild“ für den „freien Westen“ funktionalisiert. Obwohl er noch im eigenen Land erbitterte Gegner im konservativen Lager hatte, die abstrakte Kunst als unamerikanisch diffamierten, sollte er im internationalen Ausstellungsbetrieb für ein „modernes, liberales Amerika“ werben.[2]

Anlässlich des Pariser „Kongresses für kulturelle Freiheit“ 1952 zeigte das Museum of Modern Art eine Ausstellung mit Meisterwerken des abstrakten Expressionismus. Der Kurator der Ausstellung verwies darauf, dass hier Meisterwerke gezeigt würden, „die in totalitären Systemen wie dem Deutschland der Nazi-Zeit oder dem heutigen Sowjet-Rußland und seinen Satelliten nicht hätten entstehen geschweige denn ausgestellt werden können.“[3] Diese Feststellung stellt sich als nicht ganz richtig heraus, wie es weiter unten gezeigt werden kann.

1953 wurden zwölf zeitgenössische US-amerikanische Maler und Bildhauer in Europa vorgestellt, darunter die Altmeister John Marin, Stuart Davis, Edward Hopper und der Sozialist Ben Shahn. Abstrakt-expressionistische Werke machten sogar nur ein Viertel der Ausstellung Modern Art in the United States aus der Sammlung des New Yorker Museum of Modern Art aus, die 1956 in Europa zu sehen war. Erst 1958/59er triumphierte die neueste Malerei, The New American Painting zeigte einundachtzig Bilder von siebzehn abstrakt-expressionistischen Künstlern in acht westeuropäischen Metropolen und anschließend im Museum of Modern Art in New York. Die von Dorothy Canning Miller, der einflussreichen Kuratorin des MoMA, zusammengestellte Show veränderte das Bild Europas von der Kunst der USA. Ermöglicht worden war sie durch die Unterstützung der Rockefeller Foundation und das Engagement von Blanchette Ferry Rockefeller. In Rom, Basel, Amsterdam, Brüssel, Paris, Berlin und London und auf der documenta II in Kassel (1959) war die Jackson Pollock Retrospektive zu sehen, die Frank O’Hara für die 4. Biennale von São Paulo (1957) zusammengestellt hatte. In Kassel wurden außerdem die Arbeiten aller Künstler der New American Painting-Show und weiterer Amerikaner ausgestellt, insgesamt einhundertvierundvierzig Arbeiten von vierundvierzig Künstlern.

Nach [4] berichtet ein amerikanischer Journalist von den Weltjugendfestspielen in Moskau 1957 (Zitat nach [5] "Unsere (amerikanischen Künstler, K.E.) meinten die Russen mit einer Welle von aggressiven Abstraktionen zu verblüffen. Man ging vom letzten Schrei avantgardistischer Richtungen aus und hoffte, mit all diesem Eklektizismus den sozialistischen Realismus k.o. zu schlagen. Ununterbrochen produzierte man Bilder, wie am Fließband. War eine Leinwand fertig, griff man schon zur nächsten. Die Russen waren wie erschlagen. Ein solches Tempo hatten sie nicht erwartet. Den Zöglingen der Akademie blieb nichts anderes übrig als ihre Position mit Worten zu verteidigen. Man stritt heftig. Wir wurden wegen der Vernachlässigung sozialer Probleme angegriffen, wohingegen wir einwendeten: Zuerst müsse man lernen, mit dem Material umzugehen! So ging es, bis ein merkwürdig aussehender Bursche mit zwei Eimern Farbe auftauchte, die er sich bein den gelangweilt zusehenden Anstreichern zusammen mit einem an einem Stock hängenden Scheurlappen geliehen hatte. Als er seine Leinwand ausgebreitet hatte, kippte er - soweit dies die Räumlichkeiten zuließen - beide Eimer über sie aus, sprang mitten in die blau-grüne Pfütze und begann verzweifelt, mit dem Schrubber zu arbeiten. Alees dauerte nicht länger als zehn Sekunden. Wir erstarrten vor Begeisterung. Zu unseren Füßen lichtete sich ein großes Frauenporträt, virtuos gestaltet, raffiniert und mit einem feinfühligen Verständnis. Der Bursche blinzelte einem der zu Stein gewordenen Amerikanern zu, klatschte ihm mit der völlig verschmierten Handfläche auf den Hintern und sagt: "Hört auf, euch mit Malerei zu beschäftigen, ich bringe euch erst mal Zeichnen bei.""

In ihrem Buch: Who Paid the Piper. The CIA and the Cultural Cold War vermerkte die britische Historikerin und Journalistin Frances Stonor Saunders (* 1966), dass die CIA Jackson Pollock und andere abstrakte Expressionisten subventionierte. Dies geschah im Wege des Congress for Cultural Freedom und in Übereinstimmung mit der Förderungspolitik der Rockefeller Foundation und der Ford Foundation. Während Stalin in seinem unmittelbaren Machtbereich den sozialistischen Realismus forcierte und in Paris linke Intellektuelle wie Jean-Paul Sartre und Pablo Picasso die Kulturszene dominierten, weiters der mexikanische Muralismus um Diego Rivera und David Alfaro Siqueiros, der in der Ära der Großen Depression, des Amerikanischen Regionalismus und der New Deal Wandmalerei auf die USA ausgestrahlt hatte, ebenfalls der KP-Seite zugeneigt war, bot sich nach dem Krieg der abstrakte Expressionismus auch im zerstörten Europa als Demonstration politischer und künstlerischer Freiheit (ohne sozialkritische Botschaft) an. Welche Erschütterung die New American Painting Show hervorrief, ist auch an dem Melbourner Antipodean Manifesto einer Gruppe figurativer Maler und des marxistischen Kunsthistorikers Bernard Smith gegen die amerikanisch dominierte Abstraktion abzulesen.

Siehe auch

Literatur

  • Ausstellungskatalog: Le grand geste! Informel und abstrakter Expressionismus 1946-1964. museum kunst palast, Düsseldorf, 10. April bis 1. August 2010
  • Marcia Bystryn: Art Galleries as Gatekeepers: The Case of the Abstract Expressionists. In: Social Research, Jg. 45/1978, S. 390-408
  • Barbara Hess/Uta Grosenick (Hrsg.): Abstrakter Expressionismus, Taschen, Köln 2005 - ISBN 3-8228-2967-6
  • Lee Krasner, Elaine de Kooning u.a.: Abstrakter Expressionismus in Amerika. Ausstellungskatalog - ISBN 978-3-89422-097-6
  • Frances Stonor Saunders: Wer die Zeche zahlt... Der CIA und die Kultur im Kalten Krieg. Siedler, Berlin 2001, ISBN 978-3-88680-695-9

Weblinks

 Commons: Abstrakter Expressionismus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. enotes.com, abgerufen am 9. August 2010
  2. Barbara Hess / Uta Grosenick (Hrsg.): Abstrakter Expressionismus. Taschen, Köln 2005, S.17.
  3. Rolf Wedewer: Die Malerei des Informel. Weltverlust und Ich-Behauptung. Deutscher Kunstverlag, München, 2007, S. 30f. ISBN 3-422-06560-1
  4. Prof. Dr. Karl Eimermacher: Das Leben als Kunst - Die Kunst als Leben (Anmerkungen zum Werk Anatolij Zverevs). Katalog der Galerie Bayer, Bietigheim-Bissingen, 1994, S. 29f.
  5. I. Dudinskij: Die Entdeckung eines Künstlers, Ogonek, Nr. 33, 15.-22. August 1987, S. 24 (russ.)
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