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Abram Fjodorowitsch Joffe

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Abram Fjodorowitsch Joffe

Abram Fjodorowitsch Joffe (russisch Абрам Фёдорович Иоффе, auch Ioffe, oder Joffé; geb. 17. Oktoberjul./ 29. Oktober 1880greg. in Romny, Gouvernement Poltawa, Russisches Kaiserreich, heute Oblast Sumy, Ukraine); gest. 14. Oktober 1960 in Leningrad) war ein sowjetischer Physiker. Er gilt als einer der Begründer der modernen Physik in Russland.

Leben

Joffe, der Sohn eines Kaufmanns, studierte ab 1897 zunächst am Kaiserlichen Polytechnischen Institut in Sankt Petersburg. Nach dem Abschluss 1902 ging er an die Ludwig-Maximilians-Universität München, um bis 1905 bei Conrad Röntgen zu studieren. 1905 promovierte er bei Röntgen summa cum laude, seine Dissertation trägt den Titel Elastische Nachwirkung im kristallinischen Quarz. Er befasste sich auch mit dem photoelektrischen Effekt und Ablenkung von Kathodenstrahlen (Elektronen) in Magnetfeldern (beides später Gegenstand seiner Magister Arbeit). Er war Assistent von Röntgen und erhielt von diesem ein Angebot in dessen Labor einzutreten, zog es aber vor, 1906 nach Sankt Petersburg zurückzukehren, wo er 1913 seine Magisterarbeit anfertigte [1] und 1915 am Polytechnischen Institut den russischen Doktortitel erwarb (Die elastischen und elektrischen Eigenschaften von Quarz). Er erhielt 1913 eine Professur am Polytechnikum (und 1914 auch an der Staatlichen Universität Sankt Petersburg) und begründete 1916 sein berühmtes physikalisches Seminar, an dem Physiker aus ganz Sankt Petersburg teilnahmen. 1919 gründete er die Fakultät für Physik und Mechanik am Polytechnischen Institut, deren Dekan er bis 1948 war. Er lehrte auch an anderen Instituten in Sankt Petersburg, an denen er teilweise selbst Physikalische Abteilungen gründete. Er war an der Gründung des Röntgen- und Radiologischen Instituts beteiligt (1918), aus dessen Physik Abteilung das Physikalisch-Technologische Institut (LPTI) in Leningrad hervorging, das spätere Joffe-Institut[2] (so benannt nach seinem Tod). Er blieb dessen Direktor bis 1950, als er aufgrund der damaligen antisemitischen Kampagnen aus dem Amt gedrängt wurde. Joffe hatte jüdische Wurzeln und konvertierte 1911 um seine erste Frau zu heiraten zum Lutheranischen Glauben, wurde aber damals wegen seiner internationalen Kontakte des (jüdischen) Kosmopolitismus verdächtigt[3]. Er war dann 1952 bis 1954 Direktor des von ihm gegründeten Instituts für Halbleiterphysik der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften. Auch in anderen Städten der Sowjetunion führte seine Initiative zur Gründung Physikalisch-Technischer Institute, in denen Laborarbeit und Lehre Hand in Hand gingen, so in Tomsk, Swerdlowsk und Charkiw und auch in Moskau (Institut für Chemische Physik der Akademie der Wissenschaften). Während des Zweiten Weltkriegs war er am Aufbau eines Radarsystems um Leningrad beteiligt.

Joffes Arbeitsgebiet war die Festkörperphysik, vor allem Dielektrika und Physik von Kristallen. Er initiierte aber auch später Forschung zu Halbleitern (weswegen er auch als Vater der sowjetischen Halbleiterphysik bezeichnet wird) und in der Kernphysik (ab 1932, wobei er die Leitung der Abteilung Igor Kurtschatow anvertraute). In der experimentellen Festkörperphysik war er einer der führenden Wissenschaftler der Sowjetunion. 1924 entdeckte er die Erhöhung der Plastizität und Festigkeit von Ionenkristallen bei Einwirkung eines Lösungsmittels - heute als Joffe-Effekt bezeichnet. 1911 bestimmte er unabhängig von Robert Millikan die Elektronladung, mit einer ähnlichen experimentellen Methode wie Millikan, die Arbeit wurde aber erst 1913 veröffentlicht.

Joffe galt für Generationen von russischen Physikern als Leitfigur, bekannt als Papa Joffe. Zu den Schülern Joffes gehören unter anderem Igor Kurtschatow (Leiter des sowjetischen Atombombenprojektes), Nikolai Nikolajewitsch Semjonow (Nobelpreis für Chemie 1956), Igor Tamm (Nobelpreis für Physik 1958), Isaak Kikoin, Lew Landau (Nobelpreis für Physik 1962), Pjotr Kapiza (Nobelpreis für Physik 1978), Lew Andrejewitsch Arzimowitsch, Juli Chariton, Abram Isaakowitsch Alichanow, Jakow Borissowitsch Seldowitsch, Jakow Frenkel und Schores Alfjorow (Nobelpreis für Physik 2000). Viele seiner Schüler waren am sowjetischen Atombomben- und Wasserstoffbombenprojekt in den 1950er Jahren beteiligt. Joffe wurde in den 1940er Jahren gefragt, ob er das Atombombenprojekt leiten wollte, er verwies aber lieber auf seinen Schüler Kurtschatow.[4]

Joffe war seit 1918 korrespondierendes und seit 1920 volles Mitglied der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften, deren Vizepräsident er 1926 bis 1929 und 1942 bis 1945 war. Er war Mitglied der Leopoldina. 1929 wurde er Ehren-Mitglied der American Academy of Arts and Sciences, 1958 der National Academy of Sciences of India und 1959 Mitglied der Accademia dei Lincei. Er war Ehrendoktor der University of California (1927), der Universität Paris (1946) und der Universität Bukarest (1948).

Ein sowjetisches Forschungsschiff (Akademik Joffe) und ein Krater auf dem Mond sind nach ihm benannt. Ein geplantes deutsch-russisches Forschungsinstitut, an dem unter anderem an Beschleunigertechnologie gearbeitet werden soll, wird nach Röntgen und Joffe benannt (2011).[5]

Schriften

  • Begegnungen mit Physikern, Teubner 1967 (zuerst russisch 1962)
  • Mein Leben und Werk (russisch, Autobiographie), Moskau, Leningrad 1933
  • Grundlegende Konzepte der modernen Physik (russisch), Moskau, Leningrad 1949
  • Vorlesungen über Molekulare Physik (russisch), Petrograd 1919
  • Physik Kurs (russisch), Moskau, Leningrad 1927
  • Physik der Halbleiter, Akademie Verlag, Berlin 1960 (zuerst russisch 1954, 2. Auflage 1957)
  • Halbleiter in der modernen Physik (russisch), Moskau, Leningrad 1954
  • Halbleiter und ihre Anwendung (russisch), Moskau, Leningrad 1956
  • Halbleiter-Thermoelemente, Akademie Verlag 1957
  • The physics of crystals, McGraw Hill 1928
  • mit Röntgen Elektrizitätsdurchgang durch Kristalle, Annalen der Physik, 4. Folge, Band 72, 1923, S. 461-500
  • Sur la distribution spectrale de l’effet photoélectriquc dans l’oxyde cuivreux, Paris 1934
  • Semi-conducteurs electriques, Paris 1935

Literatur

  • Horst Kant Abram Fedorovic Ioffe: Vater der sowjetischen Physik, Leipzig, Teubner 1998

Weblinks

 Commons: Abram Ioffe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Abram Fjodorowitsch Joffe aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.