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Ägyptische Sprache

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Dieser Artikel beschreibt die ausgestorbene ägyptische Sprache. Für den heute in Ägypten gesprochenen arabischen Dialekt siehe Ägyptisch-Arabisch.

Das Ägyptische (auch: Ägyptisch-Koptisch oder Kemisch) ist die Sprache des alten Ägypten und umfasst − im weiteren Sinn − auch das Koptische, die Sprache der Kopten (ägyptische Christen). Es ist ein eigenständiger Zweig der afroasiatischen Sprachfamilie, zu der u. a. auch das Hebräische, Arabische und die Berbersprachen gehören. Mit rund 5000 Jahren Überlieferungszeit ist das Ägyptische die Sprache, die weltweit über den längsten Zeitraum hinweg schriftlich belegt ist.

Zwar wurde das Koptische, die jüngste Entwicklungsstufe, bis in die Neuzeit tradiert, doch wurde die Erschließung des vorkoptischen Ägyptisch erst durch den Fund des Steins von Rosette 1799 möglich. Dieser ist eine große Stele, auf der ein Dekret eines ptolemäischen Königs in zwei verschiedenen Sprachen, Griechisch und Ägyptisch, und in drei verschiedenen Schriften, Griechisch, Demotisch und Hieroglyphisch geschrieben wurde. Durch einen Vergleich der Texte legte Jean-François Champollion die Grundlagen für die Erschließung des Ägyptischen.

Sprachgeschichtliche Stellung

Das Ägyptische wird als ein Zweig der Afroasiatischen Sprachfamilie angesehen und ist als Sprachzweig innerhalb dieser insofern singulär, als es nur eine einzige Sprache umfasst. Möglich ist jedoch, dass die Sprache der während des Alten Reiches in der Westwüste ansässigen 3.tjw-ˁ einen eigenen Zweig des Ägyptischen darstellt (vgl. die zu den 3.tjw-ˁ gehörenden Personennamen wj.t-jtj=s „die von ihrem Vater Beschützte“ und ws3, das mit ägyptisch wsr.w „der Starke“ verwandt sein könnte).[1] In der Morphologie zeigen sich, neben speziell ägyptischen Merkmalen wie der Suffixkonjuguation auch deutliche Parallelen zu anderen afroasiatischen Sprachen, besonders semitischen und Berbersprachen. Die Erforschung der lexikalischen Parallelen ist weniger sicher; es gibt in der Ägyptologie noch keine Einigkeit über einige grundlegende Fragen der Lautkorrespondenzen zwischen dem Ägyptischen und anderen Zweigen des Afroasiatischen.[2]

Es gibt zwar verschiedene Versuche, die afroasiatischen Sprachen weiter zu gliedern, aber es gibt keinen Konsens, mit welchen Zweigen des Afroasiatischen das Ägyptische am nächsten verwandt ist. Auffallenderweise hat das Ägyptische die afroasiatische Präfixkonjugation offenbar schon in einem frühen Stadium restlos verloren, dagegen blieb der mit Suffixen gebildete Stativ in Form des ägyptischen Pseudopartizips und fragmentarisch im koptischen Qualitativ erhalten. Im Bereich der Nominalflexion hat sich im Ägyptischen von den zahlreichen ursprachlichen Pluralbildungsmöglichkeiten die Endung -w durchgesetzt, während alle anderen Bildungsmöglichkeiten verdrängt wurden. Lediglich ein Plural durch Vokalveränderungen lässt sich nicht ausschließen.[3] Auch im Bereich des Lautsystems zeigt das Ägyptische eine ganze Reihe erheblicher Veränderungen.

Neben afroasiatischen Lexemen zeigen sich im ägyptischen Wortmaterial auch Ähnlichkeiten mit anderen afrikanischen Sprachfamilien, hauptsächlich den Niger-Kongo-Sprachen.[4]

Geschichte

Man unterscheidet folgende Sprachstufen:

  1. Frühägyptische Sprache (Sprache der prä- und frühdynastischen Zeit); um 3300 v. Chr. bis um 2700 v. Chr.; wird oft zum Altägyptischen gerechnet
  2. Altägyptische Sprache (Sprache des Alten Reiches); um 2700 v. Chr. bis um 2200 v. Chr.
  3. Mittelägyptische Sprache (Sprache des Mittleren Reiches); um 2200 v. Chr. bis um 1500 v. Chr.;
  4. Neuägyptische Sprache (Sprache des Neuen Reiches); ca. 1500 v. Chr. bis ca. 700 v. Chr.
  5. Demotisch (Sprache der Spätzeit des Ägyptischen Reiches); um 700 v. Chr. bis um 400 n. Chr.
  6. Koptisch (Sprache des christlichen Ägypten); um 300 bis um 1700

Mittelägyptisch galt in der gesamten ägyptischen Antike als klassische Sprache und wurde für öffentliche, besonders aber für religiöse Texte bis in die römische Zeit verwendet. Sie unterscheidet sich nur wenig vom Altägyptischen und wird mit ihr in einer Gruppe („Älteres Ägyptisch“) zusammengefasst. Als im Neuen Reich zur Amarnazeit, etwa im 14. Jahrhundert v. Chr., die Schere zwischen dem Mittelägyptischen und der gesprochenen Sprache immer größer wurde, begann man in Briefen und Erzählungen das Neuägyptische zu benutzen.

Neben dem Demotischen und dem Koptischen wurde seit der griechischen Kolonisation bis zum Sieg des Islams auch Griechisch als Schriftsprache benutzt. Das Ägyptische ist etwa im 11. Jahrhundert vom Arabischen als Umgangssprache verdrängt worden. Es wurde lokal wohl noch bis ins 19. Jahrhundert in Oberägypten verwendet. Heute wird ein arabischer Dialekt in Ägypten gesprochen, das Ägyptisch-Arabische. Allgemeine Schriftsprache ist heute Hocharabisch.

Eine Sonderstellung nehmen das Spätmittelägyptische der Spätzeit und das ptolemäische Ägyptisch der griechisch-römischen Zeit ein. Bei ihnen handelt es sich um in bestimmten Fällen angewandte Schriftsprachen, die nicht auf der entsprechenden gesprochenen Sprache, sondern auf dem Mittelägyptischen des Mittleren Reiches beruhten. Ein Sammelbegriff für verschiedene Sprachformen des 1. Jahrtausends v. Chr. ist das Spätägyptische.

Typologie und Sprachwandel

Der lange Zeitraum und die Vielzahl der überlieferten Dokumente ermöglichen es, die Entwicklung des Ägyptischen recht detailliert nachzuvollziehen. Ähnliche Veränderungen der Grammatik finden sich auch in der Entwicklung anderer, nicht verwandter Sprachen.

Das Alt- und Mittelägyptische kannte keinen Artikel. Das Tempussystem, also die zeitliche Einordnung einer Handlung, war von untergeordneter Bedeutung und gleichberechtigt mit anderen Aspekten wie Dauerhaftigkeit oder Wiederholung einer Handlung. Hilfsverben wurden nur selten benutzt. Die Possessivpronomina wurden als Endung (Suffixpronomina) an das Substantiv angehängt.

Das Neuägyptische zeigte viele Abänderungen gegenüber ihren Vorgängern: Die bevorzugte Wortstellung wandelte sich vom älteren Verb-Subjekt-Objekt (VSO) zu SVO. Bestimmte Artikel und Possessivpronomen entstanden. Die Aspekte wurden mit Adverbien u. ä. wiedergegeben; außerdem wurde ein Tempussystem der Verben eingeführt, das dem deutschen System sehr ähnelt. Die Beugung der Verben machte immer mehr dem Gebrauch eines gebeugten Hilfsverbs in Kombination mit einem ungebeugten Verb, ähnlich unserem Infinitiv oder Partizip, Platz (Vgl. ich dachte – ich habe gedacht). Auch im Lexikon bildeten sich viele Unterschiede heraus, u. a. durch die Übernahme zahlreicher semitischer Lehnwörter ins Neuägyptische. Im Gegensatz zum Mittelägyptischen blieb das Neuägyptische auch als Schriftsprache dynamisch, d. h., es entwickelte sich kontinuierlich weiter und ging ins Demotische und zuletzt ins Koptische über, ohne dass es zu einem erneuten Bruch in der Entwicklung gekommen wäre. Gleichzeitig machten sich starke lautliche Veränderungen bemerkbar, so schwanden unbetonte Vokale und die Endung .t des Femininums.

Schrift

Bis zur Christianisierung bediente man sich in der Schrift der Hieroglyphen oder ihrer Kursive, des Hieratischen. Das Hieratische wurde in der Saitenzeit, etwa 700 v. Chr, im alltäglichen Gebrauch von einer unterägyptischen Schnellschrift, dem Demotischen, abgelöst und dann ähnlich wie die Hieroglyphen vor allem für religiöse Texte gebraucht. Koptisch wurde und wird mit einer eigenen, aus dem griechischen Alphabet entwickelten Schrift, dem koptischen Alphabet, geschrieben und ist bis heute Liturgiesprache in der koptisch orthodoxen Kirche.

Überlieferung

Literatur

Überblick

Verwandtschaft mit anderen afroasiatischen Sprachen

  • Otto Rössler: Ägyptisch als Semitische Sprache. In: Franz Altheim, Ruth Stiehl: Christentum am Roten Meer. de Gruyter, Berlin u. a. 1971, ISBN 3-11-003790-4, Bd. 1, S. 263–326, (Schlüsselwerk der Rösslerschen Schule).
  • Gábor Takács: Etymological Dictionary of Egyptian. Brill, Leiden u. a. 1999-lfd. (= Handbuch der Orientalistik, Erste Abteilung 48, ISSN 0169-9423), (Bis 2009 erschienen 2 Bände), (Vertritt die traditionelle Rekonstruktion des Konsonantensystems).
  • Gábor Takács: Semitic-Egyptian Relations. In: In: Stefan Weninger et al. (eds.): The Semitic Languages: An International Handbook. de Gruyter – Mouton, Berlin 2011, S. 7–18.

Grammatiken

  • Elmar Edel: Altägyptische Grammatik. 2 Bände (= Analecta Orientalia 34/39). Pontificium Institutum Biblicum, Rom 1955–1964.
  • A. H. Gardiner: Egyptian Grammar. 3. Auflage. Oxford University Press, London u. a. 1957, (Grundlegende, vor allem beim Verbalsystem stellenweise veraltete Referenzgrammatik des Mittelägyptischen, mit der Gardiner-Liste und Wörterlisten Englisch-Ägyptisch und Ägyptisch-Englisch im Anhang).
  • Boyo G. Ockinga: Mittelägyptische Grammatik. 2. revidierte Auflage. von Zabern, Mainz 2005, ISBN 3-8053-3600-4.
  • Boyo G. Ockinga: Concise Grammar of Middle Egyptian. 2nd revised edition. von Zabern, Mainz 2005, ISBN 3-8053-3601-2.
  • Jaroslav Černý / Sarah Israelit Groll / Christopher Eyre: A Late Egyptian Grammar. 3rd updated edition.Biblical Institute Press, Rom 1984, (Studia Pohl Series maior 4).
  • Friedrich Junge: Einführung in die Grammatik des Neuägyptischen. 2. verbesserte Auflage. Harrassowitz, Wiesbaden 1996, ISBN 3-447-04073-4.
  • Janet H. Johnson: Thus Wrote 'Onchsheshonqy – An Introductory Grammar of Demotic (= Studies in Ancient Oriental Civilization (SAOC) 45, ISSN 0081-7554). 3rd edition. The Oriental Institute, Chicago 2000, ISBN 0-918986-76-1,online.
  • Wolfgang Kosack: * Kurze Sprachlehre des Mittelägyptischen. Verlag Christoph Brunner, Basel 2013, ISBN 978-3-9524018-8-0.
  • Dieter Kurth: Einführung ins Ptolemäische. Eine Grammatik mit Zeichenliste und Übungsstücken. Bd. 1. 3. Auflage. Backe-Verlag, Hützel 2008, ISBN 978-3-9810869-1-1.
  • Thomas Oden Lambdin: Introduction to Sahidic Coptic. Mercer University Press, Macon GA 1983, ISBN 0-86554-048-9.

Wörterbücher

Textausgaben

  • Kurt Sethe: Die altägyptischen Pyramidentexte nach den Papierabdrücken und Photographien des Berliner Museums. 4 Bände. Hinrichs, Leipzig 1908–1922, Band 1, Band 2
  • Wolfgang Kosack: Die altägyptischen Pyramidentexte. In neuer deutscher Uebersetzung; vollständig bearbeitet und herausgegeben von Wolfgang Kosack; Christoph Brunner, Berlin 2012, ISBN 978-3-9524018-1-1.
  • Georg Steindorff (Hrsg.): Urkunden des ägyptischen Altertums. Hinrichs, Leipzig 1904 ff.
    • Band 1: Kurt Sethe: Urkunden des Alten Reichs. Leipzig 1933
    • Band 2: Kurt Sethe: Hieroglyphische Urkunden der griechisch-Römischen Zeit. Leipzig 1904
    • Band 3: Heinrich Schäfer: Urkunden der älteren Äthiopenkönige. Leipzig 1905
    • Band 4: Kurt Sethe: Urkunden der 18. Dynastie. 4 Teilbände, Leipzig 1906–1909
    • Band 5: Hermann Grapow: Religiöse Urkunden. Leipzig 1915–1917
    • Band 6: Siegfried Schott: Urkunden mythologischen Inhalts. Leipzig 1929
    • Band 7: Kurt Sethe (†): Historisch-biografische Urkunden des Mittleren Reichs. Leipzig 1935

Sprachführer

  • Carsten Peust: Hieroglyphisch Wort für Wort. Reise Know-How Verlag Peter Rump GmbH, ISBN 3-89416-317-8, (= Kauderwelsch. 115).

(Sprachstufe: Neuägyptisch)

Weblinks

 Commons: Egyptian language – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gerhard Fecht: Die 3.tjw-ˁ von Ṯḥnw, eine ägyptische Völkerschaft in der Westwüste. in: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft Band 106, Heft 1 1956 (=Neue Folge Band 31) Steiner, Wiesbaden 1956. S. 37–60. Die Deutung wird kritisiert von: Rafed El-Sayed: Afrikanischstämmiger Lehnwortschatz im älteren Ägyptisch: Untersuchungen zur ägyptisch-afrikanischen lexikalischen Interferenz im dritten und zweiten Jahrtausend v. Chr. Peeters, Leuven 2011, ISBN 978-90-429-2572-4.
  2. Dazu vgl. aus jüngerer Zeit: Helmut Satzinger: Afroasiatischer Sprachvergleich. in: S. Grunert, I. Hafemann (Hrg.): Textcorpus und Wörterbuch. Aspekte zur ägyptischen Lexikographie (= Probleme der Ägyptologie. Bd. 14) Brill, Leiden / Boston / Köln 1999 ISBN 90-04-22536-6, S. 367–386.
  3. Wolfgang Schenkel: Aus der Arbeit an einer Konkordanz zu den altägyptischen Sargtexten (= Göttinger Orientforschungen. IV. Reihe, Bd. 12). Harrassowitz, Wiesbaden 1983, ISBN 3-447-02335-X.
  4. Takács: Etymological Dictionary. Bd. I, S. 38–46.
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