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Vidkun Quisling

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Vidkun Quisling, 1919
Quisling, ein Autogramm gebend (1943)

Vidkun Abraham Lauritz Jonssøn Quisling (* 18. Juli 1887 in Fyresdal; † 24. Oktober 1945 in Oslo) war ein norwegischer Offizier und Politiker. Von 1931 bis 1933 war Quisling norwegischer Verteidigungsminister, danach von 1933 bis 1945 Parteiführer des von ihm gegründeten faschistischen Nasjonal Samling. Nachdem sich die gewählte sozialdemokratische Regierung unter Johan Nygaardsvold ins Londoner Exil begab, stand Quisling von 1942 bis 1945 als Ministerpräsident von Norwegen an der Spitze einer vom Dritten Reich eingesetzten Marionettenregierung.

Bis heute gilt der Name Quisling als der Inbegriff von Kollaboration und Verrat und ist als Bezeichnung für einen Kollaborateur in verschiedene Sprachen eingegangen, neben dem Norwegischen gibt es den Begriff u. a. in der deutschen, englischen und schwedischen Sprache. Der Ausdruck wurde durch die britische Zeitung The Times im April 1940 maßgeblich geprägt.

Leben

Quisling war Sohn des evangelischen Pfarrers und bekannten Genealogen Jon Lauritz Qvisling aus Fyresdal. Sowohl Vater als auch Mutter gehörten zu den ältesten und angesehensten Familien der Provinz Telemark.

Nachdem er die Kriegsakademie mit dem besten Abschluss verlassen hatte, der jemals vergeben wurde, wurde er einige Jahre später zum Major befördert.

Seine politische Laufbahn begann er 1922 als Mitarbeiter Fridtjof Nansens in der Sowjetunion während der Zeit der Hungersnot. Von 1927 bis 1929 war er Diplomat in Moskau. In den 1930er Jahren näherte er sich den Faschisten ideologisch an. 1931 wurde er Kriegsminister und verließ die Regierung 1933 wieder.

Am 13. Mai 1933 gründeten Quisling und der Generalstaatsanwalt Johan Bernhard Hjort die faschistische Partei Nasjonal Samling („Nationale Einheit“). Nasjonal Samling war strikt antidemokratisch nach dem Führerprinzip aufgebaut. Quisling war der Fører („Führer“) der Partei, vergleichbar mit der Stellung Adolf Hitlers in der NSDAP. Die Partei konnte nur bescheidene Erfolge verzeichnen. Bei den Wahlen von 1933, vier Monate nach der Parteigründung, erreichte sie 27.850 Stimmen (etwa zwei Prozent), hauptsächlich durch die Unterstützung der „Norwegischen Bauernhilfe“, zu der Quisling noch aus seiner Amtszeit als Kriegsminister Verbindungen hatte. Als sich ab 1935 die Parteilinie weg von einer religiös geprägten hin zu einer pro-deutschen und antisemitischen Politik hin wandelte, nahm die Unterstützung durch die Kirchen ab. Bei den Wahlen 1936 erhielt die Partei weniger Stimmen als 1933. Die Partei wurde zunehmend extremistisch, und nach der deutschen Invasion war die Mitgliederzahl auf 2.000 gesunken. Unter der deutschen Besatzung traten bis 1945 allerdings 45.000 norwegische Kollaborateure in die Partei ein.

Während des deutschen Überfalls auf Norwegen am 9. April 1940 wurde durch Quisling zum ersten Mal in der Geschichte ein Staatsstreich in einer Nachrichtensendung verkündet. In den Wirren der Invasion rief er eine vorläufige Regierung aus. Quisling hatte zwar im Jahr davor Adolf Hitler in Deutschland besucht, konnte jedoch nicht seine Sympathie gewinnen. Hitler hielt ihn schlicht für unnütz, weil er keine nennenswerte Unterstützung in der norwegischen Bevölkerung genoss. Die „Regierung“ Quisling hielt nur wenige Tage. Am 15. April 1940 löste der Administrasjonsrådet sie ab. Der Administrasjonsrådet war eine Art Notregierung, gebildet aus norwegischen Fachleuten.

Am 24. April 1940 wurde Josef Terboven in Oslo als Reichskommissar eingesetzt, als höchstes und unmittelbares Vollzugsorgan Adolf Hitlers. Im September wurden alle politischen Parteien und Jugendorganisationen verboten und ihr Eigentum wurde konfisziert. Reichskommissar Josef Terboven machte am 23. März 1941 bekannt, dass derjenige, der „Nachrichten sammelt oder zu sammeln versucht und sie anderen mit dem Ziel mitteilt, den Feind zu unterstützen“, zum Tode verurteilt werde. Zuchthaus drohte demjenigen, der „mündlich oder schriftlich unwahre oder grob verzerrende Behauptungen verbreitet, die geeignet sind, das deutsche Volk und insbesondere das Ansehen der deutschen Wehrmacht herabzusetzen“, ebenso dem, der illegale Organisationen gründete, in ihnen mitarbeitete oder sie unterstützte.

Im Herbst 1941 wurde es verboten, Radio zu hören, und die Rundfunkgeräte wurden beschlagnahmt, zuerst bei der Bevölkerung an der Küste und in Nordnorwegen, später in den anderen Landesteilen. Nur Mitglieder von Quislings Nasjonal Samling durften ihr Radio behalten.[1]

Obwohl das Verhältnis zwischen Quisling und Terboven als angespannt galt, bot Terboven Quisling 1942 den Posten des Ministerpräsidenten an, vermutlich weil es ihm vorteilhaft erschien, einen Norweger eine gehobene Machtposition innehaben zu lassen, um so Unzufriedenheiten in der Bevölkerung möglichst gering zu halten. Quisling trat dieses Amt dann am 1. Februar 1942 an.

Quislings Residenz in Oslo (1945)

Vidkun Quisling blieb bis zu seiner Verhaftung am 9. Mai 1945 an der Macht. Festgenommen wurde er in einer Villa auf Bygdøy in Oslo, der er den Namen Gimle gegeben hatte, in der nordischen Mythologie der Ort, an dem sich die Überlebenden von Ragnarök im Himmel zusammenfinden, im Haus des Guten. Das Haus wurde später in Villa Grande umbenannt und dient heute als Zentrum für Holocaust- und Minderheitenstudien. Quisling wurde zusammen mit zwei anderen Parteigrößen, Albert Viljam Hagelin und Ragnar Skancke, wegen Hochverrats zum Tode durch Erschießen verurteilt und am 24. Oktober 1945 in der Festung Akershus hingerichtet. Sein Richter war Sven Arntzen, der Großvater von Wenche Elizabeth Arntzen. Das Todesurteil ist in Norwegen juristisch umstritten, da die Todesstrafe erst durch die Exilregierung – mutmaßlich in Erwartung der Nachkriegsprozesse – wieder eingeführt worden war. Quisling wurde in Gjerpen beerdigt.

Quislings russische Frau Maria Wassiljevna lebte bis zu ihrem Tod im Jahre 1980 in Oslo. Quisling und seine Frau hatten keine Kinder.

Veröffentlichungen

  • Russland und wir. Blix Forlag, Oslo 1942 (norwegisch: Russland og vi)

Literatur

  • Else M. Barth: A Nazi Interior. Quisling's Hidden Philosophy. Lang, Frankfurt am Main u. a. 2003, ISBN 3631508166 (Originalausgabe: Gud, det er meg. Vidkun Quisling som politisk filosof. Pax, Oslo 1996, ISBN 82-530-1803-7).
  • Hans Fredrik Dahl: Quisling. A Study in Treachery. Cambridge University, Cambridge 1999, ISBN 0521496977 (Originalausgabe: Vidkun Quisling. 2 Bände. Aschehoug, Oslo 1990-1992, ISBN 82-03-15632-0 Bd. 1; ISBN 82-574-0978-2 Bd. 2).
  • Hans-Dietrich Loock: Quisling, Rosenberg und Terboven. Zur Vorgeschichte und Geschichte der nationalsozialistischen Revolution in Norwegen. In: Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte. Nr. 18, Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1970, ISSN 0481-3545 (Zugleich: Berlin, Freie Univ., Habil.-Schr., 1968).
  • Stanley G. Payne: Il fascismo: Origimi, storia e declino delle dittature che si sono imposte tra le due guerre. Newton Compton, Rom 2006, ISBN 88-541-0630-5.
  • Alexandra Andreevna Voronine Yourieff, W. George Yourieff, Kirsten A. Seaver: In Quisling's Shadow. The Memoirs of Vidkun Quisling's First Wife, Alexandra. Hoover Institution Press, Stanford Calif. 2007, ISBN 0-817-94832-5 (Hoover Institution Press publication 553, ISSN 0073-3296).
  • Kommissarischer Staatsrat Ragnar Skancke, Albin Eines (Lukas), Hauptmann Odd Melsom, H.N. Ostbye: Ein Buch über Vidkun Quisling. Blix Forlag, Oslo 1941 (Ein vermutlich von der NS-Propaganda gefördertes Buch, das von einem dort stationierten Soldaten mit nach Deutschland gebracht wurde. Gedruckt von J.Chr. Gundersen, Buchdruckerei).

Einzelnachweise

  1. Rut Brandt: Freundesland. Erinnerungen. 6. Auflage. Hoffmann und Campe, Hamburg 1992, ISBN 3-455-08443-5, S. 44, 49.

Weblinks

 Commons: Vidkun Quisling – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


Vorgänger Amt Nachfolger

Johan Nygaardsvold
Ministerpräsident von Norwegen
19421945

Einar Gerhardsen
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Vidkun Quisling aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.