Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Spruchkammerverfahren

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Spruchkammerverfahren waren Verhandlungen, die im Zuge der Entnazifizierung nach 1945 in den drei westlichen Besatzungszonen Deutschlands (1945 bis 1949) durchgeführt wurden.

Beschreibung

Ab 1946 fällten sogenannte Spruchkammern, die von un- oder minderbelasteten Juristen und deutschen Laienrichtern geführt wurden, Urteilssprüche gegen Deutsche wegen Verstrickung in den Nationalsozialismus. Das Kontrollratsgesetz Nr. 104 zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom 5. März 1946[1] sah fünf Gruppen vor:

  1. Hauptschuldige
  2. Belastete (Aktivisten, Militaristen, Nutznießer)
  3. Minderbelastete (Bewährungsgruppe)
  4. Mitläufer
  5. Entlastete, die vom Gesetz nicht betroffen waren.

Wer nach diesem Gesetz als besonders aktiver Nationalsozialist in Gruppe 1 oder 2 eingestuft wurde, konnte nach Anhören der Be- und Entlastungszeugen und nach einer Beweisaufnahme zu Arbeitslager bestraft werden, Hauptschuldige für eine Zeit zwischen zwei und zehn Jahren, Belastete bis zu fünf Jahre. Arbeitslager sollten von deutschen Behörden eingerichtet werden, was aber bis Februar 1947 nicht geschah.[2] In die beiden ersten Kategorien wurden jedoch lediglich rund 1,4 Prozent der Betroffenen eingruppiert. Mehr als die Hälfte der Spruchkammerverfahren endete mit einer Einstufung als Mitläufer.

US-Unbedenklichkeitsschein: „Aufgrund der Angaben in Ihrem Meldebogen sind Sie von dem Gesetz zur Befreiung vom Nationalsozialismus und Militarismus vom 5. März 1946 nicht betroffen.

Gegenüber gängigen Strafverfahren war bei den Spruchkammern die Beweislast umgekehrt: Der Betroffene musste die Schuldvermutung entkräften und nicht die Spruchkammer seine Schuld beweisen. Dies führte dazu, dass die Mehrheit der Angeklagten sich zu rechtfertigen suchte und so ein „Saubermann-Image“ sich in der Bevölkerung ausbreitete.[3] Im Volksmund prägte sich hier die Verwendung des Begriffes Persilschein.

Literatur

  • Volker Friedrich Drecktrah: Von Nürnberg in die Provinz. Das Spruchgericht Stade 1946–1948. In: Helia-Verena Daubach (Red.): Leipzig – Nürnberg – Den Haag. Neue Fragestellungen und Forschungen zum Verhältnis von Menschenrechtsverbrechen, justizieller Säuberung und Völkerstrafrecht. Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 2007, DNB 992024501, S. 117–129. (= Juristische Zeitgeschichte NRW. Band 16, ISSN 1615-5718)
  • Clemens Vollnhals (Hrsg.): Entnazifizierung. Politische Säuberung und Rehabilitierung in den vier Besatzungszonen 1945–1949. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1991, ISBN 3-423-02962-5. (= dtv. 2962 Dokumente)
  • Sven Reichardt, Malte Zierenberg: Damals nach dem Krieg. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2008, ISBN 978-3-421-04342-9.

Einzelnachweise

  1. Vgl. Hans-Jörg Ruhl (Hrsg.): Neubeginn und Restauration. Dokumente zur Vorgeschichte der Bundesrepublik Deutschland 1945-1949. dtv, München 1982, S. 279 f.
  2. Christa Schick: Die Internierungslager. In: M. Broszat, K.-D. Henke, H. Woller (Hrsg.): Von Stalingrad zur Währungsreform. Zu Sozialgeschichte des Umbruchs in Deutschland. München 1989, ISBN 3-486-54132-3, S. 311f.
  3. Reichardt, Zierenberg: Damals nach dem Krieg. 2008, S. 206f.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Spruchkammerverfahren aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.