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Speziallager

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Die von 1945 bis 1950 verscharrten Toten des Speziallagers Buchenwald markieren Metallstelen in einem nach 1950 gewachsenen Wald (Foto aus dem Jahr 2007)

Speziallager waren Lager, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 von der sowjetischen Militäradministration in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) eingerichtet wurden und bis 1950 in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) bestanden. Im Amtsrussisch hießen sie abgekürzt im Singular „Spezlag“, im Plural „Spezlagerja“. In deutschsprachigen Bekanntmachungen verwendeten die Lagerleitungen für den Begriff „Speziallager“ das Wort „Anhaltelager“. Solche Internierungslager wurden aufgrund gemeinsamer alliierter Vereinbarung in allen Besatzungszonen eingerichtet.[1] Analog zu dem in den westlichen Besatzungszonen gehandhabten Instrument „automatic arrest“ sollten als gefährlich eingestufte Personengruppen für eine bestimmte Zeit interniert werden. Die Sowjetische Besatzungsmacht arrestierte jedoch in ihren Speziallagern einen wesentlich umfangreicheren Personenkreis als die westlichen Besatzungsmächte, ließen sie länger bestehen und benutzten sie vor allem auch zur Unterdrückung politischer Gegner.

Das Speziallager Nr. 4 war das „Gelbe Elend“ in Bautzen (Blick von Südosten; links die Kirche, rechts der Ostflügel, Foto aus dem Jahr 2007)

Insgesamt gab es zehn Speziallager an folgenden Orten: Mühlberg, Buchenwald, Berlin-Hohenschönhausen, Bautzen, Ketschendorf, Jamlitz (zuvor in Frankfurt Oder), Sachsenhausen, Werneuchen (Weesow), Torgau und Fünfeichen (Neubrandenburg) sowie das auf polnisch gewordenem Gebiet gelegene Landsberg (Warthe). In Bautzen, Sachsenhausen und Torgau errichteten sie auf dem gleichen Gelände auch Unterkünfte für das Sowjetisches Militärtribunal (SMT) Verurteilte; die weitaus größere Personenzahl stellten jedoch auch hier die internierten Speziallagerhäftlinge.[2] Zusätzlich gab es noch mehrere Gefängnisse wie Nr. 5 Strelitz und Nr. 6 Berlin-Lichtenberg. Die Speziallager in Buchenwald und Sachsenhausen wurden in den beiden ehemaligen KZ Buchenwald und Sachsenhausen eingerichtet, welche die Sowjetische Besatzungsmacht ab August 1945 weiter nutzte.

Sowjetische Strukturen

Alle Speziallager waren dem Volkskommissariat für innere Angelegenheiten (NKWD, ab 1946 MWD) unterstellt, das dafür eine eigene Abteilung „Spezlager“ hatte. Vom Leiter des NKWD, Lawrenti Beria, wurde am 4. Juli 1945 Iwan A. Serow zum „Bevollmächtigten des NKWD für die Gruppe der Sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland“ ernannt. Dieser war der direkte Vorgesetzte des Leiters der Abteilung Speziallager des NKWD Michail J. Swiridow. Im Speziallager Nr. 3 – Berlin-Hohenschönhausen, befand sich in der Genslerstraße die zentrale Verwaltung aller zehn sowjetischen Speziallager.

Mit Befehl 00559 vom 9. August 1948 wurde der Begriff Speziallager auf sowjetischer Seite offiziell nicht mehr benutzt. Da aber bis 1950 in drei von diesen Lagern noch 14.000 Insassen waren, wird der Begriff für diesen Personenkreis auch noch für die Zeit bis 1950 verwendet. Ein Teil der Areale und Gebäude der Speziallager wurde dann für den Justizvollzug oder als Untersuchungshaftanstalt genutzt; sie unterstanden der Hauptverwaltung der Lager (Gulag) des sowjetischen Innenministeriums. Deren Insassen gelten nicht als „Speziallagerhäftlinge“.

Orte

Liste der Speziallager der SMAD in der damaligen SBZ:

Ein im damals polnisch gewordenen Gebiet gelegenes Speziallager war ebenfalls mit deutschen Häftlingen belegt:

Die vorangestellten zweibuchstabigen Abkürzungen für diese Lager werden in der nebenstehenden Karte und in der Liste bekannter Insassen verwendet.

Die meisten Lager wurden im Spätsommer 1948 aufgelöst, nur die in Sachsenhausen, Buchenwald, und Bautzen blieben (mit neuer Nummerierung 1 – 3) bis März 1950 bestehen. Von da aus kamen die restlichen Häftlinge in das Zuchthaus Waldheim und 3324 wurden dort verurteilt (siehe Waldheimer Prozesse).

Verhaftungen und Verhöre

Plan des Speziallager Nr 6 in Jamlitz

Die Verhaftungspraxis der sowjetischen Besatzer wurde von Anfang an durch die neuen, von der sowjetischen Besatzungsmacht eingesetzten und von ihr abhängigen deutschen Behörden unterstützt. Waren zunächst die in den Landesverwaltungen bestehenden Ämter für Information beteiligt, übernahmen diese Aufgabe ab 1947 die 5. Kommissariate der Volkspolizei, deren Gründung auf einen SMAD-Befehl zurückgeht. Dort arbeiteten viele frühere Mitglieder des illegalen Militärapparates der KPD mit der russischen Geheimpolizei NKWD zusammen, ab 1950 wechselten sie ins neu gegründete MfS. Der spätere Minister für Staatssicherheit Erich Mielke war einer von ihnen. Sie überstellten zunehmend politisch missliebige Personen an die Besatzungsmacht. Der Vorwurf der faschistischen Tätigkeit wurde immer seltener erhoben; die Internierungen dienten mehr und mehr der Unterdrückung jeglicher politischer Opposition – oder dessen, was dafür gehalten werden konnte.

Nach der Verhaftung erfolgten regelmäßig tage- oder auch wochenlange Verhöre beim örtlichen NKWD, oft auch unter Folter. Die dann zu unterzeichnenden Verhörprotokolle waren oftmals nur auf Russisch verfasst und enthielten gelegentlich Geständnisse, die von den Betroffenen nicht oder nicht so wie protokolliert gemacht worden waren. In den allermeisten Fällen reichten die Vorwürfe nicht für ein Gerichtsverfahren, dann wurde der Betreffende in einem der Speziallager interniert. Andernfalls kam der oder die Betreffende vor ein Sowjetisches Militärtribunal (SMT).

Irgendein Verdacht oder Vorwurf führte also zur Verhaftung und zu Verhören: Erhärtete sich dabei der Vorwurf oder kamen irgendwelche verbotenen (von den Sowjets verbotenen!) Dinge zu Tage, kam der Fall vor ein SMT; war das nicht der Fall, wurden die Leute nicht etwa nach Hause geschickt, sondern kamen in die Speziallager: Genau das waren die über hunderttausend bis 1948 oder 1950 internierten Speziallagerhäftlinge. Bei den Sowjets blieb immer der ursprüngliche Vorwurf der Haftgrund. So musste ein Speziallagerhäftling, wenn er von einem sowjetischen Uniformierten gefragt wurde „Warum sind Sie hier“ antworten mit „Verdacht auf ...“. Genau so muss heute ein Gefängnisinsasse mit „Nennung seiner Straftat“ antworten. Bei den Sowjets trugen die Internierten als solches Etikett diesen (behaupteten) „Vorwurf“, aber eben nicht eine „Straftat“.

Verfahren vor dem Sowjetischen Militärtribunal

Die Verfahren vor dem Sowjetischen Militärtribunal waren nicht rechtsstaatlich, sondern verliefen nach sowjetischem, stalinistischem Rechtsverständnis, demzufolge es nicht auf Feststellung individueller Schuld ankam, sondern darauf, dass vor allem als Gegner des sowjetischen Systems Verdächtigte aus dem Verkehr gezogen werden. Hierbei wurde sowjetisches Recht rückwirkend angewandt, wobei hauptsächlich der Paragraph 58 des Strafgesetzbuches der UdSSR vom 22. November 1926 angewandt wurde. Dieser befasst sich mit sogenannten „konterrevolutionären Verbrechen“ und deckt nahezu alles ab, was der „Schwächung der Herrschaft der Räte der Arbeiter und Bauern“ diente sowie gegen die „grundlegenden wirtschaftlichen, politischen und nationaler Errungenschaften der proletarischen Revolution gerichtet ist“. In dem üblichen Schnell-Verfahren von 15 bis 20 Minuten Dauer waren 25 Jahre Zwangsarbeit eine häufige Regelstrafe. Weder Verteidiger noch Entlastungszeugen waren zugelassen und es gab keine Berufungsmöglichkeit. Eine Schuld musste nicht nachgewiesen werden, als Urteilsbegründung genügte dem Tribunal der „Vorwurf“, um in die UdSSR deportiert, sofort erschossen oder in eine SMT-Strafvollzugsantalt auf deutschem Boden eingewiesen zu werden. Die gab es in Bautzen, Sachsenhausen und Torgau auf dem gleichen Gelände, wo sich bis 1948 oder 1950 drei der Speziallager befanden. Von 1947 bis Januar 1950 wurde die Todesstrafe in der UdSSR abgeschafft, so dass in diesen Jahren erlassene Todesurteile auch in der SBZ in lebenslängliche oder 25-jährige Haft umgewandelt wurden. Von 1945 bis 1947 wurden insgesamt 1797 Todesurteile verhängt/vollstreckt, von 1950 bis 1953 waren es noch 606.[3]

Die rechtsstaatliche Haltlosigkeit der SMT-Urteile zeigt sich deutlich in der Rehabilitierungspraxis der Russischen Föderation auf Grundlage des Gesetzes von 18. Oktober 1991. So wurden seitdem von 10.509 Anträgen deutscher Staatsbürger auf Rehabilitierung bisher 9.976 entschieden, davon 9.487 positiv (95,1 %) und 489 negativ (4,9 %). Dabei stellten die wegen angeblicher Spionage Verurteilten mit 5.901 Betroffenen die größte Gruppe. Hier liegt die Rehabilitierungsquote bei 99,3 %.[3]

Die Speziallagerinsassen konnten nach dem vorgenannten Gesetz nicht rehabilitiert werden, weil keine Verurteilung vorlag (vgl. Oskar Lecher).

Bei den in diesen Vollzugsanstalten ebenfalls einsitzenden verurteilten Bürgern der UdSSR handelte es sich in der Mehrzahl um kriegsgefangene Soldaten, die auf Grund ihrer Gefangennahme laut Stalins Befehl Nr. 270[4] vom 16. August 1941 als Vaterlandsverräter galten und für die die Lager nur eine Zwischenstation auf dem Weg in den Gulag waren. Das gleiche Schicksal traf auch viele Ostarbeiter, auch sie galten häufig als Vaterlandsverräter. 1947 befanden sich nur noch 695 sowjetische Bürger in den Lagern.

Speziallager-Insassen

Viele der Inhaftierten waren Mitglieder oder kleinere Funktionsträger (wie Block- und Zellenleiter) der NSDAP oder anderer NSDAP-Organisationen. Die NSDAP-Propaganda der letzten Kriegszeit, die Jugendliche als „Werwölfe“ (siehe Werwolf (Freischärlerbewegung)) zu Anschlägen gegen die Besatzungstruppen aufforderte, hat zur Inhaftierung von Tausenden Jugendlichen zwischen 12 und 18 Jahren durch die sowjetische Besatzungsmacht geführt, die jedoch keinerlei Anschläge irgendwelcher Art verübt hatten, sondern unschuldig waren. Auch Benno Prieß, einer von den Jugendlichen, saß unschuldig in den Speziallagern des NKWD. Er hat in zwei Büchern die Massenverhaftungen von damals dokumentiert. Es gab viele Akte von Willkür. So wurden zahllose Personen von der Straße weg verhaftet, um das vorgegebene stalinistische „Plansoll“ an Verhaftungen zu erfüllen. Beispielsweise wurde jemand als angeblicher „SS-Bannführer“ verhaftet, weil er als Beruf „S-Bahn Führer“ angegeben hatte. Ebenfalls in den Lagern waren auch dort geborene Kinder, die meistens mit den Müttern in abgesonderten Bereichen untergebracht waren. Die Frauen wurden teilweise bereits schwanger inhaftiert oder auch erst im Lager schwanger.[5]

Das Gros der Internierten stellten Männer von 40 bis 60 Jahren, etwa fünf Prozent der Häftlinge waren Frauen. Sie wurden überwiegend unter dem Vorwurf festgehalten, Nationalsozialisten zu sein; zu ihnen zählten mittlere und kleine Funktionsträger der NSDAP und ihrer Gliederungen. Eine große Gruppe bildeten Jugendliche von 12 bis 21 Jahren, zumeist unter dem Vorwurf, dem „Werwolf“ angehört zu haben. Aber auch Sozialdemokraten, Liberale und Konservative, Adlige, Unternehmer, Bauern und Großbauern, die mehr als 100 Hektar Land besaßen und sich ihrer entschädigungslosen Enteignung widersetzten, Zeitungs- und andere Redakteure, Autoren antisowjetischer Literatur und viele mehr wurden inhaftiert. Die Begründung „andere verdächtige Elemente“ erlaubte zudem eine nahezu beliebige Ausweitung des Personenkreises. Alle befanden sich ohne juristische Überprüfung ihrer Schuld auf Grund der bloßen Anschuldigung oder eines Verdachts in den Lagern. So stellte der Generalmajor der Justiz Boris M. Schawer in einem Schreiben vom 24. Juni 1947 fest: „Die Festnahme von Personen, die im Rahmen des NKWD-Befehls Nr. 00315 … in die Speziallager überstellt werden, erfolgt in einem Sonderverfahren, gegen sie wird keine Anklage erhoben, und Ermittlungsunterlagen, wie sie die Strafprozessordnung vorsieht, gibt es nicht.“[6] Eine spätere Überprüfung auf eine Schuld erfolgte in den Lagern nur in wenigen Fällen.

1946 erreichten die Speziallager mit über 80.000 Insassen ihre größte Belegungsstärke. Davon zählten zirka 40.000 zu den sogenannten NS-Aktivisten. 35.000 von ihnen galten selbst nach sowjetischem Verständnis als so minderbelastet, dass man sie, wie Marschall Sokolowski und Generaloberst Serow in einem Schreiben vom 4. Dezember 1946 an Stalin und Berija meinten, eigentlich entlassen könnte. In den Westzonen wäre diese Gruppe nicht einmal kurzfristig inhaftiert worden. „In der Zeit ihres Aufenthaltes in den Lagern konnten unsere Organe keine zusätzlichen belastenden Angaben in Bezug auf diese Verhafteten erzielen. Dabei konnten die Militärtribunale in Bezug auf diese Verhafteten dahingehend keine Strafverfahren durchführen, daß es über diese keine Materialien gibt, die auch etwas über ihre feindliche Arbeit gegen die Sowjetunion beweisen würden, weil sie in der Zeit des Krieges nicht auf dem Territorium der Sowjetunion waren, sondern Mitglieder der faschistischen Partei waren. Wir nehmen an, daß es keine Notwendigkeit gibt, diese Kategorie der Inhaftierten im Lager zu behalten und sie ohne Zweck zu ernähren. Dabei scheint uns ihre Freilassung nicht gefährlich.“[6] Die Lager waren somit keine Lager für Kriegsverbrecher, mehr als 80 % der Insassen sind lediglich mit einem Bezug zum NS-System beziehungsweise Kriegsereignissen oder Kriegsfolgen verhaftet worden.

Mit der Umstrukturierung 1946 fanden kaum noch Inhaftierungen auf Basis des Befehls Nr. 00315 statt und in Bautzen, Sachsenhausen und Torgau wurden fast ausschließlich SMT-Verurteilte in die Gebäude für SMT-Verurteilte eingewiesen. Die befanden sich zwar auf dem gleichen Gelände wie die der „internierten“ Speziallagerhäftlinge, beide Gruppen waren aber streng voneinander isoliert. Bereits von Herbst 1946 bis April 1947 wurden die Lager Torgau (Nr. 8), Hohenschönhausen, Jamlitz und Ketschendorf geschlossen. In dieser Zeit erreichte auch das Massensterben in den Lagern seinen Höhepunkt. Auf Grund der Reduzierung der ohnehin schon geringen Verpflegungsrationen im Herbst 1946 starben von November 1946 bis Juni 1947 nach den von den russischen Behörden nach 1990 an die Bundesregierung übergebenen Unterlagen 14.450 Häftlinge an Hunger, Krankheit oder Kälte.

Zu den als interniert geltenden Lagerinsassen, intern meist als Spezkontingent bezeichnet, kamen noch einige Tausend Kriegsgefangene hinzu, die eher zufällig in die Lager gelangten und das Leben der Internierten teilten. Sie wurden zum größten Teil 1946/47 zum Arbeitseinsatz in die Sowjetunion überführt.

Sowjetischer Zwischenstandsbericht vom Juli 1947

Aus dem Schreiben des Leiters der Abt. Speziallager an den stellv. Innenminister Serov vom 10. Juli 1947:[7]

Am 1. Juli 1947 befanden sich in den Speziallagern der SMA in Deutschland 60.774 inhaftierte Deutsche und Personen anderer Nationalität, die gemäß Befehl Nr. 00315 in den Jahren 1945/1946/1947 festgenommen worden waren. Davon wurden von Militärtribunalen verurteilt: Deutsche – 8.980, UdSSR-Bürger – 1,746, Personen anderer Nationalität – 120.

Der körperliche Zustand des Spezkontingents läßt sich durch folgende Angaben charakterisieren:
Älter als 45 Jahre - 35.206 Personen oder 58 %
Erkrankt an Dystrophie III. Grades - 5.579 Personen
Erkrankt an Dystrophie II. Grades - 5.377 Personen
Erkrankt an Dystrophie I. Grades - 7.792 Personen
Erkrankt an offener Tuberkulose - 1.702 Personen
Erkrankt an anderen Krankheiten - 5.858 Personen
Insgesamt git es 26.308 Kranke, oder 43 % der Gesamtzahl.

Gestorben sind im Halbjahr 1945 – 12.137 Personen, im Jahr 1946 – 12.137 Personen, im Halbjahr 1947 – 12.884 Personen. Insgesamt sind 31.404 Personen gestorben.

Als Anzahl der bis Mitte 1947 Verhafteten ergibt sich nach diesen sowjetischen Angaben: 60.774 Lagerinsassen plus 31.404 Verstorbene = insgesamt 92.178. Über ein Drittel davon waren verstorben; im ersten Halbjahr 1947 mehr als im ganzen Jahr 1946.

Endstand

Nach Angaben der Abteilung Speziallager in Berlin waren es 122.671 Deutsche – nach Schätzungen westlicher Historiker 160.000 bis etwa 180.000 sowie 34.076 Bürger der UdSSR und 460 Bürger anderer Staaten. Alle nicht verurteilten Speziallagerinsassen waren mangels Urteil nicht rehabilitierbar; sie gelten aber zu 100 % als rehabilitiert.

Bekannte Speziallagerhäftlinge

In den beiden nachfolgenden Listen aufgeführt sind nur solche ehemaligen Speziallager-Insassen, die ohne Urteil „interniert“ waren (aber eventuell später verurteilt wurden) und über die in Wikipedia ein Artikel existiert. Eine analoge Aufstellung für die Verurteilten befindet sich im Artikel SMT-Verurteilte.

Während der Haftzeit Verstorbene, entweder in einem der Speziallager oder nach Deportation von da aus in die SU:

Name Lager Tätigkeiten Details zum Haftgrund, Verdacht oder behaupteten Vorwurf
Joachim Ernst von Anhalt Bu als NS-Regimegegner bereits 1944 im KZ Dachau
Otto Baer To mit Friedrich Olbricht befreundet, in das Attentat vom 20. Juli involviert antisowjetische Propaganda
Rudolf Bingel Ke Vorstandsvorsitzender der Siemens-Schuckertwerke SS-Kontakte
Willi Bloedorn NSDAP-Funktionär und -Reichstagsabgeordneter
Paul Blumberger Reichsgerichtsrat, NSDAP-Blockleiter 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Oskar von Boenigk Ke Generalmajor der Luftwaffe
Leo Brandenburg Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Ernst Brandis Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Erwin Brauer Bu Oberlandeskirchenrat, Mitglied der NSDAP NSDAP-Mitgliedschaft
Justus Delbrück Ja Jurist und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus Mitarbeiter der Abwehr-Organe
Richard Dietrich Flugzeug-Konstrukteur und Unternehmer
Fritz Dörffler Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Hermann Döring Sa Jurist, Vorstand einer Luftfahrtversicherungsgesellschaft
Horst von Einsiedel Sa Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus „amerikanischer Spion“
Carl Engel Gaudozentenführer Pommern, Rektor der Universität Greifswald
Rudolf Fehrmann Rechtsanwalt, Kletterführerautor; NSDAP-Mitglied, Wehrmachtrichter
Walther Förster Ba Oberbürgermeister von Bautzen
Richard Francke Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Wilhelm Frerichs Bu SS-Obersturmführer im KZ Buchenwald
Hans Fridrich Ba NSDAP-Mitglied; 1934–1943 Oberbürgermeister von Breslau
Heinrich Frings vor 1933 Zentrumspartei, Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Theodor Fritsch NSDAP-naher Verleger
Walther Froelich Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Heinrich George Ho, Sa Schauspieler denunziert
Hermann Günther Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
August Guth Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Amandus Haase Ja sächsischer Vorgeschichtsforscher, Polizeihauptmeister NSDAP-Mitgliedschaft
Siegfried Haenicke Deutscher General der Infanterie
Werner Hartenstein Ja NSDAP, Oberbürgermeister von Freiberg, übergab die Stadt kampflos
Karl Heinrich Ho Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, Juni 1945 Berliner Polizeichef; lehnte die kommunistische Führungsrolle ab illegaler Waffenbesitz, Misshandlung und Denunziation von Mithäftlingen während des NS-Strafvollzugs, konterrevolutionäre Verbrechen
Hans Stieler von Heydekampf Ho Polizeikommandeur, Generalleutnant
Hermann Hoffmann Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Alfred Horstmann Sa Diplomat, 1933 in den Ruhestand versetzt Anschuldigung: Herausgeberschaft einer den Nationalsozialismus propagierenden Zeitung
Hans Iber Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Werner Ihmels Ba kirchlich geprägter Gegner von Nationalsozialismus und FDJ Konflikt mit der FDJ-Führung
Wilhelm Jelinek Ba Autor, Betriebsratvorsitzender, Vertreter des Anarchosyndikalismus Regimegegner der SED
Wilhelm Jost SA-Sturmbannführer, Rektor der TH Dresden deportiert in ein Internierungslager bei Saratow in der SU
Arthur Jubelt Bu Gegner des Nationalsozialismus; 1945 Oberbürgermeister von Zeitz
Fred Kaltenbach Bu Amerikaner; pro-nationalsozialistischer Rundfunksprecher
Erich Karlewski General der Flieger im Ruhestand
Willy Klitzing Regierungsdirektor beim Reichsstatthalter von Mecklenburg-Lübeck; ehrenamtliches Mitglied des Volksgerichtshofs
Otto Koch Bu NS-Funktionär und Oberbürgermeister von Weimar
Artur Köllensperger Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Willi Fr. Könitzer Sa NS-Journalist und Schriftsteller zum Judentum
Werner Kropp Bu NSDAP-Funktionär und -Reichstagsabgeordneter sowie SA-Führer
Walther Kunze Bu Bauingenieur und NSDAP-Funktionär
Oskar Lecher Ja, Mü Chemiker Werwolf
Hugo Luschin österreichischer Rat am Obersten Gerichtshof und deutscher Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Karl Martin Ba NSDAP-Reichstagsabgeordneter und Kreisleiter von Bautzen
Walter Meyer Bu Olympiasieger 1932, Direktor einer Zuckerfabrik NSDAP-Mitgliedschaft
Richard Moeller Gegner des Nationalsozialismus; 1945 Ministerialdirektor
Karl August Nerger Sa Marineadmiral im Ersten Weltkrieg; Direktor bei Siemens-Schuckert Mitarbeiter der Abwehr-Organe?
Otto Nerz Sa, Ho Reichstrainer des DFB, NSDAP-Mitglied
Hans Neumerkel Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Werner von Nitzsch Ba Ackerbauwissenschaftler und Bodenkundler
Alfred Olscher La, Bu Jurist, Ministerialbeamter im Reichsfinanzministerium
Kurt Otto Bu Landeshauptmann der Provinz Sachsen
Karl Pawelka Mü, Bu Richter am höchsten tschechoslowakischen Gericht und deutscher Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Friedrich Pfeffer Bu Jurist, Verwaltungsbeamter und Politiker (DVP)
Gustav Rathje Filmproduktionsleiter
Wilhelm Reetz Sa, La, Bu Kunstmaler und Journalist; Schriftleiter von NS-Zeitschriften
Siegfried Remertz stellvertretender Bürgermeister von Greifswald
Heinrich XLV. v. Reuß Bu ? NSDAP-Mitglied unbekannt (vermutlich vor allem „als Adeliger“)
Otto Rietzsch Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Ernst Rittweger Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Joseph Sablatnig Bu Luftfahrtpionier; Entwickler von Sturmbootsmotoren
Rudolf Schaper To Jurist und Politiker, Stahlhelm; NSDAP-Reichstagsabgeordneter aktives Mitglied der faschistischen Partei
Fritz Schettler Verleger der Dresdner Nachrichten
Richard Schmidt Bürgermeister von Greifswald
Walter Schmidt Bu Präsident der Eisenbahndirektion Dresden
Erich Schultze Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Werner Schulze emeritierter Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Bruno Schuster Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Ulrich von Sell Ja Offizier
Eduard Stadtler Sa Reichstagsabgeordneter der DNVP, Mitauftraggeber der Morde an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht
Willy Stegemann Klassischer Philologe
Friedrich Syrup Sa Jurist und Politiker, 1932 Minister nach 1933 zuständig für den Arbeitseinsatz
Curt von Ulrich To NSDAP-Reichstagsabgeordneter, Oberpräsident Provinz Sachsen
Hans Wilhelm Viereck deutscher Pflanzensammler in Mexiko
Erich Walther Mü, Bu Generalmajor der Luftwaffe Teilnahme am Krieg gegen die Sowjetunion
Karl Wernecke Sa 1931–1945 Oberbürgermeister von Stendal, NSDAP und SA-Mitglied
Gerhard Wischer Psychiater, SA- und NSDAP-Mitglied an Euthanasie-Verbrechen beteiligt
Walter Witting Generalleutnant der Luftwaffe
Julius Graf von Zech-Burkersroda Ba Rittergutsbesitzer
Hans H. Zerlett Ja, Mü, Bu NSDAP-Mitglied; Drehbuchautor und Regisseur
Erhard Ziegler Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet

Die Lagerzeit überlebt haben:

Name Lager Tätigkeiten Details zum Haftgrund, Verdacht oder behaupteten Vorwurf
Rudolf Ahlers Bu Autor, NSDAP-Mitglied, Leiter der Reichsschrifttumskammer für Magdeburg-Anhalt beziehungsweise Mecklenburg
Margret Bechler Ba, Ja, Mü, Bu Ehefrau des NKFD-Mitgründers Bernhard Bechler Mitverantwortung am Tod des Antifaschisten Anton Jakob
Bernhard Benning Ja, Mü, Bu Direktor der volkswirtschaftlichen Abteilung und stellvertretender Leiter der Reichs-Kredit-Gesellschaft AG
Helmut Bischoff Bu SS-Obersturmbannführer und Gestapo-Angehöriger
Stephan Dietrich Ba, Mü Heimatdichter des Erzgebirges, Propaganda-Leiter der Gemeinde
Horst Dreßler-Andreß Bu NSDAP-Mitglied; Präsident der Reichsrundfunkkammer
Reinhold Eggers Sa Offizier
Max Emendörfer Sa KPD-Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus V-Mann der Gestapo? (später SMT-verurteilt)
Ewald Ernst Ho, Ba 1946 CDU-Landtagsabgeordneter in Sachsen-Anhalt Spionage für die USA
Heinrich Eufinger Arzt und SS-Obersturmbannführer; Zwangssterilisationen
Marianne Fischer Opernsängerin
Werner Frauendienst To, Bu NSDAP-Mitglied, Historiker, Archivar
Ernst Fresdorf Bu vor 1933 SPD-Mitglied, 1945 von den US-Truppen eingesetzter Oberbürgermeister von Eisenach Devisenvergehen?
Ulrich von Fresenius To, Mü, Bu NSDAP-Mitglied, Bürgermeister von Wernigerode
Karl-Heinz Gerstner Ho NSDAP-Mitglied, Spion, Antifaschist, später SED-Mitglied, Stasi-IM und Journalist hoher NS-Beamter
Wilhelm Goldmann Mü, Bu Verleger
Friedrich Griese vom Naziregime hochgeehrter Schriftsteller, NSDAP-Mitglied
Paul Grimm Bu Prähistoriker, NSDAP-Ortsgruppenleiter Verdacht auf Beteiligung am Kunstraub in Kiew
Gustaf Gründgens Ja Schauspieler und Generalintendant des Preußischen Staatstheaters „General“ im Titel
Karl Ritter von Halt Bu NS-Sportfunktionär, Personalvorstand der Deutschen Bank leitende Persönlichkeit der Wirtschaft
Jan Herchenröder Mü, Bu Journalist, Kriegsberichterstatter
Alfred Jank Ke, Fü Angehöriger von Hitlerjugend beziehungsweise Volkssturm Werwolf-Vorwurf
Manfred Klein Ho, Ba Christlich geprägter Mitbegründer und Zentralratsmitglied der FDJ Vorwurf „Spionage“
Ewald Kluge Motorradrennfahrer, NSKK
Horst Köbbert später Entertainer und Sänger
Siegfried Köhler (Komponist) Ba, Mü später Präsident des Verbandes der Komponisten und Musikwissenschaftler der DDR musikalisch in einer Spielschar der HJ tätig
Friedrich Emil Krauß Ba, Ja, Bu Industrieller und Erfinder, NSDAP-Funktionär Vorwurf „Kriegs- und Naziverbrecher“
Georg Krausz Ke, Ja, Mü, Bu, To kommunistischer Aktivist in Ungarn, Tschechoslowakei, Österreich und Deutschland; KZ-Häftling in Buchenwald; später stellvertretender Chefredakteur des Neuen Deutschland Spionage für die USA
Otto von Kursell Mü, Bu NSDAP-Funktionär und -Reichstagsabgeordneter; Maler und Graphiker
Hans Lachmund Fü, Bu Jurist, Politiker und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus Freimaurer
Gertrud Lehmann-Waldschütz Ja, Mü, Bu Autorin; NSDAP-Mitglied, Kreisbeauftragte der NS-Frauenschaft
Giwi Margwelaschwili Sa Sohn des Sowjetemigranten Titus von Margwelaschwili mit dem Vater verhaftet, dem man Verrat vorwarf
Werner Maser Sa Offizier der Infanterie
Eberhard Matthes Sa Denkmalpfleger, Heimatforscher und Pädagoge
Hellmut Mehnert mit 17 Jahren zum Volkssturm; später Arzt, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin angeblich Werwolf
Wolfgang von Nathusius NSDAP-Mitglied seit 1931, Funktionär im NS-Studentenbund
John H. Noble Mü, Bu Deutsch-amerikanischer Unternehmer Spionagevorwurf
Max Poepel Mü, Bu kommissarischer Oberbürgermeister von Aue, NSDAP-Mitglied
Eberhard Puntsch Sachbuchautor, LDP-Mitglied in Sachsen
Paul Reckzeh Ja, Mü, Bu Arzt und Gestapo-Mitarbeiter wegen Denunziation
Max Reschke Ke, Mü, Bu Lagerleiter in Waldheim zu 25 Jahren verurteilt, aber begnadigt
Dieter Rieke Ho, Ba sozialdemokratischer Politiker und Journalist Kontakte zum Ostbüro der SPD
Oswald Rösler Bu Vorstandssprecher der Deutschen Bank
Hans-Ulrich Rottka Ba, Mü, Bu Reichskriegsgerichtsrat i. R.
Hans Wolfgang Sachse Komponist
Kurt Säuberlich Bu Mitglied in NSDAP und SS; Metallurg
August Schaefer Mü, Bu Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Heinrich Severit Ba Mitglied in NSDAP und SA; Ortsgruppenleiter und Oberbürgermeister
Marianne Simson Ke, Ja, Mü Schauspielerin, Denunziantin Vorwurf „Gestapo-Mitarbeiterin“
Siegfried von Sivers Schwiebus, Mü NSDAP und SA; baltendeutscher Aktivist, Schriftsteller, Arzt
Heinrich Alexander Stoll Schriftsteller, LDPD-Mitglied kritische Äußerungen über die sowjetische Besatzungsmacht
Georg Tessin Historiker und Archivar
Werner Tübke ? Maler Vorwurf, einen russischen Major erschossen zu haben (abgewendet)
Paul Vogt Mü, Bu emeritierter Reichsgerichtsrat 37 Reichsgerichtsräte wurden verhaftet
Günther Wagenlehner Ba, Mü Leutnant; später im Führungsstab des deutschen Bundesministeriums für Verteidigung
Erich Weber ? Verleger, Autor
Friederike Wieking We, Ja, Mü, Bu Referatsleiterin im Reichssicherheitshauptamt, NSDAP-Mitglied als „Mitarbeiterin im Polizeipräsidium“
Walfried Winkler Motorradrennfahrer, 1934 Europameister, NSKK

Sowohl in nationalsozialisten Konzentrationslagern als auch in sowjetischen Speziallagern inhaftiert waren: Joachim Ernst von Anhalt, Max Emendörfer, Karl Heinrich, Georg Krausz, Alfred Schmidt.

Entlassungen

Im Zuchthaus Waldheim fanden nach Auflösung der Speziallager 1950 die Waldheimer Prozesse gegen 3424 Lagerinsassen statt (Foto aus dem Jahr 2011)
In das Zuchthaus Hoheneck in Stollberg kamen 1950 über eintausend Frauen (Foto aus dem Jahr 2007)

Mit der durch Marschall Sokolowski am 27. Februar 1948 verkündeten formellen Beendigung der Entnazifizierung folgte das Moskauer Politbüro am 30. Juni 1948 der Empfehlung einer Überprüfungskommission und ordnete die Freilassung von 27.749 Häftlingen ohne Urteil an. Die Entlassenen hatten über ihre Lagererfahrungen in der Öffentlichkeit Stillschweigen zu bewahren. Bis auf Bautzen, Sachsenhausen und Buchenwald wurden alle Lager geschlossen. Danach gab es noch weiterhin 13.539 „internierte“ Lagerinsassen und 16.093 SMT-Verurteilte.

Zur Auflösung der letzten drei Lager kam es 1950, auch durch Proteste des Westens gegen die menschenrechtsverletzende und dem Völkerrecht widersprechende Behandlung der Festgehaltenen. In den Westzonen und im westlichen Ausland war mittlerweile eine breitere Öffentlichkeit über die Zustände in den Lagern informiert, und es wurde diesbezüglich Druck auf die sowjetische Besatzungsmacht und die Führung der DDR ausgeübt. Die gerade neu gegründete DDR wollte ihre Reputation erhöhen. So wurde dort die Auflösung als großmütiger Akt der Sowjetunion dargestellt und die Verhältnisse in den Lagern propagandistisch beschönigt. Bodo Ritscher beschreibt 1993 die für die größte Mehrheit der Speziallager-Inhaftierten fehlgehende Diffamierung durch DDR-Presseorgane – und zum Teil noch durch einige heutige Publikationen – als angebliche NS-Verbrecher und Kriegsverbrecher und stellt fest, dass nach 1945 eine sehr große Anzahl Menschen interniert wurde, denen keine Verbrechen vorgeworfen werden konnten.[8]

Etliche der Gefangenen wurden jedoch anlässlich der Lagerauflösungen nicht entlassen, sondern in die Sowjetunion deportiert oder in Zuchthäuser der DDR überstellt. Einige tausend Häftlinge wurden am 9. und 13. Februar 1950 nach Waldheim gebracht, wo 3.424 in den Waldheimer Prozessen in 32 Fällen zum Tode oder zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. Darunter war beispielsweise auch ein 1945 bei der Verhaftung 14-jähriger Junge, der nach fünf Jahren in Speziallagern auf haltlose Vorwürfe hin 20 Jahre Zuchthaus erhielt.[9]

Die Schließung der Speziallager wurde zwar im Neuen Deutschland und anderen DDR-Zeitungen bekannt gegeben, später wurde dort über das Thema offiziell geschwiegen, Angehörige von Toten wurden nicht benachrichtigt. Die Massengräber am Rande und in der Umgebung der Lager wurden erst nach dem Ende der DDR 1989 teilweise geöffnet, untersucht, gekennzeichnet und danach als Ruhestätten gestaltet.

Übergabe von russischen Unterlagen 2007

Am 16. Januar 2007 übergab der Präsident des DRK Rudolf Seiters von russischen Behörden stammende Listen mit den Namen von 43.035 in Speziallagern Verstorbenen an das Museum „Haus am Checkpoint Charlie“ in Berlin; dort sind sie für Jedermann einsehbar. Verstorben sind also rund ein Drittel der Verhafteten, in erster Linie durch Aushungern und diverse lagertypische Krankheiten wie Dystrophie, Ruhr, Tuberkulose, Typhus. 45.261 wurden freigelassen, die übrigen wurden entweder in die Sowjetunion (Gulag) deportiert (12.770), zu Kriegsgefangenen umgewandelt (6.680) oder den mittlerweile installierten kommunistischen Behörden in der SBZ beziehungsweise der DDR übergeben (14.202). Nur einer kleinen Zahl gelang die Flucht. An 756 Lagerinsassen wurde ein Todesurteil vollstreckt. Nach von Flocken und Finn stellen diese sowjetischen Zahlen Untertreibungen dar. So sollen etwa 65.000 Menschen gestorben sein. Neben ständigem Hunger, Kälte und Folgeerkrankungen zermürbten das Verbot fast jeder Tätigkeit und die Isolation die Gefangenen.

Kommentare zu den Speziallagern

Eugen Kogons Stellungnahme in Der SS-Staat

Eugen Kogon äußerte sich in seinem den Nazi-Verbrechen gewidmeten Standardwerk auch zu den Speziallagern der sowjetischen Besatzungsmacht:

„… NKWD-Personal bewacht die Gefangenen, verwaltet das System. Gegen frühere Nationalsozialisten? Gegen jedermann, der als ‚Staatsfeind‘ verdächtig ist. Oder als ‚Agent einer ausländischen Macht‘. Oder als ‚Klassenfeind‘, als ‚Kulak‘, als sonst etwas …. Bis Ende 1946 war es der in den drei übrigen Besatzungszonen lizenzierten Presse nicht erlaubt, darüber zu schreiben; es wäre ‚Kritik an einer alliierten Macht‘ gewesen. Seit 1947, als die Gegensätze zu den Russen offenkundig wurden, war es mehr und mehr geradezu erwünscht. Aber die Bevölkerung hatte sich vorher schon ihre Gedanken gemacht. Auch über das neue Schweigen. Das abermals erzwungene Schweigen, – was die Deutschen anlangt …. Die Ähnlichkeit (mit dem Schweigen zu den NS-Lagern) wurde für jedermann, der guten Willens war …, beängstigend. Ich fragte Ende 1947 und Anfang 1948 Kommunisten, mit denen ich jahrelang in Buchenwald gewesen war, und führende Mitglieder der in der Ostzone herrschenden Einheitspartei, ebenfalls politische Gefangene von einst, was sie von ‚einer derartigen Entwicklung‘ eigentlich dächten. Einige meinten, gefährliche politische Gegner müsse man eben einsperren und unschädlich machen; sie gaben offen zu, dass ihre Methode in diesem Punkt sich von der des Nationalsozialismus nicht unterschied. Wenn sie das anderen auch gesagt haben, möchte ich gerne wissen, warum die Nationalsozialisten über die KZ von 1933 bis 1945 jetzt plötzlich entsetzt sein sollten. Der Unterschied bestehe darin, so wurde mir geantwortet, dass man die Gefangenen nicht schlecht behandeln dürfe. Aber werden sie denn in den MWD (NKWD)-Lagern vielleicht gut behandelt? Das System scheint in vielem nicht so entsetzlich zu sein, wie es das nationalsozialistische war; es wird zum Beispiel nicht vergast, nicht erwürgt, gehängt und reihenweise erschossen. Aber es ist in jeder Hinsicht schlimm genug …. Das ist ja alles übertrieben, sagte man … (Wie dazumal). In der Masse handle es sich nur um unverbesserliche Staatsfeinde. (Wie dazumal). Natürlich gebe es Ungerechtigkeiten, aber was könne man gegen die Verfügungen des NKWD tun? (Wie dazumal – gegen die allmächtige Gestapo). Die politisch, religiös und rassisch Verfolgten des Naziregimes als die berufenen Kämpfer gegen Rechtlosigkeit und Barbarei müssen ihre Stimme erheben, müssen gegen die neuen schreienden Ungerechtigkeiten angehen, überall, in der Welt und in Deutschland, ganz besonders aber den Sowjetrussen gegenüber und in der deutschen Ostzone! Es würde nicht ohne Eindruck, nicht ohne Folgen bleiben.“

Eugen Kogon: Der SS-Staat. Das System der deutschen Konzentrationslager. („Die Konzentrationslager in der Ostzone“, S. 407), Frankfurt, Büchergilde Gutenberg 1946/1959.

Bernd Bonwetsch

Bernd Bonwetsch beschreibt die Einrichtung von Speziallagern durch den NKWD und dessen Methoden in der SBZ als geprägt „durch die Erfahrungen des sowjetischen Gulag“. Alliierte Vereinbarungen hätten dies zwar etwas „modifiziert“, was aber de facto auf sowjetische Verhör- und Haftpraktiken kaum von nennenswertem Einfluss war.[10]

Wolfgang Schuller

Auch Wolfgang Schuller hebt den Unrechtscharakter der Lager als Abbild und „Außenposten des Archipel Gulag“ hervor. Hauptzweck der Speziallager sei nicht die Bestrafung etwaiger Täter gewesen, sondern – wie in der Sowjetunion – die Ausschaltung mutmaßlicher Gegner des sowjetischen Systems. Dies könne man unter anderem auch an dem Umstand der Geheimhaltung der Lager und der Vertuschung der Opferzahlen festmachen.[11]

Siehe auch

Literatur

  • Sergej Mironenko, Lutz Niethammer, Alexander von Plato mit Volkhard Knigge und Guenter Morsch (Hrsg.): Sowjetische Speziallager in Deutschland 1945–1950.
Band 1: Studien und Berichte. Akademie Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-05-002531-X.
Band 2: Sowjetische Dokumente zur Lagerpolitik. Eingeleitet und bearbeitet von Ralf Possekel, Akademie Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-05-003244-8.
  • GA RF, f. 9409, op. 1, d. 140, l. 27, 24. Juni 1947
  • Joel Kotek, Pierre Rigoulot: Das Jahrhundert der Lager. Propyläen 2001, ISBN 3-549-07143-4.
  • Gerhard Finn: Die politischen Häftlinge in der Sowjetzone. Berlin 1958.
  • Karl Wilhelm Fricke: Politik und Justiz in der DDR. Köln 1979.
  • Das System des kommunistischen Terrors in der Sowjetzone. SPD-Informationsdienst, Denkschriften 28, Hannover 1950.
  • Jan von Flocken, Michael Klonovsky: Stalins Lager in Deutschland 1945–1950 Dokumentation/Zeugenberichte. Ullstein, Berlin 1991, ISBN 3-550-07488-3.
  • Peter Reif-Spirek, Bodo Ritscher (Hrsg.): Speziallager in der SBZ. Ch. Links Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-86153-193-3.
  • Die ersten Jahre der SBZ/DDR. In: Bericht der Enquète-Kommission „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“. Deutscher Bundestag, Drucksache 12/7820, Bonn 1994.
  • Alex Latotzky: Kindheit hinter Stacheldraht. Mütter mit Kindern in sowjetischen Speziallagern. Forum Verlag, Leipzig 2001, ISBN 3-931801-26-8.
  • Dmitri Wolkogonow: Triumph und Tragödie. Politisches Porträt des J. W. Stalin. Band 2/1, Berlin 1990, S. 179.
  • Bettina Greiner: Verdrängter Terror. Geschichte und Wahrnehmung sowjetischer Speziallager in Deutschland. Hamburger Edition, 2010. ISBN 978-3-86854-217-2
  • Bernd Bonwetsch: Der GULag – das Vorbild für die Speziallager in der SBZ, in: Peter Reif-Spirek/Bodo Ritscher (Hrsg.), Speziallager in der SBZ. Gedenkstätten mit doppelter Vergangenheit, Berlin 1999, S. 63
  • Petra Haustein, Annette Kaminsky, Volkhard Knigge und Bodo Ritscher: Geschichte des Speziallagers Nr. 2, Instrumentalisierung, Verdrängung, Aufarbeitung, Die sowjetischen Speziallager in der gesellschaftlichen Wahrnehmung 1945 bis heute; Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora und der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur , Wallstein Verlag, Göttingen 2006, ISBN 978-3-8353-0051-4
  • Volkhard Knigge und Bodo Ritscher: Totenbuch Speziallager Buchenwald 1945-1950, Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora , Weimar 2003, ISBN 978-3-935598-08-8

Weblinks

 Commons: Speziallager – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Renate Knigge-Tesche, Peter Reif-Spirek und Bodo Ritscher (Hrsg.): Internierungspraxis in Ost- und Westdeutschland nach 1945. Eine Fachtagung. Erfurt 1993.
  2. „Die SMT-Verurteilten gehörten nicht zu den Speziallager-Insassen und waren auch völlig isoliert untergebracht“ nach: Sergej Mironenko, Lutz Niethammer, Alexander v. Plato (Herausgeber), Sowjetische Speziallager in Deutschland 1945 bis 1950, Band 1 Studien und Berichte, Akademie Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-05-002531-X
  3. 3,0 3,1 Quelle: Stiftung Sächsische Gedenkstätten, Dokumentationsstelle Widerstands- und Repressionsgeschichte
  4. „Wer in die Einkreisung geraten ist, hat auf Leben und Tod zu kämpfen und bis zuletzt zu versuchen, sich zu den Unsern durchzuschlagen. Wer dagegen die Gefangenschaft vorzieht, ist mit allen Mitteln zu vernichten. Den Angehörigen von Rotarmisten, die sich gefangen gegeben haben, sind staatliche Zuwendungen und Unterstützungen zu entziehen.“ Zitiert in Dmitri Wolkogonow: Triumph und Tragödie. Politisches Porträt des J. W. Stalin. Band 2/1, Berlin 1990, S. 179.
  5. Alex Latotzky: Kindheit hinter Stacheldraht, Mütter mit Kindern in sowjetischen Speziallagern. Forum Verlag, Leipzig 2001, ISBN 3-931801-26-8.
  6. 6,0 6,1 GA RF, f. 9409, op. 1, d. 140, l. 27, 24. Juni 1947 in Sergej Mironenko, Lutz Niethammer, Alexander v. Plato (Hrsg.): Sowjetische Speziallager in Deutschland 1945 bis 1950. Band 1: Studien und Berichte. Akademie Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-05-002531-X.
  7. Aus: Sergej Mironenko, Lutz Niethammer, Alexander von Plato: Sowjetische Speziallager in Deutschland 1945 bis 1950; Band 2: Sowjetische Dokumente zur Lagerpolitik; Seite 290ff. Leseprobe
  8. Bodo Ritscher: Spezlager Nr. 2 Buchenwald. Gedenkstätte Buchenwald 1993.
  9. Kurt Noack: NachkriegsErinnerungen Als Fünfzehnjähriger in Stalins Lagern. Niederlausitzer Verlag, Guben 2009, 1. Auflage, ISBN 978-3-935881-70-8, S. 309
  10. B. Bonwetsch: Der Gulag – das Vorbild für die Speziallager in der SBZ. In: Peter Reif-Spirek und Bodo Ritscher (Hrsg.): Speziallager in der SBZ. In: Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Buchenwald und der Landeszentrale für Politische Bildung Thüringen. Links, Berlin 1999, ISBN 3-86153-193-3.
  11. Wolfgang Schuller: Die sowjetische Militärjustiz und ihre Lager als Instrument der kommunistischen Herrschaft in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. In: Der 17. Juni 1953. Der Anfang vom Ende des sowjetischen Imperiums. Dokumentation. S. 69, 4. Bautzen-Forum der Friedrich-Ebert-Stiftung vom 17.–18. Juni 1993. (PDF)
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