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Ostblock

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Die europäischen Ostblockstaaten. Albanien (Alban.-Bruch 1960) ist heller dargestellt, da es nur zeitweise zum Ostblock zählte.
Der Eiserne Vorhang in Europa während des Kalten Krieges von 1945 bis 1990. Jugoslawien ab 1948 und Albanien ab 1961 waren zwar sozialistische Länder, aber keine Ostblockstaaten.
Die Blöcke in Europa. Blau der Westen. Rot der Ostblock. Jugoslawien dazwischen neutral weiß gekennzeichnet
Datei:Ostblock in der Welt.png
Situation um 1985:
rot: Mitgliedsstaaten des Warschauer Paktes;
orange: weitere zeitweise sozialistische Staaten unter sowjetischem Einfluss;
violett: sozialistische Staaten, die nicht unter dem Einfluss der Sowjetunion standen

Ostblock ist ein politisches Schlagwort[1] aus der Zeit des Ost-West-Konfliktes für die Sowjetunion (UdSSR) und ihre europäischen Satellitenstaaten, die nach dem Zweiten Weltkrieg unter sowjetischer Hegemonie standen. Es wurde dabei zwischen zwei verschiedenen Wirtschaftszonen unterschieden: jene der europäischen Ostblockstaaten und jene der asiatischen Verbündeten.[2] Die politisch eng zusammenarbeitende Gruppe wurde durch ein System zweiseitiger Freundschafts- und Beistandsabkommen zwischen der Sowjetunion und den mit ihr verbündeten Staaten sowie zwischen letzteren untereinander gebildet. Der Ostblock löste sich seit dem Herbst 1989 auf, gefolgt vom Zerfall der Sowjetunion bis Ende 1991.

Zum Ostblock zählten die in der Sowjetunion vereinigten Unionsrepubliken, die Volksrepublik Polen, die DDR, Tschechoslowakei, Ungarn, Bulgarien und Rumänien. Bis in die 1960er Jahre galt auch Albanien als Ostblockstaat. Weitere Länder außerhalb Mittel- und Osteuropas sowie Nord- und Mittelasiens wurden zum Ostblock gezählt, solange sie unter dem beherrschenden Einfluss der Sowjetunion standen: Kuba, Nordvietnam (ab 1976: Vietnam), Nordkorea, die Mongolische Volksrepublik und die frühe Volksrepublik China.[3]

Die europäischen Staaten des Ostblocks schlossen sich 1949 im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (Comecon) und 1955 im Warschauer Pakt zusammen. Im gleichen Jahr beschloss der Rat die wirtschaftliche Integration. Die Volksdemokratien sollten ein einheitliches Wirtschaftsgebiet bilden, in dem die Produktionsaufgaben unter den Ländern aufgeteilt wurden. Der ursprünglich, besonders zu Zeiten des Spätstalinismus bis 1953 noch monolithisch erscheinende Ostblock zersplitterte sich aber allmählich aufgrund wirtschaftlicher, politischer und ideologischer Interessengegensätze. Der Volksaufstand des 17. Juni (in der DDR) wie auch der Volksaufstand in Ungarn im Oktober/November 1956 machten bewusst, dass die sozialistische (Werte-)Ordnung in vielen Ländern auf mehr oder weniger starke Ablehnung stieß und sich die dortigen Regimes letztendlich nur mit massiver sowjetischer Unterstützung behaupten konnten.

Einige sozialistische Länder begannen eine von der Sowjetunion unabhängige Politik zu verfolgen, insbesondere widersetzte sich China immer stärker dem sowjetischen Führungsanspruch, sodass es in den 1960er Jahren zum offenen Bruch kam (→ Chinesisch-sowjetisches Zerwürfnis). In den 1980er Jahren wurden in der Regel nur noch die Mitglieder des Warschauer Paktes unter den Ostblockstaaten zusammengefasst.

Der Begriff Ostblock wurde im Westen geprägt. Er spiegelt das Verständnis wider, welches dort während des Kalten Krieges von der Staatengruppe unter der Führung der Sowjetunion herrschte. Diese erschien als kompakte Formation, die eine in allen entscheidenden Bereichen einheitliche Politik verfolgte. Sie gründete sich auf die ausgeprägte Abhängigkeit der jeweiligen Regierung einer Volksrepublik zur Führung der Sowjetunion. Nicht alle Regierungen des Ostblocks erkannten die Führungsrolle der KPdSU an, wohl aber die der sowjetischen Regierung.

Das damalige sozialistische Jugoslawien wird manchmal verallgemeinernd als „Ostblockstaat“ bezeichnet, war jedoch ein unabhängiger sozialistischer Staat. Es gehörte nie zum Warschauer Pakt und war auch kein Mitglied des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe. Jugoslawiens Staatspräsident Josip Broz Tito war einer der Mitbegründer der Bewegung der blockfreien Staaten; außerdem verfolgte er mit dem Titoismus einen eigenen, von der UdSSR unabhängigen Weg zum Sozialismus.

Geschichte

Die Bildung des Ostblocks 1945–1968

In den Verhandlungen mit den Westalliierten der Anti-Hitler-Koalition über die Nachkriegsordnung Europas nach dem Zweiten Weltkrieg (drei Konferenzen: Teheran-Konferenz (28. November bis zum 1. Dezember 1943), Konferenz von Jalta (4. bis zum 11. Februar 1945) und Potsdamer Konferenz (17. Juli bis 2. August 1945)) beharrte die Sowjetunion auf den Staatsgrenzen von 1939, die auf dem Vertrag mit dem Deutschen Reich von 1939 beruhten. Das betraf die Rückkehr der baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen, die zwischen den Weltkriegen selbstständig gewesen waren, als Sowjetrepubliken in die UdSSR und außerdem die Annexion Bessarabiens. Wie in diesem Vertrag vorgesehen wurden die Sowjetrepubliken Weißrussland (Belarus) und Ukraine auf Kosten polnischen Territoriums (→ Kresy) nach Westen ausgedehnt, Finnland musste Ostkarelien abgeben (Karelo-Finnische Sozialistische Sowjetrepublik).

Von 1945 bis 1949 errichtete die Sowjetunion dann in allen Ländern ihres Einflussbereiches sozialistische Staaten wie in der DDR, auch förderte sie die Machtübernahme der einheimischen kommunistischen Kräfte wie in Polen und der Tschechoslowakei. Der britische Premierminister Winston Churchill sprach bereits 1945/46 davon, dass nun ein iron curtain („Eiserner Vorhang“) Europa „zwischen der Ostsee und Triest“ trenne.

Das politische Klima der Volksdemokratien kennzeichneten in deren Aufbauphase Kollektivierungen und Enteignungen von Industriebetrieben, Sachwerten und Grundstücken, Verhaftungen und Deportationen. Eine rasch eingerichtete Geheimpolizei und der gleichgeschaltete Justizapparat führten Säuberungen mit Todesurteilen und extralegalen Hinrichtungen durch. Besonders im harten Klima der Anfangsjahre gab es auch wiederholte parteiinterne Säuberungen. Stalinistische Regime wie etwa das tschechoslowakische unter Klement Gottwald wollten sich so vor Unterwanderung, der Gefahr titoistischer Abweichung und opportunistischen Parteigängern schützen. Ihr neu hinzugewonnener Staatengürtel war für die tonangebende Klasse der Sowjetunion, die Nomenklatura der Staatspartei, als Cordon sanitaire und militärisches Glacis von erheblicher Bedeutung. Daher wurde er politisch eng verflochten und entlang der Grenzlinie gegenüber Westeuropa zunehmend hermetisch abgesichert. In den bislang wenig industrialisierten und vorwiegend agrarischen Staaten wie etwa Polen, Ungarn und Bulgarien förderte die Sowjetunion den Aufbau einer Schwerindustrie, nicht zuletzt im Interesse der Rüstung und der Schaffung einer Arbeiterklasse. Fortschritte im Bildungs-, Sozial- und Gesundheitssystem dienten letztendlich demselben Zweck, den neuen sozialistischen Staaten durch technisch-industriellen Fortschritt auch eine militärische Selbstbehauptung zu ermöglichen, oder gegebenenfalls den vom Kapitalismus unterdrückten Arbeitern im Westen beim Systemumsturz „brüderliche Hilfe“ erweisen zu können – wie der Sachverhalt eines gerechten Krieges in realsozialistischer Sichtweise etwa zu umschreiben wäre.

Im Zeichen des System-Antagonismus wurde ein klarer Trennungsstrich zu Ländern mit kapitalistischem, marktwirtschaftlichem Gesellschaftssystem gezogen; sie galten als „kapitalistisches Ausland“, dem andauernd militärisch aggressive Absichten gegen das angeblich „sozialistische Weltsystem“ unterstellt wurde.

Verbindende Elemente

Der Ostblock wurde auf drei Ebenen zusammengehalten:

Einheitlich wurde auch die innere Staats- beziehungsweise Regierungsform als Einparteiendiktatur gestaltet, nach westlichem Verständnis demokratische Elemente, wie Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, Reisefreiheit, wurden wie in der Sowjetunion nur in Ansätzen gestattet, um Opposition einzugrenzen und den Zusammenhalt zu sichern. Ein (Pseudo-)Mehrparteiensystem gab es nur in Form der Blockparteien in einigen Staaten.

Die ersten Auseinandersetzungen und unterschiedliche Auffassungen zur sowjetischen Führungsrolle fanden bereits 1947 zwischen der Sowjetunion und Jugoslawien unter Führung Titos statt, was 1948 zum Bruch zwischen Jugoslawien und der Sowjetunion führte. 1961 brach Albanien mit der Sowjetunion und orientierte sich fortan an Rotchina; 1968 trat es endgültig aus dem Warschauer Pakt aus. Auf allen Ebenen forderte die Sowjetunion und damit konkret der Generalsekretär der KPdSU absolutes Weisungsrecht.

Dieses Weisungsrecht war zwar formal nicht festgelegt, wurde jedoch immer dann gewaltsam angewendet, wenn ein Staat des Ostblocks oder dessen Bürger versuchten, einen eigenen Weg zu gehen: 1953 in der DDR sowie 1956 in Ungarn schlug die Sowjetarmee Aufstandsbewegungen nieder. 1968 wurde die seit Jahren beargwöhnte Emanzipation der ČSSR hin zu einem „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ gewaltsam beendet, als in einer konzertierten Aktion Truppen der Sowjetunion und weiterer Ostblockstaaten ins Land einmarschierten. Es war die erste Manifestation der sogenannten Breschnew-Doktrin. Ähnliches drohte 1981 wegen der Absetzbewegungen in Polen, nachdem das dortige kommunistische Regime auf seinem schwierigen Terrain (in Polen war z. B. auch die Kollektivierung der Landwirtschaft weitgehend ausgefallen) bereits 1956 und 1970 Protestbewegungen gewaltsam unterdrücken musste. Allerdings war die Sowjetunion gleichzeitig in Afghanistan gebunden und so genügten in diesem Fall Mahnungen und Drohungen aus Moskau, um die Staatsführung, bald in Form einer Militärdiktatur unter Wojciech Jaruzelski, einstweilen wieder auf die harte sowjetische Linie zu bringen. Dennoch gab es unter besonderen Bedingungen auch die Möglichkeit für einzelne Staaten, in Teilbereichen einen Sonderweg zu gehen (wie die konsumorientierte, aber schuldenfinanzierte Wirtschaftspolitik Polens oder der sogenannte ungarische Gulaschkommunismus nach 1970). Wohl auch aufgrund seiner Randlage konnte sich Rumänien eine durchaus eigensinnige Politik erlauben. Zudem waren die sowjetischen Besatzungstruppen seit 1958 aus dem Land abgezogen. Rumänien durchbrach wiederholt die Blocksolidarität, wofür der Beifall des Westens nicht ausblieb. So nahm das Land nicht an der Militäraktion gegen die Tschechoslowakei teil und ignorierte den Olympiaboykott des Ostblocks 1984. Dabei geriet etwas aus dem Blick, dass sich Rumäniens langjähriger Staats- und Parteichef Nicolae Ceaușescu zu einem bizarren Despoten entwickelte, um den ein selbst im Ostblock beispielloser Personenkult betrieben wurde. Als insgesamt gesehen linientreuester Verbündeter der Sowjetunion galt die Volksrepublik Bulgarien, was dem Land den Spottnamen „16. Sowjetrepublik“ einbrachte. Wie in Rumänien befand sich dort ebenfalls kein sowjetisches Truppenkontingent.

Die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern blieb nicht immer frei von Spannungen. So waren die Beziehungen zwischen der DDR und Polen und in den 1980er Jahren wegen des Wohlstandsgefälles angespannt. Andererseits wurden Rivalitäten im Zeichen der „Brüderlichkeit“ innerhalb des Paktsystems kaltgestellt, so etwa das von vielerlei alten Grenzstreitigkeiten und Zwistigkeiten belastete Verhältnis zwischen Rumänien und Ungarn. Die Sowjetunion stellte nach 1980 erhöhte Rohstoff- und Energiepreise in Rechnung, was den Verbündeten erhebliche daraus resultierende Probleme in der Industrie und Energieversorgung bereitete.

Im Rückblick kann die Staatengruppe, zumal in den letzten Jahren des Bestehens, nicht mehr als ein in jeder Hinsicht einheitlicher Block betrachtet werden. Die Satellitenstaaten waren in sehr unterschiedlichem Grad von der Sowjetunion abhängig. Dies betraf die Machtdurchsetzung der Führungskader, die Wirtschaft und nicht zuletzt die Stationierung starker Truppenkontingente der Sowjetarmee in mehreren Staaten, insgesamt im Umfang von 600.000 bis 700.000 Mann (davon rund zwei Drittel in der DDR). Grundsätzlich aber konnte bis in die 1980er Jahre hinein kaum eine entscheidende Maßnahme eines Ostblocklandes ohne Rücksprache mit dem Zentralkomitee der KPdSU erfolgen.

Containment und andere antikommunistische Reaktionen

Der Westen unter Führung der USA versuchte in der Phase des Kalten Krieges, nach den erheblichen Gebietsgewinnen der Sowjetunion, eine weitere Ausdehnung des kommunistischen Machtbereichs einzudämmen. Sie schien vor allem in Asien bedrohliche Ausmaße anzunehmen. Dagegen setzten die USA die Truman-Doktrin und verfolgten eine Containment-Politik. Auf ökonomischer Ebene wurde durch den Marshall-Plan 1947 den westlichen europäischen Ländern eine großzügige finanzielle Hilfe für den Wiederaufbau der kriegszerstörten Wirtschaft angeboten. Der Prager Februarumsturz 1948, die Berlinkrise 1948/49, der „Verlust Chinas“ 1949 und umso mehr 1950 der Ausbruch des Koreakriegs verstärkten den Eindruck einer kommunistischen Bedrohung des Westens nachhaltig. In den USA setzte daraufhin ab Anfang der 1950er Jahre eine bislang beispiellose Aufrüstungswelle ein; zwischen den beiden Supermächten gab es einen Rüstungswettlauf. Die NATO stellte seit 1949 das westliche Militärbündnis gegen die drohende Expansion der Sowjetunion dar, die darauf ihrerseits 1955 mit der Gründung des Warschauer Pakts antwortete. Auf politischer Ebene wurden in den Ostblockstaaten Oppositionsbewegungen unterstützt. Bis zu deren endgültiger Zerschlagung in den 1950er Jahren unterstützten die USA auch bewaffnete Separatisten-Gruppierungen innerhalb der Sowjetunion, etwa im Baltikum. Parallel dazu gab es anfangs weitere Konzepte, durch Konfrontation den Ostblock aufzubrechen.

In den späten 1940er und 1950er Jahren wurden in vielen Teilen Westeuropas wie beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland 1956 die kommunistischen Parteien verboten oder in ihrem Wirken behindert. In einigen europäischen Ländern geschah dies nicht; besonders in Frankreich und Italien erreichten kommunistische Parteien bis in die 1970er Jahre hinein nennenswerte Stimmenanteile in den Parlamentswahlen.

Die Idee des US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower, durch Rollback-Politik den Kommunismus zurückzudrängen, gilt eher als Wahlkampfphrase. Eine militärische Operation erschien der US-Politik in Europa viel zu gefährlich. Die anfangs noch gegebene klare nuklearstrategische Überlegenheit der USA konnte nicht in politisches Kapital umgesetzt werden und blieb insofern bedeutungslos.

Poststalinismus

In der Tauwetterperiode Mitte der 1950er Jahre unter Nikita Chruschtschow rückte man im Ostblock von der Lehrmeinung ab, dass die Systemauseinandersetzung notwendigerweise in einem Krieg kulminieren müsse. Die Erhaltung der Friedlichen Koexistenz habe demgegenüber Vorrang. 1954 hatte sich mit Georgi Malenkow zum ersten Mal ein sowjetischer Spitzenfunktionär besorgt über die Möglichkeit eines Atomkrieges geäußert, der besser zu vermeiden wäre. In den späten 1950er und frühen 1960er Jahren gelangen der Sowjetunion einige Erfolge, die im Westen Bestürzung und Erstaunen über die Leistungsfähigkeit „des Ostens“ hervorriefen. Dafür standen besonders der sogenannte Sputnik-Schock von 1957 und Juri Gagarins Weltraumflug von 1961. 1958 gab es eine neue Berlin-Krise, und ein knappes Jahr darauf – am 15. September 1959 – kam der sowjetische Staatschef Chruschtschow zu einem Staatsbesuch in die USA.[4]

Am Anfang der 1960er Jahre spitzte sich die Lage aber wiederum zu. Die Blockkonfrontation drohte nun doch zu einem Krieg zu eskalieren. Der gefährlichsten Phase zwischen dem Mauerbau im August 1961 und der Kubakrise im Herbst 1962 folgte auf beiden Seiten eine gewisse Ernüchterung hinsichtlich konfrontativer Lösungsmöglichkeiten. Erstmals verbreitete sich ein wirkliches Bewusstsein von den drohenden möglichen Folgen einer mit Kernwaffen geführten militärischen Auseinandersetzung zwischen den Paktsystemen.
Den realsozialistischen Ländern gelang in den 1960/70er Jahren eine gewisse Stabilisierung. Man musste im Westen feststellen, dass sich unter einer mit erheblichen Anstrengungen verbundenen Aufrüstung die militärische Schlagkraft der Sowjetunion und des Warschauer Pakts insgesamt gesteigert hatte, insbesondere was strategische Atomwaffen betraf. Auf diesem Gebiet hatte die UdSSR nach allgemeiner Ansicht eine annähernde Parität mit den USA hergestellt (Gleichgewicht des Schreckens).

Zu dieser Zeit setzte sich im Westen die Ansicht durch, dass sich in Form einer Entspannungspolitik ein geeigneteres Mittel anbot, die Macht- und Einflusssphäre des Kreml allmählich zurückzudrängen. Misstrauisch-orthodoxe Kräfte in der DDR beispielsweise argwöhnten dahinter frühzeitig und in gewisser Weise treffend eine „Aggression auf Filzlatschen“, konnten der sich anbahnenden Entwicklung aber auf Dauer keinen wirksamen Widerstand entgegensetzen. Dazu trug auch bei, dass die DDR – wie auch andere Ostblockstaaten – ab Ende der 1970er Jahre wegen der immer größeren ökonomischen Schwierigkeiten zunehmend auf intensivierte Wirtschaftsbeziehungen und westliche Unterstützung, insbesondere von Seiten der Bundesrepublik Deutschland, angewiesen war. Sinnfälliger Ausdruck für diese Entwicklung war der von Franz Josef Strauß 1983 vermittelte Milliardenkredit (dem 1984 ein zweiter folgte).[5]

Noch zu Zeiten der westdeutschen Hallstein-Doktrin galt das von der Sowjetunion zusammengehaltene östliche Bündnis letztlich als einziger Garant der Nachkriegsgrenzen. Daraus bezog es besonders in der Tschechoslowakei und sogar in Polen einen nicht zu unterschätzenden Teil seiner Legitimation und einen wichtigen Restbestand an Akzeptanz. Seit Anfang der 1970er Jahre verlor auch dieser Faktor mit der geänderten Position der Bundesrepublik und den sogenannten Ostverträgen an Bedeutung.

Anfang und Mitte der 1970er Jahre schien der Ostblock den Höhepunkt seines internationalen Status erreicht zu haben. In diese Phase fiel 1975 die Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, die auch von den sozialistischen Staaten unterzeichnet wurde und der eine sehr wichtige Rolle im Zusammenhang mit der Menschen- und Bürgerrechtsfrage und dem schließlichen Zusammenbruch der parteikommunistischen Systeme Osteuropas zuzuschreiben ist.

Ende des Ostblocks 1985–1990

Im März 1985 wurde Michail Gorbatschow Generalsekretär der KPdSU. Er änderte den Kurs der Gängelung und Unterdrückung der sowjetischen Satellitenstaaten. Schon bei der Beerdigung von Konstantin Tschernenko (er war 13 Monate Generalsekretär) rief er die übrigen Ostblockführer zusammen und teilte ihnen das mit, was später als „Sinatra-Doktrin“ bekannt wurde: Sie gestand den sogenannten sozialistischen Bruderländern einen eigenen Weg zum Sozialismus zu; dies war Teil des Programms Perestrojka (Umbau). Während sich einige Staaten bis 1989 zunehmend aus dem Ostblock lösten, versuchte die Staatsführung der DDR erfolglos, ihn zusammenzuhalten. Im Herbst und Winter 1989 verloren die kommunistischen Staatsführungen in allen Ostblockstaaten (außer der Sowjetunion) ihr Herrschaftsmonopol, sodass der Ostblock auseinanderfiel. Die Ursache lag im wirtschaftlichen Zusammenbruch der einheitlich aufgebauten Staaten. Für diese Entwicklung waren als wesentliche Systemfaktoren verantwortlich:

Mit Johannes Paul II. amtierte seit 1978 ein polnischer Papst, der sich durch seine Besuchsdiplomatie auch für polnisch-katholische Belange einsetzte. Michail Gorbatschow erklärte 1992 in seinen Memoiren: „Alles, was in den letzten Jahren in Osteuropa geschehen ist, wäre ohne diesen Papst nicht möglich gewesen.“[6]

Die UdSSR zerfiel 1991.

Reisefreiheit

Reisen für DDR-Bürger unter 65 Jahren in das nichtsozialistische Ausland waren seit dem Mauerbau im August 1961 nur auf Antrag, nur zu bestimmten Anlässen und meist nur dann möglich, wenn eine Rückkehr in die DDR wahrscheinlich war, etwa weil Kinder oder Ehepartner nicht mitreisten oder es keine „Westverwandtschaft“ gab. Ab 1964 durften alle Rentner einmal im Jahr Besuchsreisen zu Westverwandten machen, später gab es weitere Reiseerleichterungen.

In anderen Ostblockstaaten war dies ähnlich geregelt. So konnten Bürger aus der ČSSR, der Ungarischen VR oder auch der VR Bulgarien bereits zu Anfang der 1970er Jahre bei begründeteten Anlässen, wie z. B. Studienreisen, das Land nach Westeuropa verlassen. In Ungarn war es bereits zu Anfang der 1980er Jahre möglich, teure Privatreisen z. B. gegen Devisen zu unternehmen. Dagegen gab es auch schärfere Reisebeschränkungen, wie etwa in Rumänien oder der UdSSR.

Die Bewohner der SFR Jugoslawien waren dagegen als Einwohner eines sozialistischen, aber blockfreien Staates privilegierter, da es keinem Militärblock angehörte. Nach Jugoslawien zu reisen war für Westeuropäer nicht komplizierter als nach Italien oder Frankreich. Jugoslawien war auch das einzige sozialistische Land, dessen Staatsbürger visafrei nach Westeuropa, Nordamerika und andere Teile der Erde reisen konnten. Außerdem profitierten die Jugoslawen von devisenbringenden westlichen Touristen, die jährlich zu Millionen an die Adriaküste kamen. Schon in den 1960er Jahren kamen als Gastarbeiter bezeichnete Arbeitskräfte aus Jugoslawien nach Deutschland, Österreich und die Schweiz.

Ungarn führte Anfang 1988 die allgemeine Reisefreiheit für seine Bürger ein.[7]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Christian Rittershofer: Lexikon Politik, Staat, Gesellschaft. 3600 aktuelle Begriffe von Abberufung bis Zwölfmeilenzone, dtv, München 2007, ISBN 978-3-423-50894-0, S. 508.
  2. Wolfgang Leonhard: „Zwei Zonen“ im Ostblock. Moskau unterscheidet die europäischen und asiatischen Kommunisten, in: Die Zeit Nr. 48 vom 27. November 1958.
  3. Vgl. Egbert Jahn: Die Außenpolitik Russlands, in: Manfred Knapp/Gert Krell (Hrsg.): Einführung in die Internationale Politik. Studienbuch. 4. Auflage, Oldenbourg, München 2004, Kap. 2.4, S. 250–284, hier S. 261.
  4. Zu Gast beim Klassenfeind: Als Chruschtschow die USA besuchte, Interview von RIA Novosti mit dem Historiker Igor Doluzki, in: Weltexpress, 15. September 2009.
  5. Hans Michael Kloth: Kalter Krieg – Milliardenspritze für den Mauerbauer, einestages (Spiegel Online) vom 22. Juli 2008.
  6. Focus vom 16. Oktober 2008.
  7. Walter Mayr: Ungarn: Der erste Stein. In: Der Spiegel. Nr. 22, 2009 (25. Mai 2009, Im Frühjahr 1989 baut Budapest seine Grenzsicherung ab, online).

Literatur

  • Zbigniew Brzezinski: Der Sowjetblock. Einheit und Konflikt. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1962.
  • Jens Hacker: Der Ostblock. Entstehung, Entwicklung und Struktur 1939–1980. Nomos, Baden-Baden 1983, ISBN 3-7890-1067-7 (Studienausgabe; zugleich: Köln, Univ., Habil.-Schr., 1980).
  • Meyers großes Taschenlexikon in 24 Bänden (1992). Band 16, S. 162.
  • Ostblock, in: Microsoft Encarta Online-Enzyklopädie 2009.
  • Henrik Bispinck, Jürgen Danyel, Hans-Hermann Hertle, Hermann Wentker: Aufstände im Ostblock. Zur Krisengeschichte des realen Sozialismus. Links, Berlin 2004, ISBN 978-3-86153-328-3.

Weblinks

Wiktionary: Ostblock – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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