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Nagib Mahfuz
Nagib Mahfuz (arabisch نجيب محفوظ, DMG Naǧīb Maḥfūẓ, auch Nagib Machfus oder Naguib Mahfouz, engl. Nadjib Mahfus; geb. 11. Dezember 1911 in Kairo; gest. 30. August 2006 ebendort) war ein ägyptischer Schriftsteller. Er galt als einer der bedeutendsten Autoren seines Landes und als einer der führenden Intellektuellen der arabischen Welt. 1988 wurde er als erster arabischsprachiger Autor mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet.
Leben
Nagib Mahfuz, Sohn eines Beamten, wurde nach Professor Nagib Pascha Mahfuz (1882–1974) benannt, einem berühmten koptischen Arzt, der seine Entbindung beaufsichtigte. Er wuchs in einem Kairoer Altstadtviertel auf, wie er es später in vielen seiner Romane schildern sollte. Nach der Schulzeit studierte er Philosophie und arbeitete seit den 1930er-Jahren als Beamter im ägyptischen Bildungsministerium.
Neben seiner Arbeit verfasste er Kurzgeschichten und veröffentlichte 1939 den ersten von drei Romanen über die Pharaonenzeit. Angesichts des halbkolonialen Status Ägyptens zur Zeit König Faruqs stellten diese historischen Romane den Versuch dar, mit ihrer Rückbesinnung auf eine große Vergangenheit die Identität der Ägypter in der Gegenwart zu stärken.
Mitte der Vierziger Jahre wandte er sich in realistischen Romanen zeitgenössischen Themen zu. Nach Die Midaq-Gasse wurde ihm mit seiner Kairoer Trilogie (Zwischen den Palästen, Palast der Sehnsucht und Zuckergässchen) die uneingeschränkte Anerkennung als führender Schriftsteller zuteil. In diesen drei Werken, die ihn weltweit berühmt machten, erzählt er die Geschichte einer Kairoer Kaufmannsfamilie über drei Generationen hinweg. Sie spürt den Wandlungsprozessen nach, welche die Gesellschaft während der ersten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts aufgrund der Modernisierung und des Kontakts mit dem Westen durchläuft. Die Trilogie brachte Mahfuz den ägyptischen Staatspreis für Literatur ein.
Aufsehen ganz anderer Art verursachte Nagib Mahfuz 1959 mit seinem Roman Die Kinder unseres Viertels, eine Parabel auf die Menschheitsgeschichte, in dem er Figuren auftreten lässt, die an Adam, Moses, Jesus und Mohammed erinnern. Nachdem die ersten Kapitel des Buches bereits in der regierungsamtlichen Zeitung Al Ahram erschienen waren, erzwangen Proteste konservativer islamischer Kreise die Einstellung des Vorabdrucks. Der komplette Roman konnte wegen der anhaltenden Empörung der streng Religiösen wegen angeblicher Gotteslästerung erst im Jahr 2006 auf Arabisch in Ägypten erscheinen. Bereits zuvor wurde er auf Englisch von der American University Press in Kairo und auf Arabisch im Libanon verlegt.
Neben Romanen, Kurzgeschichten und Essays verfasste Mahfuz auch Drehbücher. Zahlreiche seiner Werke wurden verfilmt, u.a. Qasr asch-Schauq Palast der Sehnsucht (1967) und As-sukkariyya Zuckergässchen (1972) mit Nour El-Sherif.
1994 wurde Nagib Mahfuz durch einen islamistischen Attentäter mit Messerstichen in den Hals angegriffen. Er überlebte schwerverletzt.
Im Sommer 2006 wurde bekannt, dass Mahfuz schwer erkrankt war. Am 30. August 2006 starb er in einem Kairoer Krankenhaus.
Politische Position, internationale Wirkung
Wegen seiner Unterstützung des Friedensprozesses mit Israel wurde Mahfuz zum Ziel scharfer Kritik aus fundamentalistischen und arabisch-nationalistischen Kreisen. Die Verleihung des Nobelpreises im Jahr 1988 wurde von Islamisten als Provokation seitens des Westens empfunden. Ein radikaler Geistlicher, der heute in den USA wegen Terrorismus zu lebenslanger Haft verurteilte Omar Abdel-Rahman, verhängte in einer Fatwa ein Todesurteil über den Preisträger. Am 14. Oktober 1994, im Alter von 82 Jahren, wurde Mahfuz als Opfer eines Mordanschlags lebensgefährlich verletzt, so dass er unter Personenschutz leben musste.
Nagib Mahfuz trat nach wie vor gegen die Ideen eines fundamentalistischen Islam, für eine Trennung von Staat und Religion und für eine säkulare, demokratische Gesellschaftsordnung ein. Mahfuz unterstützte es, dass der Holocaustleugner Roger Garaudy 1996 ein Buch Les Mythes fondateurs de la politique israélienne (Die Gründungsmythen der israelischen Politik) veröffentlichte, ohne sich von dessen Behauptung, der Holocaust sei lediglich eine zionistische Erfindung, zu distanzieren. Garaudy war wegen des Verbotsverfahrens gegen das Buch in Frankreich zur Kairoer Buchmesse 1998 eingeladen worden. Garaudy wurde anschließend in Frankreich verurteilt, das Buch verboten.[1]
Werke
- 1939: Cheops (عبث الأقدار), (deutsch 2007, ISBN 3-293-20380-9)
- 1943: Radubis (رادوبيس), (deutsch 2006, ISBN 3-293-00365-6)
- 1945: Das junge Kairo (deutsch 2011, ISBN 978-3-293-00432-0)
- 1947: Die Midaq-Gasse (زقاق المدق), (deutsch 1985, ISBN 3-293-20008-7)
- 1950: Anfang und Ende (بداية ونهاية), (deutsch 2002, ISBN 3-293-20228-4)
- 1956: Zwischen den Palästen (بين القصرين), (deutsch 1996, Kairoer Trilogie, Teil 1, ISBN 3-293-20065-6)
- 1957: Palast der Sehnsucht (قصر الشوق), (deutsch 1996, Kairoer Trilogie, Teil 2, ISBN 3-293-20075-3)
- 1957: Zuckergässchen (السكرية), (deutsch 1996, Kairoer Trilogie, Teil 3, ISBN 3-293-20080-X),
- 1959: Die Kinder unseres Viertels (اولاد حارتنا), (deutsch 1990, ISBN 978-3-293-20378-5)
- 1961: Der Dieb und die Hunde (اللص والكلاب), (deutsch 1993, ISBN 3-293-20027-3)
- 1964: Die Spur (الطريق), (deutsch 1991, ISBN 3-293-00177-7)
- 1965: Der Rausch (الشحاذ), (deutsch 2005, ISBN 978-3-293-20327-3)
- 1966: Das Hausboot am Nil (ثرثرة فوق النيل), Edition Orient, (deutsch 1982, ISBN 3-922825-06-0)
- 1966: Geschwätz auf dem Nil (ثرثرة فوق النيل), Edition Orient, (deutsch-arabisch 2009, ISBN 978-3-922825-76-0)
- 1967: Miramar (ميرامار), (deutsch 1989, ISBN 3-293-00150-5)
- 1974: Karnak-Café (الكرنك), (deutsch 2009, übersetzt von Doria Kilias, Unionsverlag, Zürich ISBN 978-3-293-00400-9; Taschenbuch 2010: ISBN 978-3-293-20501-7)
- 1975: Ehrenwerter Herr, 1975 (حضرة المحترم), (deutsch 2004, ISBN 3-293-20297-7)
- 1977: Das Lied der Bettler (ملحمة الحرافيش), (deutsch 1995, ISBN 3-293-00219-6)
- 1981: Die Nacht der tausend Nächte (ليالي ألف ليلة), (deutsch, ISBN 3-293-20158-X )
- 1983: Die Reise des Ibn Fattuma (رحلة ابن فطومه), (deutsch 2004, ISBN 3-293-00337-0)
- 1985: Echnaton: Der in der Wahrheit lebt (العائش فى الحقيقة), (deutsch 1999, ISBN 3-293-00267-6)
- 1985: Der letzte Tag des Präsidenten (يوم قتل الزعيم), (deutsch 2001, ISBN 3-293-00288-9)
- 1994: Echo meines Lebens (أصداء السيرة الذاتية ), (deutsch, ISBN 3-293-20185-7)
- Die Moschee in der Gasse, Erzählungen, (deutsch 1978, ISBN 3-379-00517-7)
- Die segensreiche Nacht, Erzählungen, (deutsch 1994, ISBN 3-293-20036-2)
- 2005: Das Buch der Träume, (deutsch 2007, übersetzt von Doria Kilias, Unionsverlag, Zürich, ISBN 978-3-293-00376-7)
Weblinks
- Literatur von und über Nagib Mahfuz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Informationen der Nobelstiftung zur Preisverleihung 1988 an Nagib Mahfuz (englisch)
- Nagib Mahfuz in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
- „Eine Übersicht über die wechselseitige Beziehung zwischen Nagib Machfus und Salama Moussa“; im Internet Archive
- Nachrufe
- Nagib Mahfuz und die arabische Literatur: Im Schatten des Übervaters. Qantara.de, 10. Januar 2011
- „Übervater“ des arabischen Romans. Nachruf unter Berücksichtigung Machfus' Philosophie. Unsere Zeit, 8. September 2006
- Hartmut Fähndrich: Arabische Prosa als Lebens-Geschichte. Neue Zürcher Zeitung, 28. August 2006
- Zuschauer der Schiffbrüche: Nagib Machfus ist tot. FAZ, 30. August 2006, mit Video, Fotos, Zitaten und Buchbesprechungen
- Naguib Mahfouz, 94, Nobel Laureate in Literature, Dies. New York Times, 31. August 2006, mit links zu NYT-Buchbesprechungen
- Biography Nour El Sherif
- Wolfgang G. Schwanitz: In Memoriam Nagib Machufs: Den Zaubertrunk des Westens kosten. Die Welt, 30. August 2006
Einzelnachweise
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Personendaten | |
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NAME | Mahfuz, Nagib |
ALTERNATIVNAMEN | Mahfouz, Naguib; Machfus, Nagib |
KURZBESCHREIBUNG | ägyptischer Schriftsteller, erhielt 1988 den Nobelpreis für Literatur |
GEBURTSDATUM | 11. Dezember 1911 |
GEBURTSORT | Kairo |
STERBEDATUM | 30. August 2006 |
STERBEORT | Kairo |
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