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Schreibschrift

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Dieser Artikel behandelt Kurrentschriften (Kursive) im lateinischen Schriftsystem. Eine Variante ist die deutsche Kurrentschrift. Zur Schriftauszeichnung der Druckschriften siehe kursiv.
Vergleich Druckschrift (Antiqua) mit Schreibschrift (humanistische Kursive) 1499
Schematischer Vergleich zwischen lateinischer „Druck“schrift und Schreibschrift

Eine Schreibschrift, Kurrentschrift (von lateinisch currere ‚laufen‘) oder Laufschrift ist eine Gebrauchsschrift, die durch eine fortlaufende bzw. wenig unterbrochene Linienführung auf einem Schriftträger (meist Papier) charakterisiert ist. Sie hat ihren Ursprung im flüssigen (kursiven) Schreiben mit der Hand. Dabei werden Schreibgeräte verwendet, mit denen ein durchgängiger Linienfluss erzeugt werden kann, heute zum Beispiel Pinsel (vorwiegend in Ostasien), Füllfederhalter, Bleistifte, Kugelschreiber oder Fineliner.

Auch in der Typografie werden bestimmte Druckschriften bzw. Fonts dazu gezählt. Denn schon zur Zeit des Bleisatzes wurden nach Vorbildern von Schreibschriften Typen für den Druck hergestellt. Es handelt sich dabei um die Gruppe VIII in der Schriftklassifikation DIN 16518. Die Vereinzelung der Buchstabentypen im Sinne des Baukastenprinzips schränkt hier jedoch die Realisierung von Ausdrucksmöglichkeiten der lebendigen authentischen Bewegung stark ein.

Merkmale der lateinischen Schreibschrift

Die Schreibschrift nimmt innerhalb der Schriften, die mit der Hand geschrieben werden, eine besondere Stellung ein. Sie unterscheidet sich von anderen mit der Hand geschriebenen Schriften durch den starken Einfluss, den die rasche und flüssige Bewegungsausführung auf die Form ausübt. Während statisch aufgebaute Schriften (z. B. Buch- und repräsentative Inschriften) durch das Aneinandersetzen von einzelnen Formteilen bzw. Strichen entstehen, sind Schreibschriften vorwiegend dynamisch bestimmt, weil sie mit höherer Schreibgeschwindigkeit ausgeführt werden. Bei ihnen spielt die Ökonomisierung des Schreibprozesses und damit die Verkürzung des Schreibweges eine dominierende Rolle. Charakteristische Merkmale gegenüber anderen mit der Hand geschriebenen Schriften sind

  • die vorwiegend einzügige Darstellung[1][2][3] der Schriftzeichen,
  • die Herstellung von Verbindungen/Ligaturen,
  • die Überführung des Richtungskontrastes waagerecht/senkrecht in die Diagonale, unter anderem durch Abschleifen der Formen,
  • die mehr oder weniger deutliche Schräglage der Hauptachse der Zeichen, die als kursiv bezeichnet wird.

Eine besondere Form der Schreibschrift stellt die individuell geprägte Handschrift dar.

Entwicklung der Schreibschrift

Die lateinische Schreibschrift hat ihren Ursprung in der humanistischen Kursive. Kursivschriften sind in der Geschichte der Schrift nicht immer üblich gewesen. Während die römische Antike Schrift umfangreich im Alltag einsetzte und dafür eine flüssige, verbundene Schrift entwickelte (ältere römische Kursive, jüngere römische Kursive), kannte das hohe Mittelalter keine auf dem Prinzip der Buchstabenverbindung beruhende Schrift. Erst seit dem 13. Jahrhundert hatte sich Schriftlichkeit durch Universitäten, Kaufleute und zentralistische Verwaltung wieder so weit verbreitet, dass eine neue Kursivschrift, die gotische Kursive, entstand.

Mit dem Buchdruck wurde es auch weniger Begüterten, Schulen und öffentlichen Büchereien möglich, Bücher zu erwerben. Die schreibende Hand stand im 15. Jahrhundert in direkter, harter Konkurrenz zu der druckenden Maschine. Die Drucker erkannten bald, dass sie Bücher von gleicher Art und Güte in großer Zahl rasch und billig unter die Leute bringen konnten. Die Drucker hielten sich zunächst im Schnitt ihrer Typen und des schmückenden Beiwerks an das Vorbild handgeschriebener Bücher.

Der Fortgang der Entwicklung und die raschen Erfolge der Druckkunst zwangen indes die bisher hochgeachteten und gutverdienenden Buchschreiber, den Fortbestand ihrer Kunst vor der stetig wachsenden Konkurrenz zu verteidigen. Sie gründeten Schreibschulen, nahmen Schüler aus den bürgerlichen Ständen an und bauten die seither bewährten Schriften weiter aus. Sie beeinflussten die Weiterentwicklung der Schreib-, aber auch der Buchschriften und förderten damit die Verbreitung des Handschreibens im Allgemeinen.

Nach dem Aufkommen der Druckkunst gab es eine große Anzahl von Schreibern in Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, der Schweiz und anderen Ländern. Von 1500 bis 1800 entstanden allein in Deutschland etwa 800 gedruckte Schreibvorlagen.

Als bedeutendster Nürnberger Schreibmeister gilt Johann Neudörffer, ein Zeitgenosse Albrecht Dürers. Er schuf mit Hieronymus Andreä die Neudörffer-Andreä-Fraktur. Mit dieser Druckschrift legte er zugleich die Basis für alle weiteren Frakturschriften, die auch die in den Kanzleien verwendete Schreibschrift beeinflusste (Kanzleikurrent, deutsche Kurrentschrift). In seiner Schule ging er gegen die Vielfalt und Verworrenheit der damals benutzten Verkehrsschriften an.

In den Kanzleien und im wirtschaftlichen Alltag waren in Deutschland die Formen der gotischen Kursive Ausgangspunkt der Entwicklung zur sogenannten deutschen Schrift oder deutschen Kurrentschrift. Im 16. Jahrhundert setzte sich für lateinische und nichtdeutsche Texte die von dem Humanisten Niccolo Niccoli entwickelte humanistische Kursive als Schreibschrift durch, so dass ein gebildeter Bewohner Deutschlands bis ins 20. Jahrhundert mindestens zwei Schriftarten flüssig lesen und schreiben lernte. In Briefen wurde nicht selten der normale Text in deutscher Kurrentschrift geschrieben, Eigennamen dagegen in humanistischer Kursivschrift.

Reformen und Abschaffung der sogenannten deutschen Schrift

Im Jahre 1830 fand die spitze Stahlfeder von England ausgehend immer größere Verbreitung. Sie erwies sich zwar schwieriger in der Handhabung als die Kielfeder, konnte sich aber bis zum Ende des 19. Jahrhunderts auch in Deutschland durchsetzen.

Mit der Einführung der Schulpflicht und Schreiben als Grundlehrfach wurden bald die verschiedenen Meisterschulen überflüssig. Durch ihren Wegfall und die weitere Durchsetzung des englischen Stils mitsamt der englischen Spitzfeder setzten sich neue Gebrauchsschriften durch.

Im Jahre 1907 entwickelte R. Blankertz eine neue, stählerne Breitfeder nach dem Vorbild der breitkantigen Kielfeder. Mit seiner Entwicklung versuchte er, die alte Schreibschrift wieder ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Doch erst S. Wagner gelang dies 1912 mit einer Weiterentwicklung: Er glich die drei Zeilenräume aneinander an, wodurch die Schrift harmonisch ausgeglichen wirkt und gut leserlich wird. Die zuvor nach rechts kippenden Schriften bekommen somit eine aufrechte Haltung.

Der Grafiker Ludwig Sütterlin ging bei seiner Schreibschriftreform im Jahre 1914 andere Wege: Er gestaltete eine neue Schrift mit dem Verhältnis 1:1:1 für die Lineaturräume, mit Steilschriftformen, und als völlig neues Gerät nutzte er die Gleichzug- oder Schnurzugfeder. Diese wurde von Blankertz als „Redisfeder“ hergestellt. Die kugelige Spitze der Feder stellt keine großen Ansprüche bezüglich der Haltung und Führung der Feder bzw. des Füllhalters. Aus diesem Grunde erschien sie Sütterlin auch als das passende Schreibgerät für Kinder zum Erlernen des Schreibens. Die Sütterlinschrift ist eine ausbaufähige Ausgangsschrift. Der Federspur entsprechen die Rundzüge und Kringel vieler Buchstaben. Sütterlin sprach sich aber sehr klar für den Gebrauch der rechtsschrägen Breitfeder aus und wies auf den Formgewinn hin, den diese Feder den Schriften verleiht. In Hessen entwickelte Rudolf Koch eine ausdrucksvolle Breitschrift, welche er 1927 vorstellte. Mit der Einführung von Sütterlins Schrift in Hessen 1930 blieb die „Offenbacher Schrift“ jedoch unbenutzt.

1941 wurde das vorläufige Ende der deutschen Schreibschrift mit einem Erlass der nationalsozialistischen Regierung besiegelt. Die lateinische Schreibschrift wurde als „Normalschrift“ festgelegt.

Durch eine Verordnung von 1954 erhielten Schulen in der Bundesrepublik Deutschland wieder die Möglichkeit, neben der zur Hauptschrift deklarierten lateinischen Ausgangsschrift vom 4. Schuljahr an wieder die deutsche Schreibschrift zu lehren. Als Vorlage dient hierbei die Offenbacher Schrift mit dem dazugehörigen Breitfederalphabet. Diese Verordnung wurde aber nur selten zur Anwendung gebracht.

Widersprüche im Verständnis von Schreibschrift

Seit den 60er Jahren gibt es in den deutschen Lehrplänen für das Schreibenlernen Bemühungen, die aus dem Barock überkommenen Schnörkel insbesondere der Großbuchstaben zurückzunehmen. Die Schulausgangsschrift (1968) orientierte sich dabei vorwiegend an den Quellen der lateinischen Schreibschrift, der humanistischen Kursive. Demgegenüber waren die Bestrebungen der Vertreter der Vereinfachten Ausgangsschrift (1972) darauf gerichtet, die Schreibschrift insgesamt aus der geradstehenden Antiqua, der sogenannten Druckschrift, zu entwickeln. Gegenwärtig wird mit der Grundschrift versucht, die Ideen von Fritz Kuhlmann (1916) wieder zu beleben. Kuhlmann war ein leidenschaftlicher Anhänger des Arbeitsschulprinzips. Er plädierte dafür, dass die Kinder die Schreibform aus den gedruckten Buchstabenformen der Leseschrift selbst entwickeln und dabei sowohl eigene Buchstaben als auch Buchstabenverbindungen finden.[4] Dieses Konzept hatte sich damals nicht bewährt und wurde aufgegeben.

Der Grundschulverband setzt sich dafür ein, dass die bisher verwendeten Schreibschriften durch die sogenannte Grundschrift[5] ersetzt wird. Diese lehnt sich an die Druckschrift an, bei der die Buchstaben einzeln stehen, aber auch verbunden werden können. Auch die Gestaltung von Schleifen in den Ober- und Unterlängen entfällt.[6] Den Grundschulen in Hamburg steht es ab Herbst 2012 frei, die Grundschrift oder die Schulausgangsschrift zu verwenden. In einigen Bundesländern wird die Grundschrift derzeit erprobt.

Siehe auch

Literatur

  • Rudolph Pophal: Die Handschrift als Gehirnschrift. Rudolstadt 1949.
  • Eugen Nerdinger, Lisa Beck: Schriftschreiben, Schriftzeichnen. Grundlagen der Schriftdarstellung. Bd.1; 9. Auflage. Callwey München 1984, ISBN 3-7667-0750-7, S. 106–108.
  • Wilhelm Helmuth Müller u. Alice Enskat:Graphologische Diagnostik: ihre Grundlagen, Möglichkeiten und Grenzen. Huber. Bern, Stuttgart, Toronto 1987, ISBN 3-456-81631-6.
  • Martin Andersch: Kommentar zu einem Kommentar. In: Helmut Schreier u. a.: Schrift und Schreiben. Studieneinheit. Projekt Musisch-Ästhetische Erziehung in der Grundschule 78. DIFF, Tübingen 1989. S. 79–83.
  • Michael Rau, Rosemarie Kloos-Rau; Michael Rau, Novum press (Hrsg.): Schreibschriften. Bruckmann, München 1993 (übersetzt von Lenore Lengefeld), ISBN 3-7654-2572-9.
  • GS aktuell 91 (September 2005), S. 3–12 (PDF-Datei; 664 kB)
  • Bernd Wehren: Das Schreibschrift-Training. Persen 2006, ISBN 978-3-8344-3628-3.
  • Gehum-Hee Hong: Brush'n'Script Schreibschriftensammlung. Hermann Schmidt 2010, ISBN 978-3-87439-783-4.

Weblinks

 Commons: Schreibschrift – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Commons: Humanistische Kursive – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Werner Dietrich: Statistische Untersuchungen über den Zusammenhang von Schriftmerkmalen.Inaugural-Dissertation Leipzig: Beck, Nördlingen 1937.
  2. Lexikon des gesamten Buchwesens : LGB / hrsg. von Severin Corsten unter Mitw. von Claus W. Gerhardt u.a. Bd.VI. Hiersemann, Stuttgart 2003, S. 604.
  3. Lexikon der Kunst - 4 : Q – S. Seemann, Leipzig 1977, S. 393.
  4. Elisabeth Neuhaus-Siemon: Aspekte und Probleme des Schreibunterrichts. In: Hartmut Günther, Otto Ludwig (Hrsg.): Schrift und Schriftlichkeit. Ein interdisziplinäres Handbuch internationaler Forschung. 2. Halbband, Berlin / New York 1996, ISBN 978-3-11-019413-5, S.1243
  5. Darstellung der Grundschrift auf der Homepage des Grundschulverbands (PDF; 1,3 MB)
  6. Peter Praschl: … das Ende der Handschrift? In: Süddeutsche Zeitung Magazin, Ausgabe 06/2012.
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