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Kurden

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Kurden (kurdisch Kurd کورد) bilden eine Ethnie, deren Hauptsiedlungsgebiet als „Kurdistan“ bezeichnet wird. Die kurdische Sprache gehört zu den indogermanischen Sprachen und zwar zum nordwestlichen Zweig der iranischen Sprachen (gelegentlich auch als iranoarische Sprachen bezeichnet). Die Kurden bilden bedeutende autochthone ethnische Minderheiten in der Türkei, im Irak, Iran und in Syrien.

Siedlungsgebiet

Der Name Kurdistan stammt aus der verwandten persischen Sprache und bedeutet „Land der Kurden“. Damit wurde eine Region des Persischen Reiches bezeichnet, die während der Herrschaft der späteren Seldschuken eine eigene Provinz stellte. Im Osmanischen Reich des 19. Jahrhunderts entstand bei einer Verwaltungsreform eine Provinz mit dem Namen Kurdistan, die jedoch bald wieder aufgelöst wurde.

Die Provinzen Korduene und Sophene

Daneben gibt es noch andere größere Gebiete innerhalb der Staaten, die schon länger von Kurden bewohnt werden. In der Türkei ist es das Gebiet um Ankara und Konya, in dem sich seit Generationen verstreute kurdische Siedlungen befinden. Die meisten Kurden wurden nach Aufständen hierhin vertrieben. Aufgrund hoher Arbeitslosigkeit, mangelnder Infrastruktur und Versorgung sowie des Krieges zwischen der türkischen Armee und der PKK in den kurdischen Gebieten, siedelten viele Kurden nach Mersin, Adana, Istanbul und in die südostanatolischen Städte um, sodass diese Städte größere kurdische Gemeinden haben.

Im Iran leben in den westlichen Provinzen etwa 4–4,5 Mio. Kurden. Aber auch in Chorasan gibt es kleinere kurdische Gemeinden. Im Jahre 1388 kamen nach Vertreibungen durch Tamerlan viele Kurden hierher. 1587 und 1628 fanden Umsiedelungen durch den Safawiden Schah Abbas I. statt.

Ethnogenese

Zur Frage der Ethnogenese liegen verschiedene Thesen vor, wobei zu beachten ist, dass über diesen langen Zeitraum Völkervermischungen stattgefunden haben. Wie John Limbert betont,[1] muss man zwischen dem Namen des Volkes und der Landschaft unterscheiden. Die antiken Namen sind von fremden Berichterstattern überliefert, die nicht immer mit den politischen und ethnischen Verhältnissen vertraut und oft auch nicht interessiert waren. Namen für Bevölkerungsgruppen und Landschaften wurden nicht genau unterschieden und oft von einer Gruppe auf eine andere übertragen.[2] Eine spätere Gruppe kann zudem auf einen älteren Namen zurückgreifen. Oft verwenden antike und mittelalterliche Historiker für neue Gruppen historische Namen, wie etwa auch Skythen oder Perser.[3]

  • Nach der Fachenzyklopädie Der Kleine Pauly sind die Karduchoi des Xenophon als die Vorfahren der Kurden anzusehen.[4][5] Diese Ableitung wird von Limbert aus linguistischen Gründen angezweifelt.[6]
  • Godfrey Rolles Driver hält die Qarda südlich des Vansees, die seit dem 1. Jahrtausend belegt sind, für mögliche Vorfahren der Kurden.[7][8]
  • Theodor Nöldeke identifizierte die Bezeichnung Kyrtioi (Κύρτιοι) Strabos (Geographika Strabo 11, 523, 727) und die Cyrtii des Livius (z. B. 42, 58, 13) als Vorform des Namens Kurden.[9] Die Gleichsetzung der Kyrtoi mit den Kurden geht auf F. C. Andreas zurück.[10]
  • Wladimir Fjodorowitsch Minorski will die kurdische Sprache von der medischen herleiten,[11] verweist aber auf die Gefahr, Sprache und biologische Abstammung zu verwechseln[12].
  • Arshak Safrastian hält die Kurden für die direkten Nachkommen der Gutäer und Kassiten.[13] Auch W. G. Elphinston berichtet, ohne Angabe von Quellen, dass die Kurden von „einigen Autoritäten“ von den Guti – „Kardaka, Kurtie oder Guti“ am Vansee hergeleitet werden.[14]

Eine Argumentation über bloße Namensähnlichkeit ist ohne genaue linguistische Kenntnisse nicht stichhaltig. Die ethnische Zusammensetzung der Zagrosländer änderte sich durch direkten Eingriff mehrerer Großmächte ständig (vgl. die assyrische Deportationspolitik). Politische Großgruppen konnten ihre Identität auf Sprache, Religion und eine gemeinsame Geschichte gründen. Bereits Wilhelm Gesenius[15] versuchte die Chaldäer (Chardim) mit den Kurden (Kard) in Verbindung zu bringen. Auch von Hellwald setzt kommentarlos Chaldäer und Kurden gleich.[16] Nach William Kennett Loftus rühmte sich der kurdische Stamm der Kaldani, von den Chaldäern abzustammen.[17]

Geschichte

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Mittelalter

Zeichnerische Darstellung kurdischer Frauen aus Yozgat (links), aus Preveza (mitte) und Chios (rechts), spätes 19. Jahrhundert, Illustration aus Zur Geschichte der Kostüme von Braun & Schneider, 1861–1880 München.

Im 7. Jahrhundert n. Chr. eroberten die Armeen des Kalifen Umar ibn al-Chattab die kurdischen Gebiete, so dass die Kurden zum Islam konvertierten. Zwischen dem 10. und 13. Jahrhundert unter islamischer Herrschaft gründeten Kurden mehrere Dynastien, wie die der Marwaniden, der Rawadiden, der Hasanwayhiden, der Schaddadiden und der Ayyubiden. Die Marwaniden lebten im nördlichen und westlichen Kurdistan mit Wintersitz in Diyarbakır und Sommerresidenz in Farqin (Silvan), die Rawadiden in Aserbaidschan, das in der Zeit überwiegend kurdisch besiedelt war, mit der Hauptstadt Täbris, die Hasanwayhiden im Osten Kurdistans, also nordöstlich von Kermānschāh und die Schaddadiden außerhalb Kurdistans in Transkaukasien, auf dem Gebiet des heutigen Armenien und Aserbaidschan. In den Jahren von 1750 bis 1789 herrschte Karim Khan, dem einige einen kurdischen Ursprung zuschreiben, über den ganzen Iran. Diese Zand-Dynastie endete aber schon 1794. Andere kurdische Dynastien waren die Hazaraspiden (reg. 1148–1424) und die Annaziden (reg. 991 bis spätes 12. Jh.).

Im 12. Jahrhundert gründete Saladin, der zu Rawendis Zweig des Hadabanistammes gehörte, die Ayyubiden-Dynastie von Syrien. Dieses Reich erstreckte sich über Teile von Kurdistan, Ägypten und dem Jemen. Das Ayyubidische Reich war aber keinesfalls ein kurdisches Reich, viele seiner Bewohner waren Araber und andere Völker. Es war ein islamisches Reich, denn die Bewohner bezeichneten sich als Muslime und nicht als Araber oder Kurden.

Einen großen Wendepunkt in der kurdischen Geschichte stellte 1514 die Schlacht bei Tschaldiran zwischen Osmanen und Safawiden dar, bei der sich die mehrheitlich sunnitischen Kurden mit den Osmanen verbündeten. Die Osmanen sicherten sich die Unterstützung der kurdischen Lokalfürsten, indem sie ihnen die Umwandlung ihrer Besitztümer in erbliche Fürstentümer anboten. Diese kurdischen Herrschaften (Kürt Hükümetleri) mussten keinen Tribut zahlen und keine Soldaten für die osmanische Zentralregierung stellen. Daneben gab es noch die kurdischen Sandschak, deren Gouverneure per Erbe bestimmt wurden, aber trotzdem wie alle Sandschaks Steuern zahlten und Soldaten bereitstellten. Im Osmanischen Reich war das nicht üblich. Normalerweise wurden Ländereien nur auf Lebenszeit an kriegsverdiente Soldaten verteilt (Timar-System).

Schah Ismail I. unterlag Sultan Selim I.. Danach kam fast ganz Ostanatolien unter osmanische Herrschaft. Auf seinem Zug nach Ostanatolien ließ der Sultan bei Sivas an die 40.000 Aleviten hinrichten, um Kollaboration mit den Safawiden zu unterbinden. 1596 verfasste Şerefhan Fürst von Bitlis das Geschichtswerk Scherefname (Prachtschrift) mit dem ersten vollständigen Überblick über die kurdische Geschichte. Darin wird von den Geschehnissen in den kurdischen Fürstentümern bis zum Ende des 16. Jahrhunderts erzählt.

Bedeutende kurdische Fürstentümer im osmanischen Reich waren die Baban mit Sitz in Silemani, das Soran-Fürstentum, die Schembo in Hakkâri, Badinan mit Sitz in Amediye, die Azizan in Botan und das Fürstentum von Bitlis. Im persischen Reich war das bedeutendste das der Ardalan.

20. Jahrhundert

Von Kurden bewohnte Gebiete (1992)

Durch den Vertrag von Lausanne wurde Kurdistan durch die Alliierten und die Türkei bei der Auflösung des osmanischen Reiches auf die vier Staaten Iran, Irak, Türkei und Syrien aufgeteilt. Der größte Teil fiel an die Türkei. Auf diese Weise wurden mehr als die Hälfte der Kurden Staatsbürger der neuen türkischen Republik.

Türkei

Traditionelle kurdische Kleidung: rechts sieht man eine Bekleidung aus Mesopotamien, in der Mitte aus Mardin und links eine Hirtenkleidung aus Diyarbakır
Die Fotografie stammt aus dem Jahre 1873 und wurde von dem osmanischen Hoffotografen Pascal Sébah gemacht. Es wurde in der Weltausstellung 1873 in Wien ausgestellt.

Bis zur Zeit des Ersten Weltkriegs wurde das kurdische Bewusstsein einerseits durch die Stammeszugehörigkeit geprägt, andererseits durch den sunnitischen Islam. Unter dem Einfluss europäischer Ideen entwickelten sie dann ein eigenes Nationalgefühl. Nach der Niederlage des Osmanischen Reiches gegen die Alliierten wurde den Kurden im Vertrag von Sèvres eine autonome Region in Aussicht gestellt.

Gegen die Bestimmungen und territorialen Verluste auf dem Gebiet der heutigen Türkei kam Widerstand auf. Im türkischen Unabhängigkeits- und Befreiungskrieg kämpften die Kurden an der Seite der Türken gegen die Besatzungsmächte. Nach dem Sieg konnte die Türkei am 24. Juli 1923 im Vertrag von Lausanne die Bestimmungen aus dem Vertrags von Sèvres revidieren. Auf der Grundlage des Lausanner Vertrages erkannte die am 29. Oktober 1923 von Mustafa Kemal Atatürk ausgerufene Republik Türkei die Kurden nicht als ethnische Minderheit an. Eine Reihe von Aufständen, wie der Koçgiri-Aufstand von 1920, der Scheich-Said-Aufstand unter Führung von Scheich Said 1925, der Ararat-Aufstand 1926–1930 und der Dersim-Aufstand 1938 wurden von der türkischen Armee niedergeschlagen.

In der Türkei war der Gebrauch der kurdischen Sprache bis vor einigen Jahren verboten. So hieß es im dritten Abschnitt und Artikel 42 der Verfassung von 1982, die größtenteils heute noch gültig ist: Außer Türkisch kann keine andere Sprache als Erziehungs- und Bildungssprache den türkischen Staatsbürgern als Muttersprache gelehrt werden. Kurdischsprachige Medien waren bis 1991 verboten. In Art. 2 des Gesetzes Nr. 2932[18] hieß es dazu: Die Darlegung, Verbreitung und Veröffentlichung von Gedankengut in einer anderen Sprache als der ersten Amtssprache der von der Türkei anerkannten Staaten ist verboten. Türkisch wurde gesetzlich als Muttersprache aller türkischen Staatsbürger festgelegt.[19] Der Strafrahmen bei Verstößen gegen dieses Gesetz betrug laut Art. 4 sechs Monate bis zwei Jahre Haft.

Nach dem Beginn des bewaffneten Kampfes der PKK 1984 gegen den Staat verschlechterte sich die Situation der Kurden im Südosten der Türkei. Über ein Jahrzehnt galt in den betroffenen Provinzen der Ausnahmezustand. Der Krieg dauerte bis 1999, als Abdullah Öcalan verhaftet wurde. Während der Konflikte kamen geschätzte 35.000 Menschen ums Leben. Im Zuge der Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der Europäischen Union wurden die Rechte der Minderheiten in der Türkei verbessert.

Siehe auch: Kurden in der Türkei

Iran

Anfang des 20. Jahrhunderts gab es immer wieder Aufstände, die durch Simko Aga angeführt wurden. Dieser wurde dann 1930 aus einem Hinterhalt heraus erschossen. Am 22. Januar 1946 wurde nach der Anglo-Sowjetischen Invasion Irans unter der Schirmherrschaft der Sowjetunion in Mahabad die Republik Mahabad gegründet. Dieser Staat aber brach schon ein Jahr später wieder zusammen. Bis zur islamischen Revolution 1979 herrschte Friedhofsruhe in den kurdischen Gebieten. Allerdings überwarfen sich die Kurden mit Chomeini, der ihnen in der Verfassung keine Autonomie zusicherte. Laut der neuen Regierung gab es keine ethnischen Gruppen, sondern nur die islamische Glaubensgemeinschaft. Im August 1979 bombardierte die iranische Armee kurdische Städte und Dörfer, wobei viele Zivilisten ums Leben kamen. Im Juli 2005 brach nach der Tötung des Kurden Schuaneh Ghaderi in der Stadt Mahabad ein Aufstand gegen die iranische Regierung aus. Dieser breitete sich auf etwa zehn kurdische Städte aus. Dabei kamen etwa 20 Menschen ums Leben. Die iranische Regierung bezeichnete die Aufständischen als Hooligans und verlegte 100.000 Soldaten in die kurdischen Gebiete.

Enklave Chorasan

In Chorasan leben zerstreut etwa 1 bis 1,5 Mio. Kurden. Diese wurden im 16. Jahrhundert von den Safawiden gegen die usbekischen Raubüberfälle in Chorasan angesiedelt. Es handelt sich vorwiegend um schiitische Kurden, die früher in Nordkurdistan und Aserbaidschan lebten.[20]

Irak

Zu einer begrenzten Selbstverwaltung und Beteiligung an der Regierung kam es im Irak 1970 bis 1974. Nach dem zweiten Golfkrieg 1991 verfügte die UNO im Irak eine Schutzzone nördlich des 36. Breitengrades. Im dritten Golfkrieg 2003 beteiligten sich kurdische Kräfte auf Seiten der USA an der Eroberung nordirakischer Städte. Seitdem genießen die irakischen Kurden einen besonderen Status als Verbündete der USA. Das Ziel der irakischen Kurden, mehr Autonomie und Einfluss zu bekommen, wird vor allem von der Türkei missbilligt, da man einen entsprechenden Einfluss auf die Kurden in der Türkei befürchtet.

Politische Autonomie genießen seit mehr als einem Jahrzehnt weltweit allein die irakischen Kurden. Auch die neue irakische Verfassung gewährt den Kurden im Norden des Landes umfangreiche Selbstbestimmungsrechte.

Trotz Proteste seitens der Türkei konnten die Kurden im Irak ihren Einfluss ausweiten und erreichten bei der Wahl am 30. Januar 2005 75 Sitze im Parlament und stellen mit Dschalal Talabani den ersten kurdischen Staatspräsidenten. Über die Angliederung von Gebieten an die kurdische autonome Region wird zäh verhandelt. Dabei ist Kerkuk der brisanteste Aspekt. Dort konnte eine Allianz der kurdischen Parteien die Mehrheit der Sitze im Stadtrat erringen. Die Wahlen in Kerkuk wurden von den meisten Turkmenen und Arabern boykottiert, da die Kurden angeblich viel mehr Rückkehrer in die Stadt ließen, als Saddam Hussein damals vertrieben haben soll.

Im Februar 2008 startete die türkische Armee die 25. Bodenoffensive seit 1983 in den Nordirak, an der schätzungsweise 10.000 Soldaten beteiligt sind. Bei den Zusammenstößen mit der PKK kam es zu heftigen Widerständen. Nach Angaben der Türkei, wird das Nachbarland als Rückzugsgebiet für Extremisten genutzt. Die PKK, die unter anderem auch seitens der EU als Terrororganisation eingestuft wird, steuert von Nordirak aus Angriffe und Anschläge in der Türkei. Dabei sterben ebenfalls immer wieder türkische Soldaten, Polizisten, kurdische Dorfschützer und Unbeteiligte. Der US-Staatssekretär bewertete den Einmarsch mit den Worten „Dieser Angriff ist nicht die beste Nachricht“.[21]

Syrien

Die Grenze zwischen Syrien und der Türkei wurde durch den Verlauf der Bagdadbahnlinie festgelegt. Dadurch gibt es in Syrien drei kurdische Enklaven, nämlich Cizire, Kurd Dagh und Ain al-Arab. Diese Enklaven sind Hunderte Kilometer voneinander getrennt, was die Kommunikation unter den Kurden erschwert. Nach der Gründung Syriens unter französischem Protektorat konnten die Kurden einen Rundfunksender betreiben und Zeitschriften wie Hewar (Hilferuf) veröffentlichen. Viele wichtige Kurden sind von der Türkei nach Syrien geflohen, wo sie ihre politischen Arbeiten fortsetzen. So hatte Xoybun ihren Sitz jahrelang in Damaskus. Nachdem Syrien 1945 ein souveräner Staat wurde, wurden die Rechte der Kurden schrittweise beschnitten. Schließlich wurden Kurden aus dem öffentlichen Dienst ausgeschlossen, verhaftet und die kurdischen Ortsnamen verändert. Nach dem ersten Krieg gegen Israel putschten die Offiziere und es folgten Jahre sozialer Unruhen. Am 23. August 1962 wurde in den kurdischen Gebieten eine außerordentliche Volkszählung durchgeführt. Dabei wurden 120.000 Kurden als Flüchtlinge deklariert und ihrer syrischen Staatsbürgerrechte beraubt. Heute haben immer noch 200.000 Kurden ihren Pass nicht zurück. Syrien begann vor kurzem diese Ausbürgerung teilweise rückgängig zu machen. Im März 1963 übernahm die Baath-Partei die Herrschaft und 1971 wurde Hafiz al-Assad Präsident. Er blieb es bis zu seinem Tod am 10. Juni 2000. Assad stoppte zwar die Diskriminierungen gegen die Kurden, aber unternahm nichts, um ihre Rechte wieder herzustellen. Die rechtliche Lage der Kurden hat sich kaum gebessert. Assad gewährte der PKK nach dem Militärputsch in der Türkei von 1980 Zuflucht. In der Bekaa-Ebene im Libanon konnte die PKK ihre Leute ausbilden und bewaffnen. Der Sturz von Saddam Hussein und der Baath-Regierung mit Hilfe der Kurden im Irak polarisierte auch Syrien. Die Baath-Regierung unter Baschar al-Assad nutzte ein Fußballspiel als Provokation und Gelegenheit, um hunderte Kurden zu verhaften und die Parteien der Kurden zu verbieten.

Siehe auch: Kurden in Syrien

Rotes Kurdistan

In der ehemaligen UdSSR gab es in dem Zeitraum von 1923–1929 eine autonome kurdische Region, die Kurdistana Sor (Rotes Kurdistan) genannt wurde. Die Region wurde am 23. Mai 1923 ausgerufen. Sie lag im heutigen Aserbaidschan und ihre Hauptstadt war Laçın. Andere Städte waren Kelbecar, Kubatliski und Cebrail. Der erste Ministerpräsident war Gussi Gaciyev. Die Region lag ziemlich genau im heutigen Korridor zwischen Armenien und der Exklave Berg-Karabach. Unter Stalin wurde diese Region aufgelöst. Ein Versuch, sie 1991 wieder zu gründen, scheiterte am Zerfall der UdSSR. Der Krieg 1994 zwischen Armenien und Aserbaidschan vertrieb die meisten Kurden aus diesem Gebiet.

Libanon

Îsmet Şerîf Wanlî schrieb, dass im Libanon seit Jahrhunderten Kurden gelebt haben und nennt vier kurdische Eşirets, nämlich den Clan der Banu Sayfa nördlich von Tripoli und der Festung Krac, die Ras Nahasch, die seit dem 16. Jahrhundert bei Tripoli leben, die Amadischen Scheichs, die aus Amadiya im 17. Jahrhundert in den Libanon kamen und die Can Polad, die ursprünglich aus Hakkâri kamen. Heute heißen sie Dschumblatt. Ein bekannter Vertreter der Dschumblatt ist der Führer der drusischen Gemeinschaft und der Progressiv-Sozialistischen Partei Walid Dschumblat. 1925 kamen viele Flüchtlinge nach dem Scheich-Said-Aufstand ins Land. Die Organisation Xoybun wurde in Beirut gegründet. Viele Kurden im Libanon sind aus der Region Mardin im Südosten der Türkei zugewandert. Heute sollen etwa 60.000 Kurden im Libanon leben.[22]

Politik

Bislang sind die Bemühungen um einen kurdischen Staat auch daran gescheitert, dass die Kurden untereinander zerrissen sind. Es fehlte das nationale Gefühl. Aber in den letzten hundert Jahren konnten sich auch nationalistische Strömungen in Kurdistan verbreiten, so dass die Kurden immer mehr zusammen rückten. Das machte sich auch dadurch bemerkbar, dass die Kurden vermehrt Parteien bildeten, die sich europäische Parteien zum Vorbild nahmen. In den frühen 1920er Jahren wurde im Libanon die Organisation Xoybun gegründet, die unter anderem den Ararat-Aufstand anführte. Die bekanntesten Parteien sind Kongra-Gel (ehemals PKK und KADEK), die Komala, die PDK, die PSK, die Ansar al-Islam und die PUK. In Syrien sind bekannte kurdische Parteien die Al Party, die kurdische Volksunion (Hevgirtin Gel) und die Yekiti (Partei der Einheit).

Siehe auch: Kurdische Organisationen

Die größten Aufstände im 20. Jahrhundert

Religion

Bei den Kurden sind verschiedene Bekenntnisse vertreten. Die Mehrheit der Bevölkerung sind sunnitische Muslime überwiegend schafiitischer Richtung. Im Nordirak sind die Hanbaliten eine weit verbreitete Rechtschule des sunnitischen Islam. Die etwa 3 bis 5 % kurdischen Schiiten leben ganz im Süden des kurdischen Verbreitungsgebiets im Irak nahe der iranischen Grenze. Daneben gibt es alevitischen Islam, Jesiden, Schabak, Ahl-e Haqq, Christen und Juden.[23]

Manche eigenen religiösen Traditionen gehen auf bestimmte Auslegungen des Korans bzw. Islams zurück (z. B. Sufi, oder die Bajwan aus der Schia). Die Kurden gehörten früher mehrheitlich dem zarathustrischen oder jesidischen Glauben an.

Kultur und Gesellschaft

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Am 21. März wird das altiranische Neujahrsfest Nouruz gefeiert. Das Fest wurde in der Türkei auch staatlicherseits gefeiert, um einer Politisierung vorzubeugen. Es wird bei den Kurden nicht nur als ein Neujahrsfest angesehen. Es symbolisiert auch Gedanken an Aufstand gegen die jeweiligen Machthaber, die die kurdische Bevölkerung unterdrücken. Das Feuer dient als ein Zeichen für die Freiheit und ist in der kurdischen Mythologie ein wichtiges Element. Es hat bis heute an seiner Aktualität nichts verloren, da die Kurden in den meisten Gebieten immer noch nicht ihre kulturelle Freiheit erlangt haben.

In Teilen der kurdischen Bevölkerung wird das Recht der Frauen auf sexuelle Selbstbestimmung aus religiösen und kulturellen Gründen unterdrückt. Verstöße gegen dieses ungeschriebene Gesetz haben zu sogenannten Ehrenmorden durch die eigene Familie geführt. Dagegen kämpfen immer mehr kurdische Organisationen wie WADİ oder HAUKARI e. V. [24] und ICAHK [25] an.

Musik

Hauptartikel: Kurdische Musik

Charakteristisch für kurdische Musik sind einfache Melodien mit einem Umfang von nur drei oder vier Tönen, strophische Lieder mit Refrain (gleiche Dichtung und Musik am Ende jeder Strophe). Die meisten kurdischen Lieder sind epischer Natur, sie werden von Dengbêj (professionellen Barden) gesungen und handeln von Geschichten kurdischer Helden wie Saladin, Scheich Said oder Said Riza. Auch Liebeslieder, Tanzmusik (Gowend), Hochzeits- und andere Feierlieder, erotische Poesie und Arbeitslieder sind sehr beliebt. Als Musikinstrumente werden Bilûr (Flöte), Ghol (Trommel), Dûdûk (Oboe), Saz (Laute), Kemençe (Geige) und Zurna (Schalmei) benutzt.

Film

Hauptartikel: Kurdischer Film

Literatur

Es gibt eine reiche Volksliteratur in kurdischer Sprache. Zu erwähnen wäre das Nationalepos Mem û Zîn, welches 1695 von dem kurdischen Dichter Ehmedê Xanî geschrieben worden ist. Der aus Mardin stammende Dichter Cigerxwîn (Şêxmûs Hesen), der von 1903 bis 1984 lebte, schrieb für Zeitschriften wie Hewar (dt.: Hilferuf). Er studierte ausführlich den Marxismus-Leninismus und hinterließ acht Gedichtsammlungen.

1935 wurde der erste Roman der Neuzeit in kurdischer Sprache, Şivanê Kurd (dt.: Der kurdische Hirte), von Ereb Şemo verfasst.

Zeitgenössische Schriftsteller sind Helîm Yûsiv, Haydar Işik, Mehmed Uzun, Mahmut Baksi, Suzan Samanci, Yusuf Yeşilöz, Sükrü Gülmüs, Rohat Alakom, Taha Hamid, Muhammed Hamo und Salim Barakat.

Hilmi Abbas schrieb in deutscher Sprache einige der bisher nur mündlich überlieferten altkurdischen Legenden nieder. Das Buch erschien im Jahre 2003 in München unter dem Titel Das ungeschriebenen Buch der Kurden. Es stellt die Schöpfungsgeschichte aus jesidischer Sicht dar und die mythische Wanderung des kurdischen Volkes vom Osten in den Westen in das heutige Siedlungsgebiet.

Die Entwicklung der kurdischen Literatur blieb bis in die Gegenwart abhängig von den jeweiligen politischen Bedingungen, die charakterisiert waren durch von machtpolitischen Interessen geleitete Grenzziehungen, Fremdherrschaft und Unterdrückung. Die Entwicklung in den einzelnen Teilen Kurdistans verlief dabei unterschiedlich und hatte zur Folge, dass durch die dort gesprochenen verschiedenen Dialekte und die Verwendung unterschiedlicher Alphabete keine gemeinsame Literatur entstehen konnte.

Literatur

  • Helmuth Karl Bernhard von Moltke: Das Land und Volk der Kurden (1841). In: Gesammelte Schriften und Merkwürdigkeiten. Bd 2. Berlin 1892.
  • Daniel G. Brinton: The Protohistoric Ethnography of Western Asia. In: Proceedings of the American Philosophical Society. Philadelphia 34.1895,147, 71–102. ISSN 0003-049X
  • G. R. Driver: The name Kurd and its philological connexions. In: Journal of the Royal Asiatic Society of Great Britain and Ireland. Philadelphia 3, 1923, 393–403. ISSN 0003-049X
  • Celalettin Kartal: Der Rechtsstatus der Kurden im Osmanischen Reich und in der modernen Türkei. Kovac, Hamburg 2002. ISBN 3-8300-0599-7
  • Karin Kren: Kurdologie, Kurdistan und Kurden in der deutschsprachigen Literatur. Kommentierte Bibliographie. LIT-Verlag, Münster 2000. ISBN 3-8258-4642-3
  • Martin Strohmeier, Lale Yalçin-Heckmann: Die Kurden. Geschichte, Politik, Kultur. Beck, München 2003. ISBN 3-406-42129-6
  • Albrecht Metzger: Zum Beispiel Kurden. Lamuv, Göttingen 1996. ISBN 3-88977-463-6
  • Bülent Imrek: Zur Situation der kurdischen Stämme im Osmanischen Reich. GRIN, Frankfurt M 2001. ISBN 3-638-12359-6
  • Günther Deschner: Die Kurden – Volk ohne Staat. Herbig, München 2003. ISBN 3-7766-2358-6
  • Siegwart-Horst Günther: Die Kurden. Wilhelm Braumüller, Wien 2001. ISBN 3-7003-1351-9
  • Günter Max Behrendt: Nationalismus in Kurdistan. Dt.Orient-Institut, Hamburg 1993. ISBN 3-89173-029-2
  • Martin van Bruinessen: Agha, Scheich und Staat. Politik und Gesellschaft Kurdistans. Edition Parabolis, Berlin 2003. ISBN 3-933279-16-X
  • Lale Yalçin-Heckmann: Tribe and Kinship among the Kurds. Peter Lang, Frankfurt M 1991. ISBN 3-631-42702-6
  • David McDowall: A Modern History of the Kurds. 3. Auflage. Tauris Books, London 2004. ISBN 1-85043-416-6

Weblinks

 Portal:Kurdistan – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Kurdistan

Einzelnachweise

  1. John Limbert: The origins and appearance of the Kurds in Pre-Islamic Iran. In: Iranian Studies. Colchester 1.1968, 41. ISSN 0021-0862
  2. Josef Wiesehöfer: Bergvölker im antiken Nahen Osten. Fremdwahrnehmung und Eigeninteressen. In: Stephan Connermann, Geoffrey Haig (Hrsg.): Die Kurden. Studien zu ihrer Sprache, Geschichte und Kultur. Asien und Afrika. Beiträge des Zentrums für Asiatische und Afrikanische Studien der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Bd 8. EB, Schenefeld 2004, S. 11–26, hier S. 17–22. ISBN 3-930826-82-8
  3. Garnik Asatrian: Die Ethnogenese der Kurden und frühe kurdisch-armenische Kontakte. In: Iran & the Caucasus. Leiden 5.2001, 57. ISSN 1609-8498
  4. Stichwort καρδυχοι
  5. G. R. Driver: The Dispersion of the Kurds in Ancient Times. In: Journal of the Royal Asiatic Society of Great Britain and Ireland. London 4.1921, S. 563–572, John Bickers (Hrsg.): Anabasis.
  6. John Limbert: The Origins and Appearance of the Kurds in Pre-Islamic Iran. In: Iranian Studies. Colchester 1.1968, S. 44. ISSN 0021-0862
  7. G. R. Driver: The Dispersion of the Kurds in Ancient Times. In: Journal of the Royal Asiatic Society of Great Britain and Ireland. London 4.1921, S. 563–572.
  8. François Thureau-Dangin: Die sumerischen und akkadischen Königsinschriften. J.C. Hinrichs, Leipzig 1907. (No. 22, § 2)
  9. Theodor Nöldeke: Kardu und Kurden. In: Beiträge zur Alten Geschichte und Geographie. Festschrift für H. Kiepert. D. Reimer, Berlin 1898, S. 78.
  10. Garnik Asatrian: Die Ethnogenese der Kurden und frühe kurdisch-armenische Kontakte. In: Iran & the Caucasus. Leiden 5.2001, 55. ISSN 1609-8498
  11. V. Minorsky: Les origines des kurdes. in: Actes du XXe Congrés international des orientalistes. Louvain 1940, S. 143–152, „Kurds“ in The Encyclopedia of Islam
  12. Vladimir Minorsky: The Tribes of Western Iran. In: The Journal of the Royal Anthropological Institute of Great Britain and Ireland. London 75.1945,1/2, 78.
  13. Arshak Safrastian: Kurds and Kurdistan. London 1948.
  14. W. G. Elphinston: The Kurdish Question. In: International Affairs. Oxford 22.1946,1, 92. ISSN 0020-5850
  15. W. Gesenius: Thesaurus philologicus criticus linguae hebraeae et chaldaeae Veteris Testamenti.
  16. Friedrich von Hellwald: Culturgeschichte in ihrer natürlichen Entwicklung bis zur Gegenwart. Lampart & Companie, Augsburg 1875, S. 137.
  17. W. K. Loftus: Travels in Chaldea and Susiana. Robert Carter & Brothers, New York 1857.
  18. Gesetz Nr. 2932 vom 19. Oktober 1983 über Veröffentlichungen in anderen Sprachen als dem Türkischen, RG Nr. 18199 vom 22. Oktober 1983.
  19. Art. 3 des Gesetzes Nr. 2932: „Die Muttersprache der türkischen Staatsbürger ist Türkisch.[... ] Jegliche Art von Aktivitäten hinsichtlich der Benutzung und der Verbreitung einer anderen Muttersprache außer Türkisch ist verboten.“
  20. Website der Chorasani-Kurden
  21. PKK berichtet von heftigen Gefechten mit türkischen Truppen
  22. Martin Strohmeier, Lale Yalçın-Heckmann: Die Kurden. Geschichte, Politik, Kultur. München 2003, S. 167
  23. H. Lehmann, F. Ala, S. Hedeyat, K. Montazemi, H. Karini Nejad, S. Lightman, A. C. Kopec, A. E. Mourant, P. Teesdale, D. Tills, The Hereditary Blood Factors of the Kurds of Iran. Philosophical Transactions of the Royal Society of London. Series B, Biological Sciences 266, No. 876, Biological studies of Yemenite and Kurdish Jews in Israel and Other Groups in Southwest Asia (Oct. 18, 1973), 196
  24. Website des in Kurdistan-Irak tätigen Vereins HAUKARI e. V.>: ' (deutsch).
  25. Internationaler Frauenverein ICHAK">: Stop honour killing (englisch)
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