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Staatskirchenvertrag

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Dieser Artikel behandelt das Konkordat als Staatskirchenvertrag. Für das Konkordat als Vertrag zwischen schweizerischen Kantonen, siehe interkantonales Konkordat.
Feierlicher Abschluss eines Staatskirchenvertrags (hier Konkordat mit Serbien, 1914)

Ein Staatskirchenvertrag ist ein Vertrag zwischen einem Staat (Nationalstaat oder Gliedstaat) und einer Religionsgemeinschaft.

Staatskirchenverträge mit der römisch-katholischen Kirche, genauer: mit dem Heiligen Stuhl, heißen Konkordate (lateinisch concordatum ‚Vereinbarung, Vertrag‘). Nach strengem römischem Sprachgebrauch schließt der Heilige Stuhl ein Konkordat nur mit einem katholischen Staatsoberhaupt, während die Verträge mit nicht-katholischen Regierungen Konventionen heißen. Staatskirchenverträge mit nicht-katholischen Religionsgemeinschaften, insbesondere mit evangelischen Kirchen, bezeichnet man dagegen als Kirchenverträge.

Soweit es sich um eine nicht-christliche Religionsgemeinschaft handelt, wird mitunter auch (mehrdeutig) von einem Staatsvertrag gesprochen (etwa Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Zentralrat der Juden in Deutschland).

Bedeutung und Rechtsnatur

Deutschlandlastige Artikel Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland dar. Hilf mit, die Situation in anderen Staaten zu schildern.

Das so einvernehmlich geschaffene Vertragsstaatskirchenrecht (Konkordatsrecht) stellt einen Ausgleich staatlicher und religiöser Interessen dar. Die Regelungen werden nicht einseitig gesetzt, sondern sind eine Selbstbindung der Vertragsparteien, die staatlicher Souveränität und kirchlichem Selbstbestimmungsrecht, das aus der Trennung von Staat und Kirche folgt, gleichermaßen gerecht wird. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands hat das Vertragsstaatskirchenrecht durch die Vertragsschlüsse zwischen den neuen Bundesländern und den Kirchen wieder an Bedeutung gewonnen.

Konkordate

Konkordate mit der katholischen Kirche unterliegen dem Völkerrecht, obwohl der Heilige Stuhl ein atypisches Völkerrechtssubjekt ist. Sie sind insoweit vergleichbar mit völkerrechtlichen Verträgen zwischen Staaten, unterliegen allerdings einer juristischen Besonderheit. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Konkordate von der Anwendung des Art. 32 Abs. 3 des Grundgesetzes („Soweit die Länder für die Gesetzgebung zuständig sind, können sie mit Zustimmung der Bundesregierung mit auswärtigen Staaten Verträge abschließen“) ausgenommen sind. Dies bedeutet, dass die Länder ausnahmsweise ohne die Zustimmung des Bundes handeln dürfen. Die Verfassungsrichter entschieden, dass diese Kompetenz aus Art. 30 in Verbindung mit Art. 70 GG (Kulturhoheit der Länder) folge, Art. 32 Abs. 3 GG sei als Sonderregelung nicht zu beachten. Das entspricht auch der Rechtslage unter der Weimarer Reichsverfassung; der Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee wollte die entsprechenden Vorschriften des Grundgesetzes nicht auf Konkordate ausweiten, da „der Vatikan kein ausländischer Staat“ sei. Im Ergebnis werden so die Konkordate gleichbehandelt mit den übrigen Staatskirchenverträgen. Da andere Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften nämlich nicht völkerrechtsfähig sind, ist dort schon nach dem Wortlaut des Art. 32 Abs. 3 GG keine Zustimmung des Bundes erforderlich.

Siehe auch: Abschnitt „Historische und derzeit geltende Konkordate“

Kirchenverträge

Andere Religionsgemeinschaften sind keine Völkerrechtssubjekte. Kirchenverträge unterliegen deshalb (allein) dem nationalen Recht. Da die evangelischen Landeskirchen in Deutschland Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, sind Kirchenverträge dort öffentlich-rechtlicher Natur. Dadurch ist es dem Staat möglich, durch Änderung seiner Rechtsordnung entgegen den vertraglichen Verpflichtungen zu handeln. Das ändert aber nichts daran, dass er dann gemessen am Kirchenvertrag vertragsbrüchig handelte.

In der Praxis werden Kirchenverträge jedoch als Staatsverträge behandelt, so dass die Regeln des Völkerrechts analog zur Anwendung kommen.

Siehe auch: Abschnitt „Kirchenverträge der deutschen Länder“

Geschichte

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Historisch war die Rechtsnatur von Staatskirchenverträgen umstritten. Als im Mittelalter Staat und Kirche als Einheit verstanden wurden, sah die Privilegientheorie die Konkordate als Zugeständnisse der Kirche gegenüber dem Staat. Später, als die Kirchen als dem Staat untergeordnet verstanden wurden, verstand die Legaltheorie die Verträge als abgesprochene (und damit auch einseitig abänderbare) staatliche Gesetze. Heute geht die herrschende Meinung dagegen davon aus, dass es sich um echte Verträge handelt. Durch ein parlamentarisches Zustimmungsgesetz erhalten Staatskirchenverträge Gesetzeskraft.

Inhalt

In Staatskirchenverträgen kann die momentane Rechtslage zusätzlich garantiert werden, so etwa wenn der Staat Religionsfreiheit, Kirchliches Selbstbestimmungsrecht, Schutz des Kirchenguts vor Säkularisation oder Staatsleistungen weiterhin zusichert.

Es können aber auch dort, wo das geltende Staatskirchenrecht dafür Raum lässt, konkretisierende Vereinbarungen getroffen werden. Insbesondere bei den res mixtae, wo also Staat und Religionsgemeinschaften zusammenarbeiten müssen, sind Absprachen üblich: etwa die Besetzung der theologischen Fakultäten, den Religionsunterricht, Seelsorge in Militär, Polizei, Strafanstalten usw.

Mitunter haben sich auch Religionsgemeinschaften verpflichtet, bei der Ausbildung ihrer Geistlichen bestimmte Mindestanforderungen einzuhalten, staatliche Stellen bei Ämterbesetzungen mitwirken zu lassen oder kirchliche Gliederungen (z. B. Bistum) unverändert zu lassen.

Gewöhnlich enden die Staatskirchenverträge mit Vereinbarungen, dass die Vertragsparteien etwa auftretende Probleme einvernehmlich beilegen werden.

Einzelne Staatskirchenverträge

Historische und derzeit geltende Konkordate

Bekannte historische Konkordate sind

Als besondere Konkordatsära wird von vielen Historikern das Pontifikat des Papstes Pius XI. eingeordnet. Der Sturz der meisten europäischen Monarchien infolge des Ersten Weltkriegs (1918) bot die Gelegenheit für den Katholizismus, nicht nur 1929 die Römische Frage zu lösen, sondern eine Vielzahl von Konkordaten zu verhandeln und abzuschließen. Der Kardinalstaatssekretär Gasparri und sein Nachfolger Pacelli, zeitweilig Nuntius in München und Berlin, später Papst Pius XII., prägten diese Epoche.

Kirchenverträge der deutschen Länder

Vorbildfunktion hatte unter Geltung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland der (nach seinem Unterzeichnungsort, dem Kloster Loccum, benannte) Loccumer Vertrag zwischen dem Land Niedersachsen und den evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen vom 19. März 1955.

Die Geltung von Staatskirchenverträgen für die neuen Bundesländer aus der Zeit vor Gründung der Deutschen Demokratischen Republik ist umstritten. Die DDR erkannte die Verträge nicht an, obgleich sie sie nicht selten erfüllte.

In Deutschland führte die Ungewissheit über die Fortgeltung des zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich am 20. Juli 1933 abgeschlossenen Reichskonkordats dazu, dass über längere Zeit weniger Konkordate abgeschlossen wurden, als das bei den (evangelischen) Kirchenverträgen der Fall war. Mit dem (die Fortgeltung bejahenden) Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März 1957 und vor allem dem Beitritt der DDR ist aber auch im römisch-katholischen Bereich eine erneute Hinwendung zum Vertragsstaatskirchenrecht zu beobachten gewesen.

Derzeit in Deutschland geltende Konkordate:

  • Bayerisches Konkordat vom 29. März 1924
  • Preußenkonkordat vom 14. Juni 1929
  • Badisches Konkordat vom 12. Oktober 1932
  • Reichskonkordat vom 20. Juli 1933
  • Vertrag des Landes Hessen mit den Katholischen Bistümern in Hessen vom 9. März 1963
  • Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Lande Niedersachsen vom 26. Februar 1965
  • Ergänzungsvertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Nordrhein-Westfalen vom 26. März 1984 (Besonderheit s. Artikel X zur möglichen Öffnungsklausel)
  • Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Sachsen vom 2. Juli 1996
  • Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Thüringen vom 11. Juni 1997
  • Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Mecklenburg-Vorpommern vom 15. September 1997
  • Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Sachsen-Anhalt vom 15. Januar 1998
  • Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Brandenburg vom 12. November 2003
  • Vertrag zwischen der Freien Hansestadt Bremen und dem Heiligen Stuhl vom 21. November 2003
  • Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Freien und Hansestadt Hamburg vom 29. November 2005
  • Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Schleswig-Holstein vom 12. Januar 2009

In Deutschland gelten daneben folgende Kirchenverträge:

  • Vertrag zwischen dem Bayerischen Staate und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern rechts des Rheins vom 15. November 1924
  • Vertrag des Freistaates Preußen mit den Evangelischen Landeskirchen[1] vom 11. Mai 1931
  • Vertrag der Bundesrepublik Deutschland mit der Evangelischen Kirche in Deutschland zur Regelung der evangelischen Militärseelsorge vom 22. Februar 1957
  • Vertrag des Landes Schleswig-Holstein mit den Evangelischen Landeskirchen in Schleswig-Holstein vom 23. April 1957
  • Vertrag des Landes Nordrhein-Westfalen mit den Evangelischen Kirchen von Rheinland und Westfalen vom 9. September 1957
  • Vereinbarung des Landes Niedersachsen mit den Evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen über die Privatschulen vom 10. September 1957
  • Vertrag des Landes Nordrhein-Westfalen mit der Lippischen Landeskirche vom 6. März 1958, Ergänzung vom 26. September 1959
  • Vertrag des Landes Hessen mit den Evangelischen Landeskirchen in Hessen vom 18. Februar 1960
  • Vertrag des Landes Rheinland-Pfalz mit den Evangelischen Landeskirchen in Rheinland-Pfalz vom 3. November 1962
  • Ergänzungsvertrag des Landes Niedersachsen mit den evangelischen Kirchen vom 4. März 1965
  • Vereinbarung über die evangelische Seelsorge im Bundesgrenzschutz vom 20. bis 23. Juli/12. August 1965
  • Vertrag des Saarlandes von 1968 über den Theologischen Lehrstuhl der Universität Saarbrücken
  • Vertrag des Landes Niedersachsen mit der Freireligiösen Landesgemeinschaft Niedersachsen vom 8. Juni 1970
  • Abschließendes Protokoll des Landes Berlin über Besprechungen mit der Evangelischen Kirche vom 2. Juli 1970
  • Vereinbarung zwischen dem Senat von Berlin und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin vom 8. Januar 1971
  • Vereinbarung über den kirchlichen Dienst an Polizeibeamten (Polizeiseelsorge) im Saarland vom 25. Oktober 1978 (auch mit römisch-katholischen Diözesen)
  • Düsseldorfer Vertrag des Landes Nordrhein-Westfalen zum Hochschulwesen vom 29. März 1984
  • Vertrag zwischen dem Land Hessen und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen vom 11. November 1986
  • Vereinbarung des Freistaates Sachsen mit den Ev. Kirchen im Freistaat Sachsen zur Regelung der seelsorgerlichen Tätigkeit in den Justizvollzugsanstalten vom 25. Januar 1993
  • Wittenberger Vertrag des Landes Sachsen-Anhalt mit den Evangelischen Landeskirchen in Sachsen-Anhalt vom 15. September 1993
  • Vertrag zwischen dem Freistaat Thüringen und der Jüdischen Landesgemeinde vom 1. November 1993
  • Güstrower Vertrag zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern und der Ev.-Luth. Landeskirche Mecklenburgs und der Pommerschen Landeskirche vom 20. Januar 1994
  • Vertrag des Freistaates Thüringen mit den Ev. Kirchen in Thüringen vom 15. März 1994
  • Vertrag des Landes Sachsen-Anhalt mit der Jüdischen Gemeinschaft in Sachsen-Anhalt vom 23. März 1994
  • Vertrag des Freistaates Sachsen mit den ev. Landeskirchen im Freistaat Sachsen vom 24. März 1994
  • Vereinbarung zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und den Ev. Kirchen im Land Sachsen-Anhalt zur Regelung der seelsorgerlichen Tätigkeit in den Justizvollzugsanstalten vom 24. März 1994
  • Vereinbarung zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und den Ev. Kirchen im Land Sachsen-Anhalt über den kirchlichen Dienst an Polizeibeamten
  • Vertrag des Freistaates Sachsen mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden vom 7. Juni 1994
  • Vertrag über die Gestellung im kirchlichen Dienst für den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen im Freistaat Sachsen vom 7. September 1994 (abgeschlossen auch mit den katholischen Bistümern)
  • Rahmenvereinbarung der Bundesrepublik Deutschland mit der Evangelischen Kirche in Deutschland über die evangelische Seelsorge in der Bundeswehr im Bereich der neuen Bundesländer vom 12. Juni 1996
  • Vertrag zwischen dem Land Brandenburg und den evangelischen Landeskirchen in Brandenburg vom 8. November 1996
  • Vertrag zwischen der Jüdischen Gemeinde in Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein über die Förderung jüdischen Lebens in Schleswig-Holstein vom 12. März 1998
  • Vertrag zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz vom 8. März 2000
  • Vertrag der Freien Hansestadt Bremen mit den Evangelischen Kirchen in Bremen vom 31. Oktober 2001
  • Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Zentralrat der Juden in Deutschland vom 27. Januar 2003
  • Vertrag zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche 29. November 2005
  • Vertrag des Landes Berlin mit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz vom 20. Februar 2006
  • Evangelischer Kirchenvertrag Baden-Württemberg vom 17. Oktober 2007 (mit den Evangelischen Landeskirchen in Baden und Württemberg; ersetzt den Vertrag des Freistaates Baden mit der Vereinigten Evangelisch-protestantischen Landeskirche Badens vom 14. November 1932 und – für Sigmaringen – den Vertrag des Freistaates Preußen mit den Evangelischen Landeskirchen vom 11. Mai 1931)

Konkordate in Österreich

Am 18. August 1855 schloss Kaiser Franz Joseph I. ein Konkordat mit Papst Pius IX., das der Kirche u. a. weitgehenden Einfluss auf Unterrichtswesen und Eherecht zubilligte, jedoch 1870 auf Initiative vom damaligen Minister für Kultus und Unterricht Karl von Stremayr gekündigt wurde[2] [3] (Maigesetze). Am 5. Juni 1933 schloss die österreichische Bundesregierung unter Bundeskanzler Engelbert Dollfuß mit Papst Pius XI. ein neues Konkordat, das erneut die Macht der katholischen Kirche in Österreich stärkte und diesem beim formellen Abschluss 1934 sogar teilweise Verfassungsrang zuerkannt wurde (Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhle und der Republik Österreich [samt Zusatzprotokoll], BGBl. II Nr. 2/1934). Seine Fortgeltung nach 1945 war zunächst umstritten, wurde jedoch von der Bundesregierung 1957 anerkannt, sodass es formell noch heute in Kraft ist. Durch nachfolgende Teilkonkordate (1960 und 1962) wurden jedoch wesentliche Bestimmungen abgeändert,[4] in Bezug auf die Zivilehe[5] und die Verstaatlichung des Religionsfonds. Dass das Konkordat als ganzes Teil der österreichischen Verfassung sei, wird von Richard Potz als „weitverbreiteter Irrtum“ bezeichnet.[5][6] Als völkerrechtlicher Vertrag mit dem Heiligen Stuhl als Völkerrechtssubjekt hat es aber eine Ausnahmestellung.

Das weitere österreichische Konkordatsrecht ist davon geprägt, dass die staatliche Anerkennung mit der Errichtungen von nationalen Vertretungen als Körperschaft des öffentlichen Rechts einhergeht (heute ist auch die katholische Kirche durch eine nationale Institution, die Österreichische Bischofskonferenz vertreten, nicht einen direkten Repräsentanten des Heiligen Stuhls; 1983). Deren Basis ist staatlicherseits ein Gesetz (Protestantengesetz 1867/1961,[6] , Israelitengesetz 1890/2012, Islamgesetz 1912, Orthodoxengesetz 1967, Orientalisch-orthodoxes Kirchengesetz 2003) oder eine ministerielle Verordnung, seitens der Religionsgemeinschaft ein vom Staat zur Kenntnis genommenes Statut. Die anderen Religionen sind allenfalls als Verein organisiert und damit Rechtsperson (seit 2002). Dadurch ergeben sich dann eine Fülle teils öffentlich-rechtlicher, teils privatrechtlicher Verträge zu einzelnen Fragen zwischen der Republik und anderen staatlichen Institutionen einerseits und den Glaubensgemeinschaften andererseits.

Da in Österreich strenge Trennung von Kirche und Staat, private (in Prinzip seit 1781) wie öffentliche (1919, 1958) Glaubensfreiheit und volles Selbstbestimmungsrecht in Glaubensangelegenheiten (sofern sie im Rahmen des gesetz- und gebotsmäßigen bleiben) herrscht, beziehen sich Verträge mit Kirchen und Religionsgesellschaften – abgesehen von wirtschaftlichen Angelegenheiten – nur auf öffentlich-rechtliche Angelegenheiten wie Religionsunterricht, Subventionierung für Wohltätigkeit, Vertretung in öffentlich-rechtlichen Medien und Ähnliches.

Siehe auch: Differenzierung der Rechte zwischen anerkannten und nicht anerkannten Religionsgemeinschaften

Staatskirchenverträge in Frankreich

In Frankreich schloss 1516 König Franz I. (1515–1547) mit Papst Leo X. das Konkordat von Bologna. Damit wurde beschlossen, dass Frankreich die geistliche Oberhoheit der römischen Kirche über die französische Kirche anerkannte. Im Gegenzug wurde der Staat berechtigt, Prälaten zu ernennen. Dieses Konkordat begründet eine lange Tradition der Verbindung von französischer Krone und dem Papsttum (Gallikanismus). Eine andere Konsequenz dieses Konkordats war die Einstufung der Reformation (lutherische Lehre) als staatsgefährdend und damit der Beginn der Hugenottenverfolgung in Frankreich.

Mit dem Konkordat von 1801 beendete Napoleon den geistlich-weltlichen Kampf des revolutionären Frankreichs mit der katholischen Kirche in seinem Sinne und wurde auf der Seite des Heiligen Stuhls von Papst Pius VII. unterzeichnet.

Kritik

Gegen den Abschluss von Staatskirchenverträgen wird eingewandt, sie hätten ein undemokratisches Element, weil sie nur im beidseitigen Einvernehmen kündbar sind. Dies bedeutet, dass nach einer Parlamentswahl und der Neubildung einer Regierung ein vorher geschlossener Vertrag nur unter Bruch des Rechts aufgehoben werden kann. Schließt etwa eine christlich-konservative Regierung ein Konkordat mit dem Heiligen Stuhl, kann eine folgende sozialdemokratische, sozialistische oder liberale Regierung dieses nicht kündigen. Diese Kritik betrifft aber im Grundsatz alle Verträge, die immer auch Nachfolgeregierungen binden.

Ein zweiter Kritikpunkt betrifft die eingeschränkte Mitwirkung des Parlaments, das einem ausgehandelten Staatskirchenvertrag wie bei (anderen) völkerrechtlichen Verträgen nur im Ganzen zustimmen oder ihn insgesamt ablehnen, aber seinen Inhalt nicht mitgestalten könne.[7][8]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kirchliche Vertragspartner waren die Landeskirchen Altpreußische Union, Frankfurt/Main, Hannover (lutherisch), Hannover (reformiert), Hessen-Kassel, Nassau, Schleswig-Holstein sowie Waldeck und Pyrmont.
  2. Christine Mann: Zwischen Tradition und Moderne. Der Güntherianer Vinzenz A. Knauer (1828–1894) auf der Suche nach Wahrheit in Freiheit. Peter Lang, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-631-60129-7, S. 197.
  3. Gertrud Elisabeth Zündel: „Karl von Stremayr“. Ungedruckte Dissertation, Wien 1944, S. 59.
  4. Kora Waibel: Kündbarkeit des österreichischen Konkordats. Über Möglichkeiten und Folgen einer Abschaffung des Vertrags zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl vom 5. Juni 1933. Dissertation Universität Wien (PDF, othes.univie.ac.at; 722 kB).
  5. 5,0 5,1 Konkordat – Vertrag von Staat und Kirche, Artikel auf der Website von Ö1, 29. März 2013.
  6. 6,0 6,1 Die explizite Anerkennung der Evangelischen Kirche A. u. H. B. (der § 1 Protestantengesetz 1961) wurde aber in den 1960ern als Gleichstellungsmaßnahme in Verfassungsrang gesetzt.
  7. Gerhard Czermak: Rechtsnatur und Legitimation der Verträge zwischen Staat und Religionsgemeinschaften (Memento vom 10. Februar 2012 im Internet Archive), in: Der Staat 39, Duncker & Humblot, Berlin 2000, S. 69–85 (abgedruckt auf der Website des bfg Bayern K.d.ö.R.).
  8. Kora Waibel: Abschaffung trägt wenig zur Trennung von Kirche und Staat bei, DerStandard.at, 5. November 2010; Dissertation zur Kündbarkeit des österreichischen Konkordats, Dissertation, Universität Wien 2008, othes.univie.ac.at, abgerufen am 21. März 2011.
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