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Kameradschaft

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Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Begriff an sich, für andere Bedeutungen siehe Kameradschaft (Begriffsklärung).

Kameradschaft (aus italienisch camerata, „Kammergemeinschaft“) bezeichnet eine zwischenmenschliche Beziehung ohne sexuelle Ansprüche im Sinne einer Solidarität innerhalb einer Gruppe, früher vorwiegend unter männlichen Personen, heute allgemein.

Der Ausdruck wurde in Deutschland bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts in vielen Zusammenhängen verwendet: Klassen-, Sport-, Vereins- und Schulkameradschaft, auch als Bezeichnung für die jeweilige Gruppe. So wird seit altersher im Bergsteigen von Bergkamerad oder bei Expeditionen von Expeditionskamerad gesprochen; das schließt damit gegenseitige Hilfsbereitschaft unter den Bedingungen der Naturgefahren im Gebirge oder während einer Expedition ein. Auch die KZ-Häftlinge im Nationalsozialismus redeten einander mit „Kamerad“ an.

Kameradschaft als soldatische Pflicht

Besondere Bedeutung hat die Kameradschaft in der soldatischen Gemeinschaft. Insbesondere bedeutet dies die Pflicht jedes Soldaten, seinem Kameraden unter allen Umständen – auch unter Lebensgefahr – beizustehen. Das besondere an der soldatischen Kameradschaft ist, dass sie nicht an persönliche Verbundenheit im Sinne von Freundschaft, Kumpanei o. ä. gebunden ist, sondern von jedem Soldaten als Dienstpflicht gefordert wird. Dies ergibt sich aus § 12 Soldatengesetz (SG). Ihre Regelungsbedürftigkeit ergibt sich daraus, dass sie sozial in einem Spannungsverhältnis zu einer anderen soldatischen Pflicht stehen kann, der des „Gehorsams“. Die Kameradschaft verpflichtet alle Soldaten, die Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten und ihm in Not und Gefahr beizustehen. Die Pflicht zur Kameradschaft schließt gegenseitige Anerkennung, Rücksicht und Achtung fremder Anschauungen ein. Kameraden mit entsprechenden Rechten und Pflichten können nur Soldaten im Sinne des Soldatengesetzes sein.

„Kameradschaft ist nicht etwas, was sich der Soldat aussuchen kann – sie ist dem Soldaten befohlen. Sie vollzieht sich nicht nur horizontal sondern auch vertikal – nicht nur von unten nach oben, sondern auch von oben nach unten.“

Immo von Schnurbein KzS a.D. Kdt Gorch Fock

In der Kameradschaft steht der Stärkere dem Schwächeren bei bzw. hilft derjenige, der mehr weiß, demjenigen, der Hilfe benötigt.

Kameradschaft als soldatische Tugend

Abgesehen davon, dass Soldaten zu Kameradschaft „verpflichtet“ werden oder es ihnen „befohlen“ wird, ist sie ursprünglich eine soldatische Tugend. Und eine Tugend ist grundsätzlich die Fähigkeit, das Gute mit innerer Neigung zu tun. Kameradschaft kann also nicht erzeugt werden, sondern entsteht im gemeinsamen Einsatz für ein gemeinsames Ziel.

Das vermutlich wichtigste gemeinsame Ziel der Kameradschaft lässt sich in Abgrenzung zu ähnlichen Begriffen wie Loyalität, Solidarität, Freundschaft oder Kollegialität erkennen; denn im Gegensatz zu diesen ist der Kameradschaft die Lebensgefahr zugehörig. Das wichtigste gemeinsame Ziel dürfte also das pure Überleben sein. Neben dem Risiko, durch Waffengewalt zu sterben, sind es vor allem existenzbedrohende Entbehrungen und auch Angst, die Soldaten im Kriegsszenario zusammenschweißen. Selbstlosigkeit und bedingslose Hilfsbereitschaft innerhalb der Kerngemeinschaft erhöhen die Überlebenswahrscheinlichkeit aller ihrer Angehörigen. Daraus leitet sich folgende Definition ab: „Kameradschaft ist die Tugend, aufgrund der seelischen Verbundenheit innerhalb einer zielgerichteten Schicksalsgemeinschaft, auch unter Lebensgefahr unterschiedslos nächstenliebend zu wirken.“[1]

In einer alten Version der Zentralen Dienstvorschrift der Bundeswehr heißt es, dass gegenseitiges Verständnis, guter Wille und Hilfsbereitschaft eine Kameradschaft entstehen ließen, die auch größeren Belastungen standhalte. „Die soldatischen Tugenden entwickeln sich in den kleinen Gemeinschaften der Truppe. Dort entsteht die Kameradschaft; sie zeigt sich im Einsatz füreinander, besonders in Mühe und Gefahr. Sie soll Vorgesetzte und Untergebene in allen Lagen fest verbinden. […] [sie gibt] Zuversicht und Halt. Wer mehr zu leisten vermag, muss dem weniger Erfahrenen und Schwächeren helfen. Falscher Ehrgeiz, Selbstsucht und Unaufrichtigkeit zerstören die Kameradschaft.“[2]

Feuerwehren und Technisches Hilfswerk

Der Begriff der Kameradschaft findet ebenfalls bei Feuerwehr und Technischem Hilfswerk Verwendung. So fordert der 6. Leitsatz des THW von den Helfern ebenjene.

Sonstiges

Die „Reservistenkameradschaft“ ist die kleinste Organisationseinheit des Reservistenverbandes.

Die „Überwindung der geschlechtlichen Eifersucht zur Männerkameradschaft in der Begründung beständiger Gesellschaft“ ist nach Karl Jaspers eine der frühen Eigenschaften, durch die der Mensch sich von der Tierwelt abhob.[3]

Negativ behaftete Verwendungen

Grundsätzlich ist Kameradschaft ein positiv gewerteter Begriff. Es gibt indes auch mehr oder weniger negativ bewertete Verwendungen:

Siehe auch

Literatur

  • Werner Sorg: Das Wesen der Kameradschaft. Wiener Neustadt 2004 (http://www.igs7.com/uploads/Publikationen/SORG-KAMERADSCHAFT.pdf)
  • Thomas Kühne: Kameradschaft. Die Soldaten des nationalsozialistischen Krieges und das 20. Jahrhundert. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006, ISBN 3-525-35154-2 (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 173), (Zugleich: Bielefeld, Univ., Habil.-Schr., 2003).
  • Susanne zur Nieden (Hrsg.): Homosexualität und Staatsräson. Männlichkeit, Homophobie und Politik in Deutschland 1900–1945. Campus-Verlag, Frankfurt am Main u. a. 2005, ISBN 3-593-37749-7 (Reihe „Geschichte und Geschlechter“ 46).
  • Jürgen Reulecke: „Ich möchte einer werden so wie die ...“ Männerbünde im 20. Jahrhundert. Campus-Verlag, Frankfurt am Main u. a. 2001, ISBN 3-593-36727-0 (Reihe „Geschichte und Geschlechter“ 34).
  • Thomas Kühne: Gruppenkohäsion und Kameradschaftsmythos in der Wehrmacht. In: Rolf-Dieter Müller, Hans-Erich Volkmann (Hrsg.): Die Wehrmacht. Mythos und Realität. Oldenbourg Verlag, München 1999, ISBN 3-48656-383-1, S. 534–550.

Einzelnachweise

  1. Werner Sorg: Das Wesen der Kameradschaft. Wiener Neustadt 2004, S. 65.
  2. Zentrale Dienstvorschrift der Bundeswehr 10/1, Ziffer 704.
  3. Karl Jaspers: Die geistige Situation der Zeit. 9. Abdr. der 1932 bearb. 5. Auflage. de Gruyter, Berlin/New York 1999, ISBN 3-11-016391-8, S. 17.
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