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Harki

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Dieser Artikel behandelt profranzösische Algerier. Für den gleichnamigen kurdischen Stamm siehe Harki (Volksstamm).
Ein Harki, 1961
Ein Harki, Veteran des Zweiten Weltkrieges, 1961

Harki, von arabisch حركة, DMG ḥaraka(t) ‚Bewegung‘, bezeichnet einen Gehilfen der französischen Armee, der während des Algerienkrieges 1954–1962 diente. Weiterhin werden oft alle algerischen Muslime so genannt, die sich zur Französischen Republik bekannten und nicht für die Unabhängigkeit Algeriens eintraten.

Hintergrund

Nach der Besetzung Algeriens durch Frankreich stellt die französische Armee 2.000 Mann als Hilfstruppen auf, die vorher der osmanischen Herrschaft gedient hatten. Mitte des 19. Jahrhunderts hatte jede der drei Provinzen ein eigenes Schützenregiment (Régiment des Tirailleurs). 1912 führte die französische Regierung für die Einheimischen die Wehrpflicht ein. Infolgedessen nahmen rund 90.000 Algerier als Soldaten am Ersten Weltkrieg teil. Im Zweiten Weltkrieg dienten mehr als 66.000 Algerier in den französischen Streitkräften. Der Kern der Einheiten bestand aus Rekruten, in deren Familien der Armeedienst schon seit mehreren Generationen üblich war.[1]

Geschichte

Bereits 1952 gründete der Ethnologe Jean Servier, der im Auftrag der Kolonialverwaltung arbeitete, eine Haraka (in der französischen Literatur Harka) im Sinne einer Bürgerwehr mit dem Ziel, einen loyalistischen Stamm in einem Stammeskonflikt zu unterstützen. 1955 stellten die Speziellen Administrationseinheiten der Armee, die zivilen Aufbau und den Kontakt mit der Bevölkerung fördern sollten, zu ihrem eigenen Schutz pro Einheit ein Maghzen Hilfstruppen auf. Bei rund 40 solcher Einheiten hatten diese als Moghaznis bekannten Kämpfer eine Gesamtstärke von rund 1.200 Mann. 1959 umfassten diese Hilfstruppen 28.000 Mann. 1956 verkündete ein Befehl von General Henri Lorillot die Aufstellung von Harkas auf Korpsebene. Den Harkis war eine Aufklärungsrolle zum Aufspüren der Guerillas der FLN (Nationalen Befreiungsfront) zugedacht. Die Zerschlagung der gegnerischen Verbände sollten französische Truppen übernehmen. Harkis erhielten nur ein geringes Handgeld sowie Kost und Logis. Im Gefecht erlittene Verwundungen wurden nach französischem Recht wie zivile Arbeitsunfälle behandelt.[2] Bei Kriegsende 1962 gab es rund 45.000 Harkis, 60.000 Wehrdienstleistende und 20.000 Berufssoldaten in der französischen Armee, 60.000 Mitglieder örtlich gebundener Milizen. Darüber hinaus gab es neben dem Militärapparat noch rund 50.000 Staatsangestellte.[3]

Nach der Unabhängigkeit kam es zu zahlreichen gewalttätigen Übergriffen der FLN und von Sympathisanten der Unabhängigkeitsbewegung. Stellenweise wurde die Rache an den als Kollaborateuren wahrgenommenen Algeriern benutzt, um die eigene Loyalität zu beweisen und Nähe zum neuen Regime zu demonstrieren. Zahlen darüber liegen kaum vor. Im Arrondissement Akbou nahe Sétif wurden auf 100.000 Einwohner rund 2.000 Menschen als Kollaborateure getötet. Schätzungen gehen von rund 6.000 bis 10.000 Todesopfern unter den Harkis für die Gesamtzeit des Krieges und die Gewalt nach der Unabhängigkeit aus. Der Vertrag von Evian sah keine Regelung bezüglich der ehemaligen Soldaten der Kolonialmacht vor. Charles de Gaulle lehnte die Aufnahme der Harkis jedoch kategorisch ab. Bedenken von Seiten des Militärs und seines Verteidigungsministers Pierre Messmer wies de Gaulle zurück. Gegen die von ihm erlassenen Gesetze organisierten aktive und ehemalige Militärangehörige ein Netzwerk, mit dem nach Schätzungen rund 100.000–260.000 Menschen nach Frankreich emigrierten.

Die ehemaligen Kämpfer und ihre Familien wurden zumeist in Militärlagern und ehemaligen Internierungslagern aus der Vichyzeit untergebracht. Es dauerte bis in die 1970er Jahre, bis die letzten Flüchtlinge aus den Lagern in normale Wohnungen umgesiedelt wurden. Die Mehrheit, die zumeist aus der Schicht der illiteraten Landbevölkerung stammte, lebte in Frankreich ein Leben in sozialer Segregation.[4][5][6]

Den 25. September 2001 erklärte der Staatschef Jacques Chirac als den Tag der Nationalen Anerkennung der Harkis.[7] Am 5. Dezember 2007 empfing Präsident Nicolas Sarkozy die Vertreter der Harkis im Élysée-Palast. Er sagte Bemühungen zu, die Harki besser in die Gesellschaft Frankreichs zu integrieren. Eine offizielle Entschuldigung für die damaligen Gräueltaten, wie er selbst im Rahmen seines Wahlkampfs zur Präsidentschaftskandidat am 31. März 2007[8] zugesagt hatte, blieb jedoch aus.

2016 gestand Präsident François Hollande „die Verantwortung des französischen Staates“ für die Massaker an den Harkis ein, ebenso „die inhumanen Aufnahmebedingungen“.[9]

Weblinks

 Commons: Harkis – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Mohand Hamoumou, Abderahman Moumen: L’Histoire des Harkis et Français Musulmans : la fin d’un tabou? In: Mohammed Harbi, Benjamin Stora (Hrsg.): La guerre d’Algérie, 1954–2004. La fin de l’amnésie. Robert Laffont, Paris 2004, ISBN 2-221-10024-7, S. 458 f.
  2. Mohand Hamoumou, Abderahman Moumen: L’Histoire des Harkis et Français Musulmans : la fin d’un tabou? In: Mohammed Harbi, Benjamin Stora (Hrsg.): La guerre d’Algérie, 1954–2004. La fin de l’amnésie. Robert Laffont, Paris 2004, S. 462 f.
  3. Martin Evans: Algeria: France’s undeclared War. Oxford University Press, Oxford 2012, ISBN 978-0-19-280350-4, S. 325.
  4. Martin Evans: Algeria: France’s undeclared War. Oxford University Press, Oxford 2012, S. 327 f, S. 351.
  5. Martin Shipway: Decolonization and its Impact. A Comparative Approach to the End of the Colonial Empires. Blackwell, Oxford 2008, S. 217 f.
  6. Guy Pervillé: La Guerre d’Algérie : combien des morts? In: Mohammed Harbi, Benjamin Stora (Hrsg.): La guerre d’Algérie, 1954–2004. La fin de l’amnésie. Robert Laffont, Paris 2004, S. 713.
  7. "Chirac hails Algerians who fought for France", in: The Telegraph, 26. September 2001.
  8. Zeitung Le Monde vom 31. März 2007 und der discours du 31 mars 2007 de Nicolas Sarkozy, Candidat à la Présidence de la République à im Rahmen eines Treffens mit Repräsentanten der Gemeinschaft der Harki in Paris, Samstag 31 März 2007.
  9. Michaela Wiegel: Harkis als Opfer anerkannt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26. September 2016, S. 4.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Harki aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.