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Großdeutscher Rundfunk
Großdeutscher Rundfunk war vom 1. Januar 1939 bis 1945 die Bezeichnung für das nationalsozialistische, einheitliche Hörfunkprogramm des Deutschen Reichs.
Geschichte
Vorgeschichte
Der Großdeutsche Rundfunk hat seine Vorgeschichte in der Rundfunkpolitik der Weimarer Republik. Neun regionale Rundfunkgesellschaften, die sich ab Ende 1923 geografisch von München über Frankfurt am Main und Leipzig bis nach Breslau und Königsberg erstreckten[1], wurden ab dem 15. Mai 1925 in einer Reichs-Rundfunk-Gesellschaft (RRG) zusammengeschlossen.
Bereits zuvor hatte die Deutsche Reichspost 1923 ihre Kompetenzen auf eine Reichstelegraphenverwaltung[2] sowie eine DRADAG AG (Drahtlose Dienste AG)[3] übertragen. Innerhalb der RRG übernahm die DRADAG 1926 die Aktienmehrheit. Die Interessen der Deutschen Reichspost vertrat dabei Hans Bredow. Geschäftsführer der RRG waren Kurt Magnus und Heinrich Giesecke.
Aufgrund der „Zweiten Weimarer Rundfunkordnung“ von Juli 1932, welche die erste Rundfunkordnung von 1925/1926 ablöste, wurden die Gesellschaftsanteile der neun regionalen Rundfunkgesellschaften
- Funk-Stunde AG, Berlin: seit 29. Oktober 1923 als „Deutsche Stunde, Gesellschaft für drahtlose Belehrung und Unterhaltung mbH“ (später als „Radio-Stunde AG“, ab 1924 unter „Funk-Stunde AG“ im Handelsregister eingetragen).
- Schlesische Funkstunde AG (SFAG), Breslau: seit 26. Mai 1924
- Südwestdeutsche Rundfunkdienst AG (SÜWRAG)[4], Frankfurt am Main: seit 31. März 1924
- Nordische Rundfunk AG (NORAG), Hamburg: seit 2. Mai 1924. – ab 30. November 1924 auch mit Sender in Bremen.
- Westdeutsche Funkstunde AG (WEFAG), Münster: seit 10. Oktober 1924 (1. Januar 1927 Umzug nach Köln und Umbenennung in Westdeutsche Rundfunk AG (WERAG))
- Ostmarken Rundfunk AG (ORAG), Königsberg: seit 14. Juni 1924. – ab 20. September 1926 auch mit Sender in Danzig.
- Mitteldeutsche Rundfunk AG (MIRAG), Leipzig: seit 2. März 1924
- Deutsche Stunde in Bayern GmbH, München: seit 30. März 1924 (1. Januar 1931 in „Bayerischer Rundfunk GmbH“ umbenannt und danach der RRG beigetreten)
- Süddeutsche Rundfunk AG (SÜRAG), Stuttgart: seit 11. Mai 1924
noch zu Zeiten der Weimarer Republik zentralisiert und verstaatlicht. Nach der Machtübernahme der NSDAP 1933 war der Rundfunk weiterhin Angelegenheit des Staates. Die Nationalsozialisten sahen in ihm frühzeitig ein zentrales politisches Propagandainstrument und unterstellten den Rundfunk daher dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda unter Joseph Goebbels. Zum Direktor der RRG wurde Mitte 1933 der bisherige Sendeleiter des Deutschlandsenders, Eugen Hadamovsky, ernannt, der von Goebbels gleichzeitig auch zum Reichssendeleiter bestellt wurde. Im November 1934 begann der „Reichs-Rundfunk-Prozess“, ein vom neuen NS-Reichssendeleiter Eugen Hadamovsky initiierter 86-tägiger Schauprozess gegen einige der Spitzen des „Systemrundfunks“.
Die Struktur des Rundfunkwesens wurde umgewandelt. War die RGG bis dahin ein Zusammenschluss rechtlich selbständiger Rundfunkgesellschaften, so wurden diese nun aufgelöst und der Reichsrundfunkkammer unterstellt. Gleichzeitig wurden deren bisherigen Namen ab dem 1. April 1933 nach dem Schema Reichssender (Sitz) vereinheitlicht. Nach dem „Anschluss“ Österreichs kamen 1938 der Reichssender Wien und nach Errichtung des Protektorats 1939 der Reichssender Böhmen hinzu.
1939 bis 1945
Auf Veranlassung von Joseph Goebbels wurde zum 1. Januar 1939 für den Reichsrundfunk die Bezeichnung Großdeutscher Rundfunk eingeführt. Mit Kriegsbeginn ging der Goebbels-Vertraute und neu ernannte Leiter der Rundfunkabteilung des Propagandaministeriums, Alfred-Ingemar Berndt, daran, die Rundfunklandschaft den Erfordernissen der Kriegsführung anzupassen. Ein Großteil des journalistischen und technischen Personals wurde in die Propagandakompanien der Wehrmacht eingezogen, die Sendepläne wurden ausgedünnt, Programme zusammengelegt und ab Juni 1940 nur noch zwei Vollprogramme mit regionalen Fenstern für das gesamte Reichsgebiet gesendet.
Das Reichsprogramm wurde über alle Reichssender und ihre Nebensender übertragen. Am Vormittag gab es für ein bis zwei Stunden lokale Eigenprogramme. Etwa ab Mitternacht bis zum Sendebeginn um 5.00 oder 6.00 Uhr morgens war eine Sendepause. Diese wurde durch das Programm des Deutschlandsenders ausgefüllt, der mittags um 12.30 Uhr mit seinen Sendungen begann, die nach den Frühnachrichten endeten. Da die Rundfunksender bei der Annäherung feindlicher Flugzeuge ihre Übertragung einstellten, übernahmen in mehreren Landesteilen die lokalen Drahtfunksender das Rundfunkprogramm, so konnte zum Beispiel im Gau Hessen-Nassau auf einer Frequenz das Reichsprogramm, auf der anderen das Programm des Deutschlandsenders empfangen werden. Bei unmittelbarer Luftgefahr wurden nur Luftlagemeldungen gesendet. In anderen Teilen des Reiches, etwa in Nordbayern, benutzte der Sender des Luftgau-Kommandos Nürnberg bei Luftgefahr die Frequenz des abgeschalteten Nebensenders Nürnberg, um über die Zielrichtung der Bombergeschwader zu berichten.
Mit dem Vormarsch der alliierten Truppen von Ost und West gegen Ende des Zweiten Weltkrieges im Frühjahr 1945 beendete ein Reichssender nach dem anderen seine Tätigkeit. Als letzter Sender des Großdeutschen Rundfunks war der zum Reichssender aufgewertete Nebensender Flensburg zu hören.
Danach richteten die Besatzungsmächte neue Rundfunkstationen in ihrer Besatzungszone ein. Bis diese in Aktion traten, versorgte Radio Luxemburg auf Langwelle die deutsche Bevölkerung, vor allem in Westdeutschland, mit Nachrichten.
Liste der Sender des Großdeutschen Rundfunks
(Stand: Dezember 1940; Quelle: Volks-Brockhaus, Leipzig 1941)
- Reichssender Berlin (MW 841 kHz, 100 kW-Sendeanlage in Tegel),
- Reichssender Breslau (MW 950 kHz, 100 kW-Sendeanlage in Rothbach) mit den Nebensendern Gleiwitz, Görlitz (Sendeanlage in Reichenbach), Troppau (Sendeanlage in Schönbrunn) sowie Kattowitz (alle 1231 kHz),
- Reichssender Danzig (MW 986 kHz, 24 kW-Sendeanlage in Thorn, als „Danzig I“ bekannt) mit den Nebensendern Danzig II (Stadt[5] 1303 kHz) und Danzig III (Glettkau 1429 kHz),
- Reichssender Frankfurt (Main) (MW 1195 kHz, 25 kW-Sendeanlage in Heiligenstock) mit den Nebensendern Kassel, Koblenz und Trier (alle 1195 kHz),
- Reichssender Hamburg (MW 904 kHz, 100 kW) mit den Nebensendern Flensburg, Hannover, Magdeburg, Stettin, Stolp, und „Unterweser“ bzw. „Bremen“[6] (alle 1330 kHz),
- Reichssender Köln (MW 658 kHz, 100 kW-Sendeanlage in Langenberg),
- Reichssender Königsberg (MW 1031 kHz, 100 kW-Sendeanlage in Heilsberg, als "Königsberg I" bekannt) mit dem Nebensender Königsberg II (1348 kHz) und Memel (1285 kHz, 10 kW)[7],
- Reichssender Leipzig (MW 785 kHz, 120 kW-Sendeanlage in Wiederau) mit zwei Nebensendern in Dresden (1465 und 1285 kHz),
- Reichssender München (MW 740 kHz, 100 kW-Sendeanlage in Ismaning) mit den Nebensendern Bayreuth, Augsburg, Nürnberg, Innsbruck und Salzburg (5 kW) (alle 519 kHz),
- Reichssender Stuttgart (MW 574 kHz, 100 kW-Sendeanlage in Mühlacker) mit den Nebensendern Bregenz/Dornbirn und Freiburg (MW alle 1294 kHz, 5 kW),
- Reichssender Saarbrücken (MW 1249 kHz, 17 kW-Sendeanlage in Heusweiler) mit dem Nebensender Kaiserslautern (1429 kHz),
- Reichssender Wien (MW 592 kHz, 120 kW-Sendeanlage auf dem Bisamberg) mit den Nebensendern Linz (MW 1267 kHz, 15 kW), Graz[8] (MW 1285 kHz, 15 kW) und Klagenfurt[9] (MW 1285 kHz, 5 kW)
- Reichssender Böhmen (MW 1113 kHz, 60 kW-Sendeanlage in Mělník, auch als „Prag II“ bekannt)
- Die Sender des Protektorats[10] Prag I (MW 638 kHz, 120 kW), Moldau, Brünn-Dobrochov (100 kW) und Mährisch-Ostrau wurden mit dem Reichssender Böhmen zusammengeschlossen zur Sendergruppe Böhmen-Mähren[11]
- Die Sender des Generalgouvernements Warschau I (LW 224 kHz, 120 kW) und Warschau II (MW 1384 kHz, 2 kW), Krakau (MW 1022 kHz, 10 kW), Litzmannstadt (MW 1339 kHz, 10 kW), Thorn, Posen (MW 868 kHz, 50 kW).
Nebensender mit gleichen Frequenzen[12] wurden als Gleichwellennetz geschaltet. Außerdem gab es noch weitere „Großsender“ im Verbund der „Deutschen Europa-Sender“ (DES) mit eigenem Programm sowie Kurzwellensender (mit fremdsprachlichen Sendungen). Im Deutschen Reich und den besetzten Gebieten standen Anfang 1943 107 Lang- und Mittelwellensender sowie 23 Kurzwellensender für Auslandssendungen in 53 Sprachen zur Verfügung.[13] Besonders bekannt wurden:
- Deutschland-Sender (LW 191 kHz, 60 kW in Königs Wusterhausen auf dem Funkerberg, LW 191 kHz, 150 kW-Sendeanlage als Deutschlandsender II in Zeesen, sowie Deutschlandsender III (LW 191 kHz, 500 kW-Sendeanlage in Herzberg), bekannt auch als „Radio Berlin“ in arabischer Sprache )
- Reichsrundfunk GmbH – Sendestelle Luxemburg (LW 232 kHz, 200 kW-Sendeanlage in Junglinster).[14]
- „Reichssender Bremen“ (MW 758 kHz, 100 kW-Sendeanlage in Osterloog (Norddeich) für Propagandazwecke, „Versuchssendeanlage N“)[15][16]
- „Sender Alpen“ (MW 886 kHz, 100 kW-Sendeanlage in Graz-Dobl für Propagandasendungen, „Versuchssendeanlage G“, „Großsender Graz“)[17]
Literatur
- Ansgar Diller: Rundfunkpolitik im Dritten Reich. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1980, (Rundfunk in Deutschland. Band 2), ISBN 3-423-03184-0.
Siehe auch
- Geschichte des Hörfunks
- Der von der SS inszenierte „Überfall“ auf den Reichssender Gleiwitz, August 1939
- Besetzung zweier Reichssender in den letzten Kriegstagen: Freiheitsaktion Bayern, April 1945
- Weihnachtsringsendung als ein Propagandabeispiel im NS-Rundfunk
Weblinks
- Umgestaltung der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft (DRA mit Audiodateien)
- Alte Frequenzlisten ab 1926
- Radiofrequenzen 1939 - Liste des Reichsministeriums für Propaganda
- Historie ostdeutscher Sender
Einzelnachweise
- ↑ [nach heutigen Maßstäben entsprachen diese Rundfunkgesellschaften „joint ventures“]
- ↑ Vom Kristalldetektor zum Superhet
- ↑ Erste Rundfunkordnung 1926
- ↑ Bis 1998 war auch die Abkürzung „SWR“ gebräuchlich, siehe Programmgeschichte des Hörfunks in der Weimarer Republik (1997), Bd. 2, S. 1249.
- ↑ Oberpostdirektion am Winterplatz
- ↑ „Sendestelle Bremen“ war dem Reichssender Hamburg unterstellt. Nach der Inbetriebnahme von Sender Osterloog wurde "Sendestelle Bremen" umbenannt in "Sendestelle Unterweser“.
- ↑ Sender Memel (PDF; 267 kB)
- ↑ Sender Graz-St. Peter
- ↑ Sender Klagenfurt
- ↑ Tschechischer Rundfunk
- ↑ Reichssender Böhmen
- ↑ Liste Deutsche Sender 1940 Liste der Reichssender 1941 Deutsche Senderliste 1943
- ↑ Internationale Rundfunkhistorie
- ↑ Langwellensender Luxemburg
- ↑ Bei Propagandasendungen vom „Reichssender Bremen“ („Germany Calling“) wurde Sender Norddeich von Berlin oder Hamburg angesteuert.
- ↑ Sender Osterloog
- ↑ Sender Graz-Dobl
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