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Fritz Gerlich

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Fritz Gerlich (1929)

Carl Albert Fritz Michael Gerlich (geb. 15. Februar 1883 in Stettin; gest. 30. Juni 1934 im KZ Dachau) war ein deutscher Journalist und Archivar. Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter des publizistischen Widerstands gegen Adolf Hitler und den Nationalsozialismus bis 1933.

Leben

Gerlich wuchs als ältester von vier Söhnen des Fischgroßhändlers und Kaufmanns Paul Gerlich in einem calvinistisch geprägten Elternhaus auf. Ab Herbst 1889 besuchte er das Marienstiftsgymnasium; vier Jahre später wechselte er in die Gymnasialstufe. 1901 empfing er sein Reifezeugnis. Am 9. Oktober 1920 heiratete er in München Sophie Botzenhart, geb. Stempfle (1883-1956)[1].

Ab 1902 studierte Gerlich Mathematik und Physik an der Universität Leipzig,[2] ab 1903 Geschichte und Anthropologie an der Universität München, wo er sich auch in der Freien Studentenschaft engagierte. 1907 promovierte er bei Karl Theodor von Heigel zum Dr. phil. Neben seiner Tätigkeit als Historiker im bayerischen Staatsarchivdienst publizierte er zahlreiche Artikel zu antisozialistischen und völkisch-deutschkonservativen Themen in den Süddeutschen Monatsheften, Die Wirklichkeit und den Historisch-politischen Blättern für das katholische Deutschland. 1917 gehörte er zum engeren Ausschuss des bayerischen Landesvereins der Deutschen Vaterlandspartei. Von 1920 bis 1928 war er Chefredakteur der Münchner Neuesten Nachrichten (MNN), einer Vorgängerzeitung der heutigen Süddeutschen Zeitung. Gerlich schied am 1. Februar 1928 nach Auseinandersetzungen mit der Verlagsleitung bei den MNN aus.

1923, mit dem Hitlerputsch, wandelte sich Gerlich von einem eher national-autoritär gesinnten Sympathisanten der nationalsozialistischen Bewegung zu einem engagierten Kritiker und Gegner Adolf Hitlers.

Die Ablehnung des Totalitarismus durch Fritz Gerlich gründete sich auf das Naturrecht als Menschenrecht. Zudem hatte Gerlich 1927 die Bekanntschaft von Therese Neumann, der Mystikerin von Konnersreuth, gemacht, die ihn zum Widerstand gegen die Hitler-Partei ermunterte. Ursprünglich wollte er den „Schwindel“ ihrer Wundmale entlarven, doch Gerlich kam als Bekehrter zurück und konvertierte 1931 zum römisch-katholischen Glauben. Seine Erfahrungen und das Ergebnis kritischen Forschens über Therese Neumann veröffentlichte er 1929 in zwei Bänden.

Im August 1929 ging Gerlich wieder ins Archiv und übernahm 1930 die Herausgabe der Zeitschrift Illustrierter Sonntag, die ab 1932 unter dem Titel Der gerade Weg erschien und sich konsequent gegen Hitler und die NSDAP wandte. Fritz Gerlich schrieb einmal: „Nationalsozialismus heißt: Lüge, Hass, Brudermord und grenzenlose Not.”[3]

Bis zum Schluss warnte Gerlich vor der Gefahr und den Folgen einer „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten und versuchte, sie zu verhindern. Er wurde am 9. März 1933 in den Redaktionsräumen des Geraden Wegs von einem SA-Trupp misshandelt und blieb fast 16 Monate in München in „Schutzhaft”. In der Nacht vom 30. Juni zum 1. Juli 1934 wurde er im Zusammenhang mit dem so genannten Röhm-Putsch von der Münchner Polizeidirektion ins KZ Dachau verlegt und dort zusammen mit dem Kampfbundführer Paul Röhrbein auf dem Schießstand des Lagers erschossen.

Rezeption

Löwe mit Gedenktafel für Fritz Gerlich an der Katholischen Akademie Bayern

Zum 75. Jahrestag der Ermordung feierte der Erzbischof von München und Freising, Reinhard Marx, einen Gedenkgottesdienst.[4] Seit dem 75. Jahr seiner Ermordung widmet Stattreisen München e. V. Fritz Gerlich und dessen Zeitung einen Stadtrundgang.[5]

Anlässlich des Jahrestages wurde die Ausstellung „Fritz Gerlich (1883–1934) – Als Journalist gegen Hitler“ neu konzipiert und als mobile Ausstellung von der katholischen Seelsorge an der KZ-Gedenkstätte Dachau produziert.

In dem TV-Film Hitler – Der Aufstieg des Bösen wird Gerlichs Leben ab 1919 bis zu seinem Tod in einer Nebenrolle dargestellt, gespielt von Matthew Modine.

In München erinnern heute mehrere Stätten an Fritz Gerlich: eine 1984 von Wolf Hirtreiter geschaffene Gedenktafel an seinem ehemaligen Wohnhaus in der Richard-Wagner-Straße 27, eine Bronzetafel am ehemaligen Verlagsgebäude der Süddeutschen Zeitung in der Hofstatt in der Altstadt, eine 1994 angebrachte Gedenktafel unter der Löwenfigur des ehemaligen Wittelsbacher Palais beim Gebäude der Katholischen Akademie in Bayern in der Mandlstraße 23, und die 1947 nach ihm benannte Gerlichstraße in Pasing-Obermenzing. [6] Nach Gerlich benannt sind auch Straßen in Landshut, Neusäss, Neuss, Pullach im Isartal und Regensburg.

Die von katholischen Bistümern getragene Filmbeteiligungsgesellschaft Tellux verleiht im Rahmen des Filmfest München den mit 10.000 Euro dotierten Fritz-Gerlich-Preis - den einzigen katholischen Filmpreis in Deutschland - für zeitgenössische Spiel- oder Dokumentarfilme, die in couragierter Weise ein öffentlich diskutiertes Thema aufgreifen, das sich mit Widerstand gegen Intoleranz und Diktatur, Machtmißbrauch, Verfolgung und Erniedrigung befasst.[7]

Schriften

  • Das Testament Heinrichs VI. Versuch einer Widerlegung, 1907. ND 1965
  • Geschichte und Theorie des Kapitalismus, 1913
  • Der Kommunismus als Lehre vom Tausendjährigen Reich, 1920
  • Die stigmatisierte Therese Neumann von Konnersreuth. 2 Bände, 1929
  • Der Kampf um die Glaubwürdigkeit der Therese Neumann, 1931
  • Prophetien wider das Dritte Reich. Aus den Schriften des Dr. Fritz Gerlich und des Paters Ingbert Naab O.F.M.Cap. Gesammelt von Dr. Johannes Steiner, 1946

Literatur

Weblinks

 Commons: Fritz Gerlich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Rudolf Morsey: Fritz Gerlich, publicist and prophet ‒ how did he resist the Nazis? Website der Stadt Bamberg (PDF; 50,45 KB)
  2. Helmut Moll (Hrsg.): Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts, 5. Auflage, Paderborn u. a. 2010, Band I S. 394−397.
  3. in Der gerade Weg vom 31. Juli 1932 (Digitalisat der Bayerischen Landesbibliothek)
  4. Erzbischof Reinhard Marx gedenkt des Journalisten Fritz Gerlich www.kathnews.de
  5. Stattreisen München e. V.: Der gerade Weg, Zugriff am 4. Oktober 2012
  6. Helga Pfoertner: Mit der Geschichte leben. Bd. 1, Literareron, München 2001, ISBN 3-89675-859-4, S. 143–148 (PDF; 1,1 MB)
  7. [1]
  8. FAZ vom 22. November 2010, Seite 8: In Ekstase gegen den Massenwahn
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