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Schulpflicht

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Ausflüge in die nähere Umgebung gehörten bereits im 19. Jahrhundert zum Lehrprogramm der "Volksschulen".

Als Schulpflicht bezeichnet man die gesetzliche Verpflichtung für Kinder, ab einem bestimmten Alter, für Jugendliche und Heranwachsende bis zu einem bestimmten Alter, eine Schule zu besuchen. Diese muss im Fall der Minderjährigkeit der Schulpflichtigen durch die Erziehungsberechtigten (meist die Eltern) umgesetzt werden.

In den meisten europäischen Ländern besteht keine Schulpflicht, sondern Unterrichtspflicht, oder Bildungspflicht, das heißt, die Vermittlung von Wissen ist für das Kind nicht an den Besuch einer Schule (Schulpflicht im eigentlichen Sinne) gebunden. Das Wie und Wo der Bildung steht frei und wird staatlich nicht vorgegeben.[1]

Geschichte

Das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken führte unter dem zum Calvinismus konvertierten Johann I. 1592 als erstes Territorium der Welt (und damit auch Deutschlands) die allgemeine Schulpflicht für Mädchen und Knaben ein.[2] In Norwegen entstand das Volksschulwesen durch eine Verordnung vom 23. Januar 1739, die jedoch zwei Jahre später modifiziert werden musste.[3]

Anfang des 20. Jahrhunderts galten Gesetze zur Schulpflicht für ganz Deutschland, Österreich-Ungarn und Skandinavien, Frankreich (seit 1882). In den Jahren des Nationalsozialismus wurde 1938 ein Reichsschulpflichtgesetz[4] erlassen. In England war die Regelung der Schulpflicht den einzelnen Gemeinden, in den USA den einzelnen Staaten vorbehalten. Das erste Land mit gesetzlich geregelter allgemeiner Schulpflicht war Liechtenstein.

Schulpflicht nach Ländern

Schulpflicht in Deutschland

Nach Anfängen im 16. Jahrhundert (Herzogtum Pfalz-Zweibrücken 1592, Straßburg 1598) wurde die Allgemeine Schulpflicht im 17. Jahrhundert in Sachsen-Gotha (1642), Braunschweig-Wolfenbüttel (1647) und Württemberg (1649) eingeführt. Im 18. Jahrhundert folgte Preußen (1717). Zuletzt führte Sachsen 1835 die allgemeine Schulpflicht ein, 1919 wurde sie in der Weimarer Verfassung einheitlich für ganz Deutschland festgeschrieben.[5]

Im deutschen Bildungssystem ist die Schulpflicht – aufgrund der Kulturhoheit der Länder – in den einzelnen Landesverfassungen geregelt.

Die Vollzeitschulpflicht dauert in der Regel bis zum Abschluss des 9. Schulbesuchsjahres, in einigen Bundesländern bis zum Abschluss des 10. Schulbesuchsjahres. Der Begriff Schulbesuchsjahr ist nicht mit der Jahrgangsstufe zu verwechseln. Übersprungene Klassen werden hingegen anerkannt, so dass die Vollzeitschulpflicht dennoch nach Klasse 9 bzw. 10 enden kann. Die Berufsschulpflicht beginnt nach Ablauf der Vollzeitschulpflicht.

Die Schulpflicht erstreckt sich im Wesentlichen auf drei Bereiche: Teilnahme, Anmeldung und Schulwahl.

Unterrichtspflicht in Österreich

In Österreich ist im Schulpflichtgesetz eine Unterrichtspflicht festgelegt, die auch außerhalb von Schulen abgeleistet werden kann. Die Unterrichtspflicht beginnt mit dem auf der Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September, dauert neun Schuljahre und gilt für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten.[6]

Die Unterrichtspflicht kann durch den Besuch einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule erfüllt werden (die öffentlichen Schultypen, die diese 9 Pflichtschuljahre abdecken, werden Pflichtschulen genannt)[7], sowie durch die Teilnahme an einem gleichwertigen Unterricht (in Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht, im häuslichen Unterricht oder in einer im Ausland gelegenen Schule). In Österreich kann ein Kind die Unterrichtspflicht durch die Teilnahme am häuslichen Unterricht erfüllen, falls dieser jenem an einer zur Erfüllung der Schulpflicht geeigneten Schule (Pflichtschule) gleichwertig ist. Voraussetzung ist wie bei Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht die Ablegung einer Externisten-Prüfung am Ende jedes Unterrichtsjahres vor einer staatlichen Kommission, welche zu prüfen hat, ob der Lehrplan erfüllt wurde. Aus diesem Grund wird die Schulpflicht in Österreich – wie in anderen Ländern, die solche Möglichkeiten zulassen – auch als Bildungs- oder Unterrichtspflicht bezeichnet.[1]

Die Unterrichtspflicht wurde bereits von Maria Theresia am 6. Dezember 1774 für Österreich und die unter habsburgischer Herrschaft stehenden Länder durch Unterzeichnung der „Allgemeine Schulordnung für die deutschen Normal-, Haupt und Trivialschulen in sämtlichen Kayserlichen Königlichen Erbländern“ generell eingeführt (Dauer damals: 6 Jahre). Mit Inkrafttreten des Reichsvolksschulgesetzes im Jahre 1869 wurde die Unterrichtspflicht von sechs auf acht Jahre ausgeweitet.

Außerdem gibt es eine zweite Form der Schulpflicht, diejenige im Rahmen der dualen Ausbildung Lehre/Berufsschule, die den begleitenden Schulbesuch verpflichtend macht. Diese Schulen heißen berufsbildende Pflichtschule, und die Schulpflicht erstreckt sich auf die – je nach Beruf – blockweisen Absolvierungen des Bildungsgangs bis zur Lehrabschlussprüfung.


Schulpflicht in anderen Ländern

In Schweden besteht regelmäßig Schulpflicht, Ausnahmen sind laut Gesetz möglich, werden aber nur sehr restriktiv erteilt.

In der Türkei wurde im Jahre 2012 die Schulpflicht bis zum Abschluss der 12. Klasse eingeführt (davor 8. Klasse).

In der Schweiz (bis auf 2 Kantone), Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Australien und den USA besteht anstatt der Schulpflicht eine Bildungspflicht oder Unterrichtspflicht, die statt durch Schulbesuch auch durch Hausunterricht oder Unschooling (selbständiges Lernen) erfüllt werden kann.

In Frankreich wurde am 28. März 1882 mit dem „loi Ferry“ (benannt nach Jules Ferry) eine Unterrichtspflicht ("obligation scolaire") für Kinder zwischen 6 und 13 eingeführt. Am 13. August 1936 wurde in Frankreich per Gesetz diese Pflicht um ein Jahr verlängert. Mittels Ordonnance du 6 janvier 1959 (Erlass vom 6. Januar 1959) wurde sie von Charles de Gaulle um weitere zwei Jahre verlängert. Der Erlass drohte die Kürzung von Familienbeihilfen an, falls diese Pflicht ignoriert werde. Die Verlängerung wurde inspiriert vom Plan Langevin-Wallon (Juni 1947) und vom Kongress der FEN im Jahr 1958.

Daten zur Bildungspflicht in allen Ländern der Welt sammelt und veröffentlicht die Unesco im Rahmen ihres Programms Education for All (EFA). Übersichtstabellen und Berichte zur Bildungspflicht und anderen Bildungsindikatoren im internationalen Vergleich können im Internet-Angebot der Unesco abgerufen werden (s. Weblinks).

Alternativen

Schulen in privater oder kirchlicher Trägerschaft bieten eine Alternative zur öffentlichen Schule. Einige der privaten Schulen (Schulen in freier Trägerschaft) setzen bewusst auf die Anwendung alternativer Unterrichtsprinzipien, wie die Waldorf- oder Montessoripädagogik. Die meisten Schulen in freier Trägerschaft erheben ein von den Eltern zu zahlendes Schulgeld, weil der Staat diese Schulen nur teilweise finanziert.

Außerhalb Deutschlands bietet die so genannte Bildungspflicht, die auch mit Hausunterricht („Homeschooling“, vgl. Ladenthin) oder dem Unschooling erfüllt werden kann, eine Alternative zur allgemeinen Schulpflicht: sie geht im positiven Sinne von einem vorhandenen Verantwortungsbewusstsein der Eltern und Erziehungsberechtigten aus.

International bekanntere Schulen, die eine Anwesenheitspflicht im Unterricht ablehnen, sind Summerhill, gegründet von dem Reformpädagogen A. S. Neill, in England und die Sudbury-Schulen (siehe auch Demokratische Schulen).

Siehe auch

Literatur

  • Hermann Avenarius, Hans Heckel, Hans-Christoph Loebel: Schulrechtskunde. Ein Handbuch für die Praxis, Rechtsprechung und Wissenschaft. 7. Aufl., Luchterhand, Neuwied 2006, ISBN 3-472-02175-6.
  • Volker Ladenthin, Homeschooling – Fragen und Antworten. Aufsätze und Interviews. Bonn 2010

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 In Übersetzungen von Darstellungen der Situation im Ausland der Bundesrepublik Deutschland (selbst solchen des Auswärtigen Amtes) ist jedoch häufig von „Schulpflicht“ die Rede, wenn eigentlich „Bildungspflicht“ gemeint ist. Auch die Behörden Österreichs verwenden die Begriffe Unterrichtspflicht und Schulpflicht meist synonym
  2. Vgl. Emil Sehling (Begr.): Die evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts, Band 18: Rheinland-Pfalz I. Mohr-Siebeck, Tübingen 2006, S. 406.
  3. Karl Adolf Schmid, Christian David Friedrich Palmer, Albert Friedrich von Hauber, Johann David Wildermuth, Wilhelm Schrader (Herausgeber): Encyklopädie des gesamten Erziehungs- und Unterrichtswesens, Band 8, Seite 794. Gotha 1870, abgefragt am 22. Januar 2012
  4. Reichsschulpflichtgesetz
  5. Artikel 145 ff der Weimarer Reichsverfassung
  6. Österr. Schulpflichtgesetz
  7. Bildungswesen in Österreich: Überblick, Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (bm:ukk)
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