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1875

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Ereignisse

  • 1875: Österreich-Ungarische Monarchie. Ab 1875 entstand auch in Österreich wie im deutschen Kaiserreich eine „christlich-soziale“ bzw. „völkische“ Bewegung. Hauptvertreter war der Konvertit ‚Karl von Vogelsang, Redakteur der Wiener konservativen Zeitung „Vaterland“. Er sah das Land „mit Juden überschwemmt“, „ … weil der liberale Umschwung, mit dem man uns beglückt, durch und durch von jüdischem Geiste durchdrungen ist … uns selbst hat der Judengeist angesteckt, in unseren Institutionen ist er incarniert, unsere ganze Lebensanschauung, unser Handel und Wandel ist davon durchzogen … Mit Sondergesetzen gegen Juden sei nichts gewonnen. Die Gesellschaft müsse sich wieder dem Christentum und der Ständegesellschaft zuwenden, dann werde sie die Juden „absorbieren“ und so die „Judenüberflutung“ beenden. Er distanzierte sich 1881 von plumper „Judenhetze“, wie sie damals im Berliner Antisemitismusstreit hervortrat. Aber auch er griff die „goldene Internationale“ des „Finanzjudentums“ an und polemisierte gegen die angebliche Weltherrschaft des Hauses Rothschild, gegen arme „Hausierjuden“ und russische „schachernde und wuchernde Talmudjuden“. Wie Vogelsang sahen Prinz Aloys von Liechtenstein und der Moraltheologe Franz Martin Schindler Antisemitismus als natürliche Reaktion auf den Kapitalismus dort, wo Juden angeblich sozial privilegiert seien. Offen rassistisch hetzte seit 1877 das Monatsblatt „Österreichischer Volksfreund“ unter Carl von Zerboni: Talmudjuden wollten die „regierende Race des Erdballs werden“ (Nr. 1), „Gegenwehr gegen die Verjudung“ sei nötig (Nr. 5). Ab Nr. 9 stand über jeder Ausgabe in Grossbuchstaben: „Kauft nur bei Christen!“ Ab 1882 wurde das Blatt Presseorgan der aus verschiedenen antisemitischen Handwerkervereinen hervorgehenden „Österreichischen Reformpartei“ unter dem Rechtsanwalt Robert Pattai. Er sah „Manchesterliberalismus“ und Judenemanzipation als identische Vorgänge und strebte dagegen einen „gesunden Staatssozialismus“ an: „Sollte es aber nicht gelingen, der Judenfrage durch diese notwendigen Reformen die Wurzel abzuschneiden und das natürliche Gleichgewicht wiederherzustellen, dann müssten eben die vielbegehrten Ausnahmegesetze gegen das Judentum notwendig werden“. Dies unterstützte Ludwig Psenner, seit 1884 neuer Herausgeber des „Volksfreunds“, den er bis 1897 führte. Er suchte wie Vogelsang in der Rückbesinnung auf „christliche Werte“ das Heilmittel gegen die „Verjudung“ der Kultur und Gesellschaft. Doch 1886 zerbrach die Reformpartei daran, dass ein radikaler Flügel unter Georg Ritter von Schönerer den grossdeutschen „Pangermanismus“ zum Programm erheben wollte. Daraufhin gründeten Psenner, Ernst Schneider und Adam Latschka einen Verein, aus dem 1887 die „Christlich-Soziale Partei“ (CSP) hervorging. Bei der Gründungsversammlung übertrafen sich die Redner, u. a. der Ungar Franz Komlossy und der Wiener Reichstagsabgeordnete Karl Lueger, gegenseitig in antisemitischen Hetzreden, die die etwa 1 000 Anwesenden mit stürmischem Beifall bedachten. Für Regionalwahlen bildete die CSP sofort eine antiliberale Koalition mit deutschnationalen und antisemitischen Gruppen, die „Vereinigten Christen“. Der Antisemitismus war das Bindeglied, auf das alle Beteiligten sich einigen konnten. Das Programm forderte einen Einwanderungsstop für Juden, ihren Ausschluss aus Staatsdienst, Justiz- und Arztberufen, Einzelhandel und das Ende gemeinsamen Schulunterrichts mit Nichtjuden. Im „Deutschen Volksblatt“ wurde das Ziel umrissen: „Radical antisemitisch, streng national und entschieden christlich-social rühren wir alle Tage die Werbetrommel für die grosse Armee der Judenfeinde …, um deren Vereinigung in einer einzigen grossen Volkspartei zu erreichen“. 1888 bei einer Kundgebung für Papst Leo XIII. errang Karl Lueger die Führungsrolle. Er forderte 1890 im Reichstag, die „Hauptursachen des christlichen Antisemitismus“ zu beseitigen: die „judenliberale Presse“, das „erdrückende Grosskapital“, das in jüdischer Hand sei, die „Unterdrückung der Christen durch die Juden“, das „Martyrium der Deutschen“ unter den jüdischen „Raubtieren in Menschengestalt“.
  • 1875: In Cincinnati wird das Hebrew Union College zur Ausbildung von Reformrabbinern gegründet; Dozenten u. a.: Is. M. Wise, K. Kohler, J. Morgenstern
  • Um 1875: Die Suarez waren eine Bankiersfamilie in Ägypten spanisch-jüdischen Ursprungs, sie hatten sich im 19. Jhdt. in Ägypten niedergelassen; um 1875 gründete Edouard Suarez gemeinsam mit seinen Brüdern Felix und Raphael die "Maison Suarez & Cie" (bestand unter wechselnden Gesellschaftsformen bis zur Nationalisierung 1956); 1895 trat Leon Suarez, Sohn von Felix Suarez, in die väterliche Firma ein; er folgte dem Vater nach dessen Tod 1906 als Direktor der ägyptischen Nationalbank
  • 1875: Ede Sebestyén geboren, ungarischer Jude, Journalist, veröffentlichte 1895 im „Pesti Hirlap“ eine Reportage über eine Russlandreise; seit 1900 an Nationalitätenfragen interessiert; Teilnehmer eines Treffens mit Herzl in Pest am 4.2.1900
  • Seit 1875: Niederlande. Im letzten Viertel des 19. Jhdt. starke Zuwanderung von Juden aus Osteuropa (1882: 82 000; 1899: 104 000)
  • 4.1.1875–29.3.1942: Siegmund Strauss, geb. in Znaim/Mähren, gest. in New York, Erfinder, langjähriger Mitarbeiter Robert von Liebens; seit 1940 in New York; er war im Ersten Weltkrieg österreichischer Rittmeister und Leiter der Fliegerfunk-Versuchsabteilung, seine Verdienste lagen auf dem Gebiet des Funkwesens und des Rundfunks, er gilt als Wegbereiter der Radiotechnik und erfand u. a. 1910 die Radio-Verstärkerröhre; weitere Arbeitsgebiete: Röhrensender, Röhrenmessgerät "Mekapion" für Röntgenaufnahmen, Kardiatron zur Beobachtung von Blutdruck, Atmung und Puls
  • 5.1.1875–29.12.1945: Monty Jacobs, Schriftsteller (Kritik, Essays) und Literarhistoriker, 1910-1934 Kritiker der "Vossischen Zeitung"
  • 8.1.1875–20.11.1945: Albin Oppenheim, Zahnmediziner in Wien und den USA
  • 10.1.1875–10.1.1941: Issai Schur, geb. in Mahiljou/Mogilyov, gest. in Tel Aviv, Mathematiker; mit 13 kam Schur nach Lettland und besuchte dort das Gymnasium; er studierte an der Universität Berlin und bekam sein Doktorat 1901; von 1911 bis 1916 hatte er eine Professur in Mathematik an der Universität von Bonn; 1916 ging er nach Berlin zurück, wo er 1919 eine ordentliche Professur erhielt; er behielt diese Stelle, bis er von den Nazis 1935 entlassen wurde; daraufhin bekam er Einladungungen aus den USA und England, lehnte sie jedoch ab, da er nicht verstehen konnte, dass ein Deutscher in Deutschland nicht willkommen sein soll; 1939 ging er nach Palästina und starb 1941
  • 12.1.1875–15.5.1939: Max Naumann, Rechtsanwalt und Notar in Berlin, führte den "Verband Nationaldeutscher Juden" seit seiner Gründung (1921; vgl.: 1921–1935)
  • 16.1.1875–8.10.1949: Leonor Michaelis, deutsch-US-amerikanischer Biochemiker und Mediziner
  • 21.1.1875-24.9.1964: Paul Kahle (Paul E. Kahle), geb. in Hohenstein (heute Polen), gest. in Bonn, nichtjüdischer Orientalist; in Ostpreussen geboren, studierte er ab 1894 in Marburg und Halle (Saale) Orientalistik und Theologie; Dr. phil. 1898, Dr. theol. 1902; er trat in den Kirchendienst ein und ging als Pfarrer erst nach Breila in Rumänien und dann nach Kairo, wo er bis 1908 blieb; 1909 habilitierte er sich in Halle für semitische Philologie und wurde 1918 als Ordinarius nach Giessen berufen; 1923 folgte er einem Ruf an die Bonner Universität, wo er das Orientalische Seminar ausbaute und um eine chinesische sowie eine japanische Abteilung erweiterte; nachdem seine Frau Marie Kahle und sein Sohn jüdischen Geschäftsleuten nach der Reichspogromnacht geholfen hatten, ihr Geschäft aufzuräumen, wurde der Druck durch die Nazis immer stärker; Paul Kahle durfte die Universität nicht mehr betreten und wurde suspendiert; 1939 musste er mit seiner Familie nach England emigrieren, nach dem Krieg kehrte er nach Bonn zurück und wirkte als Professor emeritus; 1963 zog er nach Düsseldorf, er starb in Bonn nach einem Unfall an einem Gehirnschlag; Kahle hatte sich schon in seinen beiden Hallenser Promotionsschriften mit dem Thema beschäftigt, das ihn sein gesamtes Leben lang begleiten und bis heute seinen Ruf als Wissenschaftler ausmachen sollte: die Geschichte der hebräischen Sprache sowie des hebräischen Bibeltextes und seiner antiken Übersetzungen; in der philosophischen Dissertation über das samaritanische Pentateuchtargum beschäftigt er sich mit der einzelnen noch lebenden Form des Hebräischen, das nicht durch die Vokalisierung der Masoreten von Tiberias geprägt ist; in der theologischen Promotionsschrift untersucht er die Handschrift Ms qu or 680 aus der Staatsbibliothek Berlin; diese Handschrift umfasst grosse Teile der "Schriften" (Ketubim), kam aus dem Jemen nach Berlin und enthält vordergründig eine Vokalisation (Punktation), die vom tiberischen System beeinflusst ist; Kahle konnte aber nachweisen, dass die Handschrift noch Spuren einer ursprünglicheren Punktation erkennen lässt, die aus Babylonien stammt und in mehrfacher Hinsicht vom tiberiensischen System abweicht; später gelang es ihm, auch weitere Handschriften mit babylonischer Punktation zu identifizieren; neben dem babylonischen System beschrieb Kahle auch ein älteres palästinisches System, das keine direkte Vorstufe des tiberiensischen Systems ist; aus der Beschäftigung mit den älteren, nicht-tiberiensischen Punktationssystemen sowie mit den Umschriften in der Septuaginta bzw. der Hexapla des Origenes ergibt sich für Kahle, dass das Hebräische der tiberiensischen Masoreten, also die Grundlage des später allgemein anerkannten hebräischen Textes, keineswegs lebendige Volkssprache war, sondern mehr Konstruktion erhält als zuvor (und zum Teil bis heute) angenommen; das Hebräische, wie es in den heutigen Bibelausgaben vorliegt und wie es als Basis des modernen Hebräisch diente, ist also eine konstruierte bzw. rekonstruierte Bildungs- und Liturgiesprache, die sich dem Bedürfnis verdankt, eine für korrekt gehaltene Aussprache des Hebräischen möglichst genau darzustellen; angeregt und gefördert wurde das Werk der Masoreten von Tiberias nach Kahle vor allem durch die Festlegung der Koranaussprache, die ebenfalls zum Teil Konstruktion ist, sowie durch das Aufkommen der Karäerbewegung; im Blick auf die Septuaginta vertrat Kahle die Auffassung, dass es keine allgemein anerkannte Urübersetzung gegeben habe, sondern eine Art griechischen Targum, der im Gottesdienst verschiedener Gemeinden verschiedene Formen annahm; die spätere Vereinheitlichung führt er demnach auf das sekundäre Bedürfnis nach einem Standardtext zurück; diese These gilt heute insgesamt als nicht bestätigt und hat allenfalls ein begrenztes Recht
  • 25.1.1875-10.11.1943: Alfred Klee, Rechtsanwalt in Berlin und aktiver Zionistenführer in Deutschland
  • 25.1.1875–3.3.1960: Dr. Siegfried Galliner, geb. in Zinten (Kaliningrad), gest. in London, Rabbiner in Posen, zwischen 1914 und 1938 Rabbiner in Gelsenkirchen (erster Rabbiner der liberalen Synagogengemeinde Gelsenkirchen); 1938 Emigration nach London
  • 27.1.1875–28.3.1949: Isaak Markon, jüdischer Gelehrter (Karäerforschung), Prof. in St. Petersburg, dann Direktor der Hamburger jüdischen Gemeindebibliothek
  • 2.2.1875–29.1.1962: Fritz Kreisler, hervorragender Violinvirtuose, Interpret klassischer Musik und Komponist; soziale Verdienste besonders in der deutschen Inflationszeit
  • 26.2.1875–26.11.1961: Alexander Goldenweiser (Alexander Borissowitsch Goldenweiser), geb. in Chişinău (Kischinjow, Kischinew), gest. in Moskau, russischer Komponist und Pianist; Goldenweiser studierte am Moskauer Konservatorium Klavier bei Alexander Siloti und Pawel Pabst und Komposition bei Sergei Tanejew, Anton Arenski und Michail Ippolitow-Iwanow; seit 1904 war er Professor an der Schule der Philharmonischen Gesellschaft; seit 1906 unterrichtete er auch am Konservatorium, das er zwischen 1922 und 1924 sowie 1939 und 1942 leitete; er komponierte drei Opern, zwei Orchestersuiten, eine Dante-Ouvertüre, eine Revolutionskantate, ein Streichquartett, ein Klaviertrio, eine Klaviersonate und Fugen für Klavier
  • 28.2.1875–21.1.1941: Hans v. Baeyer, Mediziner (Orthopädie) in Basel
  • 4.3.1875–30.1.1937: Henri Duvernois, französisch-jüdischer Schriftsteller
  • 15.3.1875–16.5.1942: Morris Gest, geb. in Wilna (Sohn von Leon und Elisabeth Gerschonowitz), jüdisch-amerikanischer Theater-Produzent, Theater-Magnat grossen Stils; organisierte u. a. 1923 die letzte Tournee der Duse; als er starb, hinterliess er seine Frau Reina Gest, Tochter von David Belasco; sie starb 1948
  • 20.3.1875–12.11.1959: Edmond Sée, französisch-jüdischer Schriftsteller
  • 21.3.1875: Sammy Gronemann in Strasburg (Westpreussen) geboren, Schriftsteller und Anwalt, einer der bedeutendsten Humoristen und Satiriker des Vor-Shoah-Judentums; -- Werkauswahl: Tohuwabohu, 1920 (Roman); Hawdoloh und Zapfenstreich, 1924 (Roman); Hamans Flucht, 1926; Schalet. Beiträge zur Philosophie des "Wenn schon", 1927; Der Weise und der Narr, 1942; Der Prozess um des Esels Schatten, 1945; Sammy Gronemann starb am 6. März 1952 in Tel Aviv
  • 6.4.1875: Moses Hess stirbt in Paris.
  • 8.4.1875–31.12.1932: Moritz Bauer, Musikschriftsteller
  • 12.4.1875–16.9.1945: Hugo Sinzheimer, geb. in Worms, gest. in Bloemendaal/Holland, Jurist (Arbeitsrecht) und sozialdemokratischer Politiker, Förderer des Volksbildungswesens, zunächst Rechtsanwalt in Frankfurt, 1919 Mitgründer der Schule der Arbeit, 1921-1933 Prof. an der Universität Frankfurt am Main, danach in Amsterdam und Leiden 1933-1940; 1919 hatte er für die SPD der Weimarer Nationalversammlung angehört, 1920 MdR; nahm starken Anteil an der Schaffung des Betriebsräte-Gesetzes; aus Holland wurde er nach Theresienstadt deportiert und lebte auch lange im Untergrund, starb schliesslich an Entkräftung; Hauptwerke: Grundzüge des Arbeitsrechts, 1921; Jüdische Klassiker der deutschen Rechtswissenschaft, 1938 (wieder aufgelegt 1953); Theorie der Gesetzgebung. Die Idee der Revolution im Recht, 1948; Die Justiz in der Weimarer Republik, 1968; Arbeitsrecht und Rechtssoziologie, 2 Bde., 1976
  • 13.4.1875: Irene Triesch in Wien geboren, Schauspielerin, trat 1901-1920 in Berlin besonders als ausgezeichnete Ibsen-Darstellerin hervor
  • 15.4.1875–22.1.1954: Heinrich Klang, geb. u. gest. in Wien, Zivilrechtler, erst Richter, im 1. Weltkrieg Offizier, Prof. seit 1925; Hrsg. der Juristischen Blätter, überlebte Theresienstadt, wohin er 1942 deportiert wurde; nach Rückkehr Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs in Wien; Hauptwerk: 6 Bände Kommentar zum Allgemeinen BGB, 1927-35; Lit.: Heinrich Klang zum 75. Geburtstag. Festschrift herausgegeben in Verbindung mit der Juristischen Fakultät der Universität Wien, der Österreichischen Richtervereinigung, der Rechtsanwaltskammer in Wien, Wien 1950
  • 16.4.1875–2.8.1930: Dr. iur. Ludwig Haas, geb. in Freiburg i. B., gest. in Karlsruhe, Rechtsanwalt in Karlsruhe (Baden), demokratischer Reichstagsabgeordneter; Offizier im Weltkrieg, badischer Minister; 1909-1919 zunächst Stadtrat in Karlsruhe, 1912-1930 MdR für die Fortschrittliche Volkspartei, seit 1918 für die DDP, seit 1919 Fraktions-Vorsitzender, meldete sich bei Kriegsausbruch als Freiwilliger beim badischen Leibgrenadierregiment, 1914 in Flandern zum Leutnant befördert und mit dem EK I. ausgezeichnet, wurde er 1915 als Leiter des jüdischen Dezernats der deutschen Zivilverwaltung im besetzten Polen (Generalgouvernement Warschau) damit befasst, die polnischen Juden zu Vertretern des Deutschtums zu machen, was Hass der Polen gegen die Deutschen erzeugte; er gehörte dem Hauptvorstand des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens und einer schlagenden jüdischen Studentenverbindung an ("Kartell Convent", gründete auch 1897 die "Friburgia" in Freiburg); der letzte Grossherzog von Baden ernannte ihn im Oktober 1918 zum Innen-Minister in der ersten republikanischen ("Vorläufigen Volks-") Regierung Badens (damit war er nach Moritz Ellstätter der zweite Jude, der ohne Glaubenswechsel in einem deutschen Land an die Spitze eines Ministeriums berufen wurde), was er nach der Revolution bis 1919 (bzw. bis 1920 als Staatsrat) blieb; 1929 wurde er Vorsitzender der Reichstagsfraktion der Deutschen Demokratischen Partei; zeitweise war er auch im Vorstand des Reichsbunds jüdischer Frontsoldaten; die deutschen Juden sah er durch Geschichte und Kultur unlösbar mit dem deutschen Volk verbunden, alle Gegensätze zwischen Deutschtum und Judentum waren für ihn vollständig zu beseitigen; die zionistischen Bestrebungen lehnte er ab; Lit.: Judith Schrag-Haas, "Ludwig Haas", 1961
  • 18.4.1875–25.3.1941: Selmar Meyrowitz, jüdischer Dirigent in Berlin
  • 26.4.1875–9.5.1964: Rudolf Keller, US-amerikanischer Biochemiker, Publizist sowie Verleger
  • 1.5.1875–17.12.1934: Isidor Scheftelowitz, geb. in Sandersleben (Anhalt), gest. in Oxford, Indologe, Iranist, Volkskundler; 1908-1926 Rabbiner in Köln; 1923-1933 Honorarprof. in Köln; seit 1933 im Exil in England an der Univ. Oxford; Werke: Arisches im Alten Testment, 2 Bde., 1901-1903; Die Apokryphen des Rgveda, 1906; Die altpersische Religion und das Judentum, 1920; Altpalästinischer Bauernglaube, 1925; Die Zeit als Schicksalsgottheit in der indischen und iranischen Religion, 1929
  • 17.5.1875–25.1.1932: Ernst Friedberger, geb. in Giessen, gest. in Berlin, Hygieniker, 1915 Prof. in Greifswald, seit 1926 Direktor des Dahlemer Instituts für Hygiene und Immunitätsforschung; Hg. des Lehrbuchs der Mikrobiologie; seine Arbeit galt der Bedeutung der Rohkost für die Ernährung, der Bekleidungs- und Wohnhygiene, der Diphterieschutzimpfung und der Epidemiologie des Typhus und der Cholera; er hat sich taufen lassen
  • 18.5.1875–3.1.1935: Stefan Grossmann (Stephan Grossmann), geb. u. gest. in Wien, jüdischer, aber getaufter Schriftsteller (Essays, Prosa: "Österreichische Strafanstalten", 1904), Journalist und Kritiker, war 1904-1914 Redakteur der Wiener "Arbeiterzeitung", gründete 1906 mit grossem Erfolg die "Wiener Freie Volksbühne", die er bis 1914 leitete; war 1914-1919 in Berlin Feuilletonredakteur/Theaterkritiker der "Vossischen Zeitung", begründete Ende 1918 unter Mithilfe Ernst Rowohlts die einflussreiche radikaldemokratische Wochenschrift Das Tagebuch und 1924 in Berlin den "Montag Morgen" ("MM"), war Mitbegründer des "Österreichisch-deutschen Volksbunds, verfasste Antikriegsflugblätter, schrieb Novellen ("Die Treue", 1900; "Die Gasse", 1902; "Herzliche Grüsse", 1909; auch Antikriegs-Novellen), das Drama "Vogel im Käfig" (1905), die Romane "Die Partei" (1909) und "Grete Beyer" (1913), weiter u. a. "Ferdinand Lassalle" (1919), die Novelle "Der Vorleser der Kaiserin" (1918), den Roman "Chefredakteur Roth führt Krieg" (1928) und die Autobiographie "Ich war begeistert" (1930)
  • 6.6.1875: Thomas Mann (Nichtjude, gest. 1955) in Lübeck geboren, bedeutender deutscher Schriftsteller, Schwiegersohn von Alfred Pringsheim (Thomas Mann mit Katja Pringsheim, 1883-1980, seit 1905 verheiratet, Kinder: Erika Mann, Golo Mann, Klaus Mann, Elisabeth Mann-Borgese), u. a. Verfasser des biblischen Romanzyklus "Joseph und seine Brüder", 4 Bände (1933-1947)
  • 30.6.1875–1938: Alice Berend, geb. in Berlin, schrieb erfolgreiche Kleinbürger-Romane („Frau Hempels Tochter“), sie publizierte vor allem zwischen 1910 und 1920; die Romane (z. B. „Der Herr Direktor“; „Die Bräutigame der Babette Bomberling“; „Dore Brandt“), bei S. Fischer erschienen, erreichten Auflagen von mehreren hunderttausend Exemplaren und brachten ihr den Ruf eines „weiblichen Fontane“ ein; 1933 wurden ihre Bücher von den Nationalsozialisten auf die „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ gesetzt; als Jüdin verfolgt, emigrierte Alice Berend 1935 über die Schweiz nach Italien, wo sie 1938 nach schwerer Krankheit mittellos starb; ihre Schwester Charlotte (verheiratete Charlotte Berend-Corinth, geb. 25.5.1880, siehe dort), Gattin von Lovis Corinth, war Malerin und Zeichnerin von Rang
  • 6.7.1875–16.1.1935: Ludwig Bernhard, geb. und gest. in Berlin, Volkswirtschaftler, war Prof an der Handelshochschule und an der Universität Berlin, bei den Studenten sehr beliebt, er war Vertrauensmann des Vorsitzenden der Deutschnationalen Volkspartei und massgeblichen Alldeutschen Hugenberg, der sich an der ersten Hitler-Regierung beteiligte; Ludwig Bernhard veröffentlichte u. a. über "Unerwünschte Folgen der deutschen Sozialpolitik", das "System Mussolini", über "Polenfrage", "Reparationsprobleme"; Hauptwerk: Der Hugenberg-Konzern, 1928
  • 6.7.1875–22.11.1943: Hermann Ullstein, geb. in Berlin, gest. in New York, Verleger, zweitjüngster von fünf Söhnen, die von ihrem Vater Leopold Ullstein den in Berlin 1877 gegründeten Verlag übernahmen und ausbauten; vor des Vaters Tod erschien die BZ (Berliner Zeitung) im Verlag, danach kamen u. a. hinzu: Berliner Morgenpost und Vossische Zeitung, an Zeitschriften besonders die Berliner Illustrirte und ein Buchverlag, der ab 1910 Taschenbücher herausgab; 1934 musste die Familie Ullstein das Unternehmen für einen Spottpreis an den Zentralverlag der NSDAP verkaufen, 1952 wurde das, was noch da war, zurückerstattet; Hermann Ullstein, der nach der Arisierung zunächst in Berlin geblieben war, aber 1939 in die USA emigrieren musste, erlebte das nicht mehr; 1956 erwarb Axel Springer eine Sperrminorität, 1960 die Mehrheit der Ullstein-AG, später 100 Prozent; Hermann Ullstein schrieb die Geschichte des Hauses Ullstein: "The rise and fall of the house of Ullstein", New York 1943
  • 13.7.1875: Arthur Segal in Jassy (Rumänien) geboren, Maler, anfangs Expressionist, gelangte über optisch-kunsttheoretische Studien zu naturalistischer Kunstauffassung; schrieb: "Lichtprobleme der bildenden Kunst" (1925)
  • 15.7.1875: Rudolf Levy in Stettin geboren, Maler, 1903-1914 in Paris, Nachimpressionist in der Richtung Henri Matisses (Nichtjude); Landschaften, Stillleben, auch Porträts
  • 18.7.1875–11.6.1947: Richard Hönigswald, geb. in Ungarisch-Altenburg (West-Ungarn), gest. in New Haven/Conn., Philosoph, Neukantianer, wurde 1916 Prof. in Breslau, 1930 in München; er befasste sich besonders mit Denkpsychologie und Sprachphilosophie; Werke: Die Grundlagen der Denkpsychologie, 1921; Studien zur Theorie pädagogischer Grundbegriffe, 1923; Über die Grundlagen der Pädagogik, München 1927 (2. Aufl.); Philosophie und Sprache, 1937; Denker der italienischen Renaissance, 1938; Die Systematik der Philosophie, 1977
  • 26.7.1875–1964: Paul Rosenstein, deutscher Urologe
  • 15.8.1875: Berthold Feiwel in Pohrlitz (Mähren) geboren, Schriftsteller, Publizist und zionistischer Politiker, Delegierter schon beim ersten Kongress, Chefredakteur der "Jüdischen Volksstimme" in Brünn, leitete das zionistische Zentralorgan "Die Welt" (1.1.1900-1901), Mitglied des Grossen Aktionskomitees seit dem Vierten Kongress, Mitbegründer und einer der Wortführer der Demokratischen Fraktion beim Fünften und Sechsten Kongress, bekannt als Verleger ("Jüdischer Verlag", Berlin, dessen Direktor 1902-1907) und Übersetzer (Lyrik Morris Rosenfelds), Direktor des Keren Hajesod in London ab 1920, später Managing Director der Jüdischen Kolonialbank, seit 1922 in London, seit 1933 in Palästina; er starb am 29.12.1937 in Jerusalem
  • 20.8.1875–14.10.1943: Saul Tschernichowsky (Tschernichowski, Shaul Tschernikowsky), hebräischer Dichter. - Erst im 19. Jhdt. entwickelte sich das Hebräische wieder zu einer lebendigen, gesprochenen Sprache. Viele von Tschernichowskys Zeitgenossen vertrauten auf das alte Vokabular und die biblischen Formen als Grundlage ihres literarischen Werkes. Tschernichowsky benutzte moderne poetische Formen, um bekannte Themen zu beschreiben und ahmte oft den Stil der romantischen Dichter nach. Tschernichowsky wurde im russischen Dorf Michailowka (Krim) geboren, besuchte zuerst eine hebräische und später eine russische Schule. So erhielt er den Hintergrund seines jüdischen und zionistischen Gedankengutes und der allgemeinbildenden Fächer. 1892 veröffentlichte er seine beiden ersten hebräischen Gedichte. 1898 erschien in Warschau sein erster Gedichtband „Hezjonot uManginot" - „Visionen und Melodien". Diese ersten Werke waren sensible Beschreibungen von Natur, Liebe und Schönheit und bemerkenswert für ihre Vielfalt an Versformen und ihre romantischen Bilder. Später studierte Tschernichowsky in Heidelberg und Lausanne Medizin. Nach seiner Rückkehr nach Russland wurde er als "politischer Agitator" sechs Wochen eingesperrt. Tschernichowsky diente während des Ersten Weltkrieges als Arzt in der Armee. Nach dem Ersten Weltkrieg übersiedelte er nach Deutschland und wurde 1931 beauftragt, in Palästina ein medizinisches Textbuch herauszugeben. Er wanderte nach Palästina aus, liess sich in Tel Aviv nieder, wo er zum Schularzt ernannt wurde. Tschernichowsky übersetzte Werke der Weltliteratur aus fünfzehn verschiedenen Sprachen, darunter Homers "Ilias" und "Odyssee", Gedichte von Anakreon, Horaz, Goethe, Byron und Shelley; Dramen von Sophokles, Shakespeare und Moliere; und eine Reihe von Nationalepen wie das "Gilgameschepos", "Kalevala", und Teile sibirischer, georgischer und isländischer Verserzählungen. Das hellenistische Schönheitsideal und der kanaanitische Kult, die beide vom Diasporajudentum getadelt werden, kommen in seiner Dichtung stark zum Ausdruck. Unter den hellenisierenden Gedichten Tschernichowskys nimmt "Die Statue" einen besonderen Platz ein. Obwohl das Thema griechisch ist, ist das Gefühl hebräisch. Das klassische Versmass ist einem klassischen Thema angepasst: der Weihung einer Zeusstatue in Anwesenheit des Bildhauers und Gesandter aus der griechischen Welt. Die Ehrfurcht der Menschen, die mit der Statue konfrontiert werden, die ekstatischen Ausrufe "Kalos, kalos, kalos" ("schön, schön, schön"), die so sehr an das hebräische "Kadosch, kadosch, kadosch" ("heilig, heilig, heilig") erinnern, werden ohne Zurückhaltung beschrieben, wie es die Gelegenheit gebietet. Aber die Haltung des Bildhauers ist eher hebräisch als griechisch. Er allein steht unberührt von der Statue, die er geschaffen hat, aber ehrfürchtig vor dem Gott, der schöner und reiner ist als die Statue. Als er die Statue schuf, stand die Vision Gottes vor seinem inneren Auge, und Gott blieb bei ihm auch, nachdem er die Statue fertiggestellt hatte, sein unerreichtes, unerreichbares Ideal. Die Abstraktion Gottes ist ein hebräisches Konzept und kein griechisches. Gleichzeitig feierte Tschernichowsky das traditionelle jüdische Dorfleben in einer Serie von Idyllen, die im daktylischen Hexameter verfasst wurden. Die Übertragung der jüdischen Existenz im ländlichen Südrussland in Dichtung war Tschernichowskys Geschenk an die hebräische Literatur. In seinen Idyllen sind die Juden mit der Natur in Frieden und auch mit den guten Nachbarn der Christen. Tschernichowsky beschreibt das einfache Volk, die Freuden und Sorgen des Landlebens, den Einfluss der Jahreszeiten auf den Menschen und die Natur. Tschernichowsky legte den Glanz von Sonetten, Balladen und Idyllen über die zeitgenössische Jugend in den sich auflösenden Talmudakademien und über ihre brennende Hoffnung auf ein wiedererstehendes Land Israel. Er markierte einen neuen Weg durch seine Treue zu einer kraftvollen Vergangenheit und seine epische Einsicht in die gesunden Elemente des Diasporajudentums. Saul Tschernichowsky starb in Jerusalem
  • 10.9.1875–9.5.1952: Viktor Barnowsky (eigentlich Isidor Abrahamowsky), geb. in Berlin, gest. in New York, Schauspieler, Regisseur, Theaterdirektor; in Berlin ab 1905 (als Nachfolger von Max Reinhardt am Kleinen Theater Unter den Linden) bis 1933 Theaterleiter an verschiedenen Bühnen (Lessing-Theater, Theater an der Königgrätzer Strasse, Kleines Theater) und Regisseur von Rang, 1933 emigrierte er in verschiedene europäische Staaten und schliesslich in die USA, wo er Drehbücher verfasste und Theaterkunde lehrte
  • 25.9.1875–26.5.1915: Emil Lask, Philosoph (Neukantianer, Südwestdeutsche Schule)
  • 26.9.1875–3.10.1940: Max Meyerfeld, deutscher Journalist und Übersetzer
  • 27.9.1875–10.4.1939: Max Dienemann, geb.in Krotoschin, Provinz Posen; gest. in Tel Aviv, deutscher Rabbiner, Publizist und Philologe; er war einer der führenden liberalen Rabbiner in Deutschland; zusammen mit Leo Baeck leitete er den Allgemeinen Rabbinerverein Deutschland, in dem liberale und orthodoxe Rabbiner organisiert waren; zunächst Rabbiner in Ratibor/Oberschlesien 1903-1919, dann in Offenbach 1920-1938; im Jahre 1935 ordinierte Dienemann Regina Jonas zur ersten Rabbinerin in der Geschichte des Judentums; in der nationalsozialistischen Zeit wurde Dienemann zweimal in Konzentrationslagern interniert; 1933 im KZ Osthofen und 1938 im KZ Buchenwald; zusammen mit seiner Familie wurde er nach den Novemberpogromen 1938 in die Emigration gezwungen; über London gelangte die Familie Dienemann im März 1939 nach Palästina; Max Dienemann verstarb bereits am 10. April des gleichen Jahres in Tel Aviv; Hauptwerke: Judentum und Christentum, 1914; Liberales Judentum, 1935; Galuth, 1939; er war auch 1931-1933 Mitherausgeber der CV-Zeitschrift "Der Morgen"
  • 30.9.1875-11.5.1923: Richard Wengraf, Schriftsteller und Verleger
  • 9.10.1875: Maier Kohn gestorben, bedeutender Synagogalmusiker, war Cantor der Gemeinde München ("Münchener Gesänge" von Maier Kohn und seinem Kreis)
  • 19.10.1875–4.11.1950: Theodor Duesterberg, geb. in Darmstadt, gest. in Hameln, deutscher Offizier, zweiter Bundesführer des „Stahlhelm (der ehemaligen jüdischen Frontsoldaten die Mitgliedschaft verweigerte), 1932 Kandidat zur Reichspräsidentenwahl; er schneidet jedoch durch die Diskreditierung von Seiten der NSDAP auf Grund seiner "nichtarischen Herkunft" (Duesterbergs Grossvater Abraham nahm 1811 in Paderborn den Namen Duesterberg an) mit 6,8% der Stimmen im ersten Wahlgang schlecht ab und zieht seine Kandidatur zurück; trotz der Kampagne wird ihm 1933 ein Posten im Kabinett Hitlers angeboten, den er aber ablehnt; aufgrund der Gleichschaltung des Stahlhelms gibt Duesterberg den Vorsitz dort auf; während des von den Nationalsozialisten so genannten Röhm-Putschs wird Duesterberg 1934 kurzfristig im Konzentrationslager Dachau gefangen gehalten; nach seiner Entlassung wird es um seine Person ruhig; es ist bekannt, dass er Kontakt zu Carl Friedrich Goerdeler suchte, jedoch nie Mitglied des Widerstands wurde; 1949 veröffentlichte er die Schrift "Der Stahlhelm und Hitler", in der er seine politische Tätigkeit verteidigt und seine Distanz zum Nationalsozialismus hervorhebt
  • 20.10.1875–10.2.1944: Georg Bernhard; geboren in Berlin, gest. in New York, Volkswirtschaftler (Bank- und Börsenwesen) und Journalist, einer der bekanntesten Journalisten seiner Generation, vor allem auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik; seit 1897 (Berliner Morgenpost im Ullstein-Verlag) journalistisch tätig, gründete 1904 die wirtschaftspolitische Zeitschrift "Plutus", die bis 1925 erschien (mit "Plutus" signierte er auch seine wirtschaftspolitischen Artikel, die Harden in seiner "Zukunft" abdruckte), als Journalist weiter u. a. seit 1914 Redakteur, 1920-1930 Chefredakteur der Vossischen Zeitung; zunächst Sozialist, musste sich u. a. wegen seines Revisionismus und seiner Mitarbeit an nicht-sozialistischen Organen von den Sozialdemokraten trennen (dramatische Auseinandersetzung mit August Bebel auf dem Dresdner Parteitag 1903); im Ersten Weltkrieg unterstützte er Grossadmiral von Tirpitz und die Oberste Heeresleitung Hindenburg-Ludendorff; nach dem Krieg trat er für eine Verständigung der Kontinentalmächte, vor allem mit Frankreich, ein; 1924 trat er der Deutschen Demokratischen Partei bei und gehörte von 1928 bis 1930 dem Deutschen Reichstag an; seit 1916 war er Dozent, seit 1928 Professor ehrenhalber an der Berliner Handelshochschule; seit 1930 Präsidialmitglied des Verbandes deutscher Waren- und Kaufhäuser; Georg Bernhard floh im Frühjahr 1933 über Kopenhagen nach Paris, im selben Jahr wurde er ausgebürgert; er wurde zum scharfsinnigen und kompromisslosen, im Ausland wegen seiner Liberalität geachteten Kritiker des NS-Regimes; im Dezember 1933 gründete Georg Bernhard mit Freunden das "Pariser Tageblatt" als Zeitung der deutschen Opposition (Chefredakteur 1933-1936; ebenso Chefredakteur der "Pariser Tageszeitung" 1933-1937) und nahm 1936 als Vertreter der Vereinigung deutscher Emigranten in Frankreich an der Flüchtlingskonferenz des Völkerbundes teil; ab 1935 beteiligte er sich an Versuchen, eine "Volksfront" gegen den Nationalsozialismus zu gründen; nach zunehmenden Auseinandersetzungen mit der KPD zog er sich jedoch zurück und konzentrierte sich vor allem auf die Bekämpfung des NS-Regimes mit publizistischen Mitteln; 1940 wurde Bernhard nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Frankreich interniert, es drohte die Auslieferung an Deutschland; er konnte jedoch unter grössten Anstrengungen 1941 in die USA entkommen und stand bis zu seinem Tod 1944 einer sozialdemokratischen Emigrantengruppe nahe; Hauptwerke: Die Kriegspolitik der Vossischen Zeitung, 1919; Demokratische Politik 1921; Beamte und Republik, 1925; Die deutsche Tragödie, 1933; Warum schweigt die Welt? (1936)
  • 13.11.1875–30.4.1939: Mojsije Margel (Mojsije Moše Margel oder: Moshe Margel), geb. in Mościsko, ehemals Westgalizien, heute Polen; gest. in Zagreb, ehemals Königreich Jugoslawien, heute Kroatien, kroatischer Rabbiner, Lexikograf und Hebraist
  • 28.11.1875–12.2.1949: Carl Meinhardt (Carl Meinhard), geb. in Iglau, Mähren, gest. in Buenos Aires, Schauspieler, Regisseur, Drehbuch; Mr. Wu (1918); Rausch (1919); Colonialskandal (1926/1927); Emil und die Detektive (1931, künstlerische Oberleitung); Goldblondes Mädchen, ich schenk Dir mein Herz, ich bin ja so verliebt ... (1931/1932); Voyage de noces (1932, Drehbuch); Unheimliche Geschichten (1932); Trenck (1932); Quick (1932); Hochzeitsreise zu Dritt (1932)
  • 11.12.1875–10.7.1962: Judah Leib (Fischmann) Maimon, Rabbiner und Führer der religiösen Zionisten. - Judah Leib Fishman wurde in Bessarabien geboren und studierte in litauischen Jeschiwot. Nach seiner Ordination war er zuerst Maggid (Prediger) und später Rabbiner. 1900 traf er Rabbiner Jitzchak Reines, den Gründer der Mizrachi. Maimon nahm an der Gründungskonferenz dieser Bewegung der Religiösen Zionisten in Wilna teil. Er war beim zweiten und bei folgenden Zionistischen Kongressen anwesend und Mitglied des Zionistischen Generalrates. 1913 liess er sich in Palästina nieder. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde Rabbiner Maimon von den türkischen Behörden verhaftet und des Landes verwiesen. Er ging in die Vereinigten Staaten, wo er für die Mizrachi Bewegung arbeitete. Nach dem Krieg kehrte er mit dem ersten Schiff nach Palästina zurück. Seine Freundschaft mit Rabbiner Abraham Jitzchak Kook führte zur Gründung des Oberrabbinates von Palästina. 1936 etablierte er die „Mossad HaRav Kook", die bis heute religiöse Bücher verlegt. Als Vorsitzender der Exekutive der Jewish Agency wurde er am „Schwarzen Samstag" im Juni 1946 von den Briten interniert. Nach der Gründung des Staates Israel war er Mitglied der Knesset, Minister für religiöse Angelegenheiten und mit Gefallenen und Verwundeten der Kriege befasst. Später gab er die Politik zugunsten seiner Autorentätigkeit auf. Rabbiner Maimon gründete eine Reihe von Institutionen, die für das moderne Israel immer noch von Bedeutung sind: die Mizrachi Bewegung mit ihren erzieherischen Einrichtungen, das Israelische Oberrabbinat und die „Mossad HaRav Kook". Während seines Exils in den Vereinigten Staaten entwickelte er sich zum „Vielschreiber" für die Mizrachi-Bewegung. Obwohl er der Führerschaft des Jischuw treu ergeben war, sympathisierte er doch mit der Abspaltung jüdischer Institutionen, speziell von Etzel und Lechi. Er anerkannte das Recht jedes Juden zur Selbstverteidigung und zur Verteidigung jüdischer Rechte in Eretz Israel, eine Waffe zu tragen. Als die Haganah, die Vorläuferin der Israelischen Streitkräfte, 1944/45 begann, den Etzel zu unterdrücken, lehnte er dieses Vorgehen ab. Rabbiner Fischmann nahm an der Zeremonie anlässlich der Proklamation des Staates Israel teil. Golda Meir schreibt in ihren Memoiren: "Dann geschah etwas nicht Programmgemässes und Bewegendes. Plötzlich stand Rabbiner Fischmann auf und sprach mit zitternder Stimme das traditionelle hebräische Dankgebet: 'Gelobst seist Du, Ewiger, unser G"tt, der Du uns Leben und Erhaltung gegeben hast und uns diesen Tag hast erreichen lassen." Nach der Gründung des Staates Israel setzte er sich für die Etablierung eines Sanhedrin als höchste religiöse Autorität ein. Diese Idee wurde jedoch in den meisten religiösen Kreisen abgelehnt. Rabbiner Maimons Oeuvre reicht von halachischen und biblischen Untersuchungen bis zu talmudischen und literarischen Abhandlungen. Er gründete „HaTor", die Wochenzeitung der Mizrachi, die 1921 bis 1936 herausgegeben wurde. Sein Hauptwerk sind die 1942 bis 1947 erschienenen sechs Bände von „Sarei HaMeah", in denen er die grössten jüdischen Gelehrten des 19. Jahrhunderts portraitiert. Zu seinem Spätwerk gehören Bücher über jüdische Feiertage, religiösen Zionismus und verschiedene Persönlichkeiten der jüdischen Geschichte.
  • 1875–1903: Emil Kronberger, Arzt in Graz, Gründer des ersten zionistischen Vereins in Steyr; versuchte darzulegen, dass der Zionismus nicht trennen, sondern vielmehr Juden und Christen im Interesse einer grossen Idee einigen könne; veröffentlichte in diesem Sinne sein Buch "Zionisten und Christen. Ein Beitrag zur Erkenntnis des Zionismus" (Leipzig 1900)
  • 1875–1929: Harold Marcus Wiener, englisch-jüdischer Bibelforscher, Vertreter der „Antikritik“; „The integrity of the Old Testament“ (1924); wurde Opfer der arabischen Unruhen in Jerusalem
  • 1875–1942: Hugo Kunz, geb. in Xions/Posen, deportiert 1942, Apotheker in Sohrau/Oberschlesien, später in Beuthen, war 20 Jahre Vorsitzender des Deutschen Apothekervereins für Oberschlesien und seit 1927 Vorsitzender der Synagogengemeinde Beuthen; 1942 wurde er mit unbekanntem Ziel deportiert
  • 1875–1943: Otto Driesen, Pädagoge und Philologe, seit 1921 Leiter des Philanthropins
  • 1875–1943: Josua Caleb (Kalef), bulgarischer Zionistenführer, Delegierter beim Ersten Zionistenkongress, Herausgeber der bulgarischen zionistischen Zeitschrift Kol Ha-Am, übersetzte zusammen mit Karl Herbst Herzls "Judenstaat" ins Bulgarische
  • 1875–1943 (?): Alexander Weinbaum, Chordirigent, synagogaler Musiker in Berlin
  • 1875–1945: Isaak Berger, einer der Gründer der Minsker Poale Zion und Mitglied der Demokratischen Fraktion; nahm am fünften sowie den nachfolgenden Kongressen teil
  • 1875–1954: August Laqueur, Mediziner (Innere Medizin) in Berlin
  • 1875–1958: Max Goldreich, leitete mehrere Jahre die Kölner Zionistische Vereinigung, 1933 wanderte er nach Jerusalem aus
  • 1875–1964: Moritz Paucker, jüdischer Kunsthandwerker (Schriften-Dekorationsmaler), er verliess seine Heimat Bulgarien, Wanderjahre in Russland, dann in München, wo er an der Kunstakademie Kurse besuchte; nach einem Aufenthalt in Wien, wo er sich in einer grossen Schildermalerei weiter ausbilden liess, kehrte er nach Bulgarien zurück, kam aber dann in die Schweiz, weil Bergtouren in den Schweizer Bergen sein Wunschtraum waren; u. a. wurde ihm 1912 die Bemalung der Luzerner Synagoge übertragen
  • 1875–1966: Henri Hertz, französisch-jüdischer Schriftsteller
  • 1875–1966: Erwin Rosenberger, Schiffsarzt des Triestiner Lloyds, Redaktionsmitarbeiter und eine Zeit lang (bis 1900) Herausgeber der „Welt“ (fühlte sich gedemütigt durch die Beschränkung seiner Kompetenzen und Gehaltskürzung nach Einsetzen der neuen Geschäftsführung und beklagte sich bitter insbesondere über Leon Kellner und Moses Schnirer)

Bücher

  • J. Freudenthal, Hellenistische Studien 1-2: Alexander Polyhistor und die von ihm erhaltenen Reste judäischer und samaritanischer Geschichtswerke, Breslau 1875

Zeitungen und Zeitschriften

  • 1875: The Dialectic, in Melbourne erscheinende jüdische Monatsschrift
  • 1875: Jüdischer Pester Lloyd, in Budapest erschienen
  • Seit 1875: The Jewish World, in London wöchentlich in englischer Sprache erscheinende zionistische Zeitschrift
  • Seit 1875: Izraelita Tanügyi Értésitö, in Budapest monatlich in Ungarisch erscheinende Lehrerzeitschrift
  • Seit 1875: Magyar Izraélita orsagos Tanito-Egylet Ertesitöje, in Budapest monatlich in ungarischer Sprache erschienene nationaljüdische Zeitschrift
  • 1875–1876: Jisraelik, in Lemberg/Galizien wöchentlich in jiddischer Sprache erscheinendes parteiloses Blatt
  • 1875–1880: Der Israelitische Bote, in Bonn wöchentlich in deutscher Sprache erscheinendes religiös-konservatives Blatt
  • 1875–1889: Israëlietische Letterbode, in Amsterdam vierteljährlich in holländischer Sprache erscheinende wissenschaftliche Zeitschrift (M. Roest)
  • 1875–1893: Israelitische Nieuwsbode, in Amsterdam wöchentlich in Holländisch erscheinende Zeitschrift

1875 in Wikipedia


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